STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 10 101097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/4391 Thema: Volljährig werdende unbegleitete minderjährige Geflüchtete Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "Vertreterlnnen von Vereinen, die im Bereich der Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten tätig sind, berichten über Probleme, die im Falle der Erlangung der Volljährigkeit der betreuten Personen eintreten. ln der Regel endet dann die Jugendhilfemaßnahme und die Betroffenen müssen in eine Erstaufnahme-Einrichtung umziehen . Diese Situation gefährdet die begonnene Integration der Betroffenen erheblich." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung um o. g. Problematik zu beheben? Frage 2: Welche Alternativen können aus Sicht der Staatsregierung zum Zuge kommen, um die Verweisung in einer Erstaufnahme-Einrichtung zu verhindern und so zu gewährleisten, dass begonnene Integrationsmaßnahmen (z.B. begonnene Ausbildung) nicht unterbrochen werden? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Mit Vollendung des 18. Lebensjahres enden die erzieherischen bzw. integrativen Hilfen des Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII), die den besonderen Hilfebedarf Minderjähriger im Blick haben. Mit Eintritt der Volljährigkeit hat das zuständige Jugendamt in jedem Einzelfall neu zu entscheiden, ob der Hilfebedarf fortbesteht. Ein Kriterium hierbei kann die Sicherstellung der Fortführung der Integration sein, wenn diese nicht über andere Systeme gewährleistet wird. ~~___, Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin Durchwahl Telefon +49 351 564-5601 Telefax +49 351 564-5791 IhrZeichen Ihre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 45-0141 .51-16/140 Dresden, l1.. März 2016 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 1 0 01097 Dresden www.sms.sachsen.de STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOllALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Wird die Hilfe in Form des § 41 SGB VIII fortgeführt, verbleibt der ausländische junge Mensch in der Zuständigkeit der Jugendhilfe. Nach § 36 Abs. 2 SGB VIII soll bei über einen längeren Zeitraum gewährten Hilfen ein Hilfeplanverfahren durchgeführt werden. Hier werden im Zusammenwirken aller beteiligten Fachkräfte unter Einbeziehung des gesetzlichen Vertreters die Feststellungen zum individuellen Bedarf und zu den notwendigen und geeigneten Hilfen getroffen. Innerhalb dieser Hilfeplankonferenzen ist frühzeitig über die Weiterführung der begonnenen Integrationsmaßnahmen bei Verbleib im Bundesgebiet zu beraten. Zu diesem Zeitpunkt ist es die Aufgabe des gesetzlichen Vertreters, diese Übergänge mitzugestalten . Um im Falle des Übergangs der volljährig werdenden unbegleiteten minderjährigen Ausländer (UMA) vom System der Jugendhilfe zum allgemeinen Asylbereich Situationen zu vermeiden, die zu einer Gefährdung ihrer begonnenen Integration führen, erfolgen Abstimmungen zwischen dem Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz und dem Staatsministerium des lnnern unter Einbeziehung der Landesdirektion Sachsen, mit dem Ziel, eine praxisgerechte Ausgestaltung der Übergange sicherzustellen . Frage 3: Wie viele unbegleitete minderjährige Geflüchtete sind in Sachsen seit 1.11.2015 volljährig geworden und in welche Erstaufnahme-Einrichtungen sind diese verwiesen worden? (bitte nach Landkreis und kreisfreier Stadt und konkreter EA aufschlüsseln) Die erbetenen Angaben sind nicht Gegenstand der gesetzlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik und könnten nur durch eine Auswertung von Einzelfallakten ermittelt werden . Gemäß Artikel 50 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) ist die Staatsregierung verpflichtet, über ihre Tätigkeit den Landtag insoweit zu informieren, als dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Dieser Informationspflicht entspricht das Frage- und Auskunftsrecht der Abgeordneten gegenüber der Staatsregierung nach Artikel 51 SächsVerf. Die Staatsregierung ist dem Landtag und den Abgeordneten nur für ihre Amtsführung im Sinne einer Rechenschafts- und Einstandspflicht für eigenes Handeln verantwortlich. Sie ist daher nur in solchen Angelegenheiten zur Auskunft verpflichtet , die in ihre Zuständigkeit fallen und muss nicht auf Fragen eingehen, die Vorgänge oder Umstände außerhalb ihres Verantwortungsbereichs betreffen (vgl. SachsAnhVerfG, Urteil vom 17. Januar 2000, NVwZ 2000, 671 ). Letzteres ist vorliegend der Fall, denn die Frage betrifft ausschließlich Sachverhalte, die von den Landkreisen und Kreisfreien Städten als Selbstverwaltungsaufgabe einzelfallbezogen umgesetzt und erfasst werden . Selbstverwaltungsaufgaben unterliegen nur der Rechtsaufsicht, nicht aber der Fachaufsicht Im Zuständigkeitsbereich der Rechtsaufsicht können die Staatsregierung bzw. die damit beauftragten Rechtsaufsichtsbehörden vom Informationsrecht nach § 113 SächsGemO nur dann Gebrauch machen, wenn Anhaltspunkte für eine bevorstehende oder erfolgte Rechtsverletzung im Einzel- Seite 2 von 3 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZIALES UND VERBRAU C~E R SC~UTZ fall vorliegen (Rehak, in: Quecke/Schmid, SächsGemO, Rdn. 3 zu § 113 SächsGemO). Dazu trägt die Kleine Anfrage nichts vor. Insoweit liegen der Staatsregierung keine umfassenden Angaben über die Zahl aller unbegleiteten minderjährigen Ausländer vor, die seit dem 1. November 2015 volljährig geworden sind. Aus den der Landesdirektion Sachsen vorliegenden Informationen ergibt sich folgender Sachstand: Aus den Landkreisen Meißen und Bautzen wurde jeweils ein UMA, der volljährig wurde , im Ergebnis einer Familienzusammenführung bzw. mangels Zuständigkeit des Freistaates Sachsen in Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) außerhalb des Freistaates Sachsen untergebracht. Bei 12 UMA im Landkreis Leipzig, die im Zeitraum 1. November 2015 bis 11 . März 2016 volljährig geworden sind, wurde weiterer Hilfebedarf festgestellt, so dass sie nicht in eine EAE überführt wurden . Im Landkreis Nordsachsen wurden von insgesamt acht UMA, die im Zeitraum 1. November 2015 bis 11. März 2016 volljährig geworden sind, vier mangels Zuständigkeit des Freistaates Sachsen anderen Ländern zugeführt. Zwei konnten in einer Jugendhilfeeinrichtung verbleiben und zwei weitere wurden zunächst in einer EAE (Friederikenstraße bzw. Olbrichtkaserne) untergebracht und werden nach dem Termin zur Aktenanlage beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf kommunale Einrichtungen verteilt. Im Bereich der Stadt Dresden wurde bei einem UMA nach Vorlage eines Dokumentes Volljährigkeit festgestellt; dieser ist in der EAE in der Bergstraße untergebracht. Bei einem weiteren wurde im Ergebnis der Alterseinschätzung festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine lnobhutnahme nicht gegeben sind; dieser ist in der EAE in der Hamburger Straße untergebracht. Von 75 UMA, die sich in der Stadt Leipzig befinden und im Zeitraum 1. November 2015 bis 11 . März 2016 volljährig geworden sind, wurde bei 15 festgestellt, dass weiterer Hilfebedarf gegeben ist, so dass diese weiterhin in Jugendhilfeeinrichtungen verbleiben konnten. Alle anderen wurden zunächst hauptsächlich in der EAE Friederikenstraße untergebracht und werden nach dem Termin zur Aktenanlage beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf kommunale Einrichtungen verteilt. Mit freundlichen Grüßen ln Vertretung )L. ~ Thomas Schmidt Seite 3 von 3 2016-03-30T13:01:24+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes