STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-0141.50/10461 Dresden,T November 2016 Kleine Anfrage des Abgeordneten Klaus Bartl, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/6767 Thema: Mutmaßlich geplanter Sprengstoffanschlag mit Ausgangspunkt im Chemnitzer Fritz-Heckert-Wohngebiet Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Auf Grund welcher Erkenntnis- und Verdachtslage erfolgte der in den Vormittagsstunden des 08.10.2016 begonnene Großeinsatz der Polizei zur Abwehr eines mutmaßlich geplanten Sprengstoffanschlages seitens des bislang hauptverdächtigen syrischen Staatsbürgers Jaber Albakr, auf wessen Veranlassung und unter wessen konkreter Leitung fand der Einsatz statt? Es wird auf die zusammenfassende Antwort der Staatsregierung auf die Fragen 1 bis 3, Absätze 1 bis 3, der Kleinen Anfrage Drs-Nr. 6/6757 verwiesen . Frage 2: Von welchem Zeitpunkt an und in welcher konkreten Form waren Dienststellen der sächsischen Staatsanwaltschaft und Gerichte in die Zugriffs- und Ermittlungshandlungen einbezogen und sind sie nach der Übernahme des gegen den Hauptverdächtigen Jaber Albakr und mutmaßliche Mittäter wegen Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89 a StGB geführten Ermittlungsverfahrens durch den Generalbundesanwalt noch weiter in die Verfahrensführung eingebunden? Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SÄCHSETN Durch einen Telefonanruf des Präsidenten des Landeskriminalamtes Sachsen (LKA) beim zuständigen Abteilungsleiter Staatsschutz der Staatsanwaltschaft Dresden am 7. Oktober 2016 gegen 20:00 Uhr und dessen nachfolgender telefonischer Kontaktaufnähme mit dem zuständigen Sachbearbeiter beim LKA wurde der Staatsanwaltschaft Dresden bekannt, dass zuverlässige Erkenntnisse vorlägen, dass der syrische Staatsangehörige Jaber A. aktuell ein Sprengstoffattentat vorbereite. Daraufhin leitete der zuständige Abteilungsleiter der Staatsanwaltschaft Dresden fernmündlich noch vor 21:00 Uhr ein Ermittlungsverfahren wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89a StGB ein und ordnete die Festnähme des Jaber A. an. In der Folge sind durch die Staatsanwaltschaft Dresden noch in der Nacht und am darauffolgenden Samstag und Sonntag eine Vielzahl von Eingriffsmaßnahmen (Telefon- Überwachung, Einsatz von IMSI-Catcher zur konkreten Aufenthaltsortbestimmung des Jaber A., Durchsuchungen, Offentlichkeitsfahndung u. a.) beim Amtsgericht Dresden erwirkt oder wegen Gefahr in Verzug angeordnet worden. Die Staatsanwälte der Staatsanwaltschaft Dresden waren im ständigen Kontakt mit dem Lagezentrum des LKA bzw. führten zum Teil auch von dort die Ermittlungen. Nach Durchsuchung der Wohnung in Chemnitz am 8. Oktober 2016 und der Sicherstellung von ca. 1,5 kg TATP wurde gegen den Wohnungsinhaber Khalil A. ein Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat eingeleitet. Khalil A. konnte am 8. Oktober 2016 am Hauptbahnhof Chemnitz festgenommen werden. Der Haftbefehl erging auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch das Amtsgericht Dresden am 9. Oktober 2016. Die Eröffnung des Haftbefehls erfolgte gegen 20:00 Uhr. Am 10. Oktober 2016, gegen 01:00 Uhr, erfolgte die Festnähme des flüchtigen JaberA. Unmittelbar danach erfolgte eine Information über die Festnähme an die zuständige Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof durch die Staatsanwaltschaft Dresden. In den Morgenstunden wurde wegen Gefahr im Verzug die Durchsuchung der Wohnung in Leipzig, in der Jaber A. festgenommen wurde, angeordnet. Am Nachmittag desselben Tages wurde der am 8. Oktober 2016 erlassene Haftbefehl Jaber A. eröffnet; dieser Haftbefehl wurde sodann aufrechterhalten und mit der Maßgabe, dass der Haftgrund der Fluchtgefahr vorliege, in Vollzug gesetzt. Gegen 15:35 Uhr erfolgte die Einlieferung in die JVA Leipzig. Bei Vorführung des Jaber A. zur Eröffnung des Haftbefehls beim Amtsgericht Dresden waren die Ermittlungen bereits vom Generalbundesanwalt übernommen. Trotz Übernähme der Ermittlungen war die Verführung des Jaber A. beim Amtsgericht Dresden zu veranlassen, weil ein Beschuldigter, der aufgrund eines bestehenden Haftbefehls ergriffen wird, gemäß §§ 115, 126 StPO vor den Richter vorzuführen ist, der den Haftbefehl erlassen hat. Der Generalbundesanwalt hat nach seiner Mitteilung die Ermittlungen am 9. Oktober 2016, gegen 16:30 Uhr, übernommen. Er habe gleichzeitig darum gebeten , die unaufschiebbaren Ermittlungen weiterhin durch die Staatsanwaltschaft Dresden zu veranlassen, bis die Akten dem Generalbundesanwalt vorliegen. Im Übrigen sind das Amtsgericht Dresden und die Staatsanwaltschaft Dresden seit der Übernahme Seite 2 von 3 STAATSM1N1STBR1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Dresden gegen beide Beschuldigte durch den Generalbundesanwalt nicht mehr in die Verfahrensführung eingebunden. Frage 3: Welche konkrete Gefährdungslage ging nach den bisherigen gesicherten Ermittlungserkenntnissen von dem Hauptverdächtigen Albakr und seinen mutmaßlichen Mittätern bzw. von deren Handeln für die im Umfeld der vom Tatverdächtigen mutmaßlich genutzten Wohnung in der Straße Usti nad Labem 97 tatsächlich aus? Es wird auf die Antworten auf die Frage 1 sowie auf die Frage 2, Absatz 4, verwiesen. Frage 4: In welcher Weise, auf welcher Ebene und ab welchem Zeitpunkt erfolgte seitens der polizeilichen Einsatzleitung eine Information über die entstandene Gefährdungssituation und eintretende Auswirkungen der polizeilichen Zugriffsmaßnahmen aufAnwohneran den Ereignisorten gegenüber den Verantwortlichen der Stadt Chemnitz? Die erforderlichen Absprachen mit dem Ordnungsbürgermeister der Stadt Chemnitz wurden durch den Präsidenten der Polizeidirektion Chemnitz am 8. Oktober 2016, gegen 10:00 Uhr, geführt. Parallel dazu war durch Mitarbeiter des Führungsstabes der Polizeidirektion Chemnitz Kontakt mit der Rettungsleitstelle der Stadt Chemnitz aufgenommen worden, um mögliche Evakuierungsszenarien abzustimmen. Frage 5: Entstanden für Mieter bzw. Anwohner im Zuge der am 08. und 09.10.2016 im Rahmen von polizeilichen Zugriffshandlungen durchsuchten Wohnhäuser in der Straße Usti nad Labem sowie in der Clausewitzstraße in Chemnitz über die Belastungen durch die Evakuierungsmaßnahmen noch hinausgehende Nachteilsfolgen und Schäden und wenn Ja, wie soll deren unbürokratische Regulierung sowie der Ausgleich der durch die Stadt Chemnitz erbrachten Aufwendungen zur Behebung von Einsatzauswirkungen durch das Land erfolgen? Die Evakuierungsmaßnahmen wurden bis zum Abschluss der kriminaltechnischen Arbeiten ^und der Wiederherstellung der Verschlusssicherheit bis 11. Oktober 2016, gegen Q^:00 Uhr, aufrechterhalten. Die Regulierung der im Zusammenhang mit den Einsatznfi ^ß^fahmen entstandenen Schäden erfolgt nach Abschluss der Prüfung durch das LKA.I Mit fribuhdlichen Grüßen Markus Ulbi Seite 3 von 3 2016-11-09T10:48:40+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes