STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 10 1 01 097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Kathrin Kagelmann, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/7189 Thema: Vogelgrippe in Sachsen -Anordnung landesweiter Aufstallung Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "Der Fund einer toten Wildente Anfang November am Cospudener See bei Leipzig, die am Virus H5N8 gestorben sein soll und der Risikoeinschätzung durch das Friedrich-Löffler-lnstitut hat zur Anordnung einer landesweiten Aufstallung von Nutzgeflügel in Sachsen durch das Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz geführt." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Lt. Geflügelpestverordnung, § 55 - Verdacht auf Geflügelpest, Abs 1. ist bei amtlich festgestelltem Verdacht auf Geflügelpest bei einem Wildvogel das Gebiet um den Fundort mit einem Radius von drei Kilometern als Sperrbezirk und 10 Kilometern als Beobachtungsgebiet festzulegen. Warum wurde in Sachsen nach dem Fund einer infizierten Wildente eine landesweite Aufstallung angeordnet? Gemäß § 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 der Geflügelpest- Verordnung und § 4 Absatz 2 Viehverkehrsverordnung (ViehVerkV) wurde zur Vermeidung des Eintrages der Geflügelpest in Geflügelbestände durch Wildvögel eine Allgemeinverfügung durch die Landesdirektion Sachsen erlassen . § 13 Geflügelpest-Verordnung besagt, daß die zuständige Behörde eine Aufstallung des Geflügels in geschlossenen Ställen oder unter einer Vorrichtung , die aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten dichten Abdeckung und mit einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenbegrenzung bestehen muss (Schutzvorrichtung) anordnen kann, soweit dies auf der Grundlage einer Risikobewertung nach Maßgabe des Absatzes 2 zur Vermeidung der Einschleppung oder Verschleppung der Geflügelpest durch Wildvögel erforderlich ist. Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin Durchwahl Telefon +49 351 564-5601 Telefax +49 351 564-5791 IhrZeichen Ihre Nachricht vom 29.11.2016 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 24-0141.51-16/1007 2{ Dezember 2016 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 10 01097 Dresden www.sms.sachsen.de STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ Der Absatz 2 geht näher auf die Punkte der Risikobewertung ein: "Der Risikobewertung nach Absatz 1 sind zu Grunde zu legen: ~ ...... Freistaat ~......., SACHSEN 1. die örtlichen Gegebenheiten einschließlich der Nähe des Bestands zu einem Gebiet, in dem sich wildlebende Wat- und Wasservögel sammeln, insbesondere einem Feuchtbiotop, einem See, einem Fluss oder einem Küstengewässer, an dem die genannten Vögel rasten oder brüten, 2. das sonstige Vorkommen oder Verhalten von Wildvögeln oder 3. der Verdacht auf Geflügelpest oder der Ausbruch der Geflügelpest in einem Kreis, der an einen Kreis angrenzt, in dem eine Anordnung nach Absatz 1 getroffen werden soll. Der Risikobewertung können weitere Tatsachen zu Grunde gelegt werden, soweit dies für eine hinreichende Abschätzung der Gefährdungslage erforderlich ist." ln der Allgemeinverfügung ist unter den Gründen für die Maßnahme zu lesen: "Am 12. November 2016 wurde in amtlichen Proben verendeter Wildvögel im Landkreis Leipzig das Virus der hochpathogenen aviären Influenza (Geflügelpest) des Subtyps H5N8 durch das nationale Referenzlabor nachgewiesen. Es wurden ein Sperrbezirk von 3 km Radius und ein Beobachtungsgebiet mit Radius von 10 km um den Fundort eingerichtet. Weitere Verdachtsfälle werden untersucht. Geflügelpest des Subtyps H5N8 wurde ebenfalls bei verendeten Wildvögeln an mehreren Fundorten in mehreren anderen Bundesländern (derzeit Schleswig-Holstein, Baden -Württemberg und Mackienburg - Vorpommern) nachgewiesen. Auch aus den anliegenden Mitgliedstaaten Polen, Schweiz und Österreich sowie Ungarn und Kroatien liegen aktuell entsprechende Befunde vor. Nach Mitteilung des Friedrich-Loeffler-lnstituts (FLI) wurden diese Viren vorher bereits bei Hausgeflügel (Puten) in Ungarn sowie wilden Wasservögeln in Ungarn (Höckerschwan ), in Kroatien und in Polen (Möwe, Ente) nahe der Grenze zu Mecklenburg- Vorpommern nachgewiesen. Aktuell hat der Eintrag an zwei Standorten in die Nutzgeflügelhaltung in Schleswig-Holstein bereits stattgefunden. Mit dem Nachweis von hochpathogenem aviären Influenzvirus H5N8 in mehreren Wildvögeln ist belegt, dass das Virus in der Wildvogelpopulation vorhanden ist. Eine weitere Verbreitung durch Wildvögel insbesondere auch durch aasfressende sowie infizierte aber nicht erkrankte Wildvögel , auch über Kreisgrenzen hinaus, ist sehr wahrscheinlich. Es ist zu befürchten, dass es durch infizierte Wildvögel zu einer Einschleppung in die Geflügelbestände des Freistaates Sachsen kommt, da es sich bei diesem Erreger um einen hochansteckenden Typ handelt. Das Friedrich-Loeffler-lnstitut (FLI) hat in seinen Risikobewertungen, letztmalig vom 9. November 2016, zur Einschleppung sowie des Auftretens von hochgradig hochpathogenem aviären Influenzavirus in Hausgeflügelbestände das grundsätzliche Risiko der Einschleppung hochpathogener Influenzaviren über infizierte Wildvögel bestätigt. Bei Freilandhaltungen ist das Expositionsrisiko deutlich höher als bei Betrieben mit Stallhaltung. Nach einem Eintrag in einen Bestand sind die Folgen für den betroffenen Betrieb (Tötung aller Tiere) immens." Seite 2 von 4 STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOllALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Die weitere Entwicklung des Tierseuchengeschehens rechtfertigt dieses Vorgehen. Inzwischen sind, laut Friedrich-Loeffler-lnstitut, in Deutschland 13 Bundesländer betroffen , Ausbrüche aus dem Ausland wurden u.a. gemeldet aus Ungarn, Polen, Schweiz, Österreich, Kroatien, Dänemark, Niederlande, Schweden, Finnland, Frankreich, Rumänien , Ukraine, Iran, Tunesien, Israel und Ägypten (Quelle: FLI, Risikoeinschätzung zu HPAI H5N8; Stand 02.12.2016). Frage 2: Welche Empfehlung zum Umgang nach dem Fund einer infizierten Wildente am Cospudener See bei Leipzig hat das Friedrich-Löffler-lnstitut dem SMS gegeben? Das FLI hat seine Risikoeinschätzungen jeweils den neuen Daten angepasst publiziert. ln dieser Risikoeinschätzung (letzter Stand 02.12.2016 zum heutigen Datum 13.12.2016) werden Empfehlungen an alle Länder herausgegeben, z.B. "Vogel- Ausstellungen jeder Art sollten bis auf Weiteres unterbleiben" oder auch "Vermeidung des direkten Kontakts von Personen und Haustieren zu toten oder kranken Wildvögeln ". Zusätzlich zu diesen schriftlichen Empfehlungen gab es mehrere Telefonkonferenzen der Länder, des Bundes und auch des Friedrich-Loeffler-lnstitutes in denen das weitere Vorgehen besprochen und ggfs. abgestimmt wurde. Frage 3: Unter welchen Umständen können Nutzgeflügelhalter Ausnahmen lt. Geflügelpestverordnung, § 13- Haltung von Geflügel, Abs. 3 von der allgemeinen Pflicht zur Aufstallung beantragen? Nach der Geflügelpestverordnung § 13 Absatz 3 kann die zuständige Behörde, in diesem Fall das Lebensmittel- und Veterinäramt, Ausnahmen von Absatz 1 genehmigen, soweit 1. eine Aufstallung wegen der bestehenden Haltungsverhältnisse nicht möglich ist, 2. sichergestellt ist, dass der Kontakt zu Wildvögeln auf andere Weise wirksam unterbunden wird , und 3. sonstige Belange der Tierseuchenbekämpfung nicht entgegenstehen . Frage 4: Für welchen Zeitraum ist die Anordnung zur landesweiten Aufstallung von Nutzgeflügel vom 14.11.2016 in Sachsen geplant und wie ist der Zeitraum begründet? Die Allgemeinverfügung wird wieder aufgehoben, wenn die seuchenrechtlichen Voraussetzungen für diese nicht mehr gegeben sind. Das geschieht selbstverständlich nur nach sorgfältiger Prüfung und Abwägung der Risikoelemente. Frage 5: Wie vereinbart sich die Anordnung nach landesweiter Aufstallung von Nutzgeflügel im Freistaat Sachsen mit den Anforderungen des Tierschutzes nach tiergerechter Haltung von Nutztieren? · Die Allgemeinverfügung widerspricht nicht dem Tierschutzrecht, denn "Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen." (§ 1 TierSchG). Auch aus diesem Grund wurde die Allgemeinverfügung erlassen, denn sie schützt das Leben der gefährdeten Tiere. Gleichwohl ist es die Aufgabe des Tierhalters, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen zu ernähren, pflegen und verhaltensge- Seite 3 von 4 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM fÜR SOZlALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ recht unterzubringen (§ 2 TierSchG). Zu entscheiden, ob dies während des Seuchengeschehens für einen befristeten Zeitraum in geschlossenen Ställen bzw. außerhalb unter einer Schutzvorrichtung geschieht, ist Aufgabe des Tierhalters. Mit freundlichen Grüßen ~'~~ Seite4 von 4 Freistaat SACHSEN 2016-12-29T09:15:48+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes