STAATSM1N1STER1UM DES 1NNEKN Freistaat SÄCtiSETN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 34-0141.50/10073 Dresden.?! Juli 2016 Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/5656 Thema: Anschaffung von Gesichtserkennungssystemen im Freistaat Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen ist folgende Ausführung vorangestellt: "Vorbemerkung: Innenminister Markus Ulbig kündigte am 17. Juni 2016 an, in Sachsen sog. Gesichtserkennungssysteme einzuführen." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Inwieweit nutzen Behörden des Freistaates Sachsen welche Gesichtserkennungssysteme auf welcher Rechtsgrundlage, bzw. wann und aus welchem Haushaltstitel und zu welchen Anschaffungskosten ist der Erwerb und die Anwendung welcher Systeme/Software geplant bzw. hat bereits stattgefunden? Frage 2: Hat der Freistaat Sachsen sich an der Forschung zu bzw. Erstellung von Gesichtserkennungssystemen oder anderen Forschungs- und Entwicklungsprojekten zu Gesichtserkennungssystemen beteiligt? Wenn ja, in welcher Form? Frage 3: Sind durch den Freistaat Sachsen Gutachten, Studien oder Evaluationen zum Thema Gesichtserkennung in Auftrag gegeben worden? (Bitte um Auflistung nach Datum der Auftragsvergabe, Auftragnehmer und Ergebnissen.) Frage 4: Wurden durch Behörden des Freistaates Sachsen Erkenntnisse über die Nutzung von bzw. den Umgang mit Gesichtserkennungssystemen von anderen Behörden, Softwareanbietern oder Dritten eingeholt? (Bit- Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax+49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6. 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Sfr. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER1LM DBSINNERN Freistaat SACHSEN te um Auflistung der Behörden, Softwareanbieter und Dritten, von welchen Informationen eingeholt wurden) Frage 5: Auf welche konkreten Daten welcher Datenverarbeitungssysteme greift die eingesetzte /einzusetzende Software zu? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 5: Die Behörden des Freistaates Sachsen, insbesondere der Polizeivollzugsdienst, nutzen so genannte Gesichtserkennungssysteme nicht und haben diese bisher auch nicht erwarben . Von einer Beantwortung der weitergehenden Fragestellungen unter der Ziffer 1 sowie den Fragestellungen unter 2 bis 5 wird abgesehen, denn die Fragen berühren den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Gemäß Artikel 51 Absatz 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen kann die Staatsregierung die Beantwortung von Fragen ablehnen, wenn diese den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung berühren. Der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung schließt einen nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung ein. Hierzu gehören sämtliche internen Abstimmungs- und Willensbildungs- Prozesse sowie Planungen innerhalb der Staatsregierung, die der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dienen (SächsVerfGH, Urteil vom 23. April 2008, Vf. 87-1- 06). Der Staatsminister des Innern hat im Juni 2016 einen anstehenden Prüfungs- und Entscheidungsprozess innerhalb der Staatsregierung angesprochen indem er erklärte, dass es seine politische Zielsetzung sei, angesichts der steigenden Anzahl von Wohnungseinbrüchen , neben der weiteren Unterstützung von Präventionsmaßnahmen der Haus- und Wohnungseigentümer, vor allem die technischen Möglichkeiten bei der Polizei zu verbessern. Dazu zählen auch beispielsweise Systeme zur Gesichtserkennung. Mit den Fragen wird begehrt, die näheren Inhalte dieses noch nicht abgeschlossenen Beratungsprozesses der Staatsregierung über eine mögliche zukünftige Nutzung von Systemen zur Gesichtserkennung in Erfahrung zu bringen. Vor dem Hintergrund der Ankündigung des Herrn Staatsministers, wird mit den Fragen Auskunft darüber begehrt , ob und auf der Basis welcher Vorüberlegungen die Staatsregierung beabsichtigt, eine entsprechende Gesetzesvorlage einzubringen. Die Entscheidung, eine Gesetzesvorlage einzubringen, obliegt dem Kabinett. Diese Kabinettsentscheidung bildet die Ermächtigung für die Staatsregierung zur Einbringung eines solchen Gesetzesvorhabens in den Landtag. Vor dieser Kabinettsentscheidung handelt es sich daher um interne Willensbildungsprozesse, die in den Kernbereich der Exekutive fallen. Eine Abfrage der verschiedenen Verfahrensstadien zur Vorbereitung der Kabinettsentscheidung würde möglicherweise zu einem Mitregieren Dritter führen. Eine Informationspflicht in diesem Stadium besteht daher nicht, Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. März 2004, Az.: 2 BvK 1/01. Aus diesen Gründen nimmt die Staatsregierung - auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarisehen Fragerechts - von einer (weitergehenden) Beantwortung der Fragen derzeit Abstand . Seite 2 von 3 STAATSM1N1STBR1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN Die Anfrage genügt darüber hinaus nicht den formalen Anforderungen des § 56 Absatz 2 Satz 2 der Geschäftsordnung des 6. Sächsischen Landtags. Die Kleine Anfrage enthält mehr als fünf Einzelfragestellungen. Zwar sind die Fragestellungen in fünf mit Ziffern versehene Abschnitte gegliedert, diese enthalten jedoch in der Summe mehr als fünf Fragestellungen, da teils mehrere Fragstellungen durch ein "bzw." zu einer Ziffer zusammengeführt wurden. Die Zulässigkeit der Begrenzung des Fragerechts einzelner Abgeordneter auf fünf Einzelfragen durch die Geschäftsordnung des Parlamentes findet seine verfassungsrechtliche Grundlage auch in dem Gedanken, dass das Parlament das Spannungsverhältnis zwischen dem Fragerecht der Abgeordneten einerseits und deren Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Regierung als Staatsorgan andererseits zu regeln befugt ist (Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, Urteil vom 29. April 2010 -Vf. 54-I-09 -, juris Rdn 366). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Geschäftsordnung die zulässige Anzahl Kleiner Anfragen eines Abgeordneten weder pro Tag noch binnen eines sonstigen Zeitraums begrenzt. Auch eine Einschränkung dahingehend, dass Fragen zu einem bestimmt bezeichneten Bereich in einem konkreten Zeitraum - etwa binnen eines Tages oder binnen vier Wochen - nur einmal eingereicht werden dürfen, ist der Geschäftsordnung nicht zu entnehmen (Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, Beschluss vom 19. Juli 2012 -Vf. 21-1-12 -, juris 39). Insofern ist es allein die Beschränkung auf fünf Einzelfragestellungen, die die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Regierung als Staatsorgan konkretisiert. Es gebietet sich daher, dass die Auslegung des zentralen Begriffs der "Einzelfragestellung" diesen einen objektiven Sinn belässt und nicht auf eine formale syntaktische oder semantische Aussage reduziert wird. Selbst ein großzügiges Verständnis der Begriffes "Einzelfragestellung" findet deshalb dort seine Grenzen, wo ein mit einem Fragezeichen endender Satz zwei Frageperspektiven umfasst und daher zwei Antworten verlangt. Eine Einzelfragestellung liegt nur dann vor, wenn darauf eine zusammenhängende Antwort gegeben werden kann. Dies trifft hier auf die Frageziffer 1 nicht zu. Dies wird unmittelbar aus dem Umstand ersichtlich, dass nicht nur nach dem Einsatz von Gesichtserkennungssystemen sondem auch nach Rechtsgrundlage, Erwerb, Anschaffungskosten sowie dem entsprechenden Haushaltstitel gefragt wird. Die Staatsregierung kann die Beantwortung einer der Beschränkung des § 56 Abs. 2 Satz 2 GO nicht genügenden Anfrage ungeachtet dessen ablehnen, dass der Lancttagspräsident diese nicht als unzulässig beanstandet hat. Eine derartige Anfrage unterfällt ni^ht dem Schutz des Art. 51 Abs. 1 SächsVerf (vgl. SächsVerfGH, a.a.O. ; Nds- StGH/Beschluss vom 17. Januar 2008 - StGH 1/07 -juris Rn. 54) und löst damit eine Antw^rtßflicht der Staatsregierung nicht aus (VerfGH v. 19. Juli 2012, Vf. 21-1-12 -juris Rdn |t0)/ Mit fi-euhdlichen Grüßen 2016-07-27T13:48:40+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes