SÄCHSISCHE STAATSKANZLE] ^SACHSEN Der Staatsminister Chef der Staatskanzlei SÄCHSISCHE STAATSKANZLEI 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Durchwahl Telefon +49 351 564-1020 Telefax +49 351 564-1025 Poststelle® sk.sachsen.de Geschäftszeichen (bitte bei Antwort angeben) SK.34- Dresden, a . Oktober 2014 Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Claudia Maicher, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/49 Thema: Zwischenergebnisse und Verfahren zur Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "Auf Grundlage eines Diskussionspapiers der Länder vom März 2014 zur Änderung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags wurde unter Federführung des Freistaates Sachsen eine Online-Konsultation durchgeführt." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Erkenntnisse leitet die Staatsregierung hinsichtlich 25JäundFdReuts^ der Rechtssicherheit bei der Kennzeichnung von Inhalten, der Machbarkeit eines Beschwerdemanagements und regelmäßiger Kontrollen für nicht-kommerzielle bzw. Laienanbieter von Telemedien, sowie hinsichtlich eines Konfliktes der anvisierten Änderungen mit europäischem und Bundesrecht zur Filterung von nutzergenerierten Inhalten durch Plattformbetreiber aus der Konsultation ab? Mit der Alterskennzeichnung wird eine "Privilegierung" verbunden: Das heißt, die Anbieter werden nicht, wie es das geltende Recht vorsieht, bei einer fehlenden oder falschen Kennzeichnung mit einem Bußgeld belangt. Vielmehr wird das Bußgeld erst im Wiederholungsfall bzw. bei vorsätzlichem Handeln fällig. Ziel der Regelung ist es, dass mehr Inhalte im deutschsprachigen Netz mit Alterskennzeichen versehen werden. Anbieter können die Alterskennzeichen mit Hilfe eines Tools auf der Website der USK, einer HausanschriftSelbstkontrollorganisation der Unterhaltungsindustrie, sowie auf der Website sächsische staatskanziei Archivstraße 1 01097 Dresden Seite 1 von 4 www.sachsen.de SÄCHSISCHE STAATSKANZLE] SACHSEN der FSM, der Selbstkontrollorganisation für Telemedien, kostenlos erstellen. Dort wird auch eine Hilfestellung für die richtige Klassifizierung angeboten. Der Vorschlag, eine gesonderte Regelung für die Alterskennzeichnung von Inhalten zu schaffen, die nicht vollständig vom Anbieter zu verantworten sind, weil sie von Dritten eingefügt oder verändert werden (user generated content), wird wegen der abschließenden Regelung in §§ 7 ff. Telemediengesetz (TMG) nicht weiter verfolgt. Frage 2: Welche Erkenntnisse leitet die Staatsregierung hinsichtlich der beabsichtigten Abweichung von den Alterskennzeichnungen des JuSchG und einer stellenweisen Verschärfung des Zugangs zu Inhalten infolge einer Vereinfachung von Altersstufen (beispielsweise wenn Inhalte die bisher für Jugendliche ab 16 Jahre freigegeben waren, künftig als "ab 18 Jahre" gekennzeichnet werden) aus der Konsultation ab? Die Länder hatten zunächst den Vorschlag zur Diskussion gestellt, die Möglichkeit der Kennzeichnung von Telemedien auf die Altersstufen „ab zwölf Jahren“ und „ab achtzehn Jahren“ zu beschränken, um den Anbietern die Altersklassifizierung im Internet zu erleichtern. In der Online-Konsultation und dem Fachdialog wurde die Abweichung von den Altersstufen des JuSchG nicht zuletzt mit Blick auf die Kompatibilität der beiden jugendschutzrechtlichen Regelungswerke von Bund und Ländern kritisiert. Die Auswertung der Online-Konsultation und des Fachdialogs führt die Länder daher zu dem Ansatz, auch für Telemedienangebote nach dem JMStV die Altersstufen des JuSchG „ohne Altersbeschränkung“, „ab sechs Jahren“, „ab zwölf Jahren“, „ab sechzehn Jahren“ und „ab achtzehn Jahren“ („keine Jugendfreigabe“) zu Grunde zu legen. Frage 3: Werden für die nochmals konkretisierten Eckpunkte Erweiterungen des bisherigen Ansatzes des Jugendmedienschutzes im Internet diskutiert, insbesondere hinsichtlich der Risiken im Bereich Mobbing, Datensicherheit, Werbung und Bezahlangebote sowie der Nutzung von mobilen Endgeräten, von Kommunikationsdiensten und von durch Nutzerinteraktion veränderbaren Inhalten wie Onlinespiele, und wenn ja, mit welchem Zwischenergebnis? Das überarbeitete Eckpunktepapier konzentriert sich auf die Themen: zukunftsfähige Ausgestaltung von Jugendschutzprogrammen, Alterskennzeichnung bei Telemedienangeboten nach Altersstufen, Erleichterung der Kontaktaufnahme mit dem Jugendschutzbeauftragten, zeitlich unbegrenzte Finanzierung von jugendschutz.net sowie „Aufsichts- und Selbstkontrollzuständigkeiten. Darüber hinaus handelt es sich um ein laufendes Verfahren, so dass hierdurch noch keine abschließende Aufnahme aller Themenbereiche festgeschrieben wurde. Frage 4: Welche Kenntnisse zur Nutzung und zur Akzeptanz von Jugendschutzprogrammen und Filterangeboten sowie zum Aufklärungsbedarf über deren Möglichkeiten und Grenzen im Einsatz durch Eltern liegen der Staatsregierung vor? Seite 2 von 4 SÄCHSISCHE STAATSKANZLEI Die Staatsregierung bedient sich u.a. der Studie zum technischen Jugendmedienschutz des Fraunhofer-Instituts IAIS, welche vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien in Auftrag gegeben wurde und eine Bestandsaufnahme der repräsentative medienübergreifenden Elternbefragung, die durch die ZDF Medienforschung in Kooperation mit dem Hans-Bredow-Institut (HBI) 2011 durchgeführt wurde und ermittelt hat, welchen Schutzbedarf Eltern wahrnehmen und inwieweit sie die Ziele des Jugendmedienschutzes teilen, konkrete Regelungen kennen und entsprechend im Alltag umsetzten sowie der Studie Jugendschutzsoftware im Elternhaus: Kenntnisse, Erwartung und Nutzung, die im Auftrag des BMFSFJ aktuelle Umfragen und Studien -vor allem neben der bereits erwähnten Studie des DF, die Ergebnisse des Forschungsprojekts EU Kids online, die von der forsa 2011 durchgeführte Studie Jugendschutzprogramme aus Sicht der Eltern und die vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest (MPFS) durchgeführten KIM/.JIM-Studien der vergangenen Jahre - ausgewertet hat, enthält und dadurch übersichtlich wiedergibt, was Eltern in Deutschland in Bezug auf Jugendschutzsoftware wissen, in wieweit sie diese einsetzten und welche Erwartungen sie haben. Der HBI Studie „Jugendschutzsoftware im Elternhaus“ zufolge haben viele Eltern bereits von Jugendschutzsoftware gehört (83%). Fast allen Eltern ist es wichtig, dass des Jugendschutzsoftware gibt (sehr wichtig: 73%; wichtig: 22%). Die meisten (93%) sind auch der Ansicht, dass Jugendschutzsoftware ein wichtiges Hilfsmittel für sie sein kann; für 75% der Eltern passen derartige Programme in das eigene Erziehungskonzept. Die Meinung, dass Jugendschutzsoftware die Kinder in ihrer Freiheit zu sehr einschränken würde, vertritt nur ein kleiner Teil der Eltern (7%). 25% derjenigen, die von Jugendschutzsoftware schon gehört haben, d.h. rund 20 Prozent aller Eltern, setzen Jugendschutzsoftware zu Hause ein (forsa 2011). Die Nutzung steigt zunächst mit zunehmendem Alter an (3-5 Jahre: 14%; 6-8 Jahre: 23%; 9-11 Jahre: 33%), hat seinen Höhepunkt bei Kindern zwischen 12 und 14 Jahren (36%) und geht bei Jugendlichen dann wieder zurück (15-17 Jahre: 32%) (forsa 2011, Anm.: Prozentangaben beziehen sich auf die Gesamtheit der Eltern, die schon mal von Jugendschutzsoftware gehört haben). Diese Zahlen decken sich ungefähr mit den Ergebnissen aus anderen Untersuchungen (ZDF, KIM). Die Hälfte aller Eltern (50%) wünscht sich mehr Informationen zu derartiger Software, hier vermehrt jüngere Eltern (unter 39-Jährige: 55%; 40- bis 49-Jährige: 48%; über 49-Jährige: 43%) und solche mit niedrigem formalen Bildungshintergrund (Abitur/Studium: 46%; mittlere Reife: 49%; Hauptschule: 57%). Zusammenfassend lässt sich ausführen, dass Eltern ihre Kinder vor Gefahren schützen möchten und sich hierzu auch gerne technischer Mittel bedienen, soweit sie in das eigene Erziehungskonzept passen und von den Eltern benutzbar sind. Schwierigkeiten entstehen für Eltern vor allem aus der Unkenntnis über Gefahren, mit denen ihre Kinder im Internet konfrontiert werden könnten, und der scheinbar verwirrenden Marktsituation rund um den technischen Jugendmedienschutz. Damit verbunden ist auch eine Information über die Wirkungsweise mit ihren Möglichkeiten und ihren Grenzen und die Abgrenzung von Kinder- und Jugendschutzsoftware gegenüber anderen Sicherheitsoder Überwachungsprogrammen. Die bislang vorliegenden Erkenntnisse aus der Forschung erheben nicht explizit Anforderungen von Eltern an Jugendschutzsoftware, jedoch lassen sich aus den Freistaat SACHSEN Seite 3 von 4 SÄCHSISCHE STAATSKANZLE] Freistaat SACHSEN Marktstudien über vorhandene Lösungen Differenzierungsmerkmale ableiten, die Eltern und Erziehungsbeauftragten als Orientierung für die Auswahl einer Lösung dienen können. Dabei können nach der Studie die folgenden Bereiche unterschieden werden: 1. Funktionsumfang - zum Beispiel verschiedene Nutzerprofile, nutzerspezifische Anpassbarkeit, Zeitlimits, Nutzungsrestriktionen (Programme, Protokolle, Nutzung von Whitelists, Berücksichtigung von Blacklists,.), 2. Sicherheit - die Software darf nicht von einem Kind oder Jugendlichen umgangen werden können, 3. Effektivität - Zuverlässige Sperrung von Inhalten hinsichtlich von Themen, Altersgruppen, Sprache, User Generated Content (UGC) in Web 2.0-Angeboten (z. B. Film- und Fotoportale), Internet-Kommunikation (z. B. Chats), 4. Usability (Gebrauchstauglichkeit) - Installation, Konfiguration, Deinstallation. Frage 5: Wann sollen welche Verfahrensschritte bis zur Einleitung des Zustimmungsverfahrens in den Länderparlamenten erfolgen? Am 15. Oktober 2014 haben die Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien beschlossen, eine vierwöchige Online-Konsultation zum Eckpunktepapier „Novellierung des Jugendmedienschutzstaatsvertrages“ durchzuführen. Auf der Grundlage dieses Eckpunktepapiers sowie der Auswertung der Online-Konsultation soll dann ein erster Staatsvertragsentwurf erarbeitet und die hierfür notwendigen Anhörungen durchgeführt werden. Die Online-Konsultation findet vom 20.10.2014 bis zum 17.11.2014 statt. Mit freundlichen Grüßen Dr. Johannes Beermann Seite 4 von 4