STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUC~ERSCHUTZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 1 o 1 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Petra Zais, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/5929 Thema: Qualifikationen der Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in stationären Wohnformen der Jugendhilfeeinrichtungen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "Mit den veränderten Rahmenbedingungen für die stationären Wohnformen , in welchen auch unbegleitete minderjährige Ausländer betreut werden, sind die fachlichen Anforderungen in erheblichem Maße gesenkt worden. Eine fachlich adäquate, sozialpädagogische Betreuung der Jugendlichen ist somit nicht mehr gegeben." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Gemäß § 29 Absatz 1 des Landesjugendhilfegesetzes (LJHG) müssen erlaubnispflichtige Einrichtungen im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) oder sonstige Wohnformen im Sinne des§ 48a Abs. 1 SGB VIII über eine ausreichende Anzahl an pädagogischen Fachkräften mit staatlich anerkannter oder gleichwertiger Ausbildung verfügen. Geeignet sind in der Regel sozialpädagogische Fachkräfte, sofern nicht in ihrer Person liegende Gründe ihrer Eignung entgegenstehen. Die jeweilige Aufgabe kann auch einschlägige Zusatzqualifikationen oder spezifische Ausbildungen im therapeutischen oder medizinischen Bereich erfordern. Personen in Ausbildung und pädagogische Hilfskräfte dürfen nur unter Anleitung der in den Sätzen 1 und 3 genannten Fachkräfte eingesetzt werden. Andere, nach Vorbildung und Erfahrung geeignet erscheinende Personen dürfen nach § 29 Absatz 2 LJHG im Einzelfall auf Antrag des Trägers der Einrichtung mit Zustimmung des Landesjugendamtes eingesetzt werden; die Zustimmung kann unter Auflagen erfolgen. Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin Durchwahl Telefon +49 351 564-5601 Telefax +49 351 564-5791 Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 45-0141 .51-16/726 Dresden, 37 August 2016 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 1 o 01097 Dresden www.sms.sachsen.de STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOllALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ Diese gesetzlichen Anforderungen zur Sicherstellung des Fachlichkeitsgebots gelten nach wie vor uneingeschränkt. Mit dem Erlass des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz vom 25. September 2015 zur Ausgestaltung des Betriebserlaubnisverfahrens nach § 45 SGB VIII sowie den dazu erfolgten Konkretisierungen wurde auf die aktuellen Problemlagen bei der Unterbringung und Betreuung von unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen, insbesondere dem vielfach vorgebrachten Fachkräftemangel angemessen reagiert. Nach § 29 Absatz 2 LJHG können neben den Personen mit anerkannten Berufsabschlüssen auf Antrag des Trägers der Einrichtung auch andere nach Vorbildung und Erfahrung geeignet erscheinende Personen zugelassen werden. Diese Regelung wurde durch Erlass insoweit konkretisiert, dass dies insbesondere auf folgende Abschlüsse/ individuelle Profile zutrifft: - Heilerziehungspfleger, - Diplom-Pädagoge, - Erziehungswissenschaftler, -ausländische Abschlüsse der (Soziai-)Pädagogik (die Möglichkeit der Nachweisführung ist im Einzelfall zu bewerten), -Lehrer, - Personen, mit langjährigen Erfahrungen in einem Arbeitsfeld der Jugendhilfe, - Personen mit Sprachkenntnissen und mit zielgruppenspezifischen Kenntnissen. Die Auffassung, in Folge veränderter Rahmenbedingungen für die stationären Wohnformen seien die fachlichen Anforderungen in erheblichem Maße gesenkt worden, dass eine fachlich adäquate, sozialpädagogische Betreuung der Jugendlichen nicht mehr gegeben sei, kann daher von der Staatsregierung nicht nachvollzogen werden. Frage 1: Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne sozialpädagogische Qualifikation wurden in den stationären Wohnformen der Jugendhilfeeinrichtungen zur Betreuung unbegleiteter minderjähriger Ausländer in Sachsen seit Januar 2015 eingestellt und welche Berufsausbildung hatten bzw. haben diese? (Bitte nach Landkreisen und kreisfreien Städten sowie nach Abschlüssen I Personen gern. der Pos. 111 b 2 des Erlasses aufschlüsseln.) Darüber, wie viele der erfragten Personen seit Januar 2015 tatsächlich in Sachsen eingestellt wurden, liegen der Staatsregierung keine konkreten Angaben vor. Der oben genannte Erlass vom 25. September 2015 reagiert auf den im Laufe des Jahres 2015 gestiegenen Zustrom unbegleiteter ausländischer Minderjähriger. An der bundesweiten Verteilung unbegleiteter ausländischer Kinder und Jugendlicher nimmt Sachsen erst seit der Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch am 1. November 2015 teil. Den Unterlagen der Verfahren zur Erteilung einer Betriebserlaubnis für Einrichtungen, die nach dem lnkrafttreten des Erlasses vom 25. September 2015 in Betrieb genommen wurden und auch der Unterbringung unbegleiteter ausländischer Kinder und Jugendlicher dienen, sind die die in der Anlage 1 mit Stand 18. August 2016 ausgewiesenen Angaben zur beruflichen Ausbildung der Mitarbeiterl-innen ohne sozialpädagogische Qualifikation zu entnehmen. Seite 2 von 5 Freistaat SACHSEN Frage 2: STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ Welche Weiterbildungen werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ohne sozialpädagogische Qualifikation angeboten und welchen zeitlichen Umfang umfassen diese? Grundsätzlich hat der Träger einer Einrichtung dem Landesjugendamt im Rahmen des Betriebserlaubnisverfahrens gemäß § 45 Abs. 3 Nummer 2 SGB VIII die Eignung des Personals nachzuweisen. Personen ohne sozialpädagogische Grundqualifikation, die dem Träger geeignet erscheinen, können auf der Grundlage des § 29 Absatz 2 LJHG für eine Tätigkeit in einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung zugelassen werden. Die Zulassung beschränkt sich auf die Tätigkeit in der benannten Einrichtung und wird mit der Auflage verbunden, die sozialpädagogische Qualifikation zu erwerben. Hierzu zählen die berufsbegleitende Ausbildung sowie die Schulfremdenprüfung zum staatlich anerkannten Erzieher und die berufsbegleitenden Bachelor- und Masterstudiengänge Soziale Arbeit, Heilpädagogik oder Diplompädagogik mit dem Schwerpunkt Heimerziehung /Jugendhilfe. Die Ausbildungsdauer beträgt je nach Vorbildung zwischen zwei und vier Jahren. Wird der adäquate Berufsabschluss nicht erworben oder scheidet die Person vorzeitig aus der Einrichtung aus, erlischt die Zulassung. Frage 3: Welche Kriterien müssen für das Landesjugendamt und der Staatsregierung erfüllt sein, damit es sich wie im "Erlass des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz - Oberste Landesjugendbehörde - zur Ausgestaltung des Betriebserlaubnisverfahrens nach § 45 SGB VIII" Abs. 111 B Nr. 2 (siehe Konkretisierung des Erlasses) bezeichnet, um eine "angemessener Weiterbildung " handelt? Es ist jeweils im Einzelfall zu prüfen inwiefern die beruflichen Vorerfahrungen der betreffenden Person ohne sozialpädagogische Grundqualifikation mit den Anforderungen des spezifischen Anforderungsprofiles der Einrichtung übereinstimmen. Eine generalisierende Beantwortung ist, was die Kriterien für eine "angemessene Weiterbildung" angeht, nicht möglich. Grundsätzlich wird das Kriterium einer "angemessenen Weiterbildung" durch die beiden nachfolgend dargestellten Varianten erfüllt: 1. Berufsbegleitende Weiterbildung, sofern eine pädagogische Vorerfahrung gegeben ist, oder 2. Anstreben eines sozialpädagogischen Abschlusses, z.B. als staatlich anerkannte/r Erzieher/in. Der vorgenannte sozialpädagogische Abschluss kann berufsbegleitend in einer Fachschule für soziale Arbeit erworben werden. Seite 3von 5 Freistaat SACHSEN Frage 4: STAATSM1N1STER1UM FÜR SOllALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ Welche Bemühungen hat die Staatsregierung bisher angestrebt, um Möglichkeiten zur Nachqualifizierung für die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern zu schaffen? Die Träger der freien Jugendhilfe tragen grundsätzlich die Verantwortung für die Fortbildung und Qualifizierung ihres für die Betreuung unbegleiteter ausländischer Minderjähriger eingesetzten Personals. Daneben obliegt dem überörtlichen Träger der Jugendhilfe die Fortbildung von Mitarbeitern auch freier Träger im Rahmen ergänzender Angebote, welche die trägerspezifischen Fortbildungen aber nicht ersetzen sollen. Ab dem 5. September 2016 startet mit der vierteiligen Ringvorlesung "Flüchtlingskinder und ihre Familien in Sachsen- Herausforderungen für die Kinder- und Jugendhilfe" ein Fortbildungsangebot des Landesjugendamtes welches sich explizit an alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Einrichtungen der öffentlichen und freien Träger der Kinderund Jugendhilfe richtet. Die Themenschwerpunkte der Vorlesungen sind dabei, "Sprachen als Schlüssel- Die sprachliche Kommunikation im Alltag erfolgreich meistern", "Kindheit und Familie im Islam", "Einführung in das Asyl- und Aufenthaltsrecht junger Geflüchteter- Zusammenhänge und Hintergründe" und "Die Folgen von Kriegs- und Fluchterfahrungen- Umgang mit traumatisierten Kindern und deren Eitern", mit denen sich fachlich auseinandergesetzt werden soll. Um die Handlungssicherheit im Hinblick auf die Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zu stärken, fand in Kooperation mit der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung im Rahmen des Programms "Willkommen bei Freunden - Bündnisse für junge Flüchtlinge" (Bundesprogramm) eine Qualifizierung von Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Allgemeinen Sozialen Dienstes der sächsischen Jugendämter statt. Diese umfasste insgesamt vier Module (lnobhutnahme - Clearing, Interkulturelle Kompetenz, Asyl- und Aufenthaltsrecht, Traumatisierung). Dieses Angebot steht auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Träger der freien Jugendhilfe offen. Eine weitere Fortbildung richtet sich an die Leiterl-innen und Erzieherl-innen von und in Kindertagesstätten. Die Handlungsmöglichkeiten, die pädagogische Fachkräfte gegenüber Kindern, aber auch in der Führung der gesamten Kindergruppen haben, stehen im Mittelpunkt dieses Kurses. Die Teilnehmerl-innen werden im Kurs für die Thematik sensibilisiert, fachlich informiert und in ihrer Fachkompetenz im Umgang mit den fluchterfahrenen Kindern gestärkt. Dabei wird auch der Frage nachgegangen, wann die Hinzuziehung therapeutischer Hilfe erforderlich ist. Frage 5: Wie fördert und koordiniert die Staatsregierung den fachlichen Austausch zum Thema Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (z.B. Erstellen von Unterbringungskonzepten, Personalförderung und -qualifizierung) innerhalb der sächsischen Kommunen sowie mit anderen Bundesländern und welche Handlungsbedarfe sind daraus gewachsen? Fortbildungen für Amts- und Vereinsvormünder sowie Fachkräfte der wirtschaftlichen Jugendhilfe der Jugendämter ("Grundlagen des Aufenthalts- und Asylrechts für Vormünder von unbegleiteten minderjährigen Ausländern" und "Die lnobhutnahme unbegleiteter minderjähriger Ausländer- Gesetzliche Neuregelungen ab 01.01.2016 Seite 4 von 5 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ und die Auswirkungen auf die Wirtschaftliche Jugendhilfe"), für das dritte Quartal dieses Jahres geplante Fortbildungen (z.B. der Kurs "Schwerpunkte und Besonderheiten der gesetzlichen Vertretung unbegleiteter minderjähriger Ausländer" und die "Fortbildung zu den Aufgabengebieten der wirtschaftlichen Jugendhilfe im Bereich unbegleitete minderjährige Ausländer") dienen nicht nur der Information über die Rechtslage, sondern ermöglichen auch einen Erfahrungsaustausch zwischen den Mitarbeitern der Jugendämter. Zur Förderung des fachlichen Austausches sowie Erfahrungsaustausches zum Thema unbegleitete minderjährige Ausländer dienten die Sondersitzungen des überregionalen Arbeitskreises "Hilfen zur Erziehung/Präventiver Kinderschutz" zur Thematik unbegleitete minderjährige Ausländer sowie das Programm "Willkommen bei Freunden - Bündnisse für junge Flüchtlinge", dass von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des ASO insbesondere aufgrund des überregionalen Erfahrungsaustausches als gewinnbringend eingeschätzt wurde. Weiterhin ermöglicht die Ringvorlesung "Fiüchtlingskinder und ihre Familien in Sachsen- Herausforderungen für die Kinder- und Jugendhilfe" einen fachlichen Austausch bezüglich der verschiedenen Themenschwerpunkte. Darüber hinaus finden ein fachlicher Austausch sowie Erfahrungsaustausch mit anderen Bundesländern in den Arbeitsgruppen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter (BAGLJÄ}, der AG "Handlungsempfehlung zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen" und der AG "Landesstellen" statt. Als aktuelle Themen, die den Handlungsbedarf in der Praxis derzeit bestimmen, sind zur Zeit beispielhaft die bedarfsgerechte Unterbringung und Betreuung von für Hilfen schwer zugänglichen und von traumatisierten Jugendlichen, Schnittstellen zwischen Jugendhilfe- und Asyl- bzw. Ausländerrecht, Verfahrensfragen der Zusammenführung von Familien und Verwandten, die Sicherstellung der Beschulung oder der Umgang mit verheirateten Minderjährigen. Mit freundlichen Grüßen 1 Anlage Seite 5 von 5 Freistaat SACHSEN Anlage 1 zur Drs. 6/5929 Berufliche Ausbildung der Mitarbeiterlinnen ohne sozialpädagogische Qualifikation Stand: 18. August 2016 m C> '- :.0 m C> !::! m Ui 0 I N 'Q) ;: U) .c. 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C> u c: IV m 111 111 "C .... .c. 0 u z IV Cf) II) 'Q) (ij .... IV ~ --o II) c -~ IV _. LL 2 30 18 11 0 2 15 2 31 1 30 10 96 17 231 2016-09-01T09:28:20+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes