STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 10 1 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01 067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Andre Wendt, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/4683 Thema: Auslastung und Wartezeiten bei Hilfe- und Betreuungsangeboten zur Crystal Abhängigkeit Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "ln der Sächsischen Zeitung vom 23.03.2016 wurde festgestellt, dass der Crystai-Konsum stagniert. Dies wurde aus der gleichbleibenden Inanspruchnahme von Betreuungs- und Hilfsangeboten abgeleitet. lnwieweit die Stagnation aufgrund erschöpfter Hilfs- und Beratungskapazitäten zurückzuführen ist, bleibt unklar." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Betreuungs-, Hilfs- und Therapieangebote in Bezug auf Crystai- Konsum existieren derzeit in Sachsen? Das sächsische Suchthilfesystem verfügt über ambulante, stationäre und komplementäre Einrichtungen zur Beratung, Behandlung und Betreuung abhängigkeitskranker Menschen. Personen, die Crystal konsumieren können grundsätzlich alle Einrichtungen des Suchthilfesystems sowie niedergelassene Ärzte in Anspruch nehmen. Eine differenzierte Übersicht - der Suchtberatungs- und-behandlungsstellen (SBB), - der suchttherapeutischen Stationen in psychiatrischen Krankenhäusern, - der Fachkliniken für Abhängigkeitskranke, - der stationären Therapieeinrichtungen für Betäubungsmittelabhängige sowie - der sozialtherapeutischen Einrichtungen und Wohnangebote Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin Durchwahl Telefon +49 351 564-5601 Telefax +49 351 564-5791 IhrZeichen Ihre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 53-0141.51-16/236 Dresden, ß;April2016 Hausanschrift Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 10 01097 Dresden www.sms.sachsen.de STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOllALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ sind im Jahresbericht 2015 der Sächsischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren aufgelistet. Diese Übersicht ist unter www.slsev.de einsehbar. Darüber hinaus arbeiten weitere Angebote zur Unterstützung von Crystai-Konsumenten in kommunaler Zuständigkeit. Beispielhaft genannt werden: • Plan B - Hilfen für suchtgefährdete und suchtkranke Menschen mit Elternverantwortung und deren Kinder in Chemnitz in Trägerschaft der Stadtmission Chemnitz e.V., • Projekt "Von der Straße ins Leben" in Trägerschaft des Suchtzentrums Leipzig gGmbH, • "FreD + C" - Frühintervention auf Grundlage des Bundesprojekts "FreD" regionaler Besonderheiten" in Trägerschaft des Kooperationsverbundes DRK Kreisverband Vogtland/Reichenbach und diakonisches Kompetenzzentrum für Suchtfragen gGmbH. Frage 2: Wie war 2013, 2014 und 2015 die Auslastungsquote dieser in Frage 1 genannten Betreuungs-, Hilfs- und Therapieangebote und wie hoch war die Wartezeit für das jeweilige Angebot, falls eine Wartezeit bestand? Generell ist die Belastung des sächsischen Suchthilfesystems durch den Konsum von Crystal sehr hoch. Dies belegen sowohl die Auswertungen der Sächsischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren e.V. in den veröffentlichten Jahresberichten für die Jahre 2013, 2014 und 2015 als auch die Berichte der Kommunen und der Einrichtungen der Suchthilfe. Eine konkrete Auslastungsquote im Sinne einer quantitativen Erfassung ist der Staatsregierung nicht bekannt. Wartezeiten existieren real und sind von verschiedenen Faktoren abhängig. Angebotsbezogene Wartezeiten explizit für Crystai-Konsumenten können jedoch nicht benannt werden. U. a. aus folgenden Gründen: - Den ausschließlichen Crystai-Konsumenten/-Abhängigen gibt es in der Praxis kaum, in der Regel erfolgt multipler Substanzkonsum. - Die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland teilt z.B. mit, dass bei der Antragserfassung für eine Rehabilitation keine differenzierte Erfassung Crystai- Abhängigkeit erfolgt. Crystai-Abhängige werden in der ICD-10 Gruppe F15- Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien - Abhängigkeit in der Untergruppe F15.2 verschlüsselt. Aus den SBB gibt es unterschiedliche Rückmeldungen. Wartezeiten für Klientinnen und Klienten können allgemein bis zu vier Wochen betragen. Gründe dafür sind, neben den konkret vorhandenen Kapazitäten, z. B. auch, dass die Terminvergabe klientenindividuell erfolgt. Die Entscheidung darüber treffen die Fachkräfte in den betreffenden Seite 2 von 5 Freistaat SACHSEN STAATSMlNl STERl UM FÜR SOZlALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Einrichtungen. Um kurzfristige Beratungsangebote zu ermöglichen, bieten einige Suchtberatungs- und -behandlungsstellen offene Sprechstunden an. Stationäre Einrichtungen der Psychiatrie haben eine Vollverpflegungsverpflichtung. Entsprechend ihrem Einzugsgebiet sind sie zur Aufnahme von Not- und Akutfällen jederzeit verpflichtet. Frage 3: Hat die Staatsregierung Erkenntnisse darüber, wie sich der Betreuungs-, Hilfsund Therapiebedarf für Crystai-Abhängige in Zukunft darstellen wird? Wenn ja, wie hoch wird der prognostizierte Bedarf sein? Die Staatsregierung geht weiterhin von einer hohen Belastung des sächsischen Suchthilfesystems sowie angrenzender Hilfebereiche (z. B. Jugendhilfe) durch Crystal aus. Dieser begründet sich sowohl durch die hohe Zahl an Klientinnen und Klienten als auch durch die Schwere der mit Crystalkonsum einhergehenden Erkrankungen sowie die Langwierigkeit der Behandlung. Frage 4: Wie hoch war die Anzahl der Personen 2014 und 2015, die gemäß Punkt 7 des "10-Punkte-Pians zur Prävention und Bekämpfung des Crystai-Konsums" bei Erstauffälligkeit eine Soforthilfe vermittelt bekommen haben und wie viele Personen konnten nicht vermittelt werden und was waren die Gründe hierfür? Vorbemerkung: Punkt 7 des 1 0-Punkte-Pianes hat eine frühzeitige Vermittlung von Crystai- Konsumenten ins Suchthilfesystem zum Ziel. Neben Pädagogen und Polizisten wird eine besondere Verantwortung von Ärzten und Zahnärzten benannt. Angaben aus dem Bereich Schule Der Staatsregierung liegen keine Informationen von Fällen über betroffene erstauffällige Schüler in den Jahren 2014 und 2015 vor, die wegen Crystai-Konsums von Schulen in ein bestehendes sächsisches Suchthilfesystem vermittelt wurden bzw. nicht vermittelt werden konnten. Angaben aus dem Bereich Polizei Die sächsische Polizei führt keine Statistiken im Sinne der Fragestellung. Wie hoch die Anzahl der Personen 2014 und 2015 war, die gemäß Punkt 7 des "1 0-Punkte-Pians zur Prävention und Bekämpfung des Crystai-Konsums" bei Erstauffälligkeit eine Soforthilfe vermittelt bekommen haben und wie viele Personen nicht vermittelt werden konnten und was die Gründe hierfür waren, wird polizeilich nicht erfasst. ln Fällen, in denen Personen bei Erstauffälligkeit von Crystai-Konsum durch die Polizei Soforthilfe angeboten bekommen haben bzw. vermittelt wurden, um eine schnelle Überführung in das bestehende sächsische Sucht-Hilfesystem zu gewährleisten, wird dies in der Regel in den Ermittlungsakten festgehalten. Zur vollständigen Beantwortung der Fragen müssten insofern alle in Frage kommenden Ermittlungsverfahren händisch Seite 3 von 5 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ ausgewertet werden. Die Anzahl der Verfahren und der insgesamt erforderliche Aufwand kann nicht abgeschätzt werden. Es wäre jedoch notwendig, mehrere Sachbearbeiter über einen mehrere Tage währenden Zeitraum mit den Recherchen und Auswertungen zu beauftragen. Dieses Personal stünde dann für Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Insbesondere wäre davon jenes Personal betroffen, welches für die Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität zuständig ist. Eine solche aufwendige Recherche ist unverhältnismäßig und ohne Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten. Angaben der Sächsischen Landesärztekarner und der Landeszahnärztekammer Grundsätzlich besteht für Arzte und Zahnärzte keine Meldepflicht für Konsumenten von Crystal. Dies wäre auch mit den rechtlichen Rahmenbedingungen für die Heilberufe (etwa Schweigepflicht nach § 203 StGB), nicht vereinbar. Eine durch Patienten nicht autorisierte Meldung an Dritte würde das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient nachhaltig beschädigen. Die in Punkt 7 des 1 0-Punkte-Pians angesprochene "schnelle Überführung in das bestehende sächsische Suchthilfesystem" kann deshalb nur beinhalten, dass Arzte und Zahnärzte bei dem Verdacht auf Crystai-Konsum mit dem Patienten sprechen und gezielt auf Hilfsangebote verweisen. Dabei muss die individuelle Situation des Behandlungs - oder Beratungsgesprächs beachtet werden. Um Arzte und Zahnärzte diesbezüglich zu sensibilisieren und zu informieren fanden verschiedene Initiativen der Arzteschaft, der Sächsischen Landesärztekammer und der Landeszahnärztekammer statt. Beispielhaft werden genannt: • Veröffentlichung eines Fachartikels in der Monatszeitschrift Zahnärzteblatt Sachsen mit dem Titei"Crystal Meth - Eine neue Szene-Droge mit hohem Schädigungspotential für das stomatognathe System"; dabei erfolgte auch der Hinweis auf Ansprechpartner und Hilfsangebote sowie und die Website www.crystal-sachsen.de, • Veranstaltung "Crystal und Co. in der Schwangerschaft - Konsequenzen für das Kindeswohl" am 26.11.2014 und am 20.05.2015, • Veranstaltung "Von der Fliegerschokolade zur Modedroge - Historie, Wirkung und Suchtpotential von Crystal Meth" in Rodewisch, • Veranstaltung "Intoxikation, Missbrauch und Abhängigkeit von Crystal Meth - ein interdisziplinäres Problem" in Chemnitz. Seite 4 von 5 Freistaat SACHSEN Frage 5: STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ Wie lange dauerte es im Durchschnitt, von der Feststellung dieser Erstauffälligkeit , bis zur Überführung der Person in das sächsische Suchthilfesystem? Unter Verweis auf die Antwort auf Frage 4 können hierzu keine Angaben gemacht werden . Mit freundlichen Grüßen 3~ Barbara Kleps h Seite 5 von 5 2016-04-27T09:31:09+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes