STAATSMìNìSTERìUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 (0)351 564-1500 Telefax +49 (0)351 564-'1509 staatsminister@ smj.justiz.sachsen de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1 040E-LR-348/1 6 Dresden, Zl.Febtuat2016 Ð\Y¿¡lN,ÌJIII.H\=v SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalslraße 7 | 01097 Dresdên Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bern hard-von-Lindena u-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage d": Abgeordneten Valentin Lippmann, Fraktion BUNDNIS gO/DIE GRUNEN Drs.-Nr.: 614047 Thema: Funkzellenabfragen in Sachsen 2015 Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ¡ch die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche sächsischen Strafverfolgungsbehörden haben se¡t dem 1.1.2015 eine Erhebung von Verkehrsdaten nach S l00g StPO an welchen Tagen für welche Funkzellen zur Verfolgung welcher Straftaten in wie vielen Fällen angeregt, beantragt und nach Anordnung welches Gerichts du rch gefü hrt? Frage 3: Wie viele Verkehrsdaten wurden nach Zitle¡ I und 2 jeweils erhoben? Frage 4: Wie viele Rufnummerninhaber waren jeweils betroffen? Frage 5: Welche Bestandsdaten wurden nach S f f 2 TKG jeweils erhoben? Ëfti WANDEL HINTER GITTERN 300 lahre Gelängnis Waldheinr 300 lahre s¿irhqschr Vollzuqsqeschichte Hausanschrift: Sächslsches Staatsmlnlsterlum der Justlz Hospilalstraße 7 01 097 Dresden Briefpost über Deutsche Post 01 095 Dresden www justiz sachsen de/smj Verkehrsverbl ndung: Zu erreichen mit Stra ßenbah nlin ien 3,6,7,8,11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalskaße 7 'zugang für el6ktronisch signierte sowìs fúr verschlüsselle €l€klronische Ookumente nur ùb€r das Elektronischs Ger¡chls- und VeMaltungspostfach, nâhere lnformationen untêr M egvp de 'i Seite I von 6 STAATSMìNISTERIUM DER JUSTìZ Freistaat SACHSEN ilN?¿rJHv'¡Jfdtu -/ Zusammenfassende Antwort auf die Frage 1 und die Fragen 3 bis 5, soweit sie sich auf die Frage 1 beziehen: Aufgrund der in der Frage 1 enthaltenen Teilfragen nach ,,Funkzellen" und ,,räumlichen Bereichen" sowie dem Thema der Kleinen Anfrage ,,Funkzellenabfragen..." wird davon ausgegangen, dass sich die Frage 1 und die weiteren Fragen 3 bis 5, soweit diese auf die Frage 1 Bezug nehmen, auf nichtindividualisierte Funkzellenabfragen nach $ 1009 Abs. 3 Strafprozessordnung (StPO) bzw. $ 1009 Absatz 2 Satz 2 StPO in der bis zum 17. Dezember 2015 geltenden Fassung (a.F.) beziehen, bei der die Abfrage im Gegensatz zur individualisierten Verkehrsdatenabfrage gemäß $ 1009 Absatz 1 und 2 StPO nicht auf eine bestimmte Rufnummer beschränkt ist, sondern die Verkehrsdaten sämtlicher Kommunikationsvorgänge erfasst werden, die innerhalb eines konkreten Zeitraums aus einer oder mehreren bestimmten Funkzellen geführt wurden. Gemäß der Regelungen in $ 1009 Abs. 4 StPO a.F., S 100b Absatz 5 StPO, die gemäß $ 12 Abs.2 Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung (EGStPO) bis zum 31. Dezember 2017 weiter gelten, wird zu sämtlichen, in den einzelnen Bundesländern durchgeführten Maßnahmen gemäß $ 1009 Abs. 1 StPO - Verkehrsdatenabfragen bezogen auf eine bestimmte Rufnummer und Funkzellenabfragen - beim Bundesamt für Justiz jährlich eine Statistik erhoben, in der allerdings die Anzahl und der Umfang nichtindividualisierter Funkzellenabfragen und die Anzahl der für diese Maßnahme von den Staatsanwaltschaften bei den Gerichten gestellten Anträge auf Anordnung dieser Maßnahme nicht gesondert ausgewiesen werden. Durch das am 18. Dezember 2015 in Kraft getretene Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfristfür Verkehrsdaten wurde in $ 101b StPO die statistische Erfassung der Erhebung von Verkehrsdaten neu und umfangreicher geregelt. Gemäß $ 12 Abs.2 EGSTPO ist die statistische Übersicht nach $ 101b StPO allerdings erstmalig für das Berichtsjahr 2018 zu erstellen. lm Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 2. Februar 2016 wurden in 399 von den sächsischen Staatsanwaltschaften und sächsischen Polizeibehörden bearbeiteten Ermittlungsverfahren 674 Beschlüsse für (nichtindividualisierte) Funkzellenabfragen realisiert. Eine Aufschlüsselung der Ermittlungsverfahren nach der die Maßnahme Seite 2 von 6 STAATSMìNìSTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN beantragenden Behörde kann der Anlage entnommen werden. ln den 399 Ermittlungsverfahren sind Verfahren nicht umfasst, in denen die polizeilichen Ermittlungen von Bundespolizeibehörden, wie zum Beispiel Bundespolizei, Bundeskriminalamt bzw. Hauptzollamt, durchgeführt wurden, und Verfahren, in denen gemäß S 101 Abs. I SIPO die erlangten Daten bereits zu löschen waren, weil sie für die Strafverfolgung und die gerichtliche Überprufung der Maßnahme nicht mehr benötigt wurden. ln diesem Zusammenhang wurden im Jahr 2015 Verkehrsdaten aus ca. 19.000 konkret benannten Funkzellen und von ca. 480 Tatorten, bei denen die betroffenen Funkzellen durch alle drei Netzbetreiber ausgewählt wurden, erhoben. lm Ergebnis wurden durch die Netzbetreiber ca. 19.000 Verkehrsdatendateien mit den im Erhebungszeitraum durchgeführten Telekommunikationsvorgängen zu den konkret benannten Funkzellen sowie ca. 1.440 Verkehrsdatendateien zu den im Erhebungszeitraum durchgeführten Telekomm unikationsvorgängen für jeweils mehrere Funkzellen übermittelt. Von einer weitergehenden Beantwortung der Fragen wird abgesehen. Der Staatsregierung selbst liegen die erfragten lnformationen über die oben stehende Antwort hinaus nicht vor. Eine die angefragten Daten umfassende Statistik zu durchgeführten nichtindividualisierten Funkzellenabfragen wird in Sachsen - wie bereits dargelegt - nicht geführt . Zur vollständigen Erhebung aller angefragten Parameter müssten von den sächsischen Staatsanwaltschaften die einzelnen, unter Umständen sehr umfangreichen, häufig mehrere Bände umfassenden, nicht elektronisch geführten Vefahrensakten der oben genannten 399 Ermittlungsverfahren gesichtet, die dort enthaltenen, jedoch aktentechnisch nicht besonders ausgewiesenen bzw. gekennzeichneten Gerichtsbeschlüsse , durch die jeweils die Funkzellenabfragen gerichtlich angeordnet wurden, herausgesucht und diese im Anschluss inhaltlich ausgewertet werden, um anhand der jeweils im Beschlusstenor und in den Beschlussgründen enthaltenen Angaben die angefragten Parameter beantworten zu können. Diese Aktenauswertung müsste durch einen Staatsanwalt durchgeführt werden, um eine der Beantwortung fachlich und inhaltlich genügende Aktenauswertung sicherstellen zu können. Selte 3 von 6 STAATSMìNìSTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN l.С¡r,¿¡lHv'¡J \=7 Um die Anzahl der in jedem Verfahren erhobenen Bestandsdaten zu ermitteln, müssten außerdem die gesamten Verfahrensakten vollumfänglich Blatt für Blatt gesichtet werden, da diese nicht zusammen mit den Verkehrsdaten vom Netzbetreiber übermittelt , sondern nur bei Bedarf von der ermittlungsführenden Stelle abgefragt werden. Zudem wäre ein Abgleich der Verfahrensdaten mit den lnhalten der zugehörigen Antwortdateien erforderlich, wofür jede einzelne der ca.20.440 Verkehrsdatendateien entsprechend der Fragestellungen ausgewertet werden müsste. lm Hinblick auf die erfragten angeregten und beantragten Fälle einer Erhebung von Verkehrsdaten nach $ 1009 StPO wäre zur vollständigen Beantwortung der Frage die Durchsicht und händische Auswertung aller Verfahren erforderlich, die eine Straftat von erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in $ 100a Abs. 2 SIPO bezeichnete Straftat (Katalogtat), zum Gegenstand haben. Bereits die Durchsicht und händische Auswertung aller Verfahren, denen eine Katalogtat zugrunde liegt, kann von den Staatsanwaltschaften nicht geleistet werden. So sind für den Berichtszeitraum in den Datenbanken der sächsischen Staatsanwaltschaften allein mit den Tatvorwürfen des Raubes und der räuberischen Erpressung nach SS 249 bis 255 StGB ($ 100a Abs. 2 Zfif. 1k StPO) 4.561 Ermittlungsverfahren erfasst. Die beispielhafte Auswahl nur einer Katalogtat zeigt, dass die Durchsicht und händische Auswertung aller relevanten Verfahrensakten unzumutbar ist. lm Ergebnis wären zur vollständigen Beantwortung der Fragen umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften und Gerichte erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschaftlichen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, z. B. von Verteidigern, Gerichten, Sachverständigen und Polizei, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts erscheint der zur vollständigen Beantwortung der Fragen erforderliche Aufwand nicht mehr verhältnismäßig und zumutbar. Bei der Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Seite 4 von 6 STAATSMìNìSTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Funktionsfähigkeit der Staatsregierung und der ihr nachgeordneten Ermittlungsbehörden andererseits wurde auch berücksichtigt, dass das parlamentarische lnformationsinteresse vorliegend nicht vollständig zurücktreten musste. Vielmehr wurde durch die Übermittlung der mit noch vertretbarem Aufwand recherchierbaren Daten dem verfassungsrechtlich hohen Rang des lnformationsrechts weitestmöglich Rechnung getragen . Eine weitergehende Beantwortung würde in erheblichem Umfang eine größere Anzahl von Staatsanwälten in allen sächsischen Staatsanwaltschaften und der Generalstaatsanwaltschaft Dresden sowie Polizeibeamte beim Landeskriminalamt Sachsen, die für laufende Ermittlungen nicht mehr zur Verfügung stünden, binden. Die Staatsregierung kam bei ihrer Abwägung daher zu dem Ergebnis, dass eine weitergehende Beantwortung der Fragen unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Strafrechtspflege und Funktionsfähigkeit der Polizei nicht zu leisten ist. Frcge 2: Inwieweit wurde im Zusammenhang mit den Ermittlungen der gewalttätigen Ausschreitungen in a) Heidenau vom 21.-30.8.2015, b) Dresden am 19.10.2015 und c) Leipzig am 12.12.2015 und I 1.01.2016 eine Funkzellenabfrage vorgenommen? Frage 3: Wie viele Verkehrsdaten wurden nach Zille¡ I und 2 jeweils erhoben? Frage 4: Wie viele Rufnummerninhaber waren jeweils betroffen? Frage 5: Welche Bestandsdaten wurden nach S f 12 TKG jeweils erhoben? Zusammenfassende Antwort auf die Frage 2 und die Fragen 3 bis 5, soweit sich diese auf die Frage 2 beziehen: lm Zusammenhang mit den gewalttätigen Ausschreitungen vom 21. bis 30. August 2015 in Heidenau, am 19. Oktober 2015 in Dresden und am 12. Dezember 2015 in Leipzig wurden keine Funkzellenabfragen durchgeführt. l Seite 5 von 6 STAATSMìNìSTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ÐN{rrlN,ttlw lm Zusammenhang mit den gewalttätigen Ausschreitungen am 11. Januar 2016 in Leipzig wurden Funkzellenabfragen durchgeführt, zu denen der Polizei noch keine Ergebnisse vorliegen bzw. die übermittelten Daten noch nicht gesichtet werden konnten. Die Beantwortung der Fragen 3 bis 5 ist daher noch nicht möglich. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Anlage Tabellarische Aufstellung Seite 6 von 6 Stand: 2. Februar 2016 Anlage Statistisch erfasstwerden alle Massnahmen nach $100g StPo, deren Umsetzung frühestens und spätestens im angegebenen Zeitraum begonnen und beidenen derStatus "beauftragt" erreicht wu rde. Berichtszeitraum zuständige Staatsanwaltschaft 01.01.2015 bis 31.12.2015 Staatsanwaltschaft Dresden Staatsanwaltschaft Leipzig Staatsanwaltschaft Zwickau Staatsanwaltschaft GörliU Staatsanwaltschaft Chem nitz Gen eralstaatsanwaltschaft D resden Summe 01 . 0 1 .20'1 6 bis 02.02.201 6 Staatsanwaltschaft Dresden Staatsanwaltschaft Leipzig Staatsanwaltschaft Zwickau Staatsanwaltschaft Chemnitz Summe Gesamt Anzahl Erm ittl u n gsve rfa h ren* 97 102 105 44 11 1 360 10 13 12 4 39 399 Anzahl Beschlüsse 112 335 109 54 12 3 625 13 17 12 7 49 674 *Ermittlungsverfahren, bei denen in mehreren Berichtsjahren Beschlüsse für Funkzellenabbfragen erlassen wurden, sind in dieser übersicht ggf. mehrfach erfasst. KA6-4047 2016-02-25T08:27:38+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes