STAATSMINISTERIUM DES INNERN . L'.'- Freistaat ''' SACHSENi SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Sebastian Wippel, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/7134 Thema: Anzahl falscher Herkunftsangaben bei Flüchtlingen Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Asylsuchende gaben in den Jahren 2014, 2015 und 2016 eine falsche Herkunftsangabe an und wie hoch war deren Anteil prozentual ? Derartige Angaben werden bei der Landesdirektion Sachsen (LDS) weder statistisch erfasst noch lassen sich diese über die vorhandenen EDV- Programme auslesen. Ebenso führen die unteren Ausländerbehörden keine Statistiken darüber, in wieviel Fällen sich eine Herkunftsangabe als falsch erwiesen hat. Dies gilt unabhängig von der Auslegung der Begrifflichkeit „Herkunftsangabe ", welche lediglich die Nennung des Herkunftslandes oder aber auch weitere Herkunftsangaben betreffen kann. Von einer weitergehenden Beantwortung der Frage seitens der Staatsregierung wird abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) StAs-1053/6/11 Dresden, Dezember 2016 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN aiezT 7' 7 durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt ist. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen , was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann. Im vorliegenden Fall wäre durch eine vollständige Beantwortung der Frage die Arbeitsund Funktionsfähigkeit der Staatsregierung gefährdet, weil ca. 50.000 Asylbewerberakten der Jahre 2014 - 2016 händisch dahingehend ausgewertet werden müssten, ob im Laufe des jeweiligen Verfahrens „Herkunftsangaben" korrigiert worden sind. Bei einem Prüfaufwand von ca. 30 Minuten pro Akte ergibt sich ein Gesamtaufwand von ca. 25.000 Arbeitsstunden, d. h. von 3.125 Arbeitstagen. Die Staatsregierung kommt daher bei der vor zunehmenden Abwägung des parlamentarischen Fragerechts einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Zentralen Ausländerbehörde andererseits zu dem Ergebnis, dass auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts von einer Beantwortung der Frage aufgrund der Unverhältnismäßigkeit und Unzumutbarkeit abgesehen wird. Frage 2: Welche Möglichkeiten bestehen, die Herkunftsangaben von Asylsuchenden zu überprüfen? Die Angaben können unter anderem anhand von Datenbankenabgleichen (insbesondere aufgrund biometrischer Daten), mitgeführten Dokumenten bzw. sonstigen Unterlagen , durch detaillierte Befragungen bei der Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), durch Sprach- und Textanalysemethoden des BAMF sowie durch Vorstellungen bei der jeweiligen Botschaft im Rahmen einer etwa notwendigen Passbeschaffung überprüft werden. Frage 3: Welche Folgen haben falsche Herkunftsangaben bzw. sonstige absichtliche falsche Angaben für die Anerkennung von Asylbewerbern? Der Ausländer ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) verpflichtet, bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Er ist nach § 15 Abs. 2 Nrn. 1 und 4 AsylG insbesondere verpflichtet, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden die erforderlichen Angaben zu machen oder seinen Pass oder Passersatz vorzulegen, auszuhändigen oder zu überlassen. Auch hat er nach § 15 Abs. 2 Nr. 5 AsylG alle erforderlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, die in seinem Besitz sind, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen. Dazu gehören insbesondere alle Urkunden und Unterlagen, die neben dem Pass oder Passersatz für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit von Bedeutung sein können. Wenn der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert (vgl. § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) oder in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers offenkundig nicht den Tatsachen ent- Freistaat SAC1-I SEN Seite 2 von 4 STAATSMIN1STERIUM DES INNERN spricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird, ist ein Asylantrag nach § 30 Abs. 3 AsylG vom BAMF als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Die Anerkennung als Asylberechtigter oder Flüchtling ist zurückzunehmen, wenn sie aufgrund unrichtiger Angaben oder infolge Verschweigens wesentlicher Tatsachen erteilt worden ist und der Ausländer auch aus anderen Gründen nicht anerkannt werden kann (vgl. § 73 Abs. 2 AsylG). Nach § 73b Abs. 3 AsylG ist die Zuerkennung des subsidiären Schutzes zurückzunehmen, wenn der Ausländer von der Gewährung subsidiären Schutzes hätte ausgeschlossen werden müssen oder ausgeschlossen ist oder eine falsche Darstellung oder das Verschweigen von Tatsachen oder die Verwendung gefälschter Dokumente für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes ausschlaggebend war. Frage 4: Welche Straftatbestände wären erfüllt, wenn ein Asylbewerber eine falsche Herkunftsangabe im Asylverfahren macht und wurden bereits derartige Straftatbestände in den letzten drei Jahren abgeurteilt. Wenn ja mit welchen Ergebnissen (kumulativ)? Für das Tätigen falscher Herkunftsangaben durch Asylbewerber im Asylverfahren kommt eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung gemäß § 267 Strafgesetzbuch in Betracht, sofern ein Asylbewerber bei der Antragstellung nach den §§ 13, 14 AsylG oder bei seiner Anhörung durch das BAMF nach § 25 Abs. 1 AsylG eine falsche Herkunftsangabe macht, indem er einen ge- oder verfälschten Pass vorlegt. § 84 AsylG stellt nur das Verleiten zur missbräuchlichen Asylantragstellung unter Strafe , enthält jedoch keine Strafandrohung für das Erschleichen der Asylanerkennung durch den Asylbewerber selbst. Täter dieses Straftatbestandes kann nur ein Dritter sein. Der Gesetzgeber hat von der Schaffung einer Vorschrift, nach der unrichtige Angaben eines Asylbewerbers zur behaupteten Gefahr politischer Verfolgung strafrechtlich sanktioniert werden könnten, abgesehen, weil es ihm wichtiger erschien, die sogenannten Schlepper zu überführen. In einem gegen diese gerichteten Strafverfahren wegen Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung gemäß § 84 AsylG kann der Asylbewerber nicht die Auskunft nach § 55 Strafprozeßordnung (StPO) verweigern, weil er sich nicht selbst strafbar gemacht hat. Im Übrigen kann ein Asylbewerber wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 111 OWiG (Falsche Namensangabe) mit Geldbuße belegt werden, wenn er über seinen Vor-, Familien - oder Geburtsnamen, den Ort oder Tag seiner Geburt, seinen Familienstand, seinen Beruf, seinen Wohnort, seine Wohnung oder seine Staatsangehörigkeit eine unrichtige Angabe macht oder die Angabe verweigert. Von einer weitergehenden Beantwortung der Frage zu den Aburteilungen der letzten drei Jahre wird seitens der Staatsregierung abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch Freistaat SACHSEN Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt ist. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann. Im vorliegenden Fall wäre durch eine vollständige Beantwortung die Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Staatsregierung gefährdet, weil eine manuelle Durchsicht und individuelle Auswertung aller in Betracht kommenden Papierakten durchgeführt werden müsste. Die Anzahl allein der wegen Urkundenfälschung Verurteilten in Sachsen beträgt 961 (2013), 945 (2014) bzw. 934 (2015). Für die letzten drei Jahre müssten daher mindestens 1.940 Papierakten manuell durchgesehen und individuell ausgewertet werden , was im Hinblick auf die zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehende Zeit unverhältnismäßig ist. Zur Auswertung wären umfangreiche und zeitaufwändige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften und Gerichte erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und den staatsanwaltschaftlichen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, z. B. von Rechtsanwälten, Gerichten, Sachverständigen und Polizei, das Auswerten der Akten durch einen Staatsanwalt, die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses und die Rückgabe der Akten an die zuletzt aktenführende Stelle zu berücksichtigen. Der durchschnittliche Auswertungsaufwand ist mit mindestens dreißig Minuten je Verfahren anzusetzen. Danach würde ein rechnerischer Gesamtaufwand von ca. 970 Stunden Arbeitsstunden, d.h. von ca. 121 Arbeitstagen entstehen. Die Staatsregierung kommt daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Sta sregierung sowie der ihr nachgeordneten Ermittlungsbehörden andererseits z de Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des h en angs des parlamentarischen Fragerechts insoweit unverhältnismäßig und ohne /rhqbliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Staatsanwaltschaftbn rjicht zu leisten ist. Mit freundlichen Grüßen M us Ulbig Seite 4 von 4 2016-12-22T09:30:27+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes