STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SÄCtiSETN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) StAs24-.014j(,51/8293 Dresden. J^uni 2016 Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE UNKE Drs.-Nr.: 6/5267 Thema: Gesundheitsbedingte Abschiebungshindernisse Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "Mit dem Asylpaket II, das der Bundestag Ende Februar beschlossen hat, sollen abgelehnte Asylbewerber schneller in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden können. Das Gesetz regelt auch, dass künftig strengere Maßstäbe für gesundheitsbedingte Abschiebungshindernisse gelten." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche praktischen Neuerungen bei der Überprüfung von Abschiebungshindernissen gibt es seit Inkrafttreten des so genannten Asylpaket II mit der Neufassung des § 60 Abs. 7 und der Einfügung des § 60a Abs. 2c Aufenthaltsgesetz? (ggf. unter Benennung und Beifügung vorhandener untergesetzlicher Regelungen beantworten) Mit dem "Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren" vom 11. März 2016 wurden im "Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG)" neue Regelungen zum Krankheitsfall bei Abschiebungen von Ausländern eingeführt. Die beiden Rechtsgrundlagen - § 60 Abs. 7 Aufenth G und § 60a AufenthG - sind strikt voneinander zu trennen. § 60 Aufenth G beinhaltet grundsätzliche zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote, deren Prüfung bei Asylbewerbern dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge obliegt. Hinsichtlich der nur bei § 60 AufenthG zu berücksichtigenden medizinischen Versorgung im Zielstaat ist nunmehr durch § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG gesetzlich festgeschrieben, dass die Gleichwertigkeit der medizinischen Versorgung im Zielstaat und der in der Bundesrepublik Deutschland nicht erforderlich ist. Nach dem neuen § 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG liegt eine Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax+49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3. 6, 7. 8. 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str 2 oder 4 melden. STAATSM11\nSTE^1UM DES W^'ETW Freistaat SACMSE1N ausreichende medizinische Versorgung in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. § 60a AufenthG Abs. 2c AufenthG, als inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, für dessen Prüfung die Ausländerbehörden zuständig sind, bringt Neuerungen bei der Krankheitsbescheinigung zur Frage der Reisetauglichkeit. Insbesondere gilt nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG nun eine Beweislastumkehr. Danach wird im Gegensatz zu bisher vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen und der Ausländer nunmehr eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen muss. Für diese ist mit § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG ein Mindest-Qualitätsstandard festgelegt worden . Werden diese vorgeschriebenen Mindestanforderungen an eine qualifizierte ärztliehe Bescheinigung nicht eingehalten, tritt regelmäßig eine Präklusionswirkung ein. Das bedeutet, dass der in der ärztlichen Bescheinigung festgestellte Befund ausgeschlossen ist und damit hinsichtlich der Abschiebung regelmäßig nicht mehr berücksichtigt werden darf. Frage 2: Welche Krankheiten gelten als Abschiebungshindernisse und wie wird sichergestellt , dass die Untersuchungen durchgeführt werden? (ggf. unter Benennung und Beifügung vorhandener untergesetzlicher Regelungen beantworten) Welche Krankheiten als Abschiebungshindernis gelten, obliegt der Beurteilung im konkreten Einzelfall, abhängig von der jeweiligen Person und ihren Lebensumständen. Zudem kommt es darauf an, ob es sich um ein Abschiebungshindernis im Rahmen des § 60 AufenthG oder des § 60a AufenthG handelt. Im Übrigen wird auf die Antwort auf die Frage 1 verwiesen. Frage 3: Ist eine nachweisliche Suizidgefahr ein Abschiebungshindernis? Ob eine nachweisliche Suizidgefahr ein Abschiebungshindernis darstellt, obliegt der Beurteilung im konkreten Einzelfall. Frage 4: Wie viele Abschiebungen wurden in den Jahren 2014, 2015 und 2016 aufgrund von Abschiebungshindernissen ausgesetzt? (bitte unter Benennung der Gründe aufführen) Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungstreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Aus- Übung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staats reg ierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Seite 2 von 3 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SACtiSEIN Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. Sächs- VerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Von einer Beantwortung seitens der Staatsregierung wird abgesehen. Die erfragten Angaben zur Aussetzung von Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber aufgrund von Abschiebungshindernissen werden statistisch nicht erfasst. Zur vollständigen Beantwortung der Frage müssten sämtliche Akten der Zentralen Ausländerbehörde zu den Jahren 2014 bis 2016, d. h. ca. 200.000 Akten angefordert, in den Akten nach Informationen über die Aussetzung von Abschiebungen und den dazu geführten Gründen gesucht, ausgewertet und in die Registraturen oder an die Bearbeiter zurückgegeben werden. Diese würde pro Akte geschätzt zwei Stunden Arbeitsaufwand in Anspruch nehmen, das entspricht mindestens 400.000 Arbeitsstunden. Im vorliegenden Fall wäre daher durch eine vollständige Beantwortung dieser Frage die Arbeits - ^ fnd Funktionsfähigkeit der Staatsregierung gefährdet. Nach Abwägung des parlamen ^arischen Informationsinteresses einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfä ^iigk^ft der Zentralen Ausländerbehörde andererseits wurde auch unter Berücksichti ^un^derZumutbarkeit von einer Beantwortung abgesehen. Mit fr^urfdlichen Grüßen Mai^Rus Ulbig Seite 3 von 3 2016-06-14T12:15:46+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes