STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat t .c . S A C H S E N SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Kerstin Köditz, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/7061 Thema: Aktivitäten der „Freien Kameradschaft Dresden" in Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Fragestellerin verwendet in der Kleinen Anfrage den Begriff „extreme Rechte". Für die Beantwortung wird insoweit auf die Vorbemerkung Nummer I. in der Antwort der Sächsischen Staatsregierung auf die Große Anfrage Drs.-Nr. 5/4956 verwiesen. Der Sächsischen Staatsregierung liegen zu der Kleinen Anfrage auch Erkenntnisse vor, deren Mitteilung überwiegende Belange des Geheimschutzes (Art. 51 Abs. 2 SächsVerf) entgegenstehen. Es handelt sich dabei um Informationen, die gemäß Nummer 8 in Verbindung mit den Nummern 3.3 und 3.4 der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über die Behandlung von Verschlusssachen vom 4. Januar 2008 (SächsABI. Sonderdruck Jg. 2008) als Verschlusssache eingestuft wurden. Die Einstufung erfolgte zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen und zum Schutz nachrichtendienstlicher Zugänge . Die Informationen sind durch nachrichtendienstliche Mittel (§ 5 Abs. 1 SächsVSG) erlangt worden. Die Weitergabe dieser Informationen, die mit Blick auf die wiederholte und räumlich umfassende Fragestellung den gesamten Phänomenbereich abdecken, würde die eingesetzten Methoden der Nachrichtenbeschaffung den im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zu beteiligenden Personen offenbaren oder Rückschlüsse auf die Art nachrichtendienstlicher Zugänge ermöglichen und somit die Arbeitsfähigkeit des LfV Sachsen gefährden. Im Falle des Einsatzes von Personen nach § 5 Abs. 1 SächsVSG stehen zudem Rechte Dritter im Sinne von Art. 51 Abs. 2 SächsVerf entgegen. Diese Personen wären bei einer Mitteilung Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/2883 Dresden, Dezember 2016 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern VVilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6,7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN '72'1 Freistaat 2L---ee.SACHSEN in ihren Grundrechten auf Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit der Person gefährdet. Die Staatsregierung trifft eine Schutzpflicht gegenüber ihren nachrichtendienstlichen Quellen und sie hat insoweit jegliche Handlungen zu unterlassen, die zu einer Enttarnung der Quelle führen können. Darüber hinaus ist das Vertrauen in die Fähigkeit eines Nachrichtendienstes, die Identität seiner Quellen zu schützen, für seine Funktionsfähigkeit essentiell. Die Mitteilung von Erkenntnissen im gewählten Verfahren, die Rückschlüsse auf nachrichtendienstliche Zugänge zulassen, würde sich nachhaltig negativ auf die Fähigkeit des LfV Sachsen auswirken, solche Zugänge zu gewinnen bzw. solche Kontakte fortzuführen. Diese teils dauerhafte Beeinträchtigung von Rechtsgütern war mit dem Informationsinteresse der Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz und dem Schutz der Rechte Dritter Vorrang vor dem Informationsanspruch der Abgeordneten zukommt. Die Sächsische Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung befriedigen . Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung zu beteiligenden Personenkreis kam die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz sowie der Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet werden kann, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt. Es wird darauf hingewiesen, dass der Parlamentarischen Kontrollkommission auf deren Verlangen weitergehende Auskunft erteilt wird. Frage 1: Welche bisherigen oder anhaltenden Aktivitäten der „Freien Kameradschaft Dresden" (beispielsweise: Veranstaltungen, Versammlungen, Ansammlungen, Konzerte, Vorträge, „Schulungen", sonstige Treffen) sind der Staatsregierung bekannt (bitte aufschlüsseln nach Datum, Veranstaltungsort, Thema, Veranstalter , Anzahl der Teilnehmenden, ggf. Bands, Liedermacher, Redner)? Datum Ort Veranstalter Teilneh- Veranstaltung mer 15.11.2015 Dresden JN/Rechtsextre- n. b. Kranzniederlegung zum misten Volkstrauertag 30.12.2015 Dresden Rechtsextremis- 130 Demonstration gegen ten/NPD die Belegung des Hotel Prinz Eugen mit Asylbewerbern 17.01.2016 Dresden Rechtsextremisten mind. 13 Mahnwache für Opfer sexueller Übergriffe Seite 2 von 5 STAATSM1N1STERIUM DES INNERN 72= Freistaat SACHSEN • LY 11.01.2016 Leipzig Rechtsextremisten 215 Ausschreitungen in Leipzig-Connewitz (Landfriedensbruch) 06.02.2016 Dresden Rechtsextremisten n. b. Aktionswoche: Transparentaktion 09.02.2016 Dresden Rechtsextremisten n. b. Aktionswoche: Verteilaktion 12.02.2016 Dresden Rechtsextremisten ca. 650 Gedenkmarsch „Von der Trauer zur Kraft — 10 Jahre ehrenhaftes Gedenken der Opfer des 13. Februar 1945", Redner: Maik MÜLLER, Tony GENTSCH sowie namentlich nicht bekannte Redner aus Tschechien, Ungarn und Polen 15.02.2016 Dresden Rechtsextremisten n. b. Aktionswoche: Gedenken , Kranzniederlegung Frage 2: An welchen nicht -extremistischen Aktivitäten bzw. Aktivitäten nichtextremistischer Veranstalter bzw. Organisationen beteiligten sich Anhänger der „Freien Kameradschaft Dresden" bisher oder anhaltend in welchen Funktionen (z.B. Teilnehmer, Redner, Ordner, Anmelder) — bitte aufschlüsseln wie zu Frage 1? Datum Ort Beteiligung von Anzahl Veranstaltung 07.09.2015 Dresden Rechtsextremisten n. b. Teilnahme an einer Demonstration „Gewaltfrei gegen Glaubenskriege" (PEGIDA) 21.09 2015 Dresden Rechtsextremisten n. b. Teilnahme an einer Demonstration „Gewaltfrei gegen Glaubenskriege" (PEGIDA) 19.10.2015 Dresden Rechtsextremisten n. b. Teilnahme an einer Demonstration „Gewaltfrei gegen Glaubenskriege" (PEGIDA) Seite 3 von 5 STAATSI1IN1STERIUM DES INNERN 7 " Freistaat SACHSEN 01.11.2015 Dresden Rechtsextremisten n. b. Teilnahme an Protesten gegen eine geplante Asylbewerberunterkunft in Dresden-Laubegast Frage 3: Zu welchen Straftaten mit welchen Rechtsfolgen kam es während der Aktivitäten im Sinne der Frage 1 und 2 und welche weiteren Erkenntnisse liegen der Staatsregierung vor über strafrechtlich relevante Aktivitäten der „Freien Kameradschaft Dresden" sowie ggf. ihrer Mitglieder und maßgeblichen Unterstützer? (Bitte aufschlüsseln nach Tatort und -zeit, Kurzbeschreibung des Vorgangs, berührten Straftatbeständen, ggf. Stand der jeweiligen Ermittlungsverfahren, Zahl der Verdächtigen und/oder Beschuldigten sowie deren Geschlecht, erlassenen Strafen oder ggf. Gründen von Verfahrenseinstellungen.) Am 30. November 2016 wurden in einem Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Dresden — Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen — Sonderdezernat zur Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität (INES-PMK) und des OAZ wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 StGB bei 17 Personen insgesamt 18 Wohnungen sowie ein weiteres Objekt im Raum Dresden und Heidenau durchsucht. Bereits seit Juni 2015 laufen die Ermittlungen gegen die sogenannte „Freie Kameradschaft Dresden". Die Gruppe steht im Verdacht, in verschiedener personeller Zusammensetzung 14 Straftaten, u. a. Beteiligung an der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion , versuchte Brandstiftung, Landfriedensbruch im besonders schweren Fall, Körperverletzungen und Sachbeschädigungen begangen zu haben. Zudem wurden sie bei Tathandlungen im Bereich von Asylunterkünften in Freital, Heidenau, Dresden und bei Tathandlungen gegen Asylsuchende und politische Gegner festgestellt. Bei den Mitgliedern handelt es sich um 15 Männer sowie zwei Frauen im Alter zwischen 16 und 30 Jahren. Gegen sechs Beschuldigte wurden Haftbefehle erlassen, die am 30. November 2016 vollzogen wurden. Eine weitergehende Beantwortung der Frage ist derzeit nicht möglich, da insoweit aufgrund laufender Ermittlungen einer Beantwortung § 477 Abs. 2 S. 1 Strafprozessordnung entgegensteht. Nach dieser Vorschrift sind Auskünfte aus Akten zu versagen, wenn der Übermittlung Zwecke des Strafverfahrens entgegenstehen. Eine vollständige Beantwortung der Kleinen Anfrage würde den Erfolg von noch nicht abgeschlossenen Ermittlungen gefährden. Sofern weitere Einzelheiten zu bisherigen Ermittlungserkenntnissen bekannt würden, könnte dies dazu führen, dass der Erfolg der weiteren notwendigen Ermittlungen vereitelt würde. Die aufgeführten Gründe der Nichtbeantwortung der Fragen hindern auch eine Beantwortung der Anfrage in einer nichtöffentlichen Sitzung des Landtages oder mit entsprechendem Geheimhaltungsvermerk. Auch bei einer unter solchen Umständen erfolgenden Bekanntgabe der Ergebnisse der bisherigen Ermittlungen ist im vorliegenden Fall nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass Einzelheiten zu den bisherigen Ermittlungsergebnissen bekannt und dadurch die weiteren Ermittlungen gefährdet würden. Seite 4 von 5 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Eine Abwägung der Informationsinteressen der Antragstellerin mit dem Interesse an der Geheimhaltung der Ermittlungsergebnisse geht derzeit zu Lasten der Abgeordneten . Das Interesse der Abgeordneten an vollständiger Information ist ein hohes, durch Art. 51 Abs. 1 SächsVerf verfassungsrechtlich gewährleistetes Gut. Aber auch das staatliche Interesse an einer wirkungsvollen Strafverfolgung ist ein hohes, aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleitetes verfassungsrechtliches Schutzgut. Bei vollständiger Beantwortung der Fragen wäre der Schaden für das laufende Ermittlungsverfahren womöglich irreparabel. Das Informationsinteresse der Abgeordneten ist demgegenüber nicht vollständig zurückgedrängt. Seine Verwirklichung hat lediglich insoweit und so lange zurückzustehen, wie eine vollständige Beantwortung tatsächlich eine Gefährdung des Ermittlungserfolges zeitigen würde. Frage 4: Seit wann existiert und über wie viele Mitglieder verfügt die „Freie Kameradschaft Dresden" derzeit in welchen Landkreisen und kreisfreien Städten (bitte zuordnen) des Freistaates Sachsen und wie viele Treffobjekte stehen der Gruppierung und ihren Anhängern derzeit zur Verfügung (bitte ebenso zuordnen)? Das Facebook-Profil „Freie Kameradschaft Dresden" ist dem LfV Sachsen seit Anfang August 2015 bekannt. Bereits aus dem Namen ergibt sich eine räumliche Begrenzung auf die Kreisfreie Stadt Dresden. Dieses Facebook-Profil ist seit März 2016 nicht mehr aufrufbar. Dem UV Sachsen ist seither kein öffentlicher Auftritt der in Rede stehenden neonationalsozialistischen Strukturen unter der Bezeichnung „Freie Kameradschaft Dresden" mehr bekannt geworden. Die „Freie Kameradschaft Dresden" wird zur neonationalsozialistischen Szene in Dresden gerechnet, die derzeit etwa 60 Personen zählt. Die Szene ist in der Vergangenheit unter verschiedenen Bezeichnungen, wie „Freie Kameradschaft Dresden " im Rahmen des gleichnamigen Facebook-Profils, in der Öffentlichkeit aufgetreten . Da die Übergänge zwischen einzelnen Gruppierungen innerhalb der Szene sowie zu den „Jungen Nationaldemokraten" oder dem subkulturellen Milieu fließend sind, kann die tatsächliche Personenstärke der „Freie Kameradschaft Dresden" nicht mit Sicherheit beziffert werden. Frage 5: Welche konkreten Bezüge und/oder personellen Überschneidungen bzw. Teilidentitäten der „Freien Kameradschaft Dresden" bestanden oder bestehen zu welchen anderen Bestrebungen und Strukturen der extremen Rechten sowie zu welche Fußballfangruppierungen im Freistaat Sachsen? 1, 7 Der Siaatiregierung sind Verbindungen in die subkulturell geprägte rechtsextremistische Szerie bekannt. Mit fr un lichen Grüßen • Markus Ulbi Seite 5 von 5 2016-12-09T10:14:31+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes