STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 10 1 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Susanne Schaper, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/4343 Thema: Weingenuss - ohne Reue? Kontaminierter sächsischer Wein und der gesundheitliche Verbraucherschutz Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "Die zuständige Landesuntersuchungsanstalt für Gesundheits- und Veterinärwesen in Chemnitz bestätigte, dass erstmals Tausende Liter kontaminierten Weins gesperrt worden sind und dieser dürfe nicht mehr verkauft werden. Es sei der Wirkstoff Dimethoat festgestellt worden . Das Nervengift ist im Weinbau nicht zugelassen. Es wirkt gegen Schadinsekten und kommt etwa in Bi 58 vor, dass schon in der DDR als Bekämpfungsmittel gegen Blattläuse bekannt war und noch immer gehandelt wird. Der belastete Wein ist laut der Landesuntersuchungsanstalt ein Zufallsfund aus einer regulären Stichprobe. Wie viele belastete Weine bei der Sächsischen Winzergenossenschaft Meißen in den Tanks liegen, ist derzeitig weiter unklar. Genossenschaftswinzer gehen inzwischen davon aus, dass womöglich ein Drittel der Weine aus den Jahren 2014 und 2015 nicht verkauft werden kann" Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie oft wurden in den vergangenen Jahren (ab 201 0) sächsische Weingüter bzw. Kellereien durch das Landesamt für Gesundheitsund Veterinärwesen (LUA) bzw. durch die Gesundheitsämter geprüft, welche Ergebnisse wurden festgestellt und welche Maßnahmen in Sinne des Verbraucherschutzes wurden angeordnet? Die Anzahl der ab 2010 durch die Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter der Landkreise und Kreisfreien Städte (LÜV Ä) teilweise unter Beteiligung des Weinkontrolleurs der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen (LUA) durchgeführten Kontrollen Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin Durchwahl Telefon +49 351 564-5601 Telefax +49 351 564-5791 Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 22-0141 .51-16/88 Dresden, jj. März 2016 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 1 o 01097 Dresden www.sms.sachsen.de STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ sächsischer Weingüter bzw. Kellereien einschließlich deren Ergebnisse können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Weingüter/ Betriebe mit Betriebe mit Betriebe mit Jahr Weinkellereien unbefriedigendem Verstößen bei erfasst Kontrollen Kontrollergebnis Kontrollen 2010 54 36 2* 0 2011 55 38 16 0 2012 54 36 28 0 2013 62 46 29 1 2014 68 43 25 0 2015 67 38 33 1 * vom lÜVA Meißen 2010 noch nicht erfasst Die dazugehörigen Maßnahmen können der folgenden Tabelle entnommen werden. Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Seite2 von 5 t:: CD 0 L.. c 0 y: 36 38 36 46 43 38 Anzahl der Maßnahmen infolge von Verstößen bei Kontrollen Formelle Maßnahmen CD E ..c: IV t:: 01 IV ..c: u fl) CD m Cl t:: 2 ai ..... fl) L.. CD ..c: u w 0 0 0 1 0 0 fl) t:: Cl) t:J) t:: L: ..0 L.. .J:: Q) .:!:tt!. '- CD E: fl) w "0 ...... 0 -e w > 0 0 0 0 0 1 Sonstige I nicht fonnelle Maßnahmen 3 0 0 0 0 0 C) t:: .a ro L.. Q) m 3 2 1 0 7 0 Cl) t:: .J:: 0 C) t:: :I t:: "0 .__ 0 t:: <( ....... .E 18 20 28 33 24 38 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Frage 2: Wie oft wurden in den vergangenen Jahren {ab 201 0) sächsischer Wein, welcher sich bereits im Handel befand, durch das Landesamt für Gesundheitsund Veterinärwesen (LUA) bzw. durch die Gesundheitsämter geprüft, welche Ergebnisse wurden festgestellt und welche Maßnahmen in Sinne des Verbraucherschutzes wurden angeordnet? Seit dem Jahr 201 0 wurden der LUA 28 sächsische Weine aus dem Handel als Probe zur Untersuchung eingereicht. Unberücksichtigt bleiben dabei Weine, die direkt beim Hersteller entnommen wurden. Sechs dieser Proben wurden beanstandet; davon vier wegen formaler Kennzeichnungsfehler und zwei wegen stofflicher Mängel (Dimethoat-Nachweis). ln keinem Fall musste eine Beanstandung aufgrund einer gesundheitlich bedenklichen Beschaffenheit ausgesprochen werden. Die Gutachten wurden mit den betroffenen Lebensmittelunternehmern ausgewertet. Weine mit gesicherten Dimethoat-Nachweisen, die auf eine verbotswidrige Pflanzenschutzmittel -Anwendung zurückgehen, dürfen nicht in Verkehr gebracht werden. Frage 3: Wie oft wurden in den vergangenen Jahren (ab 201 0) sächsische Weingüter , Kellereien und Verkaufsstellen von Pflanzenschutzmitteln durch das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie geprüft, welche Ergebnisse wurden festgestellt und welche Maßnahmen in Sinne des Verbraucherschutzes wurden angeordnet? ln den Jahren 2010 bis 2015 führte das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) in Weinanbaubetrieben 22 Kontrollen zur Einhaltung pflanzenschutzrechtlicher Vorschriften durch. Bei zwei Kontrollen wurden Verstöße bzw. Beanstandungen festgestellt: Im Pflanzenschutzmittellager eines Betriebes wurde ein Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Mancozeb festgestellt , welches aufgrund des Ablaufs der Zulassung nicht mehr anwendungsfähig war. Die Lagerung des Mittels stellte keinen Verstoß gegen Bestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes dar. Der Betrieb erhielt eine Anordnung zur Kennzeichnung als nicht anwendungsfähiges Produkt und zur getrennten Lagerung des Pflanzenschutzmittels von anwendungsfähigen Mitteln. Aufgrund der nicht bestehenden gesetzlichen Entsorgungsverpflichtung wurde eine sachgerechte Entsorgung des Mittels empfohlen. Ein Betrieb zeigte seine Tätigkeit zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in Dienstleistung bei dem LfULG nicht rechtzeitig an, führte Anwendungen ohne die erforderliche pflanzenschutzrechtliche Sachkunde des Anwenders durch, legte zur Kontrolle keine vollständigen Aufzeichnungen über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln vor und wandte ein dimethoathaltiges Pflanzenschutzmittel entgegen pflanzenschutzrechtlicher Vorschriften an. Dem Betrieb wurde angeordnet, seine Tätigkeit als Dienstleister anzuzeigen und seine Pflanzenschutzmittelaufzeichnungen umgehend zu vervollständigen. Der Betrieb wurde zwischenzeitlich mehrfach nachgeprüft und Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen den Pflanzenschutzmittelanwender und den Betriebsleiter eingeleitet. Seite 3 von 5 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOllALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ Die Kontrollen zum Verkauf von Pflanzenschutzmitteln für das Jahr 2015 sind zurzeit noch in Auswertung. Deshalb ist die Beantwortung der Frage 3 nur für den Zeitraum 2010 bis 2014 möglich. ln den Jahren 2010 bis 2014 erfolgten im Freistaat Sachsen insgesamt 675 Kontrollen zum lnverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln. Im Rahmen der Kontrollen wurden unter anderem die Einhaltung der Anzeigepflicht für den Verkauf, des Selbstbedienungsverbots, die erforderlichen fachlichen Kenntnisse (Sachkunde) und die Unterrichtung der Abgeber, die Zulassung und Kennzeichnung der Pflanzenschutzmittel sowie die Einhaltung der Beseitigungspflicht geprüft. Folgende Feststellungen wurden dabei getroffen: Bei 164 Betrieben war die Tätigkeit des Handels mit Pflanzenschutzmitteln beim LfULG nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig angezeigt. ln 30 Betrieben wurde festgestellt, dass insgesamt 33 Abgeber von Pflanzenschutzmitteln nicht über die erforderlichen fachlichen Kenntnisse zur Abgabe von Pflanzenschutzmitteln verfügten. ln zehn Fällen wurde ein Bußgeldverfahren gegen die Abgebenden eingeleitet. ln 25 Betrieben entsprach die erforderliche Unterrichtung der Abgeber nicht den gesetzlichen Vorgaben. 11 Abgeber erhielten ein Bußgeldverfahren. Das Verbot zur Abgabe von Pflanzenschutzmitteln in Selbstbedienung hielten 44 Betriebe nicht ein. Den Handelsunternehmen wurde während der Kontrollen angeordnet , die Pflanzenschutzmittel unverzüglich aus der Selbstbedienung zu entfernen . ln neun Fällen wurde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren durchgeführt. Hinsichtlich des lnverkehrbringens ausschließlich zugelassener oder parallel gehandelter Pflanzenschutzmittel, gemeldeter Pflanzenstärkungsmittel und Zusatzstoffe wurden im oben genannten Zeitraum bei 17 4 Betrieben Beanstandungen festgestellt, die in 67 Fällen mit einem Bußgeldverfahren abgeschlossen wurden. 11 Handelsbetriebe lagerten Pflanzenschutzmittel, die der Beseitigungspflicht unterliegen . Den Betrieben wurde angeordnet, die Pflanzenschutzmittel unverzüglich aus dem Verkauf zu entfernen und sachgerecht zu entsorgen. Ordnungswidrigkeitsverfahren wurden gegen zehn Betriebe durchgeführt. Bei den vorgenannten Bußgeldverfahren handelt es sich um abgeschlossene Verfahren . Aus dem Jahr 2014 sind weitere Verfahren noch nicht abgeschlossen. Zusätzlich zu den Ordnungswidrigkeitsverfahren erfolgten bei festgestellten Beanstandungen bzw. Verstößen Anordnungen bzw. Belehrungen an die Abgeber bzw. an die kontrollierten Betriebe. Frage 4: Warum hat die Lebensmittelüberwachung des Landkreises Meißen den belasteten Wein nicht umgehend bei Bekanntwerden gesperrt, sondern hat es der Winzergenossenschaft allein überlassen? Die Winzergenossenschaft hat eine freiwillige Sperrung sämtlicher Weine des Jahrgangs 2015 vorgenommen und umfangreiche Eigenkontrolluntersuchungen veranlasst. Diese betriebliche Sperrung unterliegt zusätzlich der amtlichen Überwachung. Das zuständige LÜVA hat mit der Winzergenossenschaft ein Freigabeverfahren vereinbart, Seite 4 von 5 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ wonach nur mit Zustimmung des LÜVA die betriebliche Sperrung der Weine aufgehoben werden kann. Insofern konnte auf eine zusätzliche amtliche Sperrung verzichtet werden. Nach Bekanntwerden der Betroffenheit auch von Weinen des Jahrgangs 2014 wurden auch für diese umfängliche Eigenkontrollen veranlasst und ein vergleichbares Verfahren etabliert. Darüber hinaus ist das LÜVA angewiesen, für Weine, bei denen Dimethoat sicher nachgewiesen wurde, und sofern für diese nicht bereits eine freiwillige Sperrung erfolgt ist, ein vorläufiges lnverkehrbringungsverbot auszusprechen und durchzusetzen (Maßnahme, die dem Fortgang des Ermittlungsgeschehens Rechnung trägt). Frage 5: Warum überlässt es die LUA bzw. das Gesundheitsamt des Landkreises Meißen es der Genossenschaft mitzuteilen, dass es sich bei der Rücknahme der belasteten Weine um eine Maßnahme der vorbeugenden Gesundheitsschutzes handele, wenn es doch grundsätzlich verboten ist, Wein, welcher mit einem Wirkstoff kontaminiert ist, der im Wein verboten ist, in den Verkehr zu bringen? Nach geltendem Lebensmittelrecht liegt es zunächst in der Verantwortung des Lebensmittelunternehmers , entsprechend nicht verkehrsfähige Lebensmittel (hier: Weine mit überhöhten Dimethoatgehalten) zurückzunehmen oder zurückzurufen. Ruft, wie im Fall der Winzergenossenschaft, der Unternehmer freiwillig die Erzeugnisse zurück, ist es dem Unternehmen weitgehend freigestellt, wie die Verbraucher informiert werden. Dem behördlichen Handeln sind insoweit enge Grenzen gesetzt, insbesondere wenn eine Gesundheitsgefahr nicht gegeben ist. Die bisher vorgefundenen Gehalte an Dimethoat in Wein stellen keine gesundheitliche Gefährdung für den Verbraucher dar. Mit freundlichen Grüßen 0 ~ Barbara Kleps h Seite 5 von 5 Freistaat SACHSEN 2016-03-29T12:51:23+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes