STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UNO LANDWIRTSCHAFT Postfach 100510 | 01076Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther, Fraktion BUNDNIS 90/DlE GRUNEN Drs.-Nr.: 617174 Thema: Milchtankstellen im Freistaat Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Als Milchtankstelle werden Vorrichtungen bezeichnet, an denen Verbraucherinnen und Verbraucher direkt vom Erzeuger Roh- und/oder pasteurisierte Milch kaufen können. Diese Art der Direktvermarktung erzielt zumeist einen höheren Literpreis und kann eine interessante Diversifizierung der Einkommensquellen für die Landwirtinnen und Landwirte bedeuten . Aufgrund verschiedenster rechtlicher Vorschriften wird dieser Direktabsatz erschwert." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage l: Welche rechtlichen Vorgaben und Verfahren müssen Bauern und Bäuerinnen berücksichtigen, um eine Milchtankstelle für pasteurisierte und/oder Rohmilch genehmigt zu bekommen ? Für die Abgabe von Rohmilch beziehungsweise pasteurisierter Milch aus M ilchtankstel len gelten unterschiedliche Anforderungen : 1. Abgabe von Rohmilch über Rohmilchtankstellen Rohmilch ist ein Erzeugnis der landwirtschaftlichen Primärproduktion. Für das Gewinnen von Rohmilch gelten grundsätzlich die Hygieneanforderungen der Verordnung (EG) Nr. 852/2004, insbesondere Anhang I und der Verordnung (EG) Nr. 85312004, welche die Kriterien für Rohmilcherzeugung und -kontrolle sowie für das lnverkehrbringen definiert. Die Abgabe von Rohmilch an den Endverbraucher wird national durch die ,,Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und lnverkehrbringen von bestimmten Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Tierische Lebensmittel-Hygieneverordnung - Tier-LMHV)", Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564-2000 Telefax +49 351 564-2009 poststelle@ smul. sachsen.de* lhr Zeichen lhre Nachricht vom 29. November 201 6 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) z-1050t1t725 Dresden, J3 ./J " l,Þ,t6 s¡mu[+ (\ r.f,(e(o$(o o(\¡ DhU!ûifr&&¡S&b srehLtdGô.Udludffiññ Hausanschr¡ft: Sächs¡sches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft Archivstraße 1 01097 Dresden www.smul.sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6,7, 8, 13 Filr Besucher m¡t Behinderungen befinden sich gekennzeichnele Parkplätze am K0nigsufer. Für alle Besucherparkplätze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden. " Kein Zugang für elektronisch s¡gn¡erte sowie fur verschlüsselte elektron¡sche DokumenteSeite 1 von 4 STAATSMINISTERìUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 geregelt. Generell ist es entsprechend $ 17 Abs. 1 Tier-LMHV verboten, Rohmilch oder Rohrahm an Verbraucher abzugeben. Davon abweichend darf Rohmilch von Milcherzeug u ngsbetrieben un m ittelbar an Verbraucher abgegeben werden, wenn a) die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgt, b) die Rohmilch im eigenen Betrieb gewonnen und behandelt worden ist, c) die Rohmilch am Tag der Abgabe oder am Tag zuvor gewonnen worden ist, d) an der Abgabestelle gut sichtbar und lesbar der Hinweis ,,Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen" angebracht ist und e) die Abgabe von Rohmilch zuvor der zuständigen Behörde angezeigt worden ist. Dabei ist es unerheblich, ob die Abgabe der Rohmilch direkt aus dem Milchtank in ein Transportgefäß erfolgt oder tiber eine Rohmilchtankstelle beziehungsweise einen Rohmilchautomaten gezapft wird. Weiterhin ist Anlage 2 der Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) zu beachten. Dort sind entsprechende Anforderungen an Personal- und Bauhygiene aufgeführt, die bei der Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen zu erfüllen sind, um eine nachteilige Beeinflussung von Primärerzeugnissen zu verhindern. Für die Abgabe von Rohmilch aus dem Milchsammeltank und aus Rohmilchtankstellen gilt, dass diese sich in engem räumlichen Zusammenhang mit dem Ort der Milcherzeugung befinden müssen (Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden Württemberg vom 16. Juni 2014, Az.9 S 1273113). Zudem sind bei Aufstellung und Betrieb einer Rohmilchtankstelle gemäß Anlage 2 LMHV bestimmte Anforderungen durch den Lebensmittelunternehmer zu erfullen, die eine Projektgruppe der ,,Arbeitsgruppe Fleisch- und Geflügelfleischhygiene und fachspezifische Fragen von Lebensmitteln tierischer Herkunft (AFFL)" in einem Merkblatt konkretisiert und zusammengefasst hat (siehe Anlage). 2. Abgabe von pasteurisierter Milch über Milchtankstellen Pasteurisierte Milch entsteht durch Wärmebehandlung von Rohmilch. Pasteurisierte Milch ist somit im Gegensalz zu Rohmilch ein Verarbeitungsprodukt, für das - anders als für Rohmilch - weitere Anforderungen an die Herstellung und das lnverkehrbringen gelten. So dürfen Betriebe, die Erzeugnisse tierischen Ursprungs behandeln, für die die Anforderungen in Anhang lll der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 festgelegt sind (hier eben die Wärmebehandlung von Rohmilch), vom Grundsatz her erst nach Zulassung durch die zuständige Behörde ihre Tätigkeit aufnehmen. Allerdings sind von diesem Grundsatz auch Ausnahmen für im Rahmen des Einzelhandels in beschränktem Umfang tätige Betriebe möglich, die dann nur registriert sein müssen. Die gesamten Ausnahmeregelungen sind in Artikel 1 Abs. 5 der bereits genannten Verordnung (EG) Nr. 853/2004 aufgeführt. Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUNI FÜR UMWELT UND TANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Letztlich entscheidet sich immer anhand des Einzelfalles vor Ort, welche konkreten rechtlichen Vorgaben der Betrieb zu erfüllen hat. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass es außer der Veruvaltungsmaßnahme ,,Zulassung" keine Unterschiede im Hinblick auf lebensmittelhygienerechtliche Anforderungen bei Bau- und Personalhygiene gibt. Unterschiede gibt es lediglich beim Produktionsumfang und den Möglichkeiten, die bearbeitete Milch, beispielsweise auch mit einem Automaten, an anderen Orten als demjenigen der Milcherzeugung (zum Beispiel Vorkassenzone Supermarkt) in Verkehr zu bringen. ln Bezug auf die technische Ausrustung der Milchtankstellen wird unabhängig vomjeweiligen Einsatzzweck darauf hingewiesen, dass die grundsätzlichen hygienischen Anforderungen nach S 3 LMHV bei der Abgabe pasteurisierter Milch über Automaten nur durch die Veruvendung von speziell für diese Abgabeform konzipierten Geräte erfüllt werden können. Bei der Verwendung von Automaten, die demgegenüber für die Abgabe von Rohmilch ab Hof konzipiert sind, bestehen bei einigen Geräten Bedenken, insbesondere aufgrund des nach oben offenen Vorratstanks innerhalb des Automaten und der festen Verbindungen von Milchleitungen und Automat. Frage 2: Wo wurden in den Jahren 2014 bis 2016 Milchtankstellen jeweils beantragt , genehmigt und baulich umgesetzt und handelt es sich um Automaten mit pasteurisierter und/oder Rohmilch? (Aufschlüsselung bitte nach Landkreisen) Frage 3: Durch welche Betriebe und Betriebsformen werden die Milchtankstellen jeweils betrieben (2.8. einzelne Landwirtschaftsbetriebe, Genossenschaft, GmbH, etc.)? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 2 und 3: Die Antworten auf die Fragen 2 und 3 können folgender Tabelle entnommen werden Landkreis Rohmilchautomaten gem. Frage 2 Betriebskategorie gem. Frage 3 Automaten für pasteurisierte Milch gem. Frage 2 Meißen 3 einzelne Landwirtschaftsbetriebe 0 Sächsische Schweiz- Osterzgebirge 3 3 einzelne Landwirtschaftsbetriebe Genossenschaften 0 Erzgebirgskreis 1 GbR 0 2 GmbH 2 einzelne Landwirtschaftsbetriebe Chemnitz 1 ei nzelne Landwirtschaftsbetriebe 0 Vogtlandkreis 1 einzelne Landwirtschaftsbetriebe 0 Zwickau 2 einzelne Landwirtschaftsbetriebe 0 I Genossenschaften 0 Dresden 0 0 Seite 3 von 4 STAATSMINìSTERIUNI FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Landkreis Rohmilchautomaten gem. Frage 2 Betriebskategorie gem. Frage 3 Automaten für pasteurisierte Milch gem. Frage 2 LK Leipzig 1 1 GmbH Genossenschaften 0 Mittelsachsen 1 einzelne Landwirtschaftsbetriebe 0 1 GbR 1 Genossenschaften 1 einzelne Landwirtschaftsbetriebe (seit 2010 in Betrieb) Leipzig 2 Genossenschaften 0 Nordsachsen 1 GmbH 0 2 Genossenschaften Görlitz 2 einzelne Landwi rtschaftsbetriebe 0 Bautzen 1 Genossenschaften 0 1 einzelne Landwirtschaftsbetriebe 0 Frage 4: Wie viel wird in Sachsen im Jahr als Rohmilch verkauft, wie viel wird derzeit über Milchtankstellen vertrieben? (Etwa-Angaben sind ausreichend ) Der Staatsregierung liegen keine statistischen Angaben zur Menge der über Milchtankstellen verkauften Rohmilch im Freistaat Sachsen vor. Frage 5: Welche Fördermöglichkeiten stehen den Bäuerinnen und Bauern ¡m Freistaat Sachsen zur Verfügung, um ihre Roh- und/oder pasteur¡- sierte Milch über Milchtankstellen direkt zu vertreiben? lm Rahmen der Richtlinie Landwirtschaft, lnnovation, Wissenstransfer (L1W2014) besteht die Möglichkeit einer Förderung für die Errichtung von Milchtankstellen nach Nr. B. ll. 1.1.3,,lnvestitionen fur die Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten". Umfassende lnformationen zur Förderrichtlinie sind im lnternet unter www. sm ul. sachsen. de/foerderu no/3526. htm ersichtlich. Mit freundlichen Grüßen Thomas Schmidt Anlage: 1 Seite 4 von 4 Merkblatt Aufstellung und Betrieb von Rohmilchausgabeautomaten Dieses Merkblatt gibt Empfehlungen für die Aufstellung von und den hygienisch einwandfreien Umgang mit Rohmilchausgabeautomaten. Grundsätzlich gilt, dass die Anleitungen der jeweiligen Hersteller zur Aufstellung, Bedienung, Reinigung und Desinfektion sowie Wartung eingehalten werden müssen. Die Abgabe von Rohmilch gemäß $ l7 Tier-LMHV ist der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde anzuzeigen. Darüber hinaus sind alle dort genannten Anforderungen zu erfüllen. Es wird empfohlen, vor der Anschaffung und Aufstellung eines Rohmilchausgabeautomaten Details, wie Aufstellort und Betrieb, mit den zuständigen Behörden bezüglich Hygiene und Baurecht zu klären. Bei Abgabe von Rohmilch muss an der Abgabestelle gut sichtbar und lesbar ein Hinweisschild ,,Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen" angebracht sein ($17 (4) Tier LMHV). Vermeiden Sie zu lhrer eigenen rechtlichen Absicherung alles, was Verbraucher verleiten könnte, die Rohmilch unerhitzt zu vezehren (2. B. Bereitstellen von Trinkbechern, Trinkhalmen , entsprechende Werbeaussagen). Wer folgende Punkte beachtet, sorgt für einen hygienischen Betrieb seines Rohmilchautomaten : Aufstellungsort Schutz vor unbefugtem Zugriff und Möglichkeit der Überuachung (2.8. Videoüberwachung oder direkter Sichtkontakt). Vermeidung schädlicher Umwelteinflüsse, wie z.B. Erwärmung durch Sonneneinstrahlung , Staubeintrag, Verschmutzung durch Tiere und Ungeziefer. Zu diesem Zweck empfiehlt sich für Anlagen mit offenem Milchabfüllbereich (Tülle) eine vollständige Einhausung. ! 2l r) 3) a 3 Ausstattung ¡ Alle mit Milch in Berührung kommenden Anlagenteile bestehen aus leicht zu reinigenden und zu desinfizierenden Materialien. Die Anforderungen sind erfüllt, wenn die Anlage den Anforderungen der Ql[,l,,Ë,,N.'1Ç7?.Tqil,1 Vnd ? entspricht. r Alle nicht im Durchlaufverfahren zu reinigenden Anlagenteile sind für Reinigungszwecke leicht zu demontieren. r Der Automat verfügt über eine Einrichtung, die eine Aufrahmung verhindert (2.8. Rührwerk ). r Der Automat stellt eine Kühlhaltung der Milch in allen produktfùihrenden Anlagenteilen, auch bei ungünstigen Temperaturen, sicher. r Die aktuelle Kühltemperatur ist außen am Automaten gut sichtbar. r Sofern leere Flaschen angeboten werden, werden diese in hygienisch einwandfreiem Zustand bereitgestellt. Betrieb r Vorhandene Restmilch, die nicht am Tage der Abgabe oder am Tag zuvor gewonnen wurde, darf nicht mahr als Lebensmittelabgegeben werden. Bei der Befüllung des Milchausgabeautomaten wird auf einen hygienisch einwandfreien Transport aus dem Milchlagertank geachtet. Bei der Befüllung und Reinigung der Anla- ge wird geeignete saubere Arbeitskleidung getragen, Die Personalhygiene wird beachtet . r Der Automat sollte alle 12 Stunden gemäß den Angaben der Hersteller gründlich gereinigt und desinfiziert werden. Diese Reinigung und Desinfektion erfolgt jedoch mindestens täglich und nach längeren Betriebspausen. r Bei der Reinigung und Desinfektion werden geeignete, möglichst die vom Hersteller des Milchausgabeautomaten empfohlenen Reinigungs- und Desinfektionsmittel entsprechend den Anwe ndu ngsvorsch riften des Herstellers verwendet. r Die Wasserspüleinrichtung für die Auslauftülle wird regelmäßig -mindestens jedoch einmal pro Woche - den Herstellerangaben entsprechend gereinigt und desinfiziert. r Da Ausgabeautomaten i. d. R. nicht zur aktiven Kühlung vorgesehen sind, ist die Milch vor dem Umfüllen in den Automaten im Milchtank auf eine geeignete Temperatur vorzukrihlen und im Automaten auf diesem Temperaturniveau zu halten. Als geeignete Temperatur wird 6"C angesehen. Die Milchtemperatur im Vorratstank und am Auslauf wird mindestens täglich mit einem geeigneten Thermometer überprüft . 4't Wartung Die Wartung wird gemäß den Herstellerangaben durchgeführt und dokumentiert. Die Bedienungsanleitung des Herstellers wird aufbewahrt und ist jedezeit verfügbar 5) Eigenkontrolle Die Eigenkontrollen hinsichtlich Beschickung, Temperaturüberwachung und Reinigung und Desinfektion werden in geeignetem Umfang dokumentiert und sind der Behörde auf Verlangen vorzulegen. Ansprechpartner: Weitere lnformationen erhalten Sie bei der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde. Stand 20.10.2016 Das Merkblatt wurde von einer länderübergreifenden Projektgruppe auf der Grundlage eines Merkblattes des Niedersächsischen Landesamtes ftir Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) erstellt. Die Ausführungen des Merkblattes erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Einschlägige Rechtsgrundlagen bleiben unberührt. 2016-12-23T12:43:51+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes