STAATSMINISTET^IUM DES INNERN Freistaat SAC1-ISE1N Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-0141.50/J0179 Dresden, // August 2016 Kleine Anfrage des Abgeordneten Nico Brünler, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/5956 Thema: Cyber-Mobbing Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "In der Digitalisierungsstrategie .Sachsen Digital' wird das Problem des Cyber-Mobbing als Schwerpunkt im Bereich Computer- und Medienkompetenz in Schulen genannt. Darüber hinaus kann Cyber- Mobbing jedoch jeden treffen. Für viele Opfer sind die Taten besonders belastend, da den Tätern nicht durch das Vermeiden persönlichen Kontaktes zu entkommen ist und auch die eigenen vier Wände nicht vor den Cyber-Mobbing-Attacken schützen." namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Gibt es in Sachsen eine zentrale Anlaufstelle für Opfer von Cyber- Mobbing; wenn ja, wo ist diese Stelle, bzw. falls es keine solche Stelle gibt: warum nicht? Im Freistaat Sachsen gibt es keine zentrale Anlaufstelle für Opfer von Cyber -Mobbing. Opfer von Cyber-Mobbing können in Sachsen jedoch die Beratungsangebote und Unterstützung von Opferschutzverbänden wie beispielsweise des WEISSEN RINGES e. V. und der Opferhilfe Sachsen e. V. in Anspruch nehmen. Eine eigene Anlaufstelle speziell für Opfer von Cyber-Mobbing wird aufgrund des Vorhandenseins und Funktionierens der bestehenden Strukturen nicht als zielführend erachtet, um den Opferschutz für Cyber-Mobbing-Opfer zu verbessern. Opfer von Cyber-Mobbing werden genauso wie alle anderen Opfer von Straftaten und Verkehrsunfällen durch die Beamten der sächsischen Polizei auf Beratungsmöglichkeiten hingewiesen und an Netzwerkpartner des Opferschutzes vermittelt. Diese Opferschutzeinrichtungen prüfen den konkre- Hausanschrift: Sächsisches Staatsmlnisterium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax+49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7. 8. 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSM11M1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN ten Schutz- und Unterstützungsbedarf außerhalb der Strafverfolgung (die von Amts wegen bei der Polizei erfolgt) und können so eine optimale Opferschutzarbeit gewährleisten . Betroffenen steht es zudem grundsätzlich frei, bei jeder Polizeidienststelle Cyber- Mobbing zur Anzeige zu bringen. Frage 2: Welche Erkenntnisse über den Umfang von Cyber-Mobbing liegen der Staatsregierung vor? (Bitte die Anzahl der bekannten Fälle der letzten fünf Jahre nach Alter, Geschlecht und soweit bekannt dem Hintergrund [hier insbesondere schulisches Umfeld, berufliches Umfeld, privates Umfeld, politischer Hintergrund etc.] aufgegliedert darstellen.) Der Umfang von Cyber-Mobbing, die Anzahl der Fälle der letzten fünf Jahre, aufgeschlüsselt nach Alter, Geschlecht und Hintergrund, hier insbesondere schulisches Umfeld , berufliches Umfeld, privates Umfeld, politischer Hintergrund etc., wird statistisch nicht erfasst. Cyber-Mobbing stellt auch keinen eigenständigen Straftatbestand dar. Ungeachtet dessen - und um dem parlamentarischen Informationsinteresse zumindest durch Teilauskünfte zu entsprechen - wurde geprüft, inwieweit eine an die Frage angenäherte Antwort gegeben werden kann. Grundsätzlich versteht man unter Cyber-Mobbing das absichtliche Beleidigen, Bedrohen , Bloßstellen oder Belästigen anderer mithilfe von Internet- und Mobiltelefondiensten . Recherchiert wurde insofern nach entsprechenden Delikten im Polizeilichen Informationssystem Sachsen (PASS)1 für die Jahre 2011 bis 2015 bei denen hinsichtlich der Begehung die Nutzung des Tatmittels Internet erfasst war: Delikt 2011 [ 2012 | 2013 | 2014 2015 § 185StGB, Beleidigung §186StGB, Üble Nachrede § 187 StGB, Verleumdung Aufgrund von Löschfristen keine Angeben mehr vorhanden. § 241 StGB, Bedrohung 347 193 243 § 238 Abs. 1 und 2 StGB, Nachstellung 51 1 88 1 79 2 94 4 89 2 § 201 StGB, Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes 11 § 201 a StGB, Verletzung des höchstpersöntichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen 24 23 37 85 102 § 240 StGB, Nötigung 43 47 82 101 116 Stand: 16. August 2016; Es wird darauf hingewiesen, dass der Datenbestand veränderlich ist. Seite 2 von 5 STAATSM1N1STER1UM DBS1NNERTM Freistaat SACHSEN In dieser Auflistung nicht enthalten sind Fälle von Cyber-Mobbing z. B. per SMS oder Instant-Messaging-Diensten, also Mobiltelefondiensten. Auch sind keine Fälle enthalten , die zwar Cyber-Mobbing darstellen, aber keinen Straftatbestand erfüllen bzw. bei denen als Privatklagedelikt kein Strafantrag gestellt worden ist. Insofern muss davon ausgegangen werden, dass die erhobenen Straftaten kein vollständiges Lagebild im Sinne der Fragestellung darstellen. Im Weiteren wird von einer Beantwortung durch die Staatsregierung abgesehen. Für weitergehende Aussagen im Sinne der Fragestellung zu Tatörtl ich keiten sowie für Angaben zum Opfer, zum Umfeld des Opfers oder zu Hintergründen der Tat müssten die oben aufgeführten 1.877 Ermittlungsverfahren händisch ausgewertet werden. Wenn man einen Zeitansatz von 30 Minuten für die Auswertung einer Ermittlungsakte ansetzt, wären dies über 900 Stunden für die Auswertung aller Ermittlungsakten. Bei einer 40- Stunden-Woche wäre ein Sachbearbeiter über 23 Wochen mit dieser Auswertung befasst . Dieses Personal stünde dann für Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Eine solche aufwendige Recherche ist unverhältnismäßig und ohne Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten. Frage 3: Welche Erkenntnisse über die Art und Weise von Cyber-Mobbing-Attacken in Sachsen liegen der Staatsregierung vor, in wieweit gibt es für bestimmte Opferund Tätergruppen typische Arten von Mobbing-Attacken und welche Entwicklung lässt sich hier in den letzten fünf Jahren beobachten? Zur Beschreibung der verschiedenen Begehungsformen wird insbesondere auffolgende Studie verwiesen: IKG (2012), Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung - Universität Bielefeld. Ergebnisbericht der Online-Studie: Cyberbullying bei Schülerinnen und Schülern. (httD://www.uni-bielefeld.de/cvberbullvina/downloads/Eraebnisbericht- Cvberbullvina.pdf). Mit dem Phänomen Cyber-Mobbing beschäftigen sich eine Vielzahl von Institutionen, die auch entsprechende Untersuchungen und Studien durchführen. Exemplarisch für eine repräsentative Umfrage wird auf die JIM-Studie (httD://www.mDfs.de/index.Dhp?id=276) des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest verwiesen. In dieser jährlich wiederholten Befragung wird seit 1998 der Umgang von 12- bis 19-Jährigen mit Medien und Information repräsentativ abgebildet. Weitere Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung bietet auch klicksafe.de, eine EU- Initiative für mehr Sicherheit im Netz: http://www.klicksafe.de/themen/kommunizieren/cvber-mobbtna/cvber-mobbinq-zahlenynd -fakten/ Im Weiteren wird auf die Antwort auf die Frage 2 verwiesen. Weitergehende Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor Seite 3 von 5 STAATS1VI1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 4: Welche speziellen Ansätze bzw. Programme gibt es derzeit in Sachsen zur Bekämpfung von Cyber-Mobbing und zur Unterstützung der Opfer von Cyber- Mobbing bzw. welche Maßnahmen werden derzeit vorbereitet? (Bitte Maßnahmen einzeln darstellen und beschreiben.) Das Thema Cyber-Mobbing ist Bestandteil der Präventionsarbeit der sächsischen Polizei . Das Landeskriminalamt hat gemeinsam mit den Polizeidienststellen ein Präventionsangebot entwickelt, um über mögliche Gefahren im Umgang mit digitalen Medien zu informieren. Dabei greifen speziell geschulte Beamte der Polizeidirektionen die Thematik Cyber-Mobbing in ihren Präventionsveranstaltungen auf und sensibilisieren im Hinblick auf die damit einhergehenden Gefahren bzw. Straftatbestände sowie Schutzmöglichkeiten in der Schule. Zielgruppe sind vorwiegend Eltern, Lehrer und pädagogische Fachkräfte, als sogenannte Multiplikatoren, und Erziehungsbeteiligte. Zudem werden auch Schüler der 5. und 6. Klasse zum Thema Cyber-Mobbing sensibilisiert . Dabei werden die Phänomenologie und die Strafbarkeit sowie Interventions- und Präventionsschritte von den vor Ort anwesenden Polizeibeamten und den Schülern in Workshops gemeinsam erarbeitet. Informationen zu den dargestellten polizeilichen Präventionsangeboten in diesem Zusammenhang sind auch im Internet unter httDS://www.Dolizei.Sachsen.de/de/23175.htm abrufbar. Dort werden auch die bundesweit zentral bereitgestellten Präventionsmaterialien für Schulen - das Medienpaket "Verklickt" und das Medienpaket "Netzangriff" - beworben. Darüber hinaus unterstützen Vertreter der Zentralstelle für polizeiliche Prävention des Landeskriminalamtes die Ausbildung der Referendare für das höhere Lehramt der Sächsischen Bildungsagenturen. Ziel dieser Veranstaltungen bzw. Kooperation ist es, anhand von Praxisbeispielen den künftigen Lehrern für ihren Schulalltag eine Handlungs - bzw. Präventionsstrategie für eventuell auftretende (Cyber-)Mobbing-Fälle zu vermitteln und ihnen die Relevanz bzw. ihre Verantwortung hinsichtlich des Themas zu verdeutlichen. Beim Landespräventionsrat Sachsen (LPR SN) wurde unter Leitung des Sächsischen Datenschutzbeauftragten Ende vergangenen Jahres die temporäre Arbeitsgruppe "Digitale Medien" eingerichtet, welche sich mit vielfältigen Präventionsaspekten beschäftigt und in ihrem Abschlussbericht Empfehlungen geben wird. Im Bereich der frühkindlichen und schulischen Prävention arbeitet die Staatsregierung über den LPR insbesondere mit der kommunalen Ebene im Arbeitsansatz "Prävention im Team" (PiT) zusammen und unterstützt so Hilfe und Prävention auch bzgl. Cyber-Mobbing. Neben den eigenen sachsenweiten polizeilichen Präventionsangeboten mit expliziten Ausführungen zum Thema Cyber-Mobbing bietet das Programm Polizeiliche Kriminalprävention der Polizeien der Länder und des Bundes (ProPK) spezielle Angebote an, die unter anderem umfangreiche Informationen zur Thematik Cyber-Mobbing vorhalten. Über die Internetseite www.polizei-beratuna.de können themenspezifische Inhalte, besonders für die Zielgruppen Bürger, Eltern und Lehrer, abgerufen werden. Neben den darin eingestellten Informationen zu bestimmten Kriminalitätsphänomenen bietet diese Internetseite zudem die Möglichkeit, passende Präventionsmaterialien für Schulen kostenfrei zu bestellen. Ein polizeilicher Internetauftritt speziell für Kinder und Jugendliche Seite 4 von 5 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN ist seit Ende 2015 verfügbar. Unter der Adresse www.polizeifurdich.de können sich Kinder und Jugendliche im Alter von zwölf bis 15 Jahren schnell über Polizeithemen, wie beispielsweise Diebstahl, Körperverletzung, Drogen oder Cyber-Mobbing, niedrigschwellig und anonym informieren. Darüber hinaus erhalten die jungen Nutzer essentielle Informationen über Rechte und Pflichten, die Aufgaben der Polizei sowie Hilfsangebote. Überdies besteht die Möglichkeit, Fragen zum Thema Cyber-Mobbing direkt an die Geschäftsstelle der Zentralstelle für polizeiliche Prävention des Landeskriminalamtes zu richten (Kontakt unter www.polizei.sachsen.de). Frage 5: Wie viele Fälle von Cyber-Mobbing sind der Staatsregierung in den letzten fünf Jahren im öffentlichen Dienst des Freistaates bekannt geworden, wie werden solche Attacken durch den Dienstherren grundsätzlich behandelt und in wie vielen Fällen gab es daraus resultierend dienstrechtliche Konsequenzen? Im Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Finanzen ist ein Fall von Cyber- Mobbing in den letzten fünf Jahren bekannt geworden. Das Verhalten wurde mit der Bediensteten ausgewertet und ihr wurde eine Ermahnung ausgesprochen. Cyber^jVlobbing stellt eine Dienstpflichtverletzung bzw. einen Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten dar und kann zudem Straftatbestände erfüllen. Daher wird in derartigen Fällen stets die Einleitung strafrechtlicher sowie dienst- bzw. arbeitsrechtlicherf Ma^nahmen geprüft. Mit freuijidlichen Grüßen Markus Ulbig Seite 5 von 5 2016-09-02T09:10:46+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes