STAATSM11M1STER1UM DES INNERN Freistaat SACMSETN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) StAs-0141.51/8545 Dresden, \ . Oktober 2016 Kleine Anfrage der Abgeordneten Petra Zais, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/6345 Thema: Pflegebedürftige und behinderte Geflüchtete Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "Vorbemerkungen: Laut Aussagen des Innenministeriums gab es eine Abstimmung für eine Interpretationshilfe zum Asylbewerberleistungsgesetz zwischen der Sächsischen Landesärztekammer, der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen, der Krankenhausgesellschaft Sachsen , der Landesdirektion Sachsen und Vertretern des Sächsischen Staatsministeriums des Innern, des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz sowie der Staatsministerin für Gleichstellung und Integration. Trotzdem wurde uns eine Überlastung der sozialen Betreuung angezeigt. Im konkreten Fall ist ein querschnittgelähmter Geflüchteter in einem Heim untergebracht, der jedoch nur mit der Pflegestufe 1 eingestuft wurde." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1 Welche weiteren Absprachen gab es für die Unterbringung und Betreuungvon pflegebedürftigen und behinderten Geflüchteten sowie der generellen gesundheitlichen Versorgung von Geflüchteten zwisehen der Sächsischen Landesärztekammer, der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen, der Krankenhausgesellschaft Sachsen, der Landesdirektion Sachsen und Vertretern des Sächsischen Staatsministeriums des Innern, des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz sowie der Staats m ini steh n für Gleichstellung und Integration? Über den in den Vorbemerkungen genannten Einzelfall liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax+49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SÄCHSE1N Die in der Vorbemerkung aufgeführte Interpretationshilfe enthält in Ziffer 4 nur folgende Ausführungen im Hinblick auf Pflegeleistungen: "Häusliche Krankenpflege ist im~ Rahmen von Behandlungspflege (z. B. bei komplizierten Wunden oder Decubiti) im Einzelfall nach Kostenzusage verordnungsfähig, wenn dadurch eine stationäre Einweisung verhindert werden kann." Weitere Ausführungen, insbesondere bei behinderten oder sonst dauerhaft pflegebedürftigen Asylbewerbern, sind der Interpretationshilfe nicht zu entnehmen, so dass es hierzu auch keine ergänzenden grundlegenden Absprachen gibt. Die entsprechenden Fälle sind unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben der §§ 4, 6 sowie 8 Abs. 1 S. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) stets individuell zu klärende Einzelfälle, für die eine pauschale Regelung im Voraus wenig zweckmäßig ist. Insoweit erfolgen einzelfallbezogen laufend Abstimmungen zwischen den Beteiligten. Zur grundsätzlichen gesundheitlichen Versorgung von Geflüchteten wird Frage 1 zudem wie folgt beantwortet: Jeder Asylbewerber, der in den Freistaat Sachsen einreist, hat sich gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) einer Gesundheitskontrolle auf übertragbare Krankheiten zu unterziehen. Dies gilt ebenso für pflegebedürftige und behinderte Geflüchtete. Die Details sind in der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsmihisteriums für Soziales und Verbraucherschutz (SMS) und des Sächsischen Staatsministeriums des Innern (SMI) zur gesundheitlichen Betreuung von Asylbewerbern und unbegleiteten minderjährigen Ausländern durch die Gesundheitsämter im Freistaat Sachsen (VwVAsylbewerbergesundheitsbetreuung -VwVAsylGesBetr) geregelt. Soweit bei der Untersuchung akut behandlungsbedürftige Krankheiten festgestellt werden , wird eine ärztliche Empfehlung zur Vermittlung des erkrankten Asylbewerbers an ambulant tätige Ärzte oder ein Krankenhaus zur weiteren Diagnostik und Therapie ausgestellt. Schwangere Asylsuchende sollen umgehend an einen Gynäkologen verm ittelt werden, der gemäß Mutterschafts-Richtlinien die notwendigen Untersuchungen durchführt und die entsprechenden Labortests veranlasst. Im Zuständigkeitsbereich des SMS sind neben der Interpretationshilfe AsylbLG die folgenden weiteren Vereinbarungen getroffen: Vereinbarungen Flüchtlinaspraxen: Die medizinische Versorgung von Geflüchteten wird in Bezug auf die in den Erstaufnahmeeinrichtungen untergebrachten Asylbewerberinnen und Asylbewerber grundsätzlich über die spezialisierten Flüchtlingspraxen in den drei Großstädten Dresden, Chemnitz und Leipzig erbracht. Dort wird für die Asylsuchenden eine kompetente und unter Hinzuziehung von fest eingestellten Sprachmittlern und Sozialarbeitem qualitativ hochwertige und effektive medizinische Versorgung durchgeführt. Vereinbarungspartner sind die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen (Betreiber) die Landesdirektion Sachsen (LDS) und die jeweilige Kreisfreie Stadt. Die Vereinbarung zur Asylpraxis Dresden wurde am 28. August 2015, die zur Asylpraxis Leipzig am 5. Oktober 2015 und die zurAsylpraxis Chemnitz am 2. November 2015 unterzeichnet. Sie sind derzeit bis zum 31. Dezember 2016 befristet, aktuell laufen die ersten Gespräche der Beteiligten zur Weiterführung im Jahr 2017 Seite 2 von 5 STAATSMlNISTBmM DES INNERN Freistaat SACHSEN Vereinbarung Sprechstundenbedarf/lmDfsprechstyndeni Im Asylgesetz wurde zudem geregelt, dass sich der Impfschutz für Asylbewerber nach den entsprechenden Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt. Um Impflücken zu schließen, ist Asylbewerbern frühzeitig regelhaft und aktiv eine Vervollständigung ihres Impfschutzes anzubieten. Die "Vereinbarung über den Bezug und die Abrechnung von Mitteln des Sprechstundenbedarfs und über die Durchführung von Impfsprechstunden für Berechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes im Freistaat Sachsen" wurde zwischen dem Frei- Staat Sachsen (vertreten durch den Vizepräsidenten der LDS), der AOK PLUS (zugleich handelnd für den/die Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek) Knappschaft, Regionaldirektion Chemnitz, IKK classic, Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau als landwirtschaftliche Krankenkasse, BKK Landesverband Mitte) und der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen am 6. Oktober 2015 abgeschlossen. Die Vereinbarung wurde am 30. Juni 2016 verlängert und kann mit einer Frist von vier Wochen zum Quartalsende gekündigt werden. Diese Vereinbarung regelt die Versorgung mit Mitteln des Sprechstundenbedarfs von Berechtigten nach dem AsylbLG. Im Sinne einer praktikablen, unbürokratischen Verfahrensweise erklärte sich die AOK PLUS bereit, für Mittel des Sprechstundenbedarfs gegen Kostenerstattung in Vorleistung zu gehen. Zugleich organisiert die LDS die Durchführung von Impfsprechstunden in den Erstaufnahmeeinrichtungen im Freistaat Sachsen. Die Vertragsparteien dieser Vereinbarung wollten den Freistaat Sachsen bei der Bewältigung dieser besonderen Herausforderung unterstützen und haben dazu diese Vereinbarung getroffen. Frage 2: Welche organisatorischen, technischen und baulichen Voraussetzungen wurden zur Unterbringung von pflegebedürftigen und behinderten Geflüchteten geschaffen und in welchen Erstaufnahmeeinrichtungen wurden diese Voraussetzungen umgesetzt? Das SMI und die LDS haben gemeinsa m mit dem Staatsbetrieb Immobilien- und Baumanagement ein Musterraumprogramm für die (Neu-)Errichtung dauerhafter Unterbringungseinrichtungen der Erstaufnahme erstellt, in dem bauliche Maßnahmen zur Unterbringung von behinderten bzw. pflegebedürftigen Asylbewerbern enthalten sind (z. B. Anteil rollstuhlgeeigneter Räume). In den bestehenden Objekten haben diese Anforderungen je nach Gegebenheiten in unterschiedlichem Maße Berücksichtigung gefunden. Bei den im Bau befindlichen neuen Objekten Leipzig, Max-Liebermann"- Straße, und Dresden, Hammerweg, werden diese konsequent umgesetzt. Außerdem enthalten die Verträge mit den Betreibern Regelungen zur Sicherstellung der sozialen und medizinischen Betreuung. Für besonders gelagerte (insb. medizinische) Einzelfälle stehen der LDS zudem bei dem Betreiber SFZ CoWerk Plätze zur Verfügung, über die die individuelle Betreuung und Versorgung behinderter oder pflegebedürftiger Asylbewerber in besonderem Maße sichergestellt werden kann (z. B. Pflegebetten, Möglichkeit der Grund- und Behandlungspflege nach ärztlicher Verordnung) Seite 3 von 5 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 3: Werden pflegebedürftige Geflüchtete zentral in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht und/oder gibt es sogenannte Pflegestationen in den EAE? Wie in der Antwort auf die Frage 2 ausgeführt gibt es in einigen Erstaufnahmeeinrichtungen Räume nach den Anforderungen behinderter Asylbewerber sowie eine Einrichtung , die speziell für die Unterbringung behinderter oder pflegebedürftiger Menschen vorgesehen ist. Die Auswahl im konkreten Fall erfolgt nach den Bedürfnfssen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Kapazitäten. Frage 4: Wie werden die Bedürfnisse bei der medizinischen und sozialen Betreuung von besonders Schutzbedürftigen (konkret von Kindern, werdenden Müttern, Opfern von Folter und Gewalt sowie Menschen mit Behinderung) berücksichtigt? Die medizinische Versorgung der besonders Schutzbedürftigen wird grundsätzlich über die in der Antwort auf die Frage 1 genannten spezialisierten Flüchtlfngspraxen in den Großstädten Dresden, Chemnitz und Leipzig erbracht. Dort wird für die Asylsuchenden eine kompetente und unter Hinzuziehung von fest eingestellten Sprachmittlern und Sozialarbeitern qualitativ hochwertige und effektive medizinische Versorgung gewährleistet . So wird unter anderem eine spezielle kinderärztliche sowie psychologFsche Versorgung angeboten. Über die medizinisch indizierten Fälle besonderen Unterbringungsbedarfs hinaus stehen auch für die übrigen Fallgruppen besonders schutzbedürftiger Asylbewerber besondere Einrichtungen zur Verfügung, in denen in Abhängigkeit von den Besonderheiten des Einzelfalls eine Unterbringung erfolgen kann. In diesen Einrichtungen stehen regelmäßig für die entsprechenden Konstellationen besonders ausgewählte bzw. geschulte Betreuungskräfte zur Verfügung. Frage 5: Für ältere Migrantlnnen wird zukünftig mit einem höheren Pflegebedarf gerechnet . Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung ergriffen, um das Thema Interkulturalität in der Pflege nicht zu vernachlässigen? Nach § 1 Abs. 5 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB Xl) soll in der Pflege den kulturell bedingt unterschiedlichen Bedürfnissen von pflegebedürftigen Menschen nach Möglichkeit Rechnung getragen werden. Der gesetzliche Auftrag richtet sich zunächst an Pflegekassen als Leistungsträger sowie Pflegeeinrichtungen als Leistungserbringer, die erforderlichen Rahmenbedingungen bzw. organisatorischen Maßnahmen zu ergreifen. Nach dem Sächsischen Betreuungs- und Wohnqualitätsgesetz haben die Träger von stationären Einrichtungen dafür Sorge zu tragen, dass insbesondere auch die interkulturelle Kompetenz der Pflege- und Betreuungskräfte gefördert wird. Konkrete Arbeitshilfen und Standards für eine kultursensible Gestaltung der Arbeit im Bereich Altenhilfe und Pflege gibt es im Freistaat Sachsen nicht. Ferner sind derzeit keine speziellen Maßnahmen zur interkulturellen Öffnung der Altenhilfe- und Pflegestrukturen'geplant, die ausschließlich auf Menschen mit Migrationshintergrund ausgerichtet sind. Seite 4 von 5 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SÄCtiSETM Pflegefachkräfte, welche die Weiterbildung "Allgemeine Psychiatrie" nach der Weiterbildungsverordnung Gesundheitsfachberufe (SächsGfbWBVO) absolvieren, erwerben im Modul "Spezifische Sozialwissenschaft" Kenntnisse zur Interkulturellen Pflege, Migration und Psychiatrie. Der Geschäftsbereich der Staatsministerin für Gleichstellung und Integration im SMS beabsjbhti^t zudem, im Rahmen der Fortschreibung des Zuwanderungs- und Integrationskohze ^ts im Handlungsfeld "Gesundheitliche Versorgung" auch auf das Thema "Interkulturalität in der Pflege" einzugehen. Mit freuifidlichen Grüßen Markus Ulbis Seite 5 von 5 2016-10-05T14:17:57+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes