Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Sebastian Wippel, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/4429 Thema: Brandanschläge auf Asylbewerbereinrichtungen Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die nachfolgenden Angaben basieren auf den beim Landeskriminalamt im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) eingegangenen Meldungen der Polizeidienststellen . Die Fallzahlen für das Jahr 2015 beziehen sich auf Daten des statistischen Jahresabschlusses (Stand: 31. Januar 2016). Frage 1: Wie viele Brandanschläge auf bewohnte und wie viele Brandanschläge auf unbewohnte Asylunterkünfte gab es in Sachsen im Jahr 2015? Frage 2: Wie viele Menschen kamen dabei zu Schaden? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Im Jahr 2015 wurden im Freistaat Sachsen 18 Brandstiftungen an Asylunterkünften registriert. In einem Fall handelt es sich um versuchten Mord in Tateinheit mit versuchter schwerer Brandstiftung gemäß §§ 23, 211, 306a StGB. Personen kamen nicht zu Schaden. Bei der Abbildung von Angriffen auf Asylbewerberunterkünfte im KPMD- PMK wird im Freistaat Sachsen nicht differenziert, ob die angegriffene Unterkunft bewohnt oder unbewohnt gewesen ist. Eine statistische Auswertung hierzu ist deshalb nicht möglich. Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-0141.50/9 Dresden, 31. März 2016 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. Seite 2 von 3 Im Weiteren wird von einer Beantwortung seitens der Staatsregierung abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Zur vollständigen Beantwortung der Fragen müssten insofern alle in Frage kommenden Ermittlungsverfahren händisch danach ausgewertet werden, ob die betroffenen Gebäude bewohnt oder unbewohnt gewesen sind. Auch wenn es sich in diesem Fall nur um insgesamt 18 Ermittlungsverfahren handelt, so sind die zu Brandstiftungen an dem Aufenthalt von Menschen dienenden Gebäuden erstellten Ermittlungsakten jeweils grundsätzlich sehr umfangreich und bestehen in der Regel in jedem einzelnen Fall aus mehreren hundert Seiten Ermittlungsprotokollen, Gutachten und anderen Unterlagen. Alle diese Unterlagen müssten Seite für Seite einzeln danach durchgelesen werden, ob sich darin Hinweise darauf finden lassen, ob die angegriffenen Gebäude bewohnt oder unbewohnt gewesen sind. Der dafür insgesamt erforderliche Aufwand kann nicht abgeschätzt werden. Es wäre jedoch notwendig, mehrere Sachbearbeiter über einen mehrere Tage währenden Zeitraum mit den Recherchen und Auswertungen zu beauftragen. Dieses Personal stünde dann für Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Insbesondere wäre jenes Personal betroffen, das die Ermittlungsarbeit in solchen Fällen leistet. Eine solche aufwendige Recherche ist unverhältnismäßig und ohne Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten. Frage 3: Wie viele Tatverdächtige konnten gestellt bzw. ermittelt werden und verurteilt werden? Von den 18 Brandstiftungen konnten bislang fünf aufgeklärt und 16 Tatverdächtige ermittelt werden. Bei dem versuchten Tötungsdelikt konnten durch die Polizei sechs Tatverdächtige bekannt gemacht werden. In allen Fällen liegen noch keine Verurteilungen vor. Frage 4: Welchen Rang nimmt Sachsen bei Brandanschlägen auf Asylbewerberunterkünften je 100.000 Einwohner im Vergleich der sechzehn Bundesländer ein? Eine solche deliktspezifische Häufigkeitszahl wird im Bundesvergleich statistisch nicht ausgewiesen. Insofern kann die Frage nicht beantwortet werden. STAATSM1^1STER1IIM ÜBS INNERN Freistaat SÄCHSE1N Frage 5: Welche neuen Erkenntnisse gibt es bezüglich der Brandstiftung gegen den Husarenhof in Bautzen? Eine Beantwortung der Frage ist derzeit nicht möglich, da insoweit aufgrund der laufenden Ermittlungen in diesem Verfahren einer weitergehenden Beantwortung die Vorschrift des § 477 Abs. 2 S. 1 Strafprozessordnung (StPO) entgegensteht. Nach dieser Vorschrift sind Auskünfte aus Akten zu versagen, wenn der Übermittlung Zwecke des Strafverfahrens entgegenstehen. Eine vollständige Beantwortung der Kleinen Anfrage würde den Erfolg des noch nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens gefährden. Sofern Einzelheiten zu bisherigen Ermittlungsansätzen bekannt würden, könnte dies dazu führen, dass der Erfolg der weiteren notwendigen Ermittlungen vereitelt würde. Die aufgeführten Gründe der Nichtbeantwortung der Fragen hindern auch eine Beantwortung der Anfrage in einer nichtöffentlichen Sitzung des Landtages oder mit entsprechendem Geheimhaltungsvermerk. Auch bei einer unter solchen Umständen erfolgenden Bekanntgäbe der Ergebnisse der bisherigen Ermittlungen ist im vorliegenden Fall nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass Einzelheiten zu den bisherigen Ermittlungsergebnissen bekannt und dadurch die weiteren Ermittlungen gefährdet würden. Eine Abwägung der Informationsinteressen des Antragstellers mit dem Interesse an der Geheimhaltung der Ermittlungsergebnisse geht derzeit zu Lasten des Abgeordneten. Das Interesse des Abgeordneten an vollständiger Information ist ein hohes, durch Art. 51 Abs. 1 SächsVerf verfassungsrechtlich gewährleistetes Gut. Aber auch das staatliehe Interesse an einer wirkungsvollen Strafverfolgung ist ein hohes, aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleitetes verfassungsrechtliches Schutzgut. Bei vollständiger Beantwortung < der Fragen wäre der Schaden für das laufende Ermittlungsverfahren womöglich irreparabel. Das Informationsinteresse des Abgeordneten ist demgegenüber nicht vollständig zurückgedrängt. Seine Verwirklichung hat lediglich insoweit und so lange zurückzustehen, wie eine vollständige Beantwortung tatsächlich eine Gefährdung des Ermijttlung^erfolges zeitigen würde, so lange also, bis im Falle der Ermittlung eines Täters ^ Üer/fnehrerer Täter die Tatvorwürfe den/dem/der Beschuldigten eröffnet werden. Mit frfeuifidlichen Grüßen Markus Ulbig Seite 3 von 3 6_4429_neu_rs SB2-6PS-Biz16033114211 2016-04-01T08:50:06+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes