STAATS1VI1N1STBR1UM DES 1N1MBRTM Freistaat SACHSEN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 36-0141.50/9887 Dresden, $T. Juli 2016 Kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange, Fraktion DIE LINKE, Drs.-Nr.: 6/5357 Thema: Allgemeinverfügung in Dresden im Rahmen der Bilderberg- Konferenz Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "In der .Sächsischen Zeitung' vom 28.05.2016 ist aufdenseiten1und 7 zu lesen: ,Der Tagungsorfgehört zum Sicherheitsbereich 1, der Zutritt ist für die Allgemeinheit verboten. Sicherheitsbereich 2 ist größer. l"n diesem Gebiet kann die Polizei, wenn nötig, weitere Straßen oder die gesamte Fläche sperren. Er umfasst unter anderem die KI®in^Brud®rgasse , die Sophienstraße und die Freifläche vor dem Grünen Gewölbe. Außerdem sind verdachtsunabhängige Kontrollen von Marien- bis Augustusbrücke möglich.' Und in der Leipziger Volkszeitung vom 03.06.2016 ist auf Seite 4 zu lesen: ,Zur Absicherung der internationalen Bilderbergkonferenz Ende kommender Woche in Dresden hat die Stadt rund um den Tagungsort ein Versammlungsverbot verhängt. Die gestern veröffentlichte Allgemeinverfügung untersagt für die Zeit vom kommenden Donnerstag bis Sonntag Menschenansammlungen von mehr als -IS Personen ini einer" eng abgegrenzten Bereich rund um den Ort der Tagung in der historisehen Altstadt.'" Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Fraget: Aufgrund welcher Rechtsvorschriften und welcher konkretenLageer- Kenntnisse wurden durch welche Behörden "Sicherheitszonen" emgerichtet und eine Allgemeinverfügung zum Versammlungsort in Dresden im Zusammenhang der Bilderbergkonferenz erlassen? Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax+49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSE1N Zur Flankierung der Bilderbergkonferenz wurde eine Allgemeinverfügung erlassen, durch die ein räumlich definierter Sicherheitsbereich eingerichtet wurde, innerhalb dessen während des Geltungszeitraumes die Durchführung von Versammlungen im Sinne des Sächsischen Versammlungsgesetzes und die Bildung von Menschenansammlungen mit mehr als 15 Personen untersagt wurden. Des Weiteren erfolgten eine verkehrsrechtliche Anordnung (Halteverbote) sowie die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Sperrvorrichtungen durch die Landeshauptstadt Dresden. Die Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt Dresden vom 20. Mai 2016 stützt sich auf folgende Rechtsgrundlagen: > § 15 Abs. 1 des Sächsischen Versammlungsgesetzes i. V. m. § 7 des Sächsisehen Polizeigesetzes (SächsPolG) für das Versammlungsverbot sowie > § 3 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 SächsPolG für das Ansammlungsverbot. Im Hinblick auf die der Allgemeinverfügung zugrundeliegenden konkreten Lageerkenntnisse werden die unter l. erfolgten Darlegungen im Tatbestand der Allgemeinverfügung vom 20. Mai 2016 mitgeteilt: "Bei den Bilderberg-Konferenzen handelt es sich um private Arbeitstreffen hochrangiger Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Finanzen, Militär, europäischer Adelshäuser sowie der Medien. Die Konferenzen tragen rein informellen Charakter, sollen jedoch einen Konsens über gemeinsame Denk- und Handlungslinien erreichen. Organisiert werden die Zusammenkünfte vom Bilderbergkomitee. Diesjährige Ausrichterin ist die in das Treffen als Unternehmen involvierte Airbus Group. Deren zeitlicher Rahmenplan sieht vor, dass die ersten Anreisen ab dem 8. Juni 2016, 12.00 Uhr erfolgen . Das Treffen endet mit den letzten Abreisen am 12. Juni 2016, die bis etwa 15.00 Uhr andauern sollen. Die Teilnehmerzahl wird sich auf ungefähr 140 Personen belaufen. Von diesen sind zehn hochrangige Personen in Gefährdungsstufen eingestuft, davon bis dato mindestens drei in die höchste Gefährdungsstufe 1, d. h. diese Personen sind erheblich gefährdet und mit einem Anschlag ist zu rechnen. Bereits vor diesem Hintergrund und wegen des gewählten Konferenzortes im historisehen Herzen der Stadt Dresden stellt sich die Konferenz als äußerst attraktives potentielles Anschlagsziel mit hohem Symbolwert dar. Hinzu tritt, dass das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor einem beinahe weltweiten Gefahrenraum für die Durchführung insbesondere von jihadistisch motivierten Anschlägen zugeordnet werden muss. So schätzt das Bundeskriminalamt (BKA) ausweislich der unverändert geltenden Einschätzung zur Gefährdungslage islamistischer Terrorismus vom 13. April 2015 die Bundesrepublik Deutschland als erklärtes und tatsächliches Ziel jihadistisch motivierter Gewalt ein. Aufgrund des Bekanntwerdens der Konferenzörtlichkeit Mitte April 2016 und der damit zusammenhängenden Thematisierung im Internet ist damit zu rechnen, dass die Veranstaltung bereits in den Focus terroristischer Gruppierungen oder Einzeltäter gelangt ist, die diese Konferenz aufgrund der Anwesenheit hochrangiger Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Finanzen sowie der geopolitischen Lage des Konferenzortes als attraktives Anschlagsziel erkannt haben. Seite 2 von 6 STAATS1VI11M1STBR1UM DES INNERN Freistaat SACMSE1N Eine wesentliche Rolle in der Gefährdungsbeurteilung spielen darüber hinaus die aus Anlass der Bilderberg-Konferenz der Versammlungsbehörde derzeit bereits 20 angezeigten bzw. noch zu erwartenden (Protest-)Versammlungen aus den unterschiedlichsten und zum Teil gegensätzlichen politischen und gesellschaftlichen Spektren, unter Teilnahme von autonomen Gruppierungen, ferner kurdischer Staatsangehöriger wegen der Teilnahme von türkischen Vertretern sowie Verschwörungstheoretikern, eine Vielzahl schaulustiger Einwohner und Besucher der Stadt sowie die am 8. Juni 2016 zwisehen 18 und 22 Uhr und am 12. Juni 2016 zwischen 8 und 14 Uhr in unmittelbarer Nähe zum Konferenzort stattfindenden Laufsportveranstaltungen mit jeweils ca. 16.000 bzw. 4.500 Sportlern laut Veranstalter zuzüglich der sich diesbezüglich einfindenden Zuschauer. Diese vermögen einerseits als sog. "weiche Ziele" die Attraktivität eines terroristischen Anschlages nochmals zu steigern, wie sie auch Deckungsmasse für Störer bieten können , die einen Anschlag durchführen wollen. Andererseits muss in Betracht gezogen werden, dass es zu Auseinandersetzungen zwischen den Teilnehmern der als rechts bzw. links einzuordnenden Versammlungen kommt. Deren Protestversammlungen gestalteten sich zwar bei zurück liegenden Bilderberg-Konferenzen in der Regel friedlich. Insbesondere die zuletzt im Jahr 2005 in Deutschland/Rottach-Egern stattgefundene Konferenz verlief ohne nennenswerte Störungen. Indes stellt sich die aktuelle weltpolitische Lage als grundsätzlich verändert dar, so dass hierauf keine Erwartung eines zumindest ähnlichen Verlaufs gegründet werden kann. Ferner ist in Betracht zu ziehen, dass in zurück liegenden Jahren In der Regel abgelegene und nicht ansatzweise derart exportierte und öffentlichkeitswirksame Tagungsorte gewählt wurden." Wie oben dargestellt, unterlagen zehn Teilnehmer der Bilderbergkonferenz Gefährdungseinstufungen . Drei Teilnehmer hiervon unterlagen der höchsten Gefährdungseinstufung "Gefährdungsstufe 1". Diese Personen sind mithin als erheblich gefährdet anzusehen ; mit einem Anschlag auf deren Leben oder deren körperliche Unversehrtheit ist - im Sinne einer konkreten Gefahr - jederzeit zu rechnen. Es ist daher nach höchstrichterlicher Rechtsprechung in Bezug auf den Schutz der Funktionsfähigkeit des Staates vor dem Hintergrund des Schutzes von Leib und Leben rechtlich nicht zu beanstanden und aufgrund der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG auch geboten, zum Schutz von Staatsgästen, die als Schutzgüter von der öffentlichen Sicherheit umfasst sind, Schutzräume zu schaffen, wo sich diese gefährdeten Personen aufhalten, vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 2007, Az.: 1 BvR 1423/07, Rnrn. 26, 30; Urteil des VG Trier vom 20. Februar 2015, Az.: 1 K 1811/14. RR, Rn. 44). Aus den vorstehenden Gründen wurde ferner ein Kontrollbereich auf der Grundlage des § 19 Abs. 1 Nr. 6 SächsPolG eingerichtet. Die Anordnung der Verkehrsbeschränkung erfolgte auf der Grundlage des § 45 Straßenverkehrsordnung (StVO). Grundlage der Sondernutzungserlaubniserteilung war § 18 Sächsisches Straßengesetz . Seite 3 von 6 STAATSM1N1STER1UM DES IT^BRN Freistaat SACHSEN Frage 2: Für welchen örtlichen Bereich in der Stadt Dresden und für welche zeitliche Dauer hatten/haben die Maßnahmen aus Frage 1 Gültigkeit? (Bitte aufschlüsseln nach Maßnahme!) a) Allgemeinverfügung: Hinsichtlich des örtlichen und zeitlichen Geltungsbereiches der Allgemeinverfügung der Stadt Dresden werden die Festlegungen unter Ziffer 1 des Tenors der Allgemeinverfügung in Verbindung mit dem als Anlage beigefügten Lageplan mitgeteilt: "In der Zeit vom 8. Juni 2016, 12 Uhr bis zum 12. Juni 2016, 16 Uhr (Geltungszeiträum ), wird in der Landeshauptstadt Dresden ein Sicherheitsbereich eingerichtet, der folgendes Areal (Geltungsbereich) einschließt: "Nördliche Kleine Brüdergasse ab Einmündungsbereich Sophienstraße bis Ostende des Gebäudes Kleine Brüdergasse 1 bis 5 - Taschenberg - Sophienstraße entlang Westseite Residenzschloss entlang Westfassade Zwinger bis Einmündung Kleine Brüdergasse . Zum Geltungsbereich gehören neben dem öffentlich gewidmeten Straßenräum innerhalb des beschriebenen Bereiches auch die nicht zu diesem gehörenden Freiflächen. Die äußere Grenze des räumlichen Geltungsbereiches bilden die umliegenden Gebäudefassaden und zwischen diesen die jeweils kürzesten Verbindungslinien (Nordfassade Kleine Brüdergasse 1 bis 5 - Westfassade Schloßstraße 9 - Residenzschloss von südöstlicher bis nordwestlicher Gebäudekante - Zwinger von nordöstlicher Gebäudekante bis südlicher Gebäudekante - westliche Gebäudekante Kleine Brüdergasse 1 bis 5". b) Kontrollbereich: Der Kontrollbereich anlässlich der Bilderberg-Konferenz im Umfeld der Konferenz- und Unterbringungsörtlichkeit Grand Hotel Taschenbergpalais wurde für den Zeitraum vom 8. Juni 2016, 12:00 Uhr bis zum 12. Juni 2016, 16:00 Uhr eingerichtet und wurde einschließlich der benannten Örtlichkeiten wie folgt eingegrenzt: Augustusbrücke (vollständig bis Einmündung Köpckestraße) - Südseite Elbe - Marienbrücke /Könneritzstraße - Ostra-Allee - Hertha-Lindner-Straße - Annenstraße - Postplatz - Willsdruffer Straße - Altmarkt - Willsdruffer Straße - Kleine Kirchgasse - Moritzgasse - Neumarkt -An der Frauenkirche - Münzgasse - Südseite Elbe. c) Verkehrsbeschränkung: Infolge der angeordneten Verkehrsbeschränkung gem. § 45 StVO bestanden 1. Halteverbote Taschenberg und Kleine Brüdergasse/Nordseite vom 6. Juni 2016, 07:00 Uhr bis 14. Juni 2016, 16 Uhr sowie ein 2. Halteverbot Kleine Brüdergasse/Südseite vom 8. Juni 2016, 12:00 Uhr bis 14. Juni 2016, 16:00 Uhr Seite 4 von 6 STAATSM1N1STER1UM DES 1NNER1N Freistaat SÄCHSETN d) Sondernutzungserlaubnis: aa) Sophienstraße, Taschenberg: Aufstellung von drei Paletten für polizeiliches Sperrmaterial (Sperrgitter) in Vorbereitung eines Polizeieinsatzes im Zeitraum vom 08.06.2016bis13.06.2016 bb) Sophienstraße, Taschenberg, Kleine Brüdergasse: - Aufbau Umfriedung im Bereich Dresdner Altstadt um das Hotel Kempinski, Errichtung eines Zaunes entlang der Sophienstraße/Taschenberg (Zeitraum: 06.06.2016, 7:00 Uhr bis 14.06.2016, 16 Uhr) - Aufstellung eines Hamburger Gitters entlang der Kleinen Brüdergasse und Taschenberg , (zur Absicherung der Rettungsgassen) Errichtung von Toren 1 - 4 (Zeitraum: Veranstaltung vom 08.06.2016 bis 12.06.2016) Frage 3: Wie viele verdachtsunabhängige Kontrollen fanden in den Sicherheitsbereichen statt, wie viele Straftaten und Ordnungswidrigkeiten wurden dabei festgestellt und wie viele und welche Gegenstände wurden sichergestellt? (Bitte aufschlüssein nach Straftaten und Ordnungswidrigkeiten!) Die Sicherheitsbereiche befanden sich in einem Kontrollbereich gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 6 SächsPolG. Eine statistische Erfassung im Sinne der Anfrage liegt nicht vor. Im Rahmen des Einsatzes wurden 21 Straftaten und eine Ordnungswidrigkeit festgestellt. Verdachtsunabhängige Kontrollen im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 5 SächsPolG wurden nicht durchgeführt. Frage 4: Wie viele Versammlungen und Aufzüge mit Bezug zur Bilderbergkonferenz wurden im Juni 2016 in Dresden angemeldet und wie viele dieser Versammlungen waren von der Allgemeinverfügung betroffen? In der Landeshauptstadt Dresden wurden 24 Versammlungen angezeigt. Davon waren acht Versammlungen von der Allgemeinverfügung betroffen. Mit diesen acht Veranstaltern hat sich die Versammlungsbehörde einvernehmlich auf eine Fläche außerhalb des Geltungsbereiches derAllgemeinverfügung verständigt. Es fanden ferner fünf Spontan- bzw. Eilversammlungen statt, welche durch die Allgemeinverfügung betroffen waren. Frage 5: Wurden Straßen und öffentliche Plätze in Dresden im Rahmen der Bilderbergkonferenz gesperrt bzw. wurden Zugangsmöglichkeiten zu öffentlichen und touristisehen Objekten und Großveranstaltungen (wie z. B. Marathonläufe) durch Maßnahmen der Polizei zur Sicherung der Bilderbergkonferenz beeinträchtigt? Die Sperrung öffentlicher Verkehrsflächen erfolgte auf Grundlage einer verkehrsrechtlichen Anordnung bzw. einer Sondernutzungserlaubnis der Landeshauptstadt Dresden. Sie beschränkten sich auf den unmittelbaren Umgebungsbereich des Tagungsortes Seite 5 von 6 STAATSM1N1STER1UM DES 1MNBRN Freistaat SACtiSEN und umfassten den Fußweg Kleine Brüdergasse und den Bereich Taschenberg. Zu Beeinträchtigungen durch polizeiliche Maßnahmen im Sinne der Anfrage kam es nicht. Mit freundlichen Grüßen In Vertretung Sebastian Gemkow Anlage: 1 Seite 6 von 6 ch!^ng^ Anlage zurAIIgememverTügung zur Absicherufig der Bilderbergkonferenz vom 8. bis 12. Juni 2016 < V-- / ! -Sm 0 ,.. ./ Quefte: Basisdalen des Amtes füT Geodaten i.nd Kataster "7 t i ,1. ^! , f / p '- --^ßc 2016-07-07T13:45:59+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes