STAATSMINISTERìUì\4 DER JUSTIZ SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 | 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindena u-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Klaus Bartl, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 616748 Thema: Praxis der Gewährung von Beratungshilfe im Freistaat Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Nach dem GeseE über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (Beratungshilfegesef - BerHG) ist Bürgerinnen und Bürgern für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und im obligatorischen Güteverfahren nach $ l5a des GeseEes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung auf Antrag Beratungshilfe zu gewähren, wenn der Rechtssuchende die erforderlichen Mittel nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen kann, nicht andere Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren lnanspruchnahme dem Antragsteller zuzumuten ist und die lnanspruchnahme der Beratungshilfe dem Antragsteller zuzumuten ist und die lnanspruchnahme der Beratungshilfe nicht mutwillig erscheint ($ I Abs. BerHG)." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: EEI-\ìhii w Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564-1500 Telefax +49 351 564-1509 staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de' Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) I 040E-KLR-3248/1 6 Dresden, f'. November 2016 Hl[tË WANDEL HINTER GITTERN 300 Jehrc Gcfängnis Waldhcim :]00 lahre sächsische Vollzugsgachichte Hausanschrlft: Sächsisches Staatsmlnlsterlum der Justlz Hospitalstraße 7 01 097 Dresden Br¡efpost über Deutsche Post 0l 095 Dresden www.justiz.sachsen de/smj Verkehrsverbi nd ung Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3,6,7, 8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 'zugang fúr ôlôktronisch signiert€ sow¡e für v6rschlüsselte elêktronische Dokumanl 6 nur i.lber das El6Kronische Gor¡chts- und Verwsltungspostfachi nähêre lnformationên unter Mêgvp deSeite 1 von 4 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENlw Frage 1: Existieren im Freistaat Sachsen einheitlich für alle Gerichte förmliche Vorgaben, wie die benannten und weiteren im $ I BerHG geregelten Voraussefungen für die Gewährung von Beratungshilfe ausgestaltet bar. angewandt werden und wenn ja, welchen lnhalts? Das Beratungshilfeverfahren ist gemäß $ 24a Absatz 1 Zitfer 1 Rechtspflegergesetz (RPflG) auf den Rechtspfleger übertragen. Die Rechtspfleger sind gemäß S I RPfIG weisungsunabhängig, d.h. sachlich unabhängig und nur an Recht und Gesetz gebunden . Vorgaben gibt es daher nicht. Frage 2: Welche Nachweise über die bestehende Berechtigung der Beanspruchung von Beratungshilfe müssen antragstellende Rechtssuchende den entsprechenden Rechtsantragsstellen der Amtsgerichte im Freistaat Sachsen vorlegen, um die entsprechende Antragsbearbeitung zu bewirken und welcher Glaubhaftmachung bedarf es dabei insbesondere zum Nachweis seitens des Rechtssuchenden, dass andere lllöglichkeiten für eine Hilfe nicht zur Verfügung stehen und dass die Beanspruchung von Beratungshilfe nicht mutwillig erfolgt? Gemäß $ 4 Absatz 3 Beratungshilfegesetz (BerHG) sind dem Antrag beizufügen: 1. eine Erklärung des Rechtsuchenden über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere Angaben zu Familienstand, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten, sowie entsprechende Belege und 2. eine Versicherung des Rechtsuchenden, dass ihm in derselben Angelegenheit Beratungshilfe bisher weder gewährt noch durch das Gericht versagt worden ist und dass in derselben Angelegenheit kein gerichtliches Verfahren anhängig ist oder war. Gemäß $ 4 Absatz 4 BerHG kann das Gericht die Glaubhaftmachung verlangen, es kann dabei die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern, Erhebungen anstellen , insbesondere die Vorlage von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Eine Seite 2 von 4 STAATSMINISTERìUT\4 DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN FEI\WMw allgemein gültige Regelung oder allgemeine Vorgaben, wann etwas als glaubhaft gemacht anzusehen ist, gibt es dabei nicht und kann es aufgrund von S 9 RPfIG auch nicht geben. Wann etwas als glaubhaft gemacht angesehen wird, entscheidet der Rechtspfleger nach dem Grundsatz der freien Würdigung des gesamten Vorbringens, wobei in der Rechtsprechung ein den konkreten Umständen angepasstes Maß an Glaubhaft igkeit verlangt wird. Frage 3: Was meint in diesem Zusammenhang die von Gerichten im Freistaat Sachsen in entsprechenden Auflagen geforderte Beibringung eines ,,Nachweises des bestehenden Beratungsbedürfnisses durch Schriftsätze ..." und auf welcher geseflichen Grundlage erfolgt diese Abforderung gegenüber Rechtssuchenden? Die angesprochene Formulierung bezieht sich wiederum auf die Glaubhaftmachung. Gemäß $ 4 Absatz 4 BerHG kann das Gericht (gemäß $ 24a Absatz 1 ZiÍler 1 RPfIG in Gestalt des Rechtspflegers) verlangen, dass der Antragsteller seine Angaben glaubhaft macht. ln diesem Zusammenhang kann unter anderem die Vorlegung von Urkunden angeordnet werden. Der Rechtspfleger entscheidet nach den Grundsätzen, die in den Antworten zu den Fragen 1 und 2 dargelegt sind. Frage 4: lst es zutreffend, dass Rechtssuchenden in Sorge- und Umgangsrechtsangelegenheiten vor der Gewährung von Beratungshilfe aufgegeben wird nachzuweisen ,,... dass das Jugendamt in der Sache nicht weiter tätig wird" und wenn ja, wodurch ist dies sachlich und rechtlich gerechtfertigt? Rechtsuchenden wird - auch in Sorge- und Umgangsrechtsangelegenheiten - vor der Gewährung von Beratungshilfe aufgegeben, kostenfreie Hilfe von Amtern bzw. anderen Verwaltungseinrichtungen in Anspruch zu nehmen. Dies beruht auf $ 1 Absatz 2 Nummer 2 BerHG, wonach Voraussetzung für die Gewährung von Beratungshilfe ist, dass nicht andere Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren lnanspruchnahme dem Rechtsuchenden zuzumuten ist. ln Sorge- und Umgangsrechtsangelegenheiten besteht ein Anspruch auf Beratung und Unterstützung nach $ 118 SGB Vlll. Seite 3 von 4 STAATSN4INìSTERIUI\4 DER JUSTìZ Freistaat SACHSEN Was im Einzelfall konkret zur Glaubhaftmachung der Tatsache gefordert wird, dass diese Möglichkeit nicht zumutbar ist, entscheidet der Rechtspfleger nach den in den Antworten zu den Fragen 1 und 2 dargelegten Grundsätzen. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Seite 4 von 4 2016-11-04T14:40:27+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes