STAATSMINISTERIUM DES INNERN SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Falk Neubert, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/7267 Thema: Einschränkungen im Umgang mit Unterlagen für öffentliche Sitzungen in der Stadt Freiberg und im Landkreis Mittelsachsen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Es ist Praxis, dass Unterlagen für öffentliche Sitzungen in Gemeinde-/ Stadträten und Kreistagen bereits im Vorfeld veröffentlicht werden und selbstverständlich Teil öffentlicher Diskussionen sind. Ausgenommen davon sind lediglich Sachverhalte, in welchen das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner entgegenstehen (§ 36 Abs. 3 SächsGem0, § 32 Abs. 3 SächsLKr0). In der Geschäftsordnung des Stadtrates der Stadt Freiberg wird diese Regelung durch folgenden Satz eingeschränkt: „Beratungsunterlagen dürfen ohne Zustimmung des Oberbürgermeisters nicht an Dritte weitergegeben werden. (§ 7 Abs. 3 GO). Aktuell gibt es eine einstweilige Anordnung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts , in welcher das OVG mit einer ziemlich gewöhnungsbedürftigen Argumentation zu dem Ergebnis kommt, dass alle Unterlagen für öffentliche Sitzungen der Stadt Freiberg in jedem Fall nichtöffentlich — also geheim — seien. Begründet wird das damit, dass die ,beigefügten Unterlagen in erster Linie infolge der Pflicht des Bürgermeisters beigefügt werden, die entsprechenden Sitzungen der einzelnen Gremien sachgerecht vorzubereiten. Der Senat teilt auch die Auffassung des Antragstellers [Stadt Freiberg], dass es sich bei den Sitzungsunterlagen um rein interne Papiere der Verwaltung handelt und die Befugnis eines Stadtrats zur Überzeugungsbildung nicht so weit reicht, dass die Antragsgegnerin [eine Freiberger Stadträtin] sämtliche verwaltungsinterne Schriftstücke und damit die Sitzungsunterlagen komplett veröffentlichen kann. Der Zweck der Sitzungsunterlagen besteht allein in der Verwendung innerhalb des Stadtrats [...] Die Unterlagen dienen der Unterrichtung innerhalb des Stadtrats und der Vorbereitung von Abstimmungen im Stadtrat.' (Entscheidung OVG vom 8. Juli 2016: 4 B 366/15). Wenn man dieser sehr restriktiven Ar- Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 22-1053/7/12 Dresden, IU . Dezember 2016 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN gumentation des OVG folgt, dann müssten Begründungen bzw. inhaltlich vertiefende Anlagen von Beschlussvorlagen nicht nur im Vorfeld der öffentlichen Sitzungen , sondern auch nach der Beschlussfassung dieser Vorlagen der Geheimhaltung unterliegen. Auf Betreiben des mittelsächsischen Landrates wurde nun eine neue Geschäftsordnung für den Kreistag Mittelsachsen beschlossen. In einer Mischung zwischen der Einführung eines willkommenen Instruments der Unterdrückung von Diskussionen im Vorfeld von politischen Entscheidungen und in einem Akt vorauseilenden Gehorsams wurden darin ebenfalls die Regelungen der Landkreisordnung für den Freistaat Sachsen eingeschränkt und in absurder Weise alle Unterlagen für öffentliche Sitzungen als geheim eingestuft." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Inwieweit ist die in der Geschäftsordnung des Stadtrates der Stadt Freiberg vorgenommene Einschränkung im Umgang mit Unterlagen für öffentliche Sitzungen zulässig? Frage 2: Wenn zulässig: Aus welchen Gründen? Frage 3: Inwieweit ist die in der neuen Geschäftsordnung für den Kreistag des Landkreises Mittelsachsen vorgenommene Einschränkung im Umgang mit Unterlagen für öffentliche Sitzungen zulässig? Frage 4: Wenn zulässig: Aus welchen Gründen? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 4: Von einer Beantwortung der Fragen wird abgesehen, da diese auf eine Bewertung gerichtet sind. Zu der Abgabe einer Bewertung ist die Staatsregierung indes nicht verpflichtet . Gemäß Art. 50 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) ist die Staatsregierung verpflichtet, über ihre Tätigkeit den Landtag insoweit zu informieren, als dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Dieser Informationspflicht der Staatsregierung nach Art. 50 SächsVerf entspricht das Frage- und Auskunftsrecht der Abgeordneten gegenüber der Staatsregierung nach Art. 51 SächsVerf. Das Fragerecht kann jedoch nicht dazu dienen, die Staatsregierung zu einer Bewertung anzuhalten, die der Abgeordnete für geboten hält, sondern nur dazu, dem Abgeordneten Informationen zu verschaffen (SächsVerfGH, Urteil vom 22. April 2004. Vf.44-1-03). Die Staatsregierung hat nicht die Pflicht, aus Anlass einer Kleinen Anfrage in Bezug auf einen vorgetragenen Fall in eine Rechtsprüfung einzutreten oder sich eine (Rechts -)Meinung zu einer Gerichtsentscheidung zu bilden. Freistaat SACHSEN Seite 2 von 3 STAATSMIN1STERIUM DES INNERN Freistaat SACH SEN Es ist darüber hinaus nicht Aufgabe der Staatsregierung, sondern den Gerichten vorbehalten , letztverbindlich Gesetze auszulegen. Ausweislich der Vorbemerkung sind die vom Fragesteller aufgeworfenen Rechtsfragen bereits im Rahmen des beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht anhängigen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens beantwortet worden (vgl. Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 8. Juli 2016, Az. 4 B 366/15). Es ist nicht Aufgabe der Staatsregierung, Gerichtsentscheidungen zu kommentieren. Frage 5: Für den Fall, dass die einstweilige Anordnung in der Hauptsacheentscheidung zum gleichen Ergebnis kommen sollte: Welche gesetzgeberischen Initiativen würde die Staatsregierung ergreifen, um die gelebte Praxis im Umgang mit Unterlagen für öffentliche Sitzungen weiter zu ermöglichen? Von einer Beantwortung wird abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen kann die Staatsregierung die Beantwortung von Fragen ablehnen , wenn diese den „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung" berühren. Die Frage berührt den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, weil Gegenstand der Fragestellung mögliche gesetzgeberische Initiativen der Staatsregierung sind. Auch eine Abwägung zwischen dem verfassungsrechtlich geschützten Interesse des Abgeordneten an der Beantwortung seiner Frage und dem ebenfalls verfassungsrechtlich garantierten Kernbereichsschutz ergibt nicht, dass die Frage zu beantworten ist. Denn mit der vorliegenden Frage soll der Prozess der Willensbildung innerhalb der Staatsregierung für den Fall ausgeforscht werden, dass das Sächsische Oberverwaltungsgericht in einem konkreten Rechtsstreit in einem bestimmten Sinne entscheidet. Der Landtag hat keine Befugnisse, in laufende Entscheidungsprozesse einzugreifen . Der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung schließt einen nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung ein. Hierzu gehören sämtliche ifiternyn Abstimmungs- und Willensbildungsprozesse sowie Planungen innerhalb /der taatsregierung, die der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dienen Säc sVerfGH, Urteil vom 23. April 2008, Vf. 87-1-06). Mit frieun lichen Grüßen U 6 \Markus Ulbig ' Seite 3 von 3 2016-12-22T13:20:01+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes