STAATSMINlSTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 1 O 1 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/4911 Thema: BAMF-Sprachkurse für Geflüchtete in Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Laut Plänen der Bundesregierung sollen mit einem Integrationsgesetz zukünftig Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte zu Integrationskursen verpflichtet werden können. Bei Nicht-Teilnahme drohen Sanktionen . Bereits jetzt können berechtigte Personen zur Kursteilnahme verpflichtet und Nicht-Teilnahme sanktioniert werden." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wer hat in Sachsen Zugang zu Integrationskursen? Die Voraussetzungen für den Zugang zum Integrationskurs ergeben sich aus § 44 Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) . Diese gelten bundesweit. Seit dem Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes am 24. Oktober 2015 können auch Asylbewerber mit einer guten Bleibeperspektive sowie Geduldete mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 60 a Abs. 2 Satz 3 AufenthG und Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG eine Zulassung vom Bundesamt erhalten. Dieser Personenkreis muss die Zulassung zu einem Integrationskurs mittels eines Formulars individuell direkt beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Nürnberg beantragen. Eine gute Bleibeperspektive haben entsprechend der derzeitigen Festlegungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge Personen mit einer Staatsangehörigkeit der Herkunftsländer Iran, Irak, Syrien, Eritrea, die noch in keinem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union einen Asylantrag Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin für Gleichstellung und Integration Durchwahl Telefon +49 351 564-54905 Telefax +49 351 564-54909 Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) VZ-0141.51-16/326 Dresden, ~o Mai 2016 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 1 O 01097 Dresden Besucheradresse: Bautzner Straße 19a 01099 Dresden www.sms.sachsen.de STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Freistaat gestellt haben oder nach der Dublin III-Verordnung verpflichtet sind, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union einen Antrag zu stellen. Frage 2: Wie viele der vom BAMF-finanzierten Integrationskurse werden in Sachsen angeboten und welcher Anteil der sich in Sachsen aufhaltenden Geflüchteten können somit einen Integrationskurse in Anspruch nehmen? (bitte Anteil absolut und prozentual angeben) Laut lntegrationskursgeschäftsstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wurden in Sachsen im Jahr 2015 insgesamt 366 Kurse neu begonnen. Das entspricht 3, 1 Prozent der insgesamt 11.739 Kurse, die in Deutschland in 2015 begonnen wurden . 216 Kurse wurden 2015 in Sachsen beendet (8.147 bundesweit). Das Integrationskurssystem ist nachfrageorientiert aufgebaut: Die vom BAMF einmal zugelassenen Träger (in Sachsen z.Zt. etwa 80) können ihr Kursangebot jederzeit an die regional bestehende Nachfrage anpassen und gegebenenfalls mehr Kurse anbieten . Fast alle Kursträger verfügen nach Aussagen des BAMF noch über freie Kapazitäten . Eine Aussage dazu, „welcher Anteil der sich in Sachsen aufhaltenden Geflüchteten einen Integrationskurs in Anspruch nehmen kann" kann nach Aussagen des BAMF vor diesem Hintergrund nicht getroffen werden. Der Vergleich der Zahl der angebotenen Kurse mit der Zahl der sich in Sachsen aufhaltenden Geflüchteten ist nicht möglich, da dieser Vergleich abhängig ist von den Kursgrößen und von Aussagen über die Zahl der anspruchsberechtigten Geflüchteten in Sachsen. Dazu gibt es keine belastbaren statistischen Aussagen. SACHSEN Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geht jedoch davon aus, dass wie bisher auch künftig jede Person, der rechtlich ein Zugang zum Integrationskurs zusteht, tatsächlich einen Integrationskurs besuchen kann. Frage 3: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Wahrnahme der Integrationskurse durch die Teilnahmeberechtigten und über Verstöße gegen verhängte Teilnahmeverpflichtungen? Teilnahmeverpflichtungen können je nach Umstand des Einzelfalls durch die zuständige Ausländerbehörde ausgesprochen werden, wenn sie den Aufenthaltstitel ausstellt. Die Grundsicherungsträger für Arbeitssuchende sind ebenfalls dazu berechtigt, wenn die Personen ALG-11 beziehen. Hier ist nach Darstellung des BAMF maßgeblich, dass sich die Teilnahmeberechtigten nicht auf einfache bzw. ausreichende Art auf Deutsch verständigen können. 2015 wurden im Zeitraum vom 01.01. bis 31.12. laut lntegrationskursgeschäftsstatistik insgesamt 6.447 Personen zu einem Integrationskurs zugelassen. Seite2 von 5 STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Von den Neuzuwanderern wurden in Sachsen 3005 Personen zu einem Integrationskurs verpflichtet. Davon wurden 2.637 Personen durch die Ausländerbehörden und 330 Personen als ALG-11 Bezieher durch den Grundsicherungsträger für Arbeitssuchende verpflichtet. 1.111 neuzugewanderte Personen erhielten darüber hinaus die Zulassung , an einem Integrationskurs teilzunehmen. Von den sog. Altzuwanderern und Deutschen (z.B. Spätaussiedler) wurden 2.331 Personen zu einem Integrationskurs zugelassen. Davon wurden 38 Personen zu einem Integrationskurs verpflichtet. Sanktionsmöglichkeiten liegen alleinig im Zuständigkeitsbereich der Ausländerbehörden bzw. Grundsicherungsträger, die die Verpflichtungen aussprechen. Bei unregelmäßiger Teilnahme eines zur Teilnahme Verpflichteten soll der Grundsicherungsträger bzw. die Ausländerbehörde nach Aussagen des BAMF von dem jeweiligen Kursträger in Kenntnis gesetzt werden. Inwieweit Sanktionen tatsächlich verhängt werden, entzieht sich der Kenntnis der Staatsregierung. Nach Auskunft der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit führen die Agenturen für Arbeit oder die Jobcenter keine Statistik zur Wahrnehmung von Integrationskursen . Den Jobcentern sind nur wenige Einzelfälle von Abbrüchen von Integrationskursen bekannt. Dies kann jedoch nicht statistisch belegt werden Von Seiten der Landesdirektion als zuständige Behörde für die Erstaufnahmeeinrichtungen werden Daten, welche Rückschlüsse auf die Teilnahmequote und Zahl von Verstößen geben könnte, in Bezug auf die Integrationskurse ebenfalls nicht erfasst. T eilnahmeverpflichtungen werden durch die unteren Ausländerbehörden bei der Prüfung der Erteilung oder Verlängerung von Aufenthaltstiteln festgestellt, oder wenn der Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende den Ausländer zur Teilnahme auffordert . Freistaat SACHSEN Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Um die Art und Anzahl von Verstößen gegen Teilnahmeverpflichtungen und ggf. Sanktionen konkret darlegen und beziffern zu können, bedarf es der Sichtung mindestens der 3005 o. g. Verfahrensakten der Ausländerbehörden mit einem durchschnittlichen Zeitaufwand von 30 Minuten. Dies erfordert einen Aufwand von ca. 1.500 Arbeitsstunden , d. h. über 187 achtstündige Arbeitstage. Die Sichtung ist im Rahmen der zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar. Nach Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der Zentralen Ausländerbehörde andererseits wurde, auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parla- Seite 3 von 5 STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ mentarischen Fragerechts, aus Gründen der Zumutbarkeit von einer Beantwortung abgesehen. Frage 4: Welche Komplementärangebote gibt es für die, die keinen Zugang zu den BAMFlntegrationskursen haben (sowohl aufgrund fehlender Zugangsberechtigung als auch wegen mangelnder Angebote)? Wie bereits unter Frage 1 dargestellt, ist das Integrationskurssystem nachfrageorientiert aufgebaut. Insofern ist ein Komplementärangebot für Personen, die eine Zugangsberechtigung besitzen, aber aktuell keinen Platz bekommen, nicht angezeigt, da die Sprachkursträger ihr Angebot grundsätzlich bedarfsorientiert ausbauen können. Über die Richtlinie „Integrative Maßnahmen" sollen künftig Sprachkurse angeboten werden, die auf Personen ohne Zugangsberechtigung zielen. Darüber hinaus zielt die Richtlinie „Integrative Maßnahmen" im Teil II auf die Unterstützung der Landkreise und Kreisfreien Städte bei der kommunalen Integrationsarbeit und bei der Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und bietet die Möglichkeit, ehrenamtlich getragene Sprachkurse über Sachausgaben oder -auszahlungen wie Miete , Material, Lehrunterlagen, Porto- und Telefonkosten, Fahrtkosten sowie Sachausgaben für die Weiterbildung ehrenamtlicher Sprachkursleiter zu unterstützen. Frage 5: An welchen Orten in Sachsen werden Integrationskurse angeboten? Im Freistaat Sachsen werden derzeit an 49 Orten Integrationskurse angeboten. Neben den großen Städten wie Dresden, Leipzig und Chemnitz werden auch im ländlichen Bereich an zahlreichen Orten Integrationskurse angeboten: Landkreis Nordsachsen (Bad Düben, Delitzsch, Eilenburg, Oschatz und Torgau) Landkreis Mittelsachsen (Brand-Erbisdorf, Döbeln, Frankenberg, Freiberg, Mittweida und Rochlitz) Landkreis Leipziger Land (Borna, Grimma, Markleeberg und Wurzen) Landkreis Meißen (Großenhain, Meißen, Radebeul und Riesa) Landkreis Bautzen und Görlitz (Bautzen, Weißwasser, Hoyerswerda, Görlitz, Zittau, Kamenz, Löbau, Neukirch, Radeberg und Niesky) Landkreis Vogtland, Erzgebirge, Sächsische Schweiz Osterzgebirge, Plauen und Zwickau ( Stollberg, Thalheim, Annaberg-Buchholz, Aue, Plauen, Zwickau, Auerbach, Werdau, Mylau, Lengenfeld, Adorf, Reichenbach, Oelsnitz, Marienberg , Schwarzenberg, Freital und Pirna). Weitere Angaben finden sich in der lntegrationskursgeschäftsstatistik für 2015 (siehe www.bamf.de). Seite 4 von 5 Freistaat SACHSEN STAATSMIN1STER1UM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge weist darauf hin, dass der Ansprechpartner für Landesparlamente für weitergehende Anfragen zu Integrationsangelegenheiten (Integrationskurse) das Bundesministerium des Innern ist. Mit freundlichen Grüßen Seite 5 von 5 Freistaat SACHSEN 2016-05-23T10:36:08+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes