STAATSMINISTERIUM DES INNERN SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/7073 Thema: Erlass des Innenministeriums an die Waffenbehörden wegen der Zuverlässigkeit von Reichsbürgern Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „In der Sendung MDR SACHSENSPIEGEL vom 9. November 2016 wird wortwörtlich aus einem Erlass des Innenministeriums zitiert, in dem es um Anhänger der sog. Reichsbürgerbewegung und deren waffenrechtliche Zuverlässigkeit geht." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie lautet der gesamte Erlass? (Bitte beifügen.) Die bundesweit aufwallende Diskussion um das mit so genannten „Reichsbürgern " verbundene Gefährdungspotenzial und die Erforderlichkeit eines allen unteren Waffenbehörden gemeinsamen Bewertungsansatzes machte es aus Sicht des Staatsministeriums des Innern erforderlich, mit einem Erlass ein einheitliches Vorgehen sicherzustellen. Der Erlass an die Landesdirektion Sachsen ist unter Bezugnahme auf eine Dienstbesprechung mit der Landesdirektion Sachsen, Dienststelle Leipzig und den unteren Waffenbehörden im Freistaat Sachsen vom 17. August 2016 ergangen. In dieser Dienstbesprechung war von der unteren Waffenbehörde der Stadt Chemnitz berichtet worden, dass sogenannte „Reichsbürger " gegenüber Mitarbeitern der Stadt ein bedrohendes Verhalten an den Tag gelegt hätten. Aufgrund derartiger Vorfälle, sowie nach den tödlichen Schüssen auf einen Polizeibeamten im bayerischen Georgensgmünd wiederholte das sächsische Staatsministerium des Innern in dem Erlass den in der Dienstberatung erfolgten Hinweis, dass Anhänger der sogenannten Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 36-1053/4/44 Dresden, . Dezember 2016 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMIN1STERIUM DES INNERN 7377 ' Freistaat SACHSEN „Reichsbürgerbewegung" regelmäßig als waffenrechtlich unzuverlässig zu qualifizieren sind und wies darauf hin, dass Anträge auf waffenrechtliche Erlaubnisse daher in diesen Fällen abzulehnen und bei bereits erteilten waffenrechtlichen Erlaubnissen anlassbezogen zeitnah erneut in eine Zuverlässigkeitsprüfung einzutreten sei. Anlass sei die erklärte „Reichsbürgerzugehörigkeit". Die für den Erlass eines Waffenverbotes maßgebliche Gefahrenschwelle sei regelmäßig auch dann überschritten, wenn durch eine Vielzahl von Einzelfällen belegt sei, dass sich der Betreffende inadäquat aggressiv und drohend verhalte. Deshalb seien darüber hinaus gegen solcherart bekannt gewordene „Reichsbürger" Verbote für den Erwerb und Besitz erlaubnisfreier Waffen und Munition gemäß § 41 Abs. 1 Nummer 2 Waffengesetz sowie Verbote für den Erwerb und Besitz erlaubnispflichtiger Waffen gemäß § 41 Abs. 2 Waffengesetz zu prüfen. Als „Reichsbürger" im Sinne des Erlasses hätten jene Personen zu gelten, welche die rechtmäßige staatliche Existenz der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkennen und sich auf den Fortbestand des Deutschen Reiches stützen. Diese erkennen die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland für sich nicht als bindend an und sprechen den Repräsentanten des Staates — sei es gewählten Volksvertretern wie auch Vertretern der Exekutive — ihre Legitimation ab. Bei der sogenannten „Reichsbürgerbewegung " handelt es sich um keine einheitliche Struktur, vielmehr existieren eine Reihe unterschiedlicher Gruppierungen, aber auch eigenständig handelnde Einzelpersonen. Durch die Ablehnung der geltenden Rechtsordnung und damit auch des geltenden Waffengesetzes sowie der staatlichen Institutionen sei der vorgenannte Personenkreis — so der Erlass weiter — nach § 5 Abs. 1 Nummer 2 a) und 2 b) Waffengesetz regelmäßig waffenrechtlich unzuverlässig. Nach dieser Vorschrift fehlt es an der erforderlichen waffenrechtlichen Zuverlässigkeit, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Betroffenen Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden oder mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden. An die von § 5 Abs. 1 Nummer 2 Waffengesetz geforderte Tatsachenprognose dürften dabei keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Vielmehr habe sich die Prognose an dem Zweck des Gesetzes zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz zwangsläufig verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Ein stets sorgsamer und verantwortungsbewusster Umgang mit Waffen könne Personen nicht unterstellt werden, die die Rechtsordnung der Bundesrepublik nicht als für sich bindend anerkennen. Sie bieten keine Gewähr dafür, dass sie Waffen nur dergestalt und in den speziellen Einzelfällen nutzten, die ihnen die Rechtsordnung gestatte. Es bestünden insbesondere berechtigte Zweifel, ob sie die strengen gesetzlichen Aufbewahrungsvorschriften als Teil der geltenden Rechtsordnung , die sie ablehnen und für sich als nicht verbindlich betrachten, jederzeit und in jeder Hinsicht beachten. Daneben liege bei den „Reichsbürgern" ein Fall der waffenrechtlichen Regelunzuverlässigkeit des § 5 Abs. 2 Nummer 3 Waffengesetz vor, die einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind. Zwar muss dieses Vorgehen aktiv, ziel- und zweckgerichtet sein, jedoch nicht notwendigerweise aktiv -kämpferisch. Die Weigerung, die Existenz der Bundesrepublik als Staat sowie die Legitimität staatlicher Organe anzuerkennen , dürfte als aktives Vorgehen bewertet werden können, wo diese Ablehnung Seite 2 von 4 STAATSMIN1STERIUM DES INNERN e Freistaat mit entsprechendenentsprechenden Handlungen wie der Rückgabe staatsbürgerschaftlicher Urkunden, Konzessionen oder Ausweispapieren anderer Art und der Herstellung und Verwendung eigener fiktiver Ausweispapiere verbunden ist. Der extremistische Teil der „Reichsbürgerbewegung " sei Gegenstand der Beobachtung durch das Landesamt für Verfassungsschutz . Darüber hinaus wird mitgeteilt, dass das operative Abwehrzentrum zur Unterstützung eines bundesweiten Lagebildes zur „Reichsbürgerbewegung" um eine Erhebung aller im Freistaat polizeilich bekannt gewordenen Vorkommnisse möglichst seit 2012 gebeten worden ist. Alle im Zusammenhang mit der Sonderauswertung als einschlägige „Reichsbürger" erkannten Personen würden auf waffenrechtliche Erlaubnisse (und artverwandte, z. B. Jagd -oder sprengstoffrechtliche Erlaubnisse) geprüft und bei Bestehen einer waffenrechtlichen Erlaubnis in Form aufbereiteter Personendossiers den Waffenbehörden zugeleitet. Zur Beschleunigung der Sachwaltung wurden die Waffenbehörden gebeten, mit anderen Zuständigkeitsbereichen der jeweiligen Landratsämter und Kreisfreien Städte in einen geeigneten Informationsaustausch zu treten und unter Hinweis auf die zu prüfende Verhängung von VVaffenbesitzverboten um die Übermittlung von Personendaten einschlägiger Angehöriger der „Reichsbürgerbewegung" zu ersuchen. Schließlich wird unter Bezug auf die Dienstbesprechung vom August 2016 daran erinnert , über die in der Sitzung benannten Vorfälle mit „Reichsbürgern" bei den Waffenbehörden schriftlich über die Landesdirektion Sachsen zu berichten. Der Erlass endet mit der Bitte an die Landesdirektion um Sachstandsinformationen zu erfolgten Zuverlässigkeit . Soweit in der Fragestellung auf die Vorlage des Erlasses hingewirkt wird, so wird auf die Entscheidung des sächsischen Verfassungsgerichtshofs vom 19.07.2012, Az.: Vf. 102-1-11 verwiesen, wonach das Parlamentarische Fragerecht keinen Anspruch auf Aktenvorlage umfasst. Der Inhalt ist hier in der Antwort beschrieben. Frage 2: Wann wurde der Erlass welchen Behörden zugestellt? Das Sächsische Staatsministerium des Innern stellte den Erlass vom 1. November 2016 zu waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit von „Reichsbürgern" der Landesdirektion Sachsen am 1. November 2016 zu. Durch die Landesdirektion Sachsen wurde dieser Erlass den sächsischen Waffenbehörden in den Landkreisen und Kreisfreien Städten am 3. November 2016 übermittelt. Frage 3: Inwieweit wurde der Erlass mit welchem Ergebnis umgesetzt? Die Umsetzung des Erlasses erfolgte durch die Waffenbehörden des Freistaates Sachsen durch und seit dessen Bekanntgabe. Ergebnisse, respektive einen Sachstand zur Umsetzung, lassen sich aufgrund der kurzen Zeitdauer von sechs Arbeitstagen zwischen Bekanntgabe des Erlasses an die unteren Waffenbehörden und Fragestellung durch den Abgeordneten nicht aufzeigen. SAC1-ISEN Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Frage 4: Welche Erlasse ähnlicher Art sind in Bezug auf andere Personen /Personengruppen in den vergangenen zehn Jahren ergangen? (Bitte beifügen oder ggf. konkreten Wortlaut mitteilen.) Frage 5: Inwieweit wurden diese Erlasse mit welchen Ergebnissen umgesetzt? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 4 und 5: In den ''iergangenen zehn Jahren wurden keine Erlasse ähnlicher Art in Bezug auf andere / ersorjen/Personengruppen gegenüber den Waffenbehörden des Freistaates Sachten erfassen. Die Thematik war und ist allerdings Gegenstand der regelmäßig stattfi de cien Dienstbesprechungen mit den Waffenbehörden im Freistaat Sachsen. /Mit fr undlichen Grüßen d, `•:41 ( Markus Ulbig \ Freistaat SACHSEN Seite 4 von 4 2016-12-13T10:50:31+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes