STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 1 o 1 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Kathrin Kagelmann, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/5684 Thema: Gesundheitliche Folgen der Verstromung von Braunkohle im Kraftwerk Boxberg Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "Anfang Juli 2016 wurde eine Studie im Auftrag von WWF Deutschland, dem Bündnis Health and Environment Alliance Europe (HEAL) und anderen Umweltorganisationen unter dem Titel "Europe's dark cloud" über die gesundheitlichen Auswirkungen der Verstromung von Braunkohle in Europa veröffentlicht. Es wurden von 280 Kohlekraftwerken 257 hinsichtlich ihres Ausstoßes u. a. von Kohlendioxid, Feinstaub oder Quecksilber analysiert. Unter den 30 Kraftwerken mit den größten Auswirkungen auf die Gesundheit nehmen das Kraftwerk Boxberg den 17. Platz und das Kraftwerk Lippendorf den Platz 27 ein. Nach dieser Studie wurden als Folge des Kraftwerkes Boxberg 300 vorzeitige Todesfälle, 150 Fälle chronischer Bronchitis oder 270 Krankenhauseinweisungen für 2013 ermittelt." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Kenntnisse besitzt die Staatsregierung über die gesundheitlichen Auswirkungen des Kraftwerks Boxberg auf die gesundheitliche Situation der Bürgerinnen und Bürger in Sachsen und speziell in der Lausitz? An die Staatsregierung wurden bislang weder von Bürgern noch von den zuständigen kommunalen Gesundheitsbehörden auffällige umweltbezogene Gesundheitsprobleme oder anderweitige umweltmedizinische Besonderheiten aus den tangierten Kreisen herangetragen. Auch ist uns nicht bekannt, dass es in der betreffenden Region (z. B. im sächsischen Teil der Lausitz) in den letzten Jahren Auffälligkeiten im ambulanten oder klinischen Versorgungsgeschehen im Hinblick auf Erkrankungen gegeben hätte, die plausibel mit Luftbelastungen im Zusammenhang stehen (z. B. erhöhte Dichte von Die Staatsministerin Durchwahl Telefon +49 351 564-5601 Telefax +49 351 564-5791 Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 23-0141.51-16/603 Dresden,2.-. August 2016 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 1 0 01097 Dresden www.sms.sachsen.de STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Meldungen über Atemwegserkrankungen oder andere spezielle umweltassoziierte Gesundheitsbeeinträchtigungen bzw. Beschwerden in den ansässigen Arztpraxen). Auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Heiko Kosel, Fraktion DIE LINKE zum Thema Gesundheitsgefährdung durch Braunkohlekraftwerke in der Lausitz Dr.: 5/10898 durch das Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz wird verwiesen. Frage 2: Welche aktuellen Untersuchungen oder Studien gibt es in Sachsen, um die Auswirkungen der Emissionen aus den Braunkohlekraftwerken Sachsens, speziell des Kraftwerkes Boxberg, auf die gesundheitliche Situation von Erwachsenen und Kindern in Sachsen bzw. der Lausitz zu ermitteln mit welchen Ergebnissen ? Wenn negative Antwort, bitte begründen. Aktuelle Untersuchungen oder Studien im Freistaat Sachsen zu den Auswirkungen der Emissionen des Kraftwerkes Boxberg oder einzelner anderer sächsischer Braunkohlekraftwerke sind der Staatsregierung nicht bekannt. Die vorliegenden Daten über die jeweiligen Gesamtemissionen und damit korrespondierenden summarischen Morbiditäts- und Mortalitätszahlen - d. h. Umwelt- und Gesundheitsdaten im Kontext - werden als ausreichend beurteilt angesehen, um die von Kraftwerken ausgehenden Gesundheitsrisiken zu bewerten und einordnen zu können. Darüber hinaus bilden die vorliegenden Zahlen eine suffiziente Grundlage für sachgerechte gesundheits- und risikobegründete Entscheidungen zur Unterstützung von Maßnahmen , die für das Erreichen von umwelt- und klimapolitischen Zielen erforderlich sind. Frage 3: Welche gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen (Kosten für die Krankheitsbehandlungen , Ausfallkosten durch Krankheit in der Wirtschaft) entstehen in Sachsen und der Lausitz durch Krankheiten, die im Zusammenhang mit den Emissionen aus dem Kraftwerk Boxberg entstehen? Aufgrund dessen, dass keine Krankheitsfälle der Staatsregierung herangetragen worden sind (vgl. Frage 1 ), kann die Frage nach Ausfallkosten nicht beantwortet werden. Frage 4: Welche Schlussfolgerungen zieht die Staatsregierung aus den Ergebnissen der Studie "Europe's dark cloud" gerade im Hinblick auf die aktuelle gesellschaftliche Diskussion zur fortgesetzten Braunkohleverstromung durch Erweiterung bestehender Braunkohletagebaue in Sachsen bzw. der aktiven Gestaltung eines sozialverträglichen Strukturwandels in den Kohlerevieren? Frage 5: Welche Maßnahmen gedenkt die Staatsregierung einzuleiten, um die gesundheitlichen Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger Sachsens aufgrund der Emissionen aus Braunkohlekraftwerken deutlich zu reduzieren? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 4 und 5: Die in Rede stehende Studie "Europe's dark cloud" versucht, bekannte Gesundheitsrisiken der verschiedenen Luftschadstoffe auf einzelne Kohlekraftwerke zu projizieren, um diese hinsichtlich ihrer summarischen gesundheitlichen Effekte grob abzuschätzen Seite 2 von 3 STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ und miteinander vergleichen zu können. Die genannten Zahlen lassen sich jedoch nicht unmittelbar auf das standortanhängige Bundesland Sachsen oder etwa auf noch kleinere Regionen (wie z. B. die Lausitz) übertragen, da wegen der geographischen Lage und der großen Schornsteinhöhen des Kraftwerkes Boxberg die entsprechenden Abgasemissionen weiträumig - über die Grenzen von Sachsen und der Lausitz hinaus - verteilt und verdünnt werden. Regional begrenzt bzw. auch auf lokaler Ebene werden die Emissionen des Kraftwerkes Boxberg nicht zu einer auffälligen Erhöhung der Morbiditäts - oder Mortalitätszahlen führen. Somit geben die Studienergebnisse zu der Annahme , es könne infolge der vorgelegten Daten in den einzelnen sächsischen Gebieten (z. B. in der Lausitz) um das Kraftwerk Boxberg eine gesundheitliche Sondersituation bestehen, keine Begründung. Das Bestreben, das konkrete Ausmaß der gesundheitlichen Belastung eines einzelnen Emittenten wie des Kraftwerkes Boxberg für eine bestimmte Region (z. B. für den sächsischen Teil der Lausitz) quantifizieren zu wollen, wird aus epidemiologischen und methodischen Gründen als nicht erfolgversprechend und somit nicht als zielführend beurteilt. Unter epidemiologischen Aspekten - das bestätigen die in Rede stehende Studie - ist die Zahl der durch einen Einzelemittenten verursachten zusätzlichen Sterbe - oder Krankheitsfälle zu gering, als dass daraus negative statistische Schlüsse für eine bestimmte Region wie die sächsische Lausitz sowie die Indikation für eine entsprechende epidemiologische Studie abgeleitet werden könnten. Eine Verschiebung regionaler oder gar lokaler nicht-luftschadstoffbedingter Krankheits- und Sterberaten in Sachsen in Richtung signifikant höherer Risiken ist durch das Kraftwerk Boxberg nicht zu erwarten. Maßgeblich sind die immissionsschutzrechtlichen Grenzwerte der Neununddreißigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BlmSchV). Diese werden durch einschlägige Messergebnisse uneingeschränkt erfüllt. Die entsprechenden Emissionsdaten können dem öffentlich zugänglichen PRTR-Bericht (Europäisches Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister) entnommen werden. Deshalb sind zusätzliche Maßnahmen der Staatsregierung derzeit nicht erforderlich. Die zuständigen kommunalen Behörden überwachen die Einhaltung der immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen. Mit freundlichen Grüßen ln Vertretung Seite 3 von 3 2016-08-02T14:56:03+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes