2014/41963 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Postfach 10 05 10 | 01076 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Volkmar Zschocke, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/491 Thema: Erkenntnisse des Projektes „UFIREG - Ultrafeine Partikel und Gesundheit“ zu den Ursachen und Effekten von ultrafeinen Partikeln auf Krankheits- und Sterberate in Dresden Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Im EU-Projekt UFIREG haben zwischen dem 1.7.2011 und dem 31.12.2014 Experten aus den Bereichen Umweltschutz, Luftgüteüberwachung, Messtechnik und Gesundheit aus Deutschland, Tschechische Republik, Slowenien und Ukraine zusammengearbeitet, um langfristig die Luftqualität in europäischen Städten zu verbessern und die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. Dabei standen Auswirkungen ultrafeiner Partikel (< 100 Nanometer) auf die menschliche Gesundheit im Fokus. Dem Projektteam gehören Institutionen aus den Bereichen Luftgütemessung, Epidemiologie und Gesundheitsforschung aus vier europäischen Ländern an u.a. das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Im Rahmen des Projekts wurden Messungen ultrafeiner Partikel in fünf europäischen Städten durchgeführt: Augsburg, Dresden, Ljubljana, Prag und Chernivtsi.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie oft und in welchem Maße wurden an welchen Messstationen in Dresden im Rahmen des Projektes zwischen 2011 und 2014 die Grenzwerte bei den untersuchten Schadstoffkomponenten (Schwefeldioxid (S02), Stickstoffoxid (NO und N02), Ozon, Ruß, Feinstaub (PM10, PM2,5), Partikelanzahlkonzentration überschritten (bitte nach Messstation, Jahr und Schadstoffkomponenten aufschlüsseln)? Seite 1 von 4 Durchwahl Telefon +49 351 564-2000 Telefax +49 351 564-2009 Poststelle® smul.sachsen.de* Ihr Zeichen PD 2-2012 Pa/Ho Ihre Nachricht vom 12. Dezember 2014 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) Z-0141.50/19/4764 Dresden, - 6. JAN, '& 13 Jetzt schalten Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft Archivstraße 1 01097 Dresden www.smul.sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Für Besucher mit Behinderungen befinden sich gekennzeichnete Parkplätze am Königsufer. Für alle Besucherparkplätze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden. * Kein Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronische Dokumente D2014/41963 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACH SEIN Maßgebliche Messstation im Projekt war im Freistaat Sachsen die Station Dresden-Winckelmannstraße. Es gab zwischen den Jahren 2011 und 2014 keine Grenz- beziehungsweise Zielwertüberschreitungen bei S02, N02, Ozon, PM10, PM2,5. Für die Parameter NO, Ruß und Partikelanzahlkonzentration gibt es keine gesetzlich festgelegten Grenz- oder Zielwerte. Frage 2: Welche Erkenntnisse über die Kurzzeiteffekte von ultrafeinen Partikeln auf Krankheits- und Sterberate in Sachsen bzw. Dresden wurden ermittelt? Frage 3: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung auf die Zahl an Sterbefällen bzw. Krankenhauseinweisungen aufgrund von Herzkreislauf- und Atemwegserkrankungen ausgelöst durch ultrafeine Partikel in Dresden bzw. Sachsen? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 2 und 3. Der wissenschaftliche Abschlussbericht der Studie liegt derzeit noch nicht vor. Aus den bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt öffentlich publizierten Ergebnissen und somit für die Staatsregierung zugänglichen Informationen zeichnet sich erst ein fragmentarisches Bild ab, so etwa über die Größenordnung einiger ultrafeinstaubbedingter Gesundheitseffekte auf die Atemwegserkrankungen, während für andere Erkrankungsgruppen momentan noch keine spezifischen Aussagen über entsprechende Zusammenhänge abrufbar sind. Im Projekt UFIREG wurden Kurzzeiteffekte durch ultrafeine Partikel auf die tägliche Anzahl an Krankenhauseinweisungen und Sterbefälle aufgrund von Herzkreislauf- und Atemwegserkrankungen sowie auf natürliche Sterbefälle untersucht. Dabei wurde eine multizentrische Studie in den Städten Augsburg, Dresden, Ljubljana, Prag und Chernivtsi durchgeführt, um die Aussagekraft der Ergebnisse zu erhöhen. Die Aussagekraft des Ergebnisses einer einzelnen Stadt ist vergleichsweise gering und kann somit nicht bewertet werden. Zusammengefasst zeigten die Ergebnisse aller beteiligten Städte ein um rund zwei Prozent erhöhtes Risiko für Krankenhauseinweisungen und Sterbefälle aufgrund von Atemwegserkrankungen bei einem Anstieg der Anzahl ultrafeiner Partikel im Tagesdurchschnitt um 1000 pro Kubikzentimeter. Die Effekte traten mit zeitlicher Verzögerung ein, das heißt, dass ansteigende Konzentrationen ultrafeiner Partikel mit einer erhöhten Zahl an Krankenhauseinweisungen und Sterbefällen einige Tage später verbunden waren. Im Untersuchungszeitraum der Jahre 2011 bis 2012 gab es der Studie zufolge in Dresden insgesamt 261 (im Jahr 2011) beziehungsweise 258 (im Jahr 2012) Todesfälle durch Atemwegserkrankungen. Es waren insgesamt 5216 (im Jahr 2011) beziehungsweise 5168 (im Jahr 2012) Krankenhauseinweisungen in Dresden auf Krankheiten der Atemwege zurückzuführen, wobei alle natürlichen Ursachen, das heißt außer Unfälle und Suizide, Berücksichtigung fanden. Die genannten Zahlen bieten jedoch für sich genommen noch keine hinreichenden Voraussetzungen für unmittelbare und konkrete Schlussfolgerungen über die jeweils herrschenden orts- beziehungsweise regionalspezifischen umweltbedingten Krankheitslasten, weder bezogen auf die Stadt Dresden noch für den Freistaat Sachsen. Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN Frage 4: Welche Hauptverursacher wurden für die Belastungen durch ultrafeine Partikel ermittelt (bitte nach Verursachern gewichten z.B. Autoverkehr, Industrieabgase, Wind, Sonnenstrahlung, Feuer, Grillen, Feuerwerk, Laubbläser u.a.) und wo sieht die Staatsregierung die größten Minderungspotenziale? Eine Quellenanalyse war nicht Bestandteil des Projektes. Der Ausstoß ultrafeiner Partikel durch die in der Frage genannten Quellen wurde im Projekt nur beispielhaft ermittelt. Informationen zum Projekt sind auf der nachfolgenden Intemetseite veröffentlicht: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/luft/28188.htm Auf der Intemetseite des Projektes http://www.ufireq-central.eu/ werden ausführliche Informationen über die beteiligten Institutionen, über die Ziele und Ergebnisse des Projektes bereitgestellt. Im Übrigen wird von einer Beantwortung durch die Staatsregierung abgesehen. Die Frage ist auf eine Bewertung gerichtet. Zu der Abgabe einer Bewertung ist die Staatsregierung nicht verpflichtet. Gemäß Artikel 50 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) ist die Staatsregierung verpflichtet, über ihre Tätigkeit den Landtag insoweit zu informieren, als dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Dieser Informationspflicht der Staatsregierung nach Artikel 50 SächsVerf entspricht das Frage- und Auskunftsrecht der Abgeordneten gegenüber der Staatsregierung nach Artikel 51 SächsVerf. Das Fragerecht kann jedoch nicht dazu dienen, die Staatsregierung zu einer Bewertung anzu-halten, die der Abgeordnete für geboten hält, sondern nur dazu, den Abgeordneten Informationen zu verschaffen (SächsVerfGH, Urteil 22. April 2004 - Vf. 44-I-03). Frage 5: Welche konkreten Handlungsempfehlungen können aus den Forschungsergebnissen abgeleitet werden und ergehen aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse an die entsprechenden Behörden, Einrichtungen sowie an die Bevölkerung im Untersuchungsgebiet? Dieses sowie vergleichbare Projekte, die durch eine EU-Förderung maßgeblich unterstützt werden, dienen in erster Linie dazu, neues Wissen für das jeweilige Fachgebiet zu generieren. Dieses Wissen fließt dann in die fachpolitische Weiterentwicklung ein. Das Projekt UFIREG war ein Baustein zur Weiterentwicklung der Europäischen Luft-reinhaltepolitik. Es diente dazu, die Datenbasis für die Untersuchung der gesundheitlichen Auswirkungen von ultrafeinen Partikeln zu verbessern. Für die Formulierung genauer Schlussfolgerungen reichen die vorliegenden Untersuchungen jedoch noch nicht aus. Im Ergebnis des Projektes wird empfohlen, die Bemühungen zur Schaffung einer ausreichenden Datenbasis an Ultrafeinpartikel-Messungen für epidemiologische Untersuchungen fortzusetzen. Dafür werden die Durchführung von Ultrafeinpartikel-Messungen an sogenannte Supersites einschließlich einer intensiven Qualitätssicherung sowie die enge Zusammenarbeit der mit den Messungen befassten Institutionen empfohlen. Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN Zur Reduzierung des Ausstoßes von ultrafeinen Partikeln in die Umwelt werden außerdem Maßnahmen vorgeschlagen (zum Beispiel Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs und alternativer Antriebe für Kraftfahrzeuge, Verschiebung des Modal Split in Richtung Rad- und Fußverkehr, Unterstützung des Konzepts „Umweltzone“, Vermeidung von Belastungsschwerpunkten durch entsprechende Stadtplanung, Entwicklung von zuverlässigen Filtersystemen für alle Quellen). Um die Emission ultrafeiner Partikel bei der Holzverbrennung zu reduzieren, wird auch deren Einschränkung insbesondere in alten Kaminen und Öfen angeregt. Mit freundlichen Grüßen Thomas Schmidt Seite 4 von 4