STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOllALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 1 o 1 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Andre Wendt, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/6839 Thema: "Upcoding" als Betrugsinstrument der Krankenkassen und Ärztevereinigungen?" Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Kenntnisse hat die Staatsregierung über mögliche Betrugsfälle durch Krankenkassen und Ärztevereinigungen im Freistaat Sachsen? Frage 2: Welche Krankenkassen bzw. Ärztevereinigungen sind/waren davon betroffen bzw. in welchem Umfang wird derzeit ermittelt? Frage 3: ln welchen Bereichen waren/sind diese Betrugsfälle angesiedelt ? (Bitte aufschlüsseln: im ambulant ärztlichen Bereich/im stationären Bereich) Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 3: Der Sächsischen Staatsregierung liegen keine Erkenntnisse über mögliche Betrugsfälle durch Krankenkassen und Ärztevereinigungen mittels "Upcoding'· vor. Auch über eine Auswertung der bei den Staatsanwaltschaften gespeicherten Datenbestände können in zurnutbare Weise keine entsprechenden Informationen gewonnen werden. Der Umstand, dass ein Beschuldigter Mitarbeiter einer Krankenkasse oder einer Ärztevereinigung ist, wird bereits nicht statistisch erfasst. Um die Fragestellung über eine Auswertung der mittels Daten- Seiset festgestellten, möglicherweise relevanten Vorgänge beantworten zu können, müsste eine manuelle Durchsicht und Auswertung aller Papierakten durchgeführt werden. Ein Daten-Select zu allen Ermittlungsverfahren im Freistaat Sachsen wegen des Tatvorwurfs Betrug (§ 263 StGB), aus dem sich zumindest ein grober Hinweis auf die tatsächliche Anzahl möglicherwei- E Freistaat ~SACHSEN Die Staatsministerin Durchwahl Telefon +49 351 564-5601 Telefax +49 351 564-5791 Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 31-0141.51-16/1004 Dresden, fjZ November 2016 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 1 o 01097 Dresden www.sms.sachsen.de STAATSMJNJSTERJUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ se relevanter Verfahren ergibt, hat für die Jahre 2013 bis 2015 insgesamt 131 .158 Verfahren ergeben. Der bei den Staatsanwaltschaften anfallende zeitliche Aufwand zur Auswertung im Sinne der Fragestellung kann lediglich geschätzt werden . Der durchschnittliche Auswertungsaufwand ist mit mindestens dreißig Minuten je Verfahren anzusetzen. Hierin sind einbezogen der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und den staatsanwaltschaftliehen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, z. B. von Rechtsanwälten, Gerichten, Sachverständigen und Polizei, das Auswerten der Akten durch einen Staatsanwalt und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses und die Rückgabe der Akten an die zuletzt aktenführende Stelle. Danach würde ein Gesamtaufwand entstehen, der innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit nicht, jedenfalls aber nicht ohne eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit der Staatsanwaltschaften realisierbar ist. Frage 4: Beschäftigen AOK Plus bzw. andere gesetzliche Krankenkassen /Ärztevereinigungen Berater oder sonstige Personen/Unternehmen, die Ärzte dazu anregen, die Codierung der Fälle zu ändern? Wenn ja, bei welchen Krankenkassen /Ärztevereinigungen ist/war dies der Fall und wie viele Personen sind/waren derartig aktiv? Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen (KV Sachsen), die Kassenzahnärztliche Vereinigung Sachsen (KZV Sachsen) und die AOK PLUS, die der Rechtsaufsicht des Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz unterliegen, haben mitgeteilt, dass sie keine Berater beschäftigen, deren Aufgabe es ist, die durch den Arzt durchgeführte Codierung nachträglich zu ändern. Die AOK PLUS berichtete, dass die Beratung von Vertragsärzten ausschließlich durch eigene Mitarbeiter (Arztberater) der AOK PLUS erfolgt. Die Beratung umfasst generell die Beratung zu sämtlichen Themen der vertragsärztlichen Versorgung wie beispielsweise Aufgaben in Disease-Management-Programmen, Arzneimittelrabatte, vertragsrechtliche Fragestellungen wie z. B. Hilfsmittelzulassungen oder allgemeine Versorgungsthemen . Die Beratung zur korrekten Dokumentation stellt dabei lediglich eine zusätzliche Aufgabe dar und bezieht sich ausschließlich auf eine zukünftig korrekte Verschlüsselung der zu behandelnden Krankheiten . Die Dokumentation der Diagnosen obliegt ausschließlich dem behandelnden Arzt. Auf die Antwort der Frage 1 der Drs. 6/6840 wird hingewiesen. Frage 5: Zahlt die AOK Plus bzw. andere gesetzliche Krankenkassen /Ärztevereinigungen direkt oder indirekt Ärzten eine Prämie oder eine andere Geldleistung/Sachleistung, wenn diese- nach ihren Vorstellungen- eine Codierung ändern? Wenn ja, wie hoch sind/waren diese bzw. wie setzten sich diese im Jahr 2015 und bis dato 2016 zusammen? Die AOK PLUS teilte mit, dass sie keine Prämien oder Sachleistungen an Ärzte zahlt, die allein auf eine entsprechende Codierung abzielen. Die Vergütung der Ärzte erfolgt ausschließlich für erbrachte Leistungen oder Betreuungsaufwände für die Versicherten. Seite 2 von 3 Freistaat SACHSEN STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ Die Gesetzlichen Krankenkassen TK, DAK-Gesundheit, BAHN-BKK und AOK PLUS haben mit der KV Sachsen Betreuungsstrukturverträge geschlossen, die den Versorgungsaufwand für Versicherte mit chronischen und/oder multimorbiden Erkrankungen oder Erkrankungen mit schwierigem und/oder langwierigem Krankheitsverlauf vergüten ; http://www.kvs-sachsen.de/mitglieder/vertraege/. Die Leistungsvergütung nach diesen Verträgen erfolgt entsprechend der codierten Diagnose, aus der hervorgeht, dass es sich um eine entsprechend aufwändig zu behandelnde Erkrankung handelt. Die von den teilnehmenden Vertragsärzten zu erbringenden Leistungen bestehen in einer umfassenden, zeitnahen und kontinuierlichen Betreuung der Patienten mit einer entsprechend schweren Erkrankung, zum Beispiel durch Vorhalten zusätzlicher Sprechzeiten, gezieltem Wartezeitmanagement und kurzer Terminvergabe nach stationärem Aufenthalt. Die in Sachsen bestehenden Betreuungsstrukturverträge bewirken keine (nachträgliche) Änderung der Codierung durch Ärzte und die KV Sachsen. Mit freundlichen Grüßen Seite 3 von 3 Freistaat SACHSEN 2016-11-21T08:31:06+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes