Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Sebastian Wippel, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/4424 Thema: Asylbewerber ohne Ausweispapiere Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Asylbewerber befanden sich im Jahr 2015 im Freistaat Sachsen , die keinen gültigen Pass oder ein sonstiges identitätsnachweisendes Dokument vorlegen konnten? Der Staatsregierung liegen zur Fragestellung mangels entsprechender statistischer Erhebungen keine Erkenntnisse vor. Asylbewerber, d. h. Ausländer, die einen Antrag auf die Anerkennung als Asylberechtigte gestellt haben, sind gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 4 des Asylgesetzes (AsylG) verpflichtet, für die Dauer des Asylverfahrens ihren Pass oder Passersatz dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auszuhändigen und zu überlassen. Die sächsischen Ausländerbehörden erhalten in der Regel erst nach der Asylentscheidung Kenntnis über das Vor- bzw. Nichtvorliegen von Reisepässen. Zur Anzahl der vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer, die zum Stichtag 31. Dezember 2015 wegen Passbeschaffung geduldet waren, wird auf die Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/3847 verwiesen. Frage 2: Wie viele Asylbewerber aus Frage 1 erhielten einen Aufenthaltstitel? (Bitte aufschlüsseln nach allen rechtlichen Anerkennungsgründen) Zum Fragegegenstand liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. Auf die Antwort auf die Frage 1 wird verwiesen. Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) StAs24-0141.51/8130 Dresden, 31. März 2016 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. Seite 2 von 3 Es wird im Übrigen darauf verwiesen, dass gemäß § 25 Abs. 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen ist, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist oder das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG zuerkannt hat. In diesen Fällen ist von der Erfüllung der Passpflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG abzusehen. Frage 3: Wie wird die Identität und Herkunft von Asylbewerbern ohne Ausweispapiere zweifelsfrei festgestellt? Auf die Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/2430 wird verwiesen . Frage 4: Wie viele gefälschte Pässe oder sonstige identitätsnachweisende Dokumente wurden zwischen dem 01.01.2016 und dem 29.02.2016 sichergestellt oder beschlagnahmt ? Von einer Beantwortung der Frage wird abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Die sächsische Polizei führt keine Statistiken im Sinne der Fragestellungen. Zur vollständigen Beantwortung der Frage müssten geschätzt mehrere hundert Ermittlungsverfahren wegen Straftaten gemäß §§ 267, 271, 273, 276, 276a und 281 des Strafgesetzbuches dahingehend überprüft werden, ob bei der Tatbegehung gefälschte bzw. verfälschte identitätsnachweisende Dokumente verwendet wurden. Der insgesamt erforderliche Aufwand kann nicht abgeschätzt werden. Es wäre jedoch notwendig, mehrere Sachbearbeiter über einen mehrere Tage währenden Zeitraum mit den Recherchen und Auswertungen zu beauftragen. Dieses Personal stünde dann für Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Eine solche aufwendige Recherche ist unverhältnismäßig und ohne Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten. STAATS1VHN1STBR1LJM DES INNERN Freistaat SACMSETN Frage 5: Wie viele Ermittlungsverfahren wurden im Freistaat Sachsen gegen Menschen eingeleitet, die sich mittels falscher Angaben zu ihrer Identität einen Aufenthaltstitel (im Sinne von Frage 2) erschleichen wollten? Von einer Beantwortung der Frage wird abgesehen. Eine statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung findet durch die sächsischen Staatsanwaltschaften nicht statt. Da die betreffenden Verfahren in den Datenbanken der Staatsanwaltschaften nicht gesondert gekennzeichnet werden, kann die Frage auch nicht durch eine Datenbankauswertung beantwortet werden. Die vollständige Beantwortung der Frage würde daher die Durchsicht und händische Auswertung aller aufgrund des Tatvorwurfs in Betracht kommenden Ermittlungsverfahren der sächsischen Staatsanwaltschaften erfordern. Dabei sind mindestens alle in den Datenbanken als Verstoß gegen § 95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG, § 95 Abs. 2 Nr. 2 Aufenth G, § 267 StGB oder § 271 StGB eingetragenen Verfahren gegen Ausländer entsprechend der Fragestellung auszuwerten. Mit diesen vier Tatvorwürfen sind im Zeiträum vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2015 in den Datenbanken 1.371 beschuldigte Ausländer erfasst. Zur Beantwortung müssten daher die Papierakten aller gegen diese Beschuldigten eingeleiteten Ermittlungsverfahren händisch durchgesehen und ausgewertet werden. Zur vollständigen Beantwortung der Frage wären somit umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften und Gerichte erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschaftlichen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, z. B. von Verteidigern, Gerichten, Sachverständigen und Polizei, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistur )gf der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Ermittl ^sbehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auchjf unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unväifhält/ismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Strafrechtspflege nicht zu leisten is J Mit freundlichen Grüßen Markus Ulbic Seite 3 von 3 6_4424_rs SB2-6PS-Biz16033114220 2016-04-01T08:51:06+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes