STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT SACHSISCHES STAAISMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Postfach10 05 10 | 01076 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Be rn hard-von-Li nden a u-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Jana Pinka, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.:6/7658 Thema: Umgang mit HBGD-haltigen Polystyrol-Dämmptatten Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Sachsen und das Saarland fordern im Bundesrat die Rückstufung HBGD-haltiger Polystyrol-Dämmplatten als ,,ungefährlich". Damit bewegen wir uns in Bezug auf das Ziel, Styroporabfälle zu recyceln und nicht nur zu verbrennen, in die falsche Richtung, weil dann der Anreiz, diese Stoffe getrennt zu erfassen und auch zu recyceln, komplett verloren geht. ln einem Schreiben des Umweltministers an den Umweltausschuss des Sächsischen Landtages vom 27.11.2016 wird die zielgerichtete Abfallvermischung mit dem Ziel der Verbrennung propagiert . Dämmstoffe mit dem Flammschutzmittel Hexabromocyclododecan (HBCD) sind als gefährlicher Abfall eingestuft, in $ 9 Abs. 2 KrWG ist ein grundsätzlicheres Vermischungsverbot für gefährliche Abfälle formuliert, von dem in definierten Ausnahmen abgewichen werden kann." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Bezüglich der Einstufung von HBCD-haltigen Polystyrolabfällen gemäß den Anforderungen der Abfallverzeichnisverordnung (AW) richtete sich die Forderung des Freistaates sachsen nicht auf eine Einstufung solcher Stoffe als ,,ungefährlich". Das Abfallrecht enthält eine solche Kategorie oder spezielle Maßstäbe zu einer solchen Einordnung von Abfällen nicht. Es wurde demgegenüber lediglich angestrebt, dass HBCD-haltige Abfälle gemäß der AW nicht als ,,gefährlich" eingestuft werden, da durch diese Einstufung unmittelbar keine positiven wirkungen auf die umwelt zu enuarten sind, sondern Anlass gegeben wird, die Entsorgung deutlich zu verteuern , mit der Folge, dass eher mit negativen Auswirkungen auf Umweltoder Klimaschutz bei der energetischen Sanierung von Häusern z.) rechnen ist. 5 FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564-2000 Telefax +49 351 564-2009 poststelle@ smu l.sachsen.de* lhr Zeíchen lhre Nachricht vom 16. Dezember2016 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) z-1050t1t751 Dresden, ,lA O,l. û'O 4+ s¡mu[+ - _O oh¿lùÑffieffi l¡¡bHdtuð.uñoilffiffi Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landw¡rtschaft Archivstraße I 01097 Dresden www.smul.sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3,6,7,8, 13 Für Besucher mit Behinderungen befinden sich gekennzeichnete Parkplätze am K0nigsufer. Für alle Besucherparkplätze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden. * Kein Zugang für elektron¡sch s¡gn¡erte sowie für verschlússelte êlektron¡scho DokumenteSeite 1 von I STAATSI\4INISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSENl5 Frage l: Wie ist der Wortlaut der Handlungsanleitungen, Erlasse etc. der staatsregierung, die den umstand der Novelle der Abfallverzeichnisverordnung in Bezug auf Polystyrol-Dämmplatten, die HBGD enthalten und wie damit umgegangen werden soll, beinhalten? Die Erlasse zur Anwendung von Abfallrecht und lmmissionsschutzrecht, damit im Freistaat Sachsen HBCD-haltige Abfälle gemäß den Anforderungen der EG-Verordnung über persistente organische Schadstoffe entsorgt werden können, haben den folgenden Wortlaut. ZurAnwendung von Abfallrecht (Erlass vom l4.Oktober 2016): ,,Nach Artikel 7 Absatz 2 der ,,Verordnung (EG) Nr. 8s0/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über persistente organische Schadstoffe und zur Anderung der Richtlinie 791117IEWG" (POP-Verordnungf müssen Abfälle, die persistente organische Schadstoffe (POP) enthalten, so veruertet oder beseitigt werden, ,,dass die darin enthaltenen persistenten organischen Schadstoffe zerstört oder unumkehrbar umgewandelt werden". Diese Pflicht gilt für POP-haltige Abfälle, deren Gehalt an POP größer oder gleich der im Anhang lV der Verordnung 85012004 bestimmten Konzentrationsgrenze ist. Nach Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie sind Beseitigungs - oder Venruertungsverfahren, die zur Verwertung, Wiedergewinnung, Rückgewinnung oder Wiedervenryendung der Stoffe führen können, verboten. Mit Verordnung vom 30. März 2016 wurde auch der Stoff Hexabromcyclododecan (HBCD) in Anhang lV der Verordnung aufgenommen. Am 30. September 2016 wurde ein dort für HBCD festgelegter Grenzwert von 1.000 mg/kg rechtswirksam. Mit dem Grenzwert wird das Ziel verfolgt, HBCD aus dem Wertstoffkreislauf auszuschließen. Für Abfälle mit HBCD-Gehalten oberhalb dieses Grenzwertes gilt daher, dass das HBCD in ihnen unumkehrbar zerstört oder umgewandelt werden muss. Hierfür sind gemäß Anhang V, Teil 1 der POP-Verordnung folgende Beseitigungs- und Venrvertungsverfahren zugelassen, wenn sie so angewendet werden, dass der Gehalt an persistenten organischen Schadstoffen zerstört oder unumkehrbar umgewandelt wird: D9 chemisch/physikalische Behandlung, D10 Verbrennung an Land und R1 Hauptvenruendung als Brennstoff oder andere Mittel der Energieezeugung, mit Ausnahme PCB-haltiger Abfälle. Nicht zulässig sind hiernach Verfahren, die zu einer Anreicherung von HBCD im Wertstoffkreislauf führen, das heißt, dass zum Beispiel eine Veruvertung von HBCD-haltigen Polystyrol-Wärmedämmstoffen im Wege der gelben Tonne beziehungsweise gelben Sack nicht zulässig ist. Grundsätzlich werden Abfälle, deren Gehalt an POP den jeweiligen Grenzwert in Anhang lV der POP-Verordnung überschreitet, in Verbindung mit Nr. 2.2.3 der Einleitung zum Abfallverzeichnis in der Abfallverzeichnisverordnung als gefährlich eingestuft . Der für HBCD festgelegte Grenzwert beträgt 1.000 mg/kg (0,1 o/o). Seite 2 von I STAATSI\4ìNISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Für Abfälle, die HBCD enthalten, betrifft diese Regelung aktuell vor allem Dämmstoffe aus Polystyrol. Expandiertes Polystyrol (EPS) enthält in der Regel etwa 7.000 mg/kg (Q,7 o/o) und extrudiertes Polystyrol (XPS) ca. 15.000 mg/kg (1,5 o/o) HBCD. Daher gelten diese Abfälle ab 30. September 2016 als gefährlich und sind nach den Anforderungen der Nachweisverordnung nachweispflichtig. ln Abfallverbrennungsanlagen dürfen sie nur eingesetzt werden, wenn die Anlagen über eine Zulassung entsprechend der Einstufung der Abfälle verfügen. Als reine, homogene Abfallfraktion werden HBCD-haltige Dämmstotfabfälle nach der Abfallverzeichnis-Verordnung daher ab 30. September 2016 der Abfallart ,,170603* anderes Dämmmaterial, das aus gefährlichen Stoffen besteht oder solche Stoffe enthä |t", zugeordnet. lm Rahmen einer Untersuchung zur energetischen Venruertung von Polystyrol (PS)- Schaumstoffabfállen mit HBCD der lnteressengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen Deutschland e. V. (ITAD) wurde festgestellt, dass Abfallverbrennungsanlagen für die sichere Venrvertung von PS-Schaumstoff mit dem Flammschutzmittel HBCD geeignet sind und der Schadstoff HBCD sicher zerstört wird. Allerdings sind Anlagen zur thermischen Behandlung von Siedlungsabfällen, wie in Sachsen die Technische Anlage (TA) Lauta, verfahrenstechnisch auf einen bestimmten Heizwert ausgelegt. Trockenes Styropor als Monofraktionen überschreitet (unabhängig von einer HBCD-Belastung) diesen Heizwert um das Drei- bis Vierfache. Da jedoch eine Verbrennung der Abfälle geboten ist, um das in Polystyrol- Dämmstoffabfällen enthaltenen HBCD zu zerstören, kann zur Erreichung der Ziele der POP-Verordnung eine Verringerung des Heizwertes erforderlich sein. Diese kann außerhalb der Verbrennungsanlage in einer für die Annahme der Abfallart 170603* zugelassenen Behandlungsanlage erfolgen, in der gemäß der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung eine Vermischung von HBCD-haltigen Dämmmaterialien mit anderen für die Verbrennung geeigneten Abfâllen beziehungsweise die Herstellung von Ersatzbrennstoffen erfolgen darf und wenn sichergestellt ist, dass dieser Abfall/Ersatzbrennstoff tatsächlich verbrannt wird. Bei dieser Verfahrensweise werden auch die Anforderungen gemäß S 9 Abs. 2 Satz 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) für eine ausnahmsweise Zulässigkeit der Vermischung von gefährlichen Abfällen mit anderen Abfällen eingehalten. Regelmäßig wird nach der Abfallbehandlung der Grenzwert von 1.000 mg/kg HBCD in der genehmigten Mischung unterschritten, wenn das Abfallgemisch beziehungsweise der Ersatzbrennstoff bis etwa zehn Gewichts-Prozent aus HBCD-haltigen Dämmstoffen besteht und der HBCD-Gehalt des Dämmstoffs bei etwa einem Prozent liegt. Seite 3 von 8 STAATSMINISTERIUI\4 FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 ln diesem Fall darf das Abfallgemisch bzw. der Ersatzbrennstoff etwa unter dem Abfallschlüssel 191210 ,,brennbare Abfälle (Brennstoffe aus Abfällen)" als nicht gefährlicher Abfall zu einer dafür zugelassenen und annahmebereiten Verbrennungsanlage transportiert werden. Andere gefährliche Stoffe in relevanten Mengen dürfen dabei nicht im Abfall enthalten sein. Alternativ kann eine Verbrennung eines ungefährlichen Abfallgemischs auch unter dem Abfallschlüssel 191212 ,,sonstige Abfälle (einschließlich Materialmischungen) aus der mechanischen Behandlung von Abfällen mit Ausnahme derjenigen, die unter 191211 fallen" in einer dafür zugelassenen Verbrennungsanlage erfolgen. Auf die Möglichkeit zur Übenruachung der Einhaltung der Anforderungen im Einzelfall Anordnungen gemäß $ 51 KrWG zu treffen, wird hingewiesen. Bei Anfall des Polystyrol-Dämmmaterials aus Abbruch- oder Sanierungsmaßnahmen im Materialverbund, zum Beispiel mit Bitumendachpappe, Putz und Farbanstrich oder als Teil einer mehrschichtigen Dachkonstruktion, eines Wärmedämmverbundsystems oder anderer Materialien mit hohem Gewicht, kann der HBCD-Gehalt des gesamten Verbundes auch unter 1.000 mg/kg liegen. Dann ist eine Einstufung unter dem Abfallschlüssel 170904,,gemischte Bau- und Abbruchabfälle mit Ausnahme derjenigen, die unter 170901 ,170902 und 170903 fallen" möglich. Soweit im Abfallgemisch beziehungsweise Ersatzbrennstoff der Grenzwert von 1.000 mg/kg HBCD erreicht oder überschritten wird, ist eine Verbrennung als gefährlicher Abfall erforderlich, zum Beispiel unter dem Abfallschlüssel 191211* ,,sonstige Abf¿ille(einschließlich Materialmischungen) aus der mechanischen Behandlung von Abfällen, die gefährliche Stoffe enthalten" oder 170903*, ,,sonstige Bau- und Abbruchabfälle(einschließlich gemischte Abfälle), die gefährliche Stoffe enthalten". Hierfür gelten dann uneingeschränkt auch die abfallrechtlichen Nachweispfl ichten. Bei Resten und Verschnitten von Dämmmaterial-Neuware, die im Rahmen von Neubauten oder Sanierungsmaßnahmen anfallen, kann die ,,Nichtgefährlichkeit", vor dem Hintergrund der seit dem Jahr 2016 bestehenden verpflichtenden Kennzeichnung als HBCD-haltig durch die Hersteller, in geeigneter Form nachweislich belegt werden. Wenn die Dämmmaterial-Neuware nicht als HBCD-haltig gekennzeichnet ist und aktuell verkauft und verbaut wird, ist eine Untersuchung des HBCD-Gehalts entbehrlich . Denn Restbestände an nicht gekennzeichneten HBCD-haltigen Dämmstoffen durften nur bis zum 22. Juni 2016 verkauft und verbaut werden. lm Übrigen kann für die Ein-stufung auf Produktdatenblätter des bei Baumaßnahmen venruendeten Dämmmaterials zu rückgegriffen werden. Sofern keine Herstellerangaben verfügbar sind, kann zum Nachweis der Schadstofffreiheit oder zur ldentifizierung eines Flammschutzmittels eine chemische Analyse durchgeführt werden. Ein qualitativer Nachweis auf Brom ist im Schnelltest mittels Röntgenfluoreszenzanalyse möglich. Für quantitative Analysen eignet sich die mit Massenspektrometrie gekoppelte Gaschromatographie (GC-MS) oder die Flüssigkeitschromatographie (LC oder HPLC-MS). Seite 4 von I STAATSMINISTERIUI\4 FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 lm Freistaat Sachsen verfttgt die einzige Hausmüllverbrennungsanlage, die ,,TA Lauta", über die Berechtigung, Styroporabfälle grundsätzlich auch in Monofraktion anzunehmen und zu verbrennen. Der Betreiber hat derzeit aus den vorgenannten technischen Gründen die Annahme gestoppt. Mit dem Regionalen Abfallverband Oberlausitz- Niederschlesien (RAVON), der ihm überlassene Abfälle nach Lauta liefert, und dem privaten Entsorgungsunternehmen Becker Umweltdienste GmbH wurde vereinbart, dass kontrolliert hergestellte Gemische von Styroporabfällen mit anderen Abfällen zukünftig wieder angenommen werden. lnsofern werden derzeit Gespräche mit den Übenruachungsbehörden geführt, um notwendige immissionsschutzrechtliche Zulassungen für die Annahme der Monofraktion und deren Behandlung, das heißt die Verringerung des Heizwertes der Styropormonofraktion durch Mischen mit heizwertärmeren Abfällen, zu erhalten. Die Firma Becker Umweltdienste GmbH hat bereits eine entsprechende Genehmigung erhalten. Besitzer von entsorgungsbedürftigen Styroporabfällen können, wie auch bei anderen Abfällen üblich, Anfragen zur Entsorgung ihrer Abfälle an das Unternehmen richten. Es ist bekannt, dass auch andere Entsorgungsunternehmen im Freistaat Sachsen die Herstellung von Gemischen mit polystyrolhaltigen Abfällen anstreben, um die Gemische an Verbrennungsanlagen außerhalb des Freistaates Sachsen zu liefern. Aus Sachsen-Anhalt ist bekannt, dass unter anderem die Anlage in Leuna ihre Bereitschaft zur Annahme von nicht gefährlichen Abfällen mit Anteilen an Styropor wie bisher schon erklärt hat. Sobald sich weitere Entsorgungswege konkretisieren, wird das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) die Behörden informieren. Die unteren Abfallbehörden werden gebeten, der Landesdirektion Sachsen (LDS) bis spätestens zum 30. November 2016 über die Erfahrungen mit diesem Erlass zu berichten . Die LDS wird gebeten, die Erfahrungsberichte auszuwerten und ihre Ergebnisse in zusammengefasster Form dem SMUL bis zum 15. Dezember 2016 zu übermitteln." Zur Anwendung von lmmissionsschutzrecht (Erlass vom lS.November 2016): ,,Mit dem beigefügten Erlass wurden die unteren Abfallbehörden über die Neueinstufung (Aufnahme in den Anhang lV der POP-Verordnung) von HBCD informiert. ln der Folge ergibt sich, dass Abfálle die mehr als 1.000 mg HBCD je kg enthalten, seit dem 30. September 2016 als gefährlich einzustufen sind. Hauptsächlich hiervon betroffen sind Dämmstoffe aus Polystyrol. Da HBCD dauerhaft aus dem Wertstoffkreislauf ausgeschlossen werden soll, sind nur dementsprechende Venruertu ngs- und Beseitigungsverfahren vozusehen. Der Regelfall wird die Verbrennung in dafür zugelassenen Anlagen sein. Allerdings sind Anlagen zur thermischen Behandlung von Siedlungsabfällen, wie im Freistaat Sachsen die TA Lauta, verfahrenstechnisch auf einen bestimmten Heizwert ausgelegt, der bei einer Monoverbrennung von Polystyrol um ein Mehrfaches überschritten wird. Es kann daher erforderlich sein, für eine Verbrennung den Heizwert vorher zu verringern. Hierfür bietet sich eine rein mechanische Vermischung mit niederkalorischen Abfällen an. Zur Frage der abfallrechtlichen Zulässigkeit der Vermischung wird auf den oben genannten Erlass verwiesen. Seite 5 von I STAATSMINISTERIUM FÜR UI4WELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Aufgrund von Anfragen von Entsorgungsunternehmen zur genehmigungsrechtlichen Einordnung bei der Behandlung von als sefährlich einqestuften HBCD-haltiqen Abfällen - Abfallschlüssel 17 06 03. - (nachfolgend HBCD-Abfälle) hat das SMUL Ende Oktober 2016 bei den unteren lmmissionsschutzbehörden und der LDS den diesbezüglichen Sachstand abgefragt. Aus den Antworten ergab sich, dass zum Teil eine unterschiedliche Verfahrensweise bei der Zulassung der Behandlung von HBCD-Abfällen praktiziert wird beziehungsweise wegen der unklaren Situation bisher keine Entscheidung getroffen wurde. Zur Gewährleistung eines einheitlichen Vollzugs bei den betroffenen Anlagen werden deshalb folgende Hinweise gegeben: Die Anlagen, in denen die HBCD-Abfälle mit anderen Abfällen vermischt werden, benötigen dafür eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung, sofern die Kapazitätsschwellen der jeweils zutreffenden Nummern des Anhangs 1 der 4. Bundesimmissionsschutzverordnung (BlmSchV) erreicht oder überschritten sind. Dabei sind insbesondere die Nummer 8.11.1 (Unteziffern 1 und 2) und 8.11.2 für die Behandlung sowie die Nummer 8.12.1 für die Lagerung relevant. Es ist davon auszugehen, dass bei den unter den vorgenannten Nummern qenehmiqten Anlaqen HBCD-Abfälle bisher nicht zum Genehmigungsumfang gehörten. Dies dürfte auch für den vorgesehenen Mischvorgang selbst gelten. Der Einsatz dieser Abfälle (Behandlung und Lagerung) ist daher gemäß $ 15 Bundesimmissionsschutzgesetz (BlmSchG) bei der zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese entscheidet dann anhand der Kriterien des $ 16 Abs. 1 BlmSchG über die Genehmigungsbedürftigkeit der Anderung. Bei Anlagen, deren Genehmigungen bisher ausschließlich die Behandluno und Lageruns nicht oefährlicher Abfälle zum lnhalt haben (hier insbesondere die Nummern 8.11.2.3, 8.11.2.4 sowie 8.12.2 des Anhangs 1 der 4. BlmSchV), ist der beabsichtigte Einsatz von HBCD-Abfällen ebenfalls bei der zuständigen Behörde gemäß$ 15 BlmSchG anzuzeigen. Auch hier entscheidet dann die Behörde anhand der Kriterien des $ 16 Abs. 1 BlmSchG über die Genehmigungsbedürftigkeit der Anderung. Diese Verfahrensweise gilt jedoch nur für die Fälle, bei denen der Umfang der eingesetzten HBCD-Abfälle die Kapazitätsschwellen für die Behandlung und Lagerung qefährlicher Abfälle der entsprechenden Nummern des Anhangs 1 zur 4. BlmSchV nicht überschreitet. Anderenfalls ist ein Genehmigungsverfahren durchzuführen (Neugenehmigung ). lm Übrigen gilt diese Verfahrensweise nur unter der Voraussetzung, dass am Ende der Behandlung (Vermischung) ein nicht gefährlicher Abfall anfällt. Bei dem vorgesehenen Vermischungsverfahren der HBCD-Abfälle mit anderen Abfällen in Anlagen zur ausschließlichen Behandlunq nicht qefährlicher Abfälle dürfte es problematisch werden, eine konkrete Durchsatzkapazität der HBCD-Abfälle zu ermitteln. Es ist daher, sofern kein Genehmigungsverfahren durchgeftihrt wird, mit geeigneten Mitteln sicherzustellen, dass der tatsächliche Durchsatz an HBCD-Abfällen(gegebenenfalls unter Berücksichtigung anderer gefährlicher Abfälle) die entsprechenden Kapazitätsschwellenwerte des Anhangs I der 4. BlmSchV unterschreitet. Die vorstehenden Ausführungen berücksichtigen die erfahrungsgemäß für die HBCD- Abfallentsorgung infrage kommenden Behandlungsverfahren. Sollten in der Praxis andere Behandlungsverfahren zut Anwendung kommen, ist unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen einzelfallbezogen zu entscheiden. Seite 6 von I STAÀTSMINISTERIUM FÜR UI4WELT UND LANDWìRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Aufgrund der bestehenden Entsorgungsengpässe für HBCD-Abfälle werden die Behörden gebeten, mög liche Verfahrensbesch leun ig ungen auszuschöpfen. Die LDS wird gebeten, die Thematik fachaufsichtlich zu begleiten." Frage 2: Gibt es für die Vermischungsverfahren für Polystyrol-haltige Stoffe einen ,,Stand der Technik" und wo ist dieser formuliert? Eine Praxis der Vermischung von Polystyrolabfällen mit anderen Abfällen hat bereits vor dem wirksamwerden der Aufnahme von HBCD in den Anhang lV der EG- Verordnung über persistente organische Schadstoffe (,,Liste der Stoffe, die den Abfallbewirtschaftungsbestimmungen ggmäß Artikel 7 unterliegen") am l.Oktober 2016 zur Erfüllung von verbrennungstechnischen Anforderungen in Abfallverbrennungsanlagen bestanden, ohne dass diese explizit als ,,Stand der Technik" im Sinne der Definitionen des $ 4 Abs. 28 KrWG beziehungsweise des $ 3 Abs. 6 BlmSchV formuliert war. Bei der jetzigen Enryeiterung dieser Praxis auf die aufgrund ihres HBCD-Gehaltes als ,,gefährlich" einzustufenden Styroporabfälle war durch die zuständigen Behörden im Genehmigungsverfahren zu prüfen, ob die im Einzelfall vorgesehene Verfahrensweise im Sinne der Definition für den Stand der Technik die praktische Eignung zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit , zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen ließ. Frage 3: lnwiefern ist ein stoffliches Recycling aus Sicht der Staatsregierung verzichtbar oder nicht anstrebenswert? Ein Recycling von Abfällen, die HBCD oberhalb einer Konzentrationsgrenze von 1.000 mg/kg enthalten, ist gemäß der EG-Verordnung über persistente organische Schadstoffe grundsätzlich unzulässig. Ein gemäß der Verordnung ausnahmsweise zulässiges Vorbehandlungsverfahren mit dem HBCD vom sonstigen Abfall, wie zum Beispiel Styropor, isoliert wird, damit dieses anschließend beseitigt wird, und der verbleibende Abfall einer anderen Entsorgung als der Verbrennung zugeführt werden kann, ist nach Kenntnis der Staatsregierung bisher nur konzeptionell entwickelt (siehe auch Antwort zu Frage 5). Für polystyrolhaltige Abfälle, die nicht unter die Bestimmungen zur Abfallbewirtschaftung gemäß Artikel 7 der EG-Verordnung über persistente organische Schadstoffe fallen, gelten vollumfänglich die Anforderungen des KrWG, sodass ein stoffliches Recycling nur vezichtbar ist, wenn die im KrWG für eine Ausnahme genannten Voraussetzungen vorliegen. Seite 7 von I STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHÀFT Freistaat SACHSENlÐ Frage 4: Welchen Mehrwert in Bezug auf die Möglichkeit zu einem Recycling dieser Abfälle (stoffliches Recycling) hatte a. die Ablehnung der Änderung der Abfallverzeichnisverordnung im Bundesrat und b. die gemeinsam mit dem Saarland im Bundesrat erhobene Forderung der Rückstufung HBGD-haltiger Polystyrol-Dämmplatten als ,,ungefâhrlich"? Polystyrolabfälle mit HBCD-Gehalten oberhalb der Konzentrationsgrenze von 1.000 mg/kg sind aufgrund der Vorgaben der EG-Verordnung über persistente organische Schadstoffe zur Abfallbewirtschaftung grundsätzlich einer Verbrennung an Land oder einer Hauptvenryendung als Brennstoff oder anderes Mittel der Energieezeugung zuzuführen . lnsofern erbringen weder Variante a) noch Variante b) einen ,,Mehrwert" in Bezug auf die Möglichkeit zu einem stofflichen Recycling dieser Abfálle. Frage 5: Welche Anstrengungen seitens der Staatsregierung gab und gibt es, um das stoffliche Recycling der anfallenden HBGD-haltigen polystyrol -Dämm platten voranzu bri n gen? Die Staatsregierung verfolgt aufmerksam die Aktivitäten der den gemeinnutzigen Verein ,,PolyStyrene Loop" bildenden Vertreter von europäischen Unternehmen, die extrudiertes Polystyrol (EPS) produzieren, verarbeiten und recyceln und ihren Verbänden . Nach Angaben des Vereins ist es Ziel, bis zum Jahr 2018 eine Demonstrationsanlage nach dem CreaSolv-Verfahren für das Recycling von HBCD enthaltenden Polystyrol-Schäumen mit einer jährlichen Kapazität von 3.000 Tonnen am Standort Terneuzen/Niederlande zu errichten. ln Abhängigkeit von der Entwicklung dieses Projektes wird ztJ entscheiden sein, welche administrativen Maßnahmen oder politischen lnitiativen geeignet sind, diesen Ansatz zum stofflichen Recycling von Polystyrol -Dämm platten voranzu bri ngen. Mit ichen Grüßen Thomas Schmidt Seite I von 8 2017-01-11T10:07:58+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes