Seite 1 von 4 Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Postfach 10 03 29 | 01073 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Gerd Lippold, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/3989 Thema: Transparenz bei Rückstellungen für bergbaubedingte Folgekosten des Braunkohlebergbaus Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Bergbautätigkeit, insbesondere in Form des übertägigen Abbaus von Braunkohle, stellt einen erheblichen Eingriff u.a. in Natur, Kulturlandschaft und Wasserhaushalt dar und löst damit Bergbaufolgekosten aus. Insofern stellt sich die Frage, wie bzw. ob sichergestellt ist, dass der Verursacher für die durch den Braunkohletagebau verursachten Schäden auch aufkommt, damit diese Kosten nicht von der Gesellschaft bzw. den Steuerzahler/innen übernommen werden müssen. Das Forum Sozial Ökologische Marktwirtschaft (FÖS) stellt in einem Gutachten zu den Kostenrisiken für die Gesellschaft durch die Braunkohletagebaue (April 2014) fest, dass die Betreiber insbesondere für Langzeitkosten wie Kosten für dauerhaft anfallende Sümpfungen oder unerwartete, noch nach Jahrzehnten durchaus wahrscheinliche Bergschadensereignisse in der Regel nicht aufkommen. Für die unmittelbar absehbaren Bergbaufolgekosten im Rahmen eines Abschlussbetriebsplanes bilden die Betreiber bilanzielle Rückstellungen . Bei den Rückstellungen gemäß § 253 Handelsgesetzbuch (HGB) handelt es sich aber lediglich um Passivposten in der Bilanz des Unternehmens , die nach den handelsrechtlichen Vorgaben für zukünftige Verbindlichkeiten zu bilden sind. Anders als bei Rücklagen – von denen im Zusammenhang mit Bergbau-Folgekosten fälschlicherweise häufig gesprochen wird, handelt es sich dabei nicht um heute tatsächlich verfügbare liquide Mittel. Der Staatsminister Durchwahl Telefon: 0351 564-8001 Telefax: 0351 564-8024 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 38-1053/13/66 Dresden, 25. Februar 2016 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Wilhelm-Buck-Straße 2 01097 Dresden Außenstelle: Hoyerswerdaer Straße 1 01097 Dresden www.smwa.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 7, 8 Haltestelle Carolaplatz Kein Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronische Seite 2 von 4 Auch hinsichtlich der Kalkulationsbasis für die Höhe der Rückstellungen besteht ein erhebliches Transparenzproblem. Die bergbautreibenden Unternehmen haben jederzeit vollen Zugriff auf die Vermögenswerte, die hinter den Rückstelllungen stehen. Sie müssen nicht veröffentlichen, in welchen Geschäftszweigen und Vermögenswerten die Rückstellungen investiert sind und welche Fortführungsperspektive und zu erwartende Wertentwicklung in diesen Segmenten besteht. Auf der COP21 in Paris wurde die völkerrechtliche Verbindlichkeit grundlegender Klimaschutzziele vereinbart. Die Umsetzung nationaler Verpflichtungen auch in der Bundesrepublik Deutschland in nationales Recht ist wahrscheinlich. Das betrifft nicht nur das Langfristziel für 2050, sondern auch ambitionierte Zwischenziele für den CO2-Reduktionspfad. Die Risiken in den langfristigen Geschäftsperspektiven für die Förderung und Verstromung von Braunkohle sind somit in den letzten Monaten deutlich gewachsen. Das betrifft nicht nur den Zeitpunkt, an dem durch Auflösung der Rückstellungen einschließlich Verzinsung hinreichende Mittel für die Deckung der Bergbaufolgekosten tatsächlich verfügbar sein müssen. Das betrifft auch die Gewinnerzielungsaussichten und damit unmittelbar die geschäftliche Basis für die Erwirtschaftung der Mittel, die dann tatsächlich liquide benötigt werden. In dieser Situation drängt sich immer mehr die Frage auf, ob aus Sicht des Staates und der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler tatsächlich gesichert ist, dass die Bergbautreibenden, die in der Vergangenheit jahrzehntelang beträchtliche Gewinne erwirtschaftet haben, auch für die künftigen Bergbaufolgekosten im vollen Umfang aufkommen können und aufkommen werden. Das Bundesberggesetz sieht bereit heute im §56 die Möglichkeit vor, die Leistung von Sicherheiten zu verlangen, um die Verfügbarkeit der Mittel u.a. zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche abzusichern. Die Festlegung von Sicherheitsleistungen liegt nach Bundesberggesetz im Ermessen des Sächsischen Oberbergamtes, welches bisher darauf verzichtet. Es kann jedoch bei der Überprüfung der Hauptbetriebspläne aller zwei Jahre zu einer anderen Einschätzung kommen und dann Sicherheitsleistungen festlegen.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wann wurden die Hauptbetriebspläne der Tagebaue zuletzt vom Oberbergamt überprüft und wann ist jeweils die nächste Überprüfung bzw. Weitergenehmigung fällig (bitte für die sächsischen Braunkohletagebaue einzeln benennen)? Vor der Zulassung von Betriebsplänen werden die vom Bergbauunternehmer eingereichten Anträge durch die zuständige Behörde geprüft. Die Überprüfung erfolgt damit in der Regel alle zwei Jahre. Der Hauptbetriebsplan für den Tagebau Vereinigtes Schleenhain der MIBRAG mbH wurde am 19. Dezember 2013 zugelassen. Die Zulassung ist bis zum 31. März 2016 befristet. Seite 3 von 4 Der Hauptbetriebsplan für den Tagebau Profen (sächsischer Teil) der MIBRAG mbH wurde am 17. März 2015 zugelassen. Die Zulassung ist bis zum 31. März 2017 befristet . Der Hauptbetriebsplan für den Tagebau Reichwalde der Vattenfall Europe Mining AG wurde am 21. Dezember 2012 zugelassen. Die Zulassung ist bis zum 31. Dezember 2016 befristet. Der Hauptbetriebsplan für den Tagebau Nochten der Vattenfall Europe Mining AG wurde am 23. Dezember 2015 zugelassen. Die Zulassung ist bis zum 31. Dezember 2017 befristet. Rechtzeitig vor Ablauf der Befristungen sind vom Bergbauunternehmer die für den Weiterbetrieb erforderlichen Anträge bei der zuständigen Behörde einzureichen. Frage 2: Hat die Staatsregierung aktuelle Kenntnis darüber, in welche Bereiche die Vattenfall AG und die MIBRAG die als Rückstellung passivierten Verbindlichkeiten unter welchen Zinsannahmen und unter welchen Annahmen zur Laufzeit der Verzinsung bis zur Auflösung der Rückstellungen investiert haben? Auf die Antwort der Staatsregierung zu Frage 2 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/2239 wird verwiesen. Frage 3: Welche Maßnahmen trifft die Staatsregierung, um Risiken vom Staatshaushalt und von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern abzuwenden , die dann entstehen könnten, wenn der tatsächliche Aufwand die Rückstellung übersteigt oder der Erfüllungsbetrag zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Bergbautreibenden für Bergbaufolgekosten nicht oder nicht in voller Höhe zur Verfügung stehen? Die Staatsregierung ist nicht verantwortlicher Unternehmer im Sinne des § 4 Abs. 5 Bundesberggesetz für die Braunkohlentagebaue im Freistaat Sachsen und somit auch nicht für die Absicherung der erforderlichen Rückstellungen oder diesbezügliche Maßnahmen verantwortlich. Frage 4: In welcher Weise vergewissert sich die Staatsregierung, dass im Zuge einer Veräußerung von Tagebauen durch derzeitige Bergbautreibende an andere Eigentümer/Bergbautreibende auch die Rückstellungen für bergbaubedingte Folgekosten so übertragen werden, dass sie weiter in Höhe der vollen Erfüllungsbeträge zur Verfügung stehen? Die zuständige Behörde stimmt der Übertragung der Bergbauberechtigungen nur zu, wenn die in den §§ 22 und 23 des Bundesberggesetzes benannten Voraussetzungen eingehalten sind. STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT ARBEIT UND VERKEHR Freistaat SACHSEN Frage 5: In welcher Weise, in welchen zeitlichen Abständen bzw. zu welchen An¬ lässen prüft das Oberbergamt im Zusammenhang mit der Genehmigung bzw. Weitergenehmigung von Hauptbetriebsplänen für die sächsischen Tagebaue, ob zur Abwendung von Risiken für Staatshaushalt und Steu¬ erzahler/innen Auflagen zur Leistung von Sicherheiten nach §56 Bun¬ desberggesetz erforderlich sind oder angeraten erscheinen? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Mit freundlichen Grüßen J Seite 4 von 4 2016-02-25T15:15:52+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes