Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Nico Brünler, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/4817 Thema: Fälle von häuslicher Gewalt 2013 bis 2015 in der Stadt Chemnitz Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Einsätze der Polizei gab es in den Jahren 2013 bis 2015 bzgl. häuslicher Gewalt in der Stadt Chemnitz? (Bitte aufschlüsseln nach den einzelnen Jahresscheiben sowie nach den einzelnen Stadtteilen.) Frage 2: In wie vielen dieser Fälle waren Kinder und/oder Jugendliche mittelbar oder unmittelbar betroffen? (Bitte aufschlüsseln nach den einzelnen Jahresscheiben sowie nach den einzelnen Stadtteilen.) Frage 3: Welche Maßnahmen (Wegweisung, Wohnungsverweisung, Verständigung Jugendamt) wurden in diesen Fällen getroffen? (Bitte aufschlüsseln nach den einzelnen Jahresscheiben, Maßnahmen sowie nach den einzelnen Stadtteilen.) Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 3: Von einer Beantwortung seitens der Staatsregierung wird abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grund- Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-0141.50/9821 Dresden, 29. April 2016 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. Seite 2 von 4 satz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. Sächs- VerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Die sächsische Polizei führt keine Statistiken im Sinne der Fragestellungen. Wie viele Einsätze der Polizei es in den Jahren 2013 bis 2015 bzgl. häuslicher Gewalt in der Stadt Chemnitz gegeben hat, in wie vielen dieser Fälle Kinder und/oder Jugendliche mittelbar oder unmittelbar betroffen waren und welche Maßnahmen (Wegweisung, Wohnungsverweisung, Verständigung Jugendamt) in diesen Fällen getroffen wurden, wird statistisch nicht erfasst. Zur vollständigen Beantwortung der Fragen müssten insofern fast 700 Vorgänge der häuslichen Gewalt im Stadtgebiet Chemnitz für die Jahre 2013 bis 2015 zur fundierten Beantwortung der Fragen 1 bis 3 händisch ausgewertet werden. Der insgesamt dafür erforderliche Aufwand kann nicht abgeschätzt werden. Es wäre jedoch notwendig, mehrere Sachbearbeiter über einen mehrere Tage währenden Zeitraum mit den Recherchen und Auswertungen zu beauftragen. Dieses Personal stünde dann für Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Eine solche aufwendige Recherche ist unverhältnismäßig und ohne Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten. Im Übrigen wird auf die Antwort der Staatsregierung auf die Frage II.1 der Großen Anfrage Drs.-Nr. 6/3568 verwiesen. Frage 4: Wie viele Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Zusammenhang mit Fällen häuslicher Gewalt wurden 2013 bis 2015 in der Stadt Chemnitz beantragt bzw. erlassen? (Bitte aufschlüsseln nach den einzelnen Jahresscheiben sowie nach den einzelnen Stadtteilen.) In den nachfolgend benannten Fällen sind in den Jahren 2013 bis 2015 vor dem Amtsgericht Chemnitz Gewaltschutzregelungen im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt bzw. erlassen worden: 2013 Stadtteil Anträge davon erlassene Beschlüsse Altchemnitz 3 2 Altendorf 1 - Chemnitz-Zentrum 4 2 Euba 2 - Furth 1 1 Helbersdorf 1 - Hilbersdorf 1 - Hutholz 1 - Kappel 2 1 Kaßberg 5 3 Kleinolbersdorf-Altenhain 1 1 Lutherviertel 2 2 Seite 3 von 4 Markersdorf 2 - Morgenleite 1 1 Schloßchemnitz 2 1 Siegmar 2 - Sonnenberg 2 - 2014 Stadtteil Anträge davon erlassene Beschlüsse Altendorf 4 1 Bernsdorf 2 - Chemnitz-Zentrum 1 1 Ebersdorf 3 - Gablenz 2 1 Hilbersdorf 1 - Kappel 3 1 Kaßberg 7 2 Kleinolbersdorf-Altenhain 1 - Markersdorf 1 - Schloßchemnitz 1 1 Schönau 1 1 Sonnenberg 2 1 Yorckgebiet 1 1 2015 Stadtteil Anträge davon erlassene Beschlüsse Altchemnitz 2 - Altendorf 1 1 Bernsdorf 3 1 Chemnitz-Zentrum 4 1 Ebersdorf 1 - Furth 1 - Gablenz 2 1 Helbersdorf 1 - Hilbersdorf 2 - Kapellenberg 2 1 Kaßberg 5 1 Schloßchemnitz 2 - Schönau 1 - Sonnenberg 10 5 Yorckgebiet 3 - STAATSM1N1STER1U1VI DES INNERN Freistaat SÄCtiSETN Ergänzend ist zu diesen Angaben auf Folgendes hinzuweisen: In die vorstehende Aufstellung wurden lediglich diejenigen Verfahren aufgenommen, in denen eine Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt worden ist; Hauptsacheverfahren sind mithin nicht erfasst. Fälle, in denen der jeweilige Antragsteller nicht in Chemnitz wohnt und in denen das hiesige Gericht lediglich im Hinblick auf den Gerichtsstand des § 211 Ziff. 3 FamFG angerufen wurde, ohne dass ein sonstiger örtlicher Bezug zum Stadtbezirk Chemnitz feststellbar ist, wurden nicht berücksichtigt. Im Hinblick auf die genannte Gerichtsstandsregelung ergibt sich gleichermaßen, dass nicht alle denkbaren Fälle häuslicher Gewalt in Chemnitz erfasst werden konnten, in denen das Tatopfer Gewaltschutzan- Ordnungen beantragt hat. Dies betrifft diejenigen Fälle, in denen zwar die Tätlichkeiten, die Anlass für das Verfahren gegeben haben, in Chemnitz stattgefunden haben, die jeweiligen Tatopfer den Gewaltschutzantrag jedoch vor einem für den auswärtigen Wohnsitz des Täters zuständigen Gericht gestellt haben. Im Übrigen konnten die Fälle häuslicher Gewalt nicht zweifelsfrei von den sonstigen Fällen der §§ 1 und 2 GewSchG abgegrenzt werden. Schon für den Begriff der "häuslichen Gewalt" gibt es keine allgemeingültige Definition, insbesondere ist unklar, ob damit nur Gewalttaten im räumlichen häuslichen Umfeld erfasst sein sollen und wie eng die persönliche Beziehung zwischen Tatopfer und Täter sein muss, um eine Gewalttat als "häuslich" einzustufen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass sich diejenigen Kriterien, die es ermöglichen können, eine Gewalttat als "häuslich" zu identifizieren, den Akten vielfach nicht entnehmen lassen. In den Anträgen ist oft nicht aufgeführt, welche persönliche Beziehung das Tatopfer zum Täter hat, da es hierauf für den Erlass einer An- Ordnung nach §§ 1 und 2 GewSchG nicht maßgeblich ankommt. Zudem werden einstweilige Anordnungen gem. §§ 1 und 2 GewSchG oftmals ohne mündliche Verhandlung erlassen, so dass auch keine Protokolle vorhanden sind, die weiteren Erkenntnisgewinn liefern könnten. Soweit nach einigen Definitionen des Begriffs "häusliche Gewalt" darauf abgestellt wird, ob Täter und Tatopfer einen gemeinsamen Hausstand geführt haben bzw. führen, war dieses Kriterium auch nicht geeignet, um die maßgeblichen Fälle ai^hand der Adressangaben zielgenau herauszufiltern. Zu dem Bereich der häuslichen /Gewalt zuzuordnenden Vorfällen im Sinne der Regelungen des GewSchG kornm^ es in der Regel nach Trennungen, wenn die Beteiligten also gerade nicht mehr unter /derselben Adresse wohnhaft sind. Im Hinblick auf diese Abgrenzungsproblematik wurden all^ Fälle der §§ 1 und 2 GewSchG ausgewertet. Mit fpeundlichen Grüßen Markus Ulbig Seite 4 von 4 6_4817_rs SB2-6PS-Biz16050209271 2016-05-02T12:05:21+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes