STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 (0)351 564-1500 Telefax +49 (0)351 564-1509 staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1 040E-KLR-1 328/1 6 Dresden, 43. Mai 2016 Ëll H lll tË WANDEL HINTER GITTERN 300 Jåhrc oefãngnis Wsldhe¡m 3@ Jahrc såchsischc Vollzugsgcschichtc Hausanschrlft: Sächslsches Staat¡mlnleterlum der Just¡z Hosp¡talstraße 7 01097 Dresden Briefpost t¡ber Deutsche Post 01 095 Dresden www.justiz.sachsen.de/smj Verkehrsverblndung: Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3,6,7, I, f1 Parken und behlndertengerechter Zugang f¡ber Einfahrl Hospitalstraße 7 .zugång für elektronisch s¡gn¡êrte sowie für vêrschlüsselte alektronisch6 Dokumente nur ilber das ElêKronische Gerichts- und VeMallungspostfach; nåhere lnformationen untêr wW.egvp.do w SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIz Hosp¡talstraße 7 | 01097 Drôsdon Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage deç Abgeordneten Valentin Lippmann, Fraktion BUNDNIS gO'DIE GRUNEN Drs.-Nr.: 614976 Thema: Ermittlungen sächsischer Behörden rund um die Gruppe Freital- Bericht des SPIEGEL vom 23.04.2016 Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage l: Aufgrund welchen Sachverhaltes und welches Straftatbestandes wurde die Telekommunikationsübenvachung gegen wie viele der mittlerweile in Haft befindlichen Beschuldigten wann von welcher Behörde beantragt, genehm¡gt und in welchem Zeitraum jeweils durchgeführt? Es wurden gegen drei Personen, die sich dezeit in Untersuchungshaft befinden , Telekom m u nikationsübenrach ungen d urchgefüh rt: Die Telekommunikationsüberwachung erfolgte zum einen in einem wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion u,a. geführten Ermittlungsverfahren , das eine Straftat vom 20. September 2015 zum Gegenstand hat. Bei dieser wurden pyrotechnische Ezeugnisse am Wahlkreisbüro der Partei DIE LINKE, Dresdener Straße 190 in Freital, zur Explosion gebracht. Diese Telekommunikationsübenruachung erfolgte bei einem Beschuldigten im Seite 1 von 4 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENW Zeitraum vom 12. Oktober 2015 bis 8. Januar 2016 aufgrund Beschlusses des Amtsgerichts Dresden vom 9. Oktober 2015, der auf Antrag der Staatsanwaltschaft Dresden vom 9. Oktober 2015 erging. Zum anderen erfolgte die Telekommunikationsüberwachung in dem mittlerweile durch den Generalbundesanwalt (GBA) ubernommenen Verfahren wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion am 20. September 2015, wobei pyrotechnische Ezeugnisse an der dezentralen Asylbewerberunterkunft Bahnhofstraße 26 in Freital zur Explosion gebracht wurden. Die Telekommunikationsüberwachung erfolgte hinsichtlich eines Beschuldigten im Zeitraum vom 14. Oktober2015 bis 9, Januar2016 aufgrund Beschlusses des Amtsgerichts Dresden vom 13. Oktober 2015 (Antrag der Staatsanwaltschaft Dresden vom 9. Oktober 2015) sowie hinsichtlich eines weiteren Beschuldigten im Zeitraum vom 22. Dezember 2015 bis 21 . März 2016 aufgrund Beschlusses des Amtsgerichts Dresden vom 22. Dezember 2015 (Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Dresden vom 21. Dezember 2015). Frage 2: lnwieweit wurden welche Telefongespräche und welche andere Kommunikation direkt mitgehörUmitgelesen, aufgezeichnet und zu welchem Zeitpunkt jeweils ausgewertet? Folgende Kommunikationsvorgänge wurden erfasst und entsprechend ausgewertet: AnzahlKommunikationsart Voice (Sprachkommunikation) 1.592 3.229I nternet (l nternetsession) o MMS (Multimedia Messaging Service) Report (SMS und SMS-Bestätigungen) 3.934 66XML (Extensible Markup Language; engl. ,,erweiterbare Auszeichnungssprache ") 639nicht dekodierbare Daten Seite 2 von 4 STAATSMINISTERìUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENw Grundsätzlich wird in derartigen Verfahren nicht direkt mitgehört oder mitgelesen. Aufgrund der Vielzahl der Telekommunikationsereignisse kann auch nicht mehr nachvollzogen werden, in welchen Fällen mitgehörUmitgelesen wurde. Grundsätzlich gilt jedoch , dass dann mitgelesen/mitgehört wird, wenn es Hinweise auf eine Gefährdungssituation gibt. lm Hinblick auf die Telekommunikationsüberwachung am 18. Oktober 2015, über die in dem im Thema der Kleinen Anfrage genannten Artikel des SPIEGEL vom 23. April 2016 berichtet wird, kann jedoch ausgeführt werden, dass diese nicht direkt mitgehörUmitgelesen wurde, sondern aufgezeichnet und so der Kommunikationsinhalt am 19. Oktober 2015 bekannt wurde. Von einer weitergehenden Beantwortung der Frage wird aus Gründen der Zumutbarkeit abgesehen. Die vollständige Beantwortung der Frage würde einen manuellen Abgleich aller Protokolldateien der oben aufgelisteten Datensätze mit dem Datum des Kommunikationsvorganges erfordern. Die Staatsregierung kam bei der vozunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Ermittlungsbehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts aufgrund der großen Anzahl der auszuwertenden Datensätze unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten ist, Frage 3: lnwieweit waren verdeckte Ermittler oder V-Leute welcher Behörde in der Neonazi -Gruppe oder ihrem Umfeld seit wann platriert und inwieweit in die vorgeworfenen strafrechtlich relevanten Sachverhalte involviert? Bei den Ermittlungen um die ,,Gruppe Freital" handelt es sich um Strafverfahren im Bereich der politisch motivierten Kriminalität. Die sächsische Polizei setzt in diesem Bereich keine verdeckten Ermittler oder Vertrauenspersonen ein. Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DER JUST¡Z Freistaat SACHSENlw Frage 4: Welche Ermittlungsverfahren mit welchem Ergebnis (Einstellung, Strafbefehl, Anklage, Urteil etc.) wurden in den vergangenen 10 Jahren bislang gegen die acht in Haft befindlichen Beschuldigten eingeleitet und abgeschlossen? Die Frage wird so verstanden, dass nicht nach den laufenden, sondern nur nach den in den vergangenen 10 Jahren eingeleiteten und durch die sächsischen Staatsanwaltschaften und Gerichte abgeschlossenen Ermittlungsverfahren gefragt wird. Zur Beantwortung wird auf die Anlage verwiesen, in der die betreffenden Verfahren aufgelistet sind, soweit hiezu aufgrund der geltenden Aufbewahrungsbestimmungen Erkenntnisse vorliegen. Frage 5: Aus welchen konkreten Gründen hat die Generalstaatsanwaltschaft Dresden einen TötungsvorsaE bei den verübten Anschlägen verneint, insbesondere inwieweit wurden die venrendeten Böller als nicht tödlich eingeschäEt und das niederer Beweggrund Ausländerhass nicht angenommen? Bei der Frage, ob die Ermittlungsergebnisse den Verdacht eines zumindest bedingten Tötungsvorsatzes begründen, handelt es sich um eine solche der rechtlichen Bewertung . Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat diese Frage im Laufe ihrer Ermittlungen im Hinblick auf die hohe Hemmschwelle bei Tötungsdelikten einer kritischen Gesamtwurdigung aller objektiven und subjektiven Tatumstände, insbesondere unter Berücksichtigung der Einlassungen der Beschuldigten, der konkreten Tatausführung und der mit ihr verfolgten Ziele, untezogen. lm Ergebnis dieser Prüfung hat sie zum damaligen Zeitpunkt einen bedingten Tötungsvorsatz verneint. Die abschließende Bewertung der Rechtsfrage bleibt dem endgültigen Verfahrensabschluss vorbehalten. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Anlage Verfahrensauflistung zu Frage 4 Seite 4 von 4 Anlage zu Drs. 6/4976 Beschuldigter Straftat Tatzeit zuständige StA Verfahrensstand / Ergebnis 1. StGB § 185 20.09.2015 StA DD Einstellung § 154 Abs. 1 StPO StGB § 111 21.09.2015 StA DD Einstellung § 154 Abs. 1 StPO 2. StGB § 224 24.06.2015 StA DD Verurteilung: Freiheitsstrafe zur Bewährung 3. StGB § 129 20.04.2010 StA DD Einstellung § 170 Abs. 2 StPO StGB § 229 15.06.2015 StA DD Einstellung § 170 Abs. 2 StPO StGB § 132 a 28.05.2009 StA DD Einstellung § 45 Abs. 2 JGG StGB § 242 01.02.2016 StA DD Einstellung § 45 JGG StGB § 236 19.06.2014 StA L Einstellung nach § 154 Abs. 1 StPO StGB § 263 22.02.2014 StA L Verurteilung: Freiheitsstrafe zur Bewährung StGB § 129 01.01.2010 GenStA Einstellung § 170 Abs. 2 StPO 4. StGB § 229 04.09.2015 StA DD Verweisung auf den Weg der Privatklage 5. StGB § 263 01.01.2006 - 31.12.2006 StA DD Einstellung § 170 Abs. 2 StPO StGB § 246 04.05.2007 StA DD Verurteilung: Freiheitsstrafe StGB § 185 14.11.2008 StA DD Verurteilung: Freiheitsstrafe SprengG 11.09.2015 StA DD Verurteilung: Geldstrafe 6. keine 7. StGB § 130 01.09.2015 StA DD Einstellung § 154 Abs. 1 StPO VersammlG 17.09.2015 StA DD Verurteilung: Geldstrafe 8. StGB § 303 17.11.2014 StA Dresden Einstellung § 170 Abs. 2 StPO StGB § 223 31.10.2014 StA DD Einstellung § 153 Abs. 1 StPO 1 KA6-4976 KA6-4976_Anlage 2016-05-20T11:18:31+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes