STAATSM1N1STTUM DES1NNER1M Freistaat SÄCHSETN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 31-0141.50/10434 Dresden, 28. Oktober 2016 Kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/6690 Thema: Polizist und Pegida zu Demo - Distanzierung durch Polizei Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "Auf faz.net ist unter dem 03.10.2016 und der Überschrift .Polizei distanziert sich von guten Wünschen für Pegida-Demonstration' wie folgt zu lesen: ,Die sächsische Polizei hat sich von der Durchsage eines Kollegen distanziert, der Teilnehmern der Pegida-Demonstration am Tag der deutschen Einheit in Dresden einen .erfolgreichen Tag' gewünscht hatte. Diese Äußerung »entspricht nicht unserer Philosophie und wird einer Überprüfung unterzogen', erklärte die Polizei am frühen Montagabend. Der Beamte hatte vor Beginn der Demonstration des fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses am Nachmittag zunächst die Versammlungsauflagen verlesen, obwohl dies üblicherweise der Veranstalter macht. Er begründete dies mit einem Defekt an der Lautsprecheranlage von Pegida und betonte, er mache das .gerne'. Am Ende seiner Durchsage erklärte der Polizist vor mehreren tausend Pegida-Anhängern: ,Wir wünschen einen erfolgreichen Tag für Sie!' Die Menge quittierte dies mit Applaus und skandierte: ,Eins, zwei, drei, danke Polizei!' (Quelle: http://www.faz.neüaktuell/dresden-polizei-distanziert-sich-von-gutenwuenschen -fuer-pegida-demonstranten-14464902.html, letzter Aufruf 04.10.2016)" Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax+49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3. 6, 7, 8. 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SACtiSEIN Frage 1: Wann, an welchem Ort und in welcher Situation ereignete sich der Vorfall und sind die Presseberichte über Ursache, Anlass und Verlauf dieses Vorfalls zutreffen ? Am 3. Oktober 2016, gegen 15:15 Uhr, wurde dem Führungsstab des Polizeieinsatzes mitgeteilt, dass die Technik des PEGIDA Förderverein e. V. ausgefallen sei. Der Veranstalter bat die Polizei um Unterstützung beim Verlesen der Versammlungsbeschränkungen . Der Abschnittsführer des betreffenden Einsatzabschnittes entschied, dass die Kernaussagen der Beschränkungen über einen Lautsprecherkraftwagen (LauKW) der Polizei verlesen werden. Der Sprecher des eingesetzten LauKW beendete gegen 15:35 Uhr auf dem Busparkplatz Ammonstraße das Verlesen der Beschränkungen mit den Sätzen: "So, das war von unserer Seite die Verlesung der Auflagen. Wir wünschen einen erfolgreichen Tag für Sie." Frage 2: Welcher Dienststelle und Einheit gehört der betreffende Beamte an, welche Amtsbezeichnung trägt der Beamte und welchen Dienstposten bekleidet er? Der Polizeibedienstete ist als Polizeioberkommissar in einer technischen Einsatzeinheit der Polizei des Bundeslandes Niedersachsen tätig. Frage 3: Welche Stelle der sächsischen Polizei hat wann das Dementi bzw. die Distanzierung verantwortet, verfügt bzw. veröffentlicht und durch welche Stelle der sächsischen Polizei sind Untersuchungen welcher Art zu dem Vorfall und gegen den betreffenden Beamten eingeleitet worden und wer führt diese Untersuchungen? Die Polizeidirektion Dresden erklärte am 3. Oktober 2016 im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit , dass die Aussage nicht der Einsatzphilosophie der Polizeidirektion Dresden entspreche. Das Ereignis wird im Zuge der Einsatznachbereitung durch die Polizeidirektion Dresden ausgewertet. Frage 4: Aufgrund welcher Rechtsvorschriften hat der Beamte die Versammlungsauflagen verlesen und wie üblich ist dieses Vorgehen in vergleichbaren Fällen bzw. wie oft ist diese Praxis bislang geübt worden? Das in der Antwort auf die Frage 1 beschriebene Vorgehen stellt eine Einzelfallent- Scheidung dar. Das Sächsische Versammlungsgesetz (SächsVersG) enthält keine Vorschrift, welche der Polizei oder der Versammlungsbehörde die Aufgabe zuweist, die auf Grundlage des § 15 SächsVersG ergangenen Beschränkungen gegenüber den Versammlungsteilnehmern zu verlesen. Es ist nach § 18 Abs. 1 i. V. m. § 7 SächsVersG der Leiter der Versammlung, welcher deren Ablauf bestimmt, welcher während der Versammlung für Ordnung zu sorgen hat und welchem die Aufgabe zukommt, die Teilnehmer seiner Versammlung über gemäß § 15 SächsVersG seitens der Versammlungsbehörde verfügte Beschränkungen und Verhaltensanforderungen zu informieren. Die diesbezügli- Seite 2 von 3 STAATSM11M1STER1UM DES 1NNER1M Freistaat SACHSEN chen Verpflichtungen des Veranstalters bzw. Leiters zur Bekanntgäbe der Beschränkungen sind in dem Beschränkungsbescheid enthalten. Es liegt grundsätzlich in der Verantwortung des Veranstalters selbst, die Voraussetzungen für die Realisierung dieser Verpflichtung, insbesondere durch Vorhaltung entsprechender technischer Hilfsmittel , zu schaffen. Veranstalter einer Versammlung haben insoweit keinen Anspruch darauf , dass Hilfsmittel zur Durchführung der Versammlung staatlicherseits zur Verfügung gestellt werden. Im vorliegenden Fall fiel allerdings die seitens des Veranstalters für die Verlautbarung vorgehaltene Technik ungeplant aus. Die aus diesem Grund erfolgende Bekanntgäbe der zur Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch die Versammlungsbehörde auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 SächsVersG verfügten Beschränkungen durch die Polizei diente den Zielsetzungen des §15 SächsVersG und kann als "Minus -Maßnahme" auf §§ 15 Abs. 1, 3 SächsVersG zurückgeführt werden. Frage 5: In welcher Weise und welchem Umfang ist die Polizei bei Versammlungen und Aufzügen ihrer gesetzlichen Neutralitätsverpflichtung unterworfen und verstößt dieser Vorfall gegen diese Neutralitätsverpflichtung? Die staatliche Neutralitätspflicht knüpft an dem Gedanken an, dass der Staat in dem allgemeinen politischen Meinungskampf nicht zugunsten einer von mehreren, widerstreitende Standpunkte vertretenden Gruppen Partei ergreifen darf. So haben die zum Schutz^der rechtsstaatlichen Ordnung berufenen Behörden in unparteiischer Weise auf die Ve^virklichung der Versammlungsfreiheit für alle Grundrechtsträger hinzuwirken. Ein \/ übrigi Mit frl . rst^ß gegen diese Gebote ist in der angeführten Äußerung nicht erkennbar. Im ird auf die Antwort auf die Frage 3 verwiesen. urjdlichen Grüßen Markus Ulbig Seite 3 von 3 2016-11-02T09:21:47+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes