STAATSMINISTERIUM I sF Freistaat DERrusÏz I w SACHSEN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUIV DER JUSTIZ Hosp¡talstraßê 7 | 01097 Drosden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernha rd-von-Lindena u-Platz I 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 617074 Thema: Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung krimineller Vereinigungen - Nachfrage zur Kleinen Anfrage DRS 6/6184 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt ,,Laut Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Andre Schollbach laufen in Sachsen derzeit sieben Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung krimineller Vereinigungen nach S 129 StgB." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welchen Phänomenbereichen sind die o.g. Ermittlungsverfahren zuzuordnen ? (bitte nach PMK rechts/ links/ Ausländer bzw. lF-rechts/ -links aufschlüsseln) Die in Rede stehenden Ermittlungsverfahren sind teilweise milZusatzattributen gekennzeichnet, teilweise erfolgte keine Kennzeichnung. Einer darüber hinausgehenden Beantwortung der Frage steht die gesetzliche Vorschrift des $ 477 Absatz 2 Satz 1 SIPO entgegen. Nach dieser Vorschrift sind Auskünfte aus Akten zu versagen, wenn der Übermittlung Zwecke des Strafuerfahrens entgegenstehen , Dies ist vorliegend der Fall. Seite I von 6 Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 (0)351 564-1500 Telefax +49 (0)351 564-1509 staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de. Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1 040E-KLR-543/1 5 Dresden, '12. Dezember 2016 $ilt Ël[ ilË WANNET HINTEE OITTERN 300 Jahtc Gtfänqnls 300Jahn såchs¡schc Wâldhe¡m Vollzugsqeschichtc Hausanschrift: Sächs¡sches Staatsminister¡um der Justiz Hospitalstraße 7 01097 Dresden Briefpost über Deutsche Post 01095 Dresden www.justiz.sachsen,de/smj Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3,6,7,8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hosp¡talstraße 7 'Zugang filr elektlonisch signierte sowie für verschlt¡sselte elektronische Dokument € nur t¡b€r das Elektronische Gerichts- und Verualtungspostfach; nåhêre Informationon unt€r w.egvp,de STAATSMINISTERIUM I sF Freistaat DERJUSTIZ I W SACHSEN Aufgrund der sehr geringen Anzahl der betroffenen Ermittlungsverfahren - eines der sieben Verfahren wurde bereits eingestellt - wären bereits nähere Auskünfte zur jeweiligen Anzahl der mit einem Zusatzattribut eingestuften Verfahren für sich genommen oder in der Zusammenschau mit weiteren lnformationsquellen dazu geeignet, dass einzelne Tatverdächtige gegebenenfalls Rückschlüsse auf den dezeitigen Ermittlungsstand ziehen und Beweismittel, die bislang noch nicht gesichert werden konnten, vernichten könnten. Die vollständige Beantwortung der Kleinen Anfrage würde insoweit den Erfolg der Ermittlungen gefährden oder vereiteln. Die aufgeführten Gründe der Nichtbeantwortung der Frage hindern auch an einer Beantwortung in einer nichtöffentlichen Sitzung des Landtages oder mit entsprechendem Geheimhaltungsvermerk. Staatsschutzsachen dieser Dimension bedürfen besonderer Zurückhaltung bei der Weitergabe von lnformationen. Auch bei einer unter solchen Umständen erfolgenden Bekanntgabe der Ergebnisse der bisherigen Ermittlungen ist im vorliegenden Fall nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass lnformationen zum Ermittlungsverfahren an Personen gelangen, die letztlich ihrerseits aus den veröffentlichten Bezügen und aus ihren sonstigen Kenntnissen auf Tatzusammenhänge sowie Beteiligte schließen können. Diesen könnte dadurch Gelegenheit gegeben werden, möglicherweise in Betracht kommenden Ermittlungsmaßnahmen durch Beweisvereitelung zuvorzukommen . Eine Abwägung der lnformationsinteressen der Fragestellerin mit dem lnteresse an der Geheimhaltung der Ermittlungsergebnisse geht derzeit zu Lasten der Abgeordneten. Das lnteresse der Abgeordneten an vollständiger lnformation ist ein hohes, durch Art. 51 Abs. 1 SächsVerf verfassungsrechtlich gewährleistetes Gut. Aber auch das staatliche lnteresse an einer wirkungsvollen Strafverfolgung ist ein hohes, aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleitetes verfassungsrechtliches Schutzgut. Bei vollständiger Beantwortung der Frage wäre der Schaden für die laufenden Ermittlungsverfahren womöglich irreparabel . Das lnformationsinteresse der Abgeordneten ist demgegenüber nicht vollständig zurückgedrängt. Seine Venvirklichung hat lediglich insoweit und so lange zurückzustehen , wie eine vollständige Beantwortung tatsächlich eine Gefährdung des Ermittlungserfolges zeitigen würde, so lange also, bis die Tatvonruürfe den Beschuldigten eröffnet werden. Seite 2 von 6 STAATSMINISTERìUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ÐñÉJll"Þlrlw Frage 2: Welche der o.g. Ermittlungsverfahren wurden mittlerweile eingestellt bzw. von der Verfolgung abgesehen? (bitte unter Erwähnung des Aktenzeichens, Zahl der Einstellungen und der Einstellungsgri¡nde je Betroffenem/r angeben) Mit Verfügung vom 26. Oktober 2016 wurde das gegen 14 Beschuldigte geführte Ermittlungsverfahren , Az.: 371 Js 9B/15 der Generalstaatsanwaltschaft, Abt. lll (INES-PMK) (nicht wie versehentlich im Antwortschreiben vom 14. September 2016 zur Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/6184 angefüh11:371 Js 92115), hinsichtlich aller Beschuldigten nach S 170 Absatz 2 SIPO eingestellt. Den Beschuldigten lag zur Last, sich zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Jahr 2012 in Leipzig zu einer Vereinigung zusammengeschlossen zu haben, deren Ziel es war, durch wiederholte körperliche Angriffe auf politisch ,,rechts" orientierte Personen im Raum Leipzig ,nazifreie Räume" zu schaffen. lm Ergebnis der Ermittlungen bestand kein hinreichender Verdacht für eine Strafbarkeit der Beschuldigten gemäß S 129 SIGB. Die Ermittlungsmaßnahmen hatten keine tatsächlichen Umstände ergeben, anhand derer mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Wahrscheinlichkeit eine Strafbarkeit der Beschuldigten gemäß S 129 SIGB nachgewiesen werden kann, Frage 3: Welche lnformationen und tatsächlichen Erkenntnisse führten im Fall der unter 2.) mitgeteilten Verfahren zu Ermittlungen wegen der Bildung von kriminellen Vereinigungen ? Ausgangspunkt des Ermittlungsverfahrens war ein bei der Staatsanwaltschaft Leipzig geführtes Strafverfahren gegen mehrere Beschuldigte (Az.: 637 Js 21505113). Diesen lag in jenem Verfahren zur Last, am20. April 2013 auf dem AGRA-Gelände in Leipzig anlässlich des,,lmpericon Festivals" (eine Musikveranstaltung ohne bestimmte politische Ausrichtung) mehrere von den Beschuldigten als ,,Rechte" eingestufte Besucher, nachdem diese des Geländes verwiesen worden waren, angegriffen und dabei geschlagen Seite 3 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN tmI MrrllMlw und getreten zu haben. Aufgrund der Erkenntnisse zu dem Vorgehen der Täter in jenem Ermittlungsverfahren ergaben sich Hinweise auf ein organisiertes Handeln. Die Prüfung weiterer - übenrviegend gegen Unbekannt geführter - Ermittlungsverfahren ergab ein ähnliches Vorgehen in anderen Fällen u. a. beiVeranstaltungen im,,Werk ll" in Leipzig. Hier war es dazu gekommen, dass Personen z. B. wegen ihrer Kleidung als ,,Nazis" eingestuft und ihnen der Zutritt venruehrt worden war. Auf dem Rückweg zu ihrem Pkw waren die Personen sodann von mehreren vermummten Unbekannten attackiert worden. Durch die Staatsanwaltschaft Dresden wurde zunächst ein Prüfvorgang und mit Verfügung vom 13. November 2013 schließlich ein Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung unter dem Aktenzeichen 214 Js 53957/13 eingeleitet. lm November 2015 wurde das Ermittlungsverfahren durch die Generalstaatsanwaltschaft Dresden, INES - Dezernate PMK, zur abschließenden Bearbeitung übernommen. Frage 4: Welche konkreten Maßnahmen nach dem 8. Buch der Strafprozessordnung wurden im Falle der in 2.) erwähnten Ermittlungsverfahren gegen wie viele Beschuldigte , wann, aus welchen Gründen und mit welchem Ergebnis angeordnet bzw. durchgeführt? Die Frage wird so ausgelegt, dass sie sich nicht auf Maßnahmen nach dem 8. Buch der Strafprozessordnung (Erteilung von Auskünften und Akteneinsicht), sondern auf solche nach dem 8. Abschnitt des 1, Buches (Beschlagnahme, Überwachung des Fernmeldeverkehrs u. a.) bezieht. Ausgehend davon wird die Frage wie folgt beantwortet: ln dem eingestellten Ermittlungsverfahren wurden jeweils nach Anordnung durch das Amtsgericht Dresden Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung nach $ 100a StPO, der Verkehrsdatenerhebung nach $ 100g SIPO, der technischen Ermittlung bei Mobilfunkendgeräten nach $ 100i SIPO und der Observation nach $ 163f SIPO realisiert . Seite 4 von 6 STAATSMINISTERIUM I W Freistaat DERJUSTIZ I W SACHSEN Das Amtsgericht Dresden hat in dem Ermittlungsverfahren im Zeitraum vom 6. Dezember 2013 bís zum 12. August 2014 insgesamt 26 Beschlüsse nach $ 100a SIPO (21 Erstanordnungen und fünf Verlängerungsanordnungen) erlassen, Maßnahmen der Üben¡rachung der Telekommunikation haben gegenüber neun Beschuldigten stattgefunden . Aufgrund von Beschlüssen des Amtsgerichts Dresden vom 11. Dezember 2013 und 28. Februar 2014 wurden hinsichtlich zweier Tathandlungen gemäß $ 1009 SIPO Funkzellendaten firr die jeweiligen Tatorte erhoben. Ein Abgleich, ob Rufnummern der Beschuldigten in diesen Funkzellen angefallen waren, hat keine Treffer ergeben. Ein weiterer Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 4. April 2014 nach $ 1009 StPO betraf eine Verkehrsdatenabfrage zu einem Router, welcher gemeinsam mit einer in der Simildenstraße in Leipzig zu Observationszwecken installierten Kamera (vgl. Drs.- Nr. 6/6300) entwendet wurde. Das Diebesgut wurde nicht aufgefunden. Um zu ermitteln, welche nicht bekannten Anschlüsse von einem der Beschuldigten genutzt werden, erließ das Amtsgericht Dresden am 22. Januar 2014 einen Beschluss nach $ 100¡ SIPO, welcher in der Folgezeit gegenüber dem Beschuldigten realisiert wurde. Schließlich erließ das Amtsgericht Dresden am 10. Januar 2014 bzw. am 11. Februar2014 gegen sieben der Beschuldigten Observationsbeschlüsse nach S 163f SIPO. Gegen vier der Beschuldigten wurden die Beschlüsse im Zeitraum zwischen dem 6. Februar 2014 und 18. Mai 2014 umgesetzt. Frage 5: Welche Erkenntnisse aus diesen Ermittlungsverfahren wurden bzw. werden für welche anderen Verfahren genutzt? Soweit sich aus einem Ermittlungsverfahren Hinweise auf andere Straftaten oder Ermittlungsverfahren ergeben, ist es ständige Praxis, diese Erkenntnisse und Hinweise nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften entsprechend zu nutzen. Ob und in welchem Umfang dies auch in Bezug auf das eingestellte Ermittlungsverfahren geschieht, kann Seite 5 von 6 STAATSMINISTERIUM I F Freistaat DERrusflz I W SACHSEN bereits aus ermittlungstaktischen Gründen nicht mitgeteilt werden, da bei Weitergabe solcher lnformationen der Ermittlungserfolg in anderen Verfahren gefährdet werden könnte. Der Beantwortung der Frage, welche Erkenntnisse für welche anderen Verfahren genutzt wurden bzw. werden, steht insoweit die gesetzliche Vorschrift des S 477 Absatz 2 Satz 1 StPO entgegen. Nach dieser Vorschrift sind Auskünfte aus Akten zu versagen, wenn der Übermittlung Zwecke des Strafverfahrens entgegenstehen. Dies ist vorliegend der Fall. Nähere Auskünfte zur Venryendung von Erkenntnissen in anderen Ermittlungsverfahren wären für sich genommen oder in der Zusammenschau mit weiteren lnformationsquellen dazu geeignet, dass einzelne Tatverdächtige gegebenenfalls Rückschlüsse auf den derzeitigen Ermittlungsstand ziehen und Beweismittel, die bislang noch nicht gesichert werden konnten, vernichten könnten. Die vollständige Beantwortung der Kleinen Anfrage würde insoweit den Erfolg der Ermittlungen gefährden oder vereiteln. Die aufgeführten Gründe der Nichtbeantwortung der Frage hindern auch hier wie bei Frage 1 eine Beantwortung der Anfrage in einer nichtöffentlichen Sitzung des Landtages oder mit entsprechendem Geheimhaltungsvermerk. Ebenso geht die Abwägung der lnformationsinteressen der Fragestellerin mit dem lnteresse an der Geheimhaltung der Ermittlungsergebnisse hier derzeit zu Lasten der Abgeordneten. Zur Begründung wird auf die Absätze 3 und 4 der Antwort zu Frage 1 Bezug genommen Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Seite 6 von 6 2016-12-13T17:54:56+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes