STAATS1VI1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SACMSE1N DerStaatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) StAs24.0141.51/8626 Dresden.^. Oktober 2016 Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/6618 Thema: Familientrennungen durch Abschiebungen seit Juni 2016 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "Artikel 6 Grundgesetz und Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention kodifizieren einen besonderen Schutz von Ehe und Familie. Dies betrifft auch ausländische Familien, woraus sich das Gebot , auch vollziehbar ausreisepflichtige Familien bzw. Familienmitglieder durch Abschiebungen nicht zu trennen, ableiten lassen kann, Zudem haben laut Artikel 9 UN-Kinderrechtskonvention die Vertragsstaaten sicherzustellen, dass ein Kind nicht gegen den Willen seiner Eltern von diesen getrennt wird. Bei einer Sammelabschiebung nach Pristina, Kosovo am 20. September 2016 von mindestens 70 Menschen aus Dresden wurde mindestens eine Familie durch die Abschiebung der Mutter und zweier Kinder getrennt, der Vater sowie ein Sohn verblieben in Deutschland. In der Antwort des Staatsministeriums des Innern auf die Kleine Anfrage Drs. 6/5266 wird angegeben, dass eine Trennung von Familien nur in begründeten Ausnahmefällen erfolge." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Familien wurden seit einschließlich 1. Juni 2016 durch Abschiebungen getrennt (bitte nach Rechtsgrundlage, Ort der letzten Unterbringung , Größe des Familienverbandes, Alter und Geschlecht der Personen und Aufenthaltsdauer in Deutschland aufschlüsseln; den Familienbegriff bitte auf Eltern und Kinder, alleinstehende Elternteile mit Kindern sowie unverheiratete Eltern mit Kindern beziehen)? Im Zeitraum vom 1. Juni 2016 bis 30. September 2016 sind neun Trennungen von Familien mit im Bundesgebiet verbliebenen Familienangehörigen bei durch die Zentrale Ausländerbehörde veranlassten Abschiebungen aufgetreten . Weitere Angaben dazu sind der Anlage zu entnehmen. Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerlum des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax+49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3. 6. 7. 8. 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATS1VI11SJ1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 2: Wie wurde die Trennung der Familie/n im Einzelfall mit Hinblick auf den grundgesetzlich versicherten Schutz von Ehe und Familie in Artikel 6 Grundgesetz begründet (die Gründe bitte einzeln nach den getrennten Familien aufschlüsseln)? Zur Beantwortung wird auf die Antworten der Staatsregierung auf die Frage 3, 2. Absatz der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/5205 und auf die Frage 1, 2. Absatz der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 5/5266 verwiesen. In allen Fällen der Familientrennung waren am Tag der Abschiebung einzelne Familienmitglieder nicht anwesend. Auf Nachfrage wurden zum Aufenthaltsort der Abwesenden keine Auskunft gegeben, so dass davon ausgegangen werden musste, dass die Familien durch ihren getrennten Aufenthalt und das Verheimlichen des aktuellen Aufenthaltsortes abwesender Familienmitglieder versuchten, den Vollzug der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu verhindern. Die getrennten Familien hielten sich seit September 2014 bis Oktober 2015 im Bundesgebiet auf und waren zum Zeitpunkt der erfolgten Abschiebungen (von Juni bis September 2016) überwiegend schon mehrere Monate, oft auch schon über ein Jahr vollziehbar ausreisepflichtig, ohne dass eine gemeinsame mögliche freiwillige Ausreise erfolgt wäre. Insbesondere konnte davon ausgegangen werden, dass der im Bundesgebiet verbliebene Rest der Familie jeweils zeitnah durch eine Ausreise eine Wiedervereinigung der Familie herbeiführen kann. Bedenken gegen eine vorübergehende Betreuung der Kinder durch nur einen Elternteil bestanden daher keine. Darüber hinaus lagen bei den am 9. Juni 2016 erfolgten Abschiebungen jeweils für die Mütter amtsärztliche Gutachten vor, die die Reisefähigkeit bestätigten. Beide Mütter wurden mit ihren Töchtern ärztlich begleitet in einem Charter abgeschoben, um alte gesuncfheitlichen Fragen im Zusammenhang mit der Abschiebung umgehend fachkundig beantworten zu können. In einem weiteren Trennungsfall am 6. September 2016 war bereits eine Abschiebung in der Vergangenheit gescheitert, da der Ehemann und Vater der Familie nicht angetroffen worden war. Im Falle der Maßnahme am 13. Juli 2016 waren Überstellungsfristen nach der Dublin- Verordnung zu berücksichtigen. Frage 3: Welchen Ermessensspielraum haben abschiebende Polizeieinheiten, wenn nicht die gesamte Familie in der Wohnung beziehungsweise Unterkunft angetroffen wird, eine Trennung von Familien, bei denen einzelne oder alle Familienmitglieder vollziehbar ausreisepflichtig sind, zu vermeiden? Polizeieinheiten unterstützen die Zentrale Ausländerbehörde bzw. die unteren Ausländerbehörden im Wege der Amtshilfe beim Vollzug der Abschiebungen (vgl. § 61 Abs. 1 und 2 Polizeigesetz des Freistaates Sachsen). Ein eigener Ermessenspielraum hinsichtlich der Entscheidung zur Trennung von Familienangehörigen besteht nicht. Bei unvorhersehbaren Entwicklungen halten sie mit der Zentralen Ausländerbehörde bzw. der zuständigen unteren Ausländerbehörde Rücksprache. Die Entscheidung, ob eine Trennung der Familie oder ob ein Abbruch der Abschiebung erfolgt, obliegt ausschließ- Seite 2 von 3 STAATS1VimiSTER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN lich der Zentralen Ausländerbehörde oder der unteren Ausländerbehörde in Abstimmung mit den Vollzugskräften der Polizei. Frage 4: Welche Behörde beziehungsweise welche verantwortlichen Stellen innerhalb der Behörde können eine Abschiebung abbrechen für den Fall, dass die gesamte Familie absehbar nicht abgeschoben werden kann und die Familie bei'Vollzug der Abschiebung getrennt werden müsste? Die Entscheidungen treffen die für die Aufenthaltsbeendigung zuständige Zentrale Ausländerbehörde oder die unteren Ausländerbehörden in Abstimmung mit den Vollzugskräften der Polizei. Frage 5: Werden bei der Vorbereitung der Abschiebung der Anzahl der Familienmitglieder entsprpchend Sitzplätze im Flugzeug durch die Ausländerbehörden gebucht und was ^ hd die Gründe, wenn dies nicht erfolgt? Sitz^ätz^'werden für alle abzuschiebenden Mitglieder des Familienverbandes gebucht, wot^i /yisnahmen bei Kleinstkindern bis zu zwei Jahren möglich sind. freundlichen Grüßen Seite 3 von 3 Anlage zu Drs.-Nr. 6/6618 Nr. Zielland im Bundesgebiet verblieben Abgeschoben Landkreis/Stadt Abschiebungsda - turn Zugang Erstaufnähme Serbien Vater + 7-jahriger Sohn Mutter + 1 Kind (w, 3 Jahre) Landkreis Leipzig 09. 06.2016 01.09.2014 Serbien Vater Mutter+1 Kind (w, 16 Jahre) Vogtlandkreis 09.06.2016 02.01.2015 Portugal Vater Mutter + 2 Kinder (m 4, 6 Jahre) Stadt Leipzig 13.07.2016 26.05.2015 Albanien Vater Mutter + 3 Kinder (w, 5, 9, 12 Jahre) Landkreis Nord- Sachsen 06.09.2016 16.10.2015 Kosovo Mutter Vater + 3 Kinder (2w, 1m, 7, 8, 12 Jahre) Landkreis Bautzen 13.09.2016 29.01.2015 Kosovo Vater Mutter+2 Kinder (1w, 1m, 12, 16, Jahre) Landkreis Bautzen 13.09.2016 16.02.2015 Kosovo Vater + 13-jähriger Sohn Mutter + 2 Kinder (1m, 1w, 9, 15 Jahre) Stadt Dresden 20.09.2016 30.12.2014 Kosovo Vater Mutter + 1 Kind ( m 2 Jahre) Landkreis Meißen 20.09.2016 13.02.2015 Kosovo Vater Mutter + 1 Kind (m, Jahr) Stadt Leipzig 20.09.2016 23.12.2014 Seite 1 von 1 2016-10-24T10:15:05+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes