SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER FINANZEN Postfach 100 948 1 01076 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden STAATSMlNlSTERlUM DER FINANZEN Kleine Anfrage des Abgeordneten Ronald Pohle, CDU-Fraktion Drs.-Nr.: 6/4571 Thema: Kosten- und Bauzeitüberschreitung bei Errichtung und Ausgestaltung des Paulinums der Universität Leipzig Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Am 14.03.2016 meldet die Leipziger Volkszeitung (LVZ): ,Das Paulinum am Augustusplatz kostet die Steuerzahler deutlich mehr Geld als gedacht : Statt der ursprünglich eingeplanten 52,5 Millionen Euro sind bislang Kosten von 117,5 Millionen Euro entstanden. Der Bauverzug beträgt inzwischen über sechs Jahre - ein Fertigstellungtermin ist nicht in Sicht."' Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Ist es richtig, dass bei Bau und Ausstattung des Paulinums bereits jetzt die geplanten Kosten um mehr als 100% überschritten wurden? Die Aussage ist nicht zutreffend. S St.:CHsEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) UK/46-B 2112/741 1/4/299- 2016/14105 Dresden, 13. April 2016 Zertifikat seit 2013 audlt berufundfamilie Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium der Finanzen Carolaplatz 1 01097 Dresden Telefon +49 351 564 4000 Telefax +49 351 564 4009 minister@smf.sachsen.de* www.smf.sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 7, 8 Haltestelle Carolaplatz Für Besucher mit Behinderungen befinden sich Parkplätze im Innenhof. Bitte beim Pförtnerdienst melden. "Kein Zugang für verschlüsselte elektronische Dokumente. Zugang für qualifiziert elektronisch signierte Dokumente nur unter den auf www.smf.sachsen.de/eSignatur.html vermerkten Voraussetzunaen. STAATSMlNlSTER1UM DER FINANZEN ~SACHsEN Unter der von der Universität Leipzig ins Leben gerufenen Bezeichnung „Paulinum" wird derjenige Teil des 4. Bauabschnittes (BA) bezeichnet, der im Erdgeschoss den Aula-/Kirchenraum aufnimmt und in den darüber liegenden Geschossen die Flächen für die Fakultäten Mathematik und Informatik. Die von der LVZ beschriebene Baukostenüberschreitung bezieht sich nicht ausschließlich auf das „Paulinum", sondern auf den gesamten 4. BA. Dieser umfasst sowohl das Hauptgebäude {„Augusteum") als auch das Paulinum. Frage 2: Ist es richtig, dass zum jetzigen Zeitpunkt kein Termin für den Bauabschluss genannt werden kann? Die Baumaßnahme des Universitätscampus ist fertiggestellt. Die Flächen werden seit 2009 (2012 - 4. BA/2009 übrige BA) bereits von der Universität genutzt. Offen ist die Baufertigstellung der Glasverkleidung der Säulen im Aula-/Kirchenraum. Aufgrund des Prototypencharakters dieser Sonderelemente handelt es sich um keinen regulären Bauablauf, sondern um ein experimentelles Erproben, wie man fertigungstechnisch den vom Architekten gewünschten Eindruck erreichen kann. Von daher ist die Angabe eines festen Fertigstellungstermins bei diesem Sonderfall nicht möglich, da man darauf angewiesen ist, eine technologisch sichere und gestalterisch befriedigende Lösung zu erreichen. Frage 3: Wer trägt in welcher Institution die Verantwortung für den Bauverzug und die Kostenüberschreitung? Der Bauverzug im Zusammenhang mit der Glasverkleidung der Säulen im Aula-/Kirchenraum ist als Sonderfall zu sehen. Außer beim Aula-/Kirchenraum hat sich die Baufertigstellung des 4. BA in einem üblichen Zeitrahmen bewegt. Im Zuge der Baudurchführung führten verschiedene Faktoren zu baubedingten Mehrkosten : Bereits mit dem Abschluss des 1. und 2. BA kam es zu größeren Verzögerungen, die insbesondere in der notwendigen Kündigung des Generalunternehmers ihre Ursache hatten. Seite 2 von 4 STAATSMlNlSTERlUM DER FINANZEN Erhöhte Aufwendungen zur Gründung und Abdichtung des Bauwerks innerhalb des gestiegenen Grundwasserpegels, Erhöhung Mehrwertsteuersatz gegenüber Planungs-/Kalkulationszeitraum, Erhöhungen Baupreise im Bauzeitraum, Bauzeitverlängerungskosten, Aufwendungen für Unikatbau (z. B. Hülle Audimax und Glaswand Aula/Kirchenraum ). Weiterhin führt die Insolvenz des holländischen Architekturbüros Erick van Egeraat BV im Januar 2009 zu einem vorübergehenden Stillstand der Arbeiten, da die Leistungen zur Projektleitung neu ausgeschrieben werden mussten. Im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung hat der Architekt aufgrund Geltendmachen seines Urheberrechtes durchsetzen können, dass er mit seiner Nachfolgerfirma „designed by Erick van Egeraat BV" für einen Teil des 4. BA, den Innenausbau des Aula/Kirchenraums, weiter beauftragt wird. Die Kostenentwicklung im 4. BA von ehemals 52,5 Mio Euro (2006) auf jetzt 115 Mio. Euro ist nicht zuletzt auf die sehr anspruchsvolle architektonische Konzeption des Bauwerks zurückzuführen. Ausgangspunkt ist der im Jahre 2004 in einem Qualifizierungsverfahren ausgewählte Entwurf des holländischen Architekten Erick van Egeraat. Den Mehraufwand bei diesem Entwurf hat der Haushaltsgesetzgeber im Verlauf der Baumaßnahme durch die Kenntnisnahme von insgesamt vier Nachträgen zur Bauunterlage und in der jeweils fortgeschriebenen Kostenentwicklung in den nachfolgenden Haushaltsplänen bestätigt. Frage 4: Auf welche Höhe werden die Gesamtkosten zum jetzigen Zeitpunkt veranschlagt ? Zum jetzigen Zeitpunkt wird von Gesamtbaukosten i. H. v. ca. 117,5 Mio. € ausgegangen . Seite 3 von 4 Freistaat SACHSEN STAATSM1N1STERlUM DER FlNANZEN ~SAC'HsEN Frage 5: Welche Maßnahmen wurden bisher ergriffen, die Kosten zu dämpfen und den Bau bzw. die Ausgestaltung des Paulinums zu beschleunigen? Der 4. BA zeichnet sich u. a. durch eine extrem komplexe Geometrie der innenräumlichen Planung und der Fassadenkonstruktion aus. Diese Charakteristika sind Bestandteil der im Architektenwettbewerb ausgewählten Planung, von der nur sehr bedingt nachträglich abgewichen werden kann. Kosten dämpfend wurden insbesondere die vom Architekten extrem aufwendig geplante Deckenverkleidung im Foyer des Augusteums als mehrfach gebogene Kuppelschalen sowie die vom Architekten vorgeschlagenen hochglänzenden mit Edelstahl verkleideten Säulen mit Sitzgelegenheiten nicht verwirklicht. Andere Maßnahmen, die Kosten zu verringern, die sich auf eine Vereinfachung des Entwurfes insbesondere bei den aus Naturstein gefertigten Verschattungslamellen für die verglasten Dachflächen bezogen, scheiterten am Einspruch des Architekten, da er für diese Planungsdetails Urheberrechte geltend machen konnte. Die aus dem sehr anspruchsvollen Entwurf resultierende längere Bauzeit gegenüber einem standardisierten Bauvorhaben ist auch auf die seinerzeitige Insolvenz des Architekturbüros Erick van Egeraat zurückzuführen. Das Sächsische Staatsministerium der Finanzen hat daraufhin Maßnahmen ergriffen und eine Sonderprojektleitung für diesen Bauabschnitt eingesetzt. Vor dem Hintergrund der urheberrechtlichen Problematik, die dazu führt, dass der Innenraum bis ins Detail nach den Vorstellungen des Architekten realisiert werden muss, ist es nunmehr gelungen, die Bauarbeiten abzuschließen bis auf das Sonderthema Säulenverglasungen. Auch hier ist nach mehrjährigen experimentellen Versuchen, die vom Architekten geforderte Glasbiegung zu erreichen, nunmehr auch die Verglasung der Säulen zeitnah möglich. Mit freundlichen Grüßen pfr/.!.-1 Seite 4 von 4 2016-04-13T15:09:21+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes