STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/7696 Thema: Ehemalige haupt- und nebenamtliche Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes der DDR in der sächsischen Polizei Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Beamte und Angestellte sind derzeit im Geschäftsbereich des Innenministeriums tätig, die vor dem 18. März 1990 eine Funktion innehatten, als a) hauptamtliche oder hauptamtliche inoffizielle Mitarbeiter und b) inoffizielle Mitarbeiter des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit (MfS)? (Bitte auch damaligen und heutigen Dienstgrad , Dienststellung in welcher Abteilung/Organisationseinheit angeben .) Einer Beantwortung der Frage — so konkret wie sie gestellt wurde — stehen Rechte Dritter sowie gesetzliche Regelungen im Sinne des Artikels 51 Absatz 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) entgegen. Mit der Frage werden Auskünfte zu Inhalten aus Personalakten, hier aus den sog. Beauftragten für die Stasi -Unterlagen (BStU)-Umschlägen, begehrt . Von den Behörden wurde damals eine Auskunft zu den Bediensteten bei dem Beauftragten für die Stasi -Unterlagen eingeholt. Die vom BStU übersandten Unterlagen zu den Bediensteten wurden in einem geschlossenen BStU-Umschlag in der jeweiligen Personalakte abgelegt. Dieser Auskunftserteilung steht das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 33 SächsVerf) entgegen. Die Staatsregierung ist sich der herausgehobenen Bedeutung des parlamentarischen Fragerechts für die in der Verfassung verankerte Funktion des Abgeordneten bewusst. Allerdings ist dieses Fragerecht nicht schrankenlos. Bei ihrer Entscheidung hat die Staatsregierung das geschützte Recht der Bediensteten auf informationelle Selbstbestimmung zu berücksichtigen. Die erforderliche Abwägung zwischen dem Interesse des Abgeordneten an der Beantwortung seiner Frage und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Bediensteten fällt zu Lasten des Fragestellers aus. Die Sich- Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 12-1053/5/19 Dresden, 19 Januar 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smiisachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Stri 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN tungen der BStU-Umschläge gehen auf die Unterlagen des Staatssicherheitsgesetzes der ehemaligen DDR zurück. Der Zugang zu Stasi -Unterlagen und deren Verwendung ist im Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (StUG) abschließend geregelt. Das StUG erlaubt nicht die umfassende Auskunft an Abgeordnete. Wegen der besonderen Sensibilität der geschützten Daten geht hier das schutzwürdige Interesse des Betroffenen dem Auskunftsanspruch des Abgeordneten vor. Diese Sensibilität findet ihren normativen Ausdruck darin, dass die Daten - über die allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen hinaus - durch die speziellen Regelungen des StUG, namentlich im Wege der Zweckbindung gemäß § 29 StUG, in besonderem Maße geschützt sind. Die Zweckbindung steht jeglicher Weitergabe außerhalb der mit dem StUG bezweckten Überprüfung der Bediensteten entgegen. Dies muss auch für eine Beantwortung im Rahmen einer nichtöffentlichen Sitzung des Sächsischen Landtages oder eines Ausschusses bzw. mit entsprechendem Geheimhaltungsvermerk gelten. Darüber hinaus steht der Beantwortung § 115 Abs. 3 des Sächsischen Beamtengesetzes (SächsBG) entgegen. Danach dürfen Auskünfte aus einer Personalakte an Dritte nur mit Einwilligung des Beamten erteilt werden, es sei denn die Abwehr einer erheblichen Beeinträchtigung des Gemeinwohls oder der Schutz berechtigter, höherrangiger Interessen eines Dritten erfordert die Auskunftserteilung zwingend. Zwar handelt es sich bei dem parlamentarischen Fragerecht um ein berechtigtes Interesse Dritter im Sinne dieser Norm. Die Abwägung dieses Interesses mit dem Interesse an der Vertraulichkeit der in der Personalakte enthaltenen Informationen ergibt aber aus den oben aufgeführten Gründen, dass das Interesse des Abgeordneten hier nicht höher zu bewerten ist. Eine detaillierte Auswertung würde zudem die Einsichtnahme in ca. 14.000 Personalakten im Geschäftsbereich des Sächsischen Staatsministeriums des Innern (einschließlich Polizeibereich) erfordern. Bei einer veranschlagten Zeit von durchschnittlich fünf Minuten pro Personalakte entsteht ein Zeitaufwand von ca. 70.000 Minuten, dies entspricht ca. 1.200 Arbeitsstunden. Damit wären rund 30 Bedienstete in 17 Dienststellen, d. h. durchschnittlich ca. zwei Bedienstete pro Dienststelle, jeweils eine Woche mit dem Durchsehen der Akten beschäftigt. Dieser unverhältnismäßig arbeitsintensive Zeit- und Verwaltungsaufwand ist praktisch nicht leistbar. Darüber hinaus wäre es bei der geringen Anzahl an möglicherweise verbliebenen Mitarbeitern grundsätzlich denkbar, dass aufgrund der Angabe der Dienststelle eine Zuordnung zu einer bestimmten Person möglich wäre. Dies würde das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen und wäre datenschutzrechtlich nicht zulässig. Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM DES INNERN 51:::77a Freistaat SACHSEN Frage 2: Aus welchen Gründen und unter welcher Maßgabe wurden diese Personen in den Staatsdienst übernommen? Die Bediensteten, die in den Staatsdienst übernommen wurden, mussten einen Fragebogen ausfüllen und wurden von einer Überprüfungskommission überprüft. Nachzulesen ist das Verfahren der Personalüberprüfung in der Drucksache 1/4900. Es handelt sich hierbei um den Bericht des Untersuchungsausschusses des Sächsischen Landtages zum Thema „Personalüberprüfungen durch die Staatsregierung". Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Frage 3: Wie oft wurden diese Mitarbeiter seither mit welchen Fragestellungen überprüft? Die Bediensteten, die übernommen wurden, wurden von der Überprüfungskommission überprüft. Anschließend wurde eine Auskunft bei dem Bundesbeauftragten für die Stasi -Unterlagen eingeholt. Soweit später ggf. Anhaltspunkte für eine Mitarbeit beim Staatssicherdienst aufgetreten sind, wurde eine erneute Auskunft eingeholt. Nach dem Bekanntwerden der Rosenholzdateien wurden — soweit Bedienstete betroffen waren — eine weitere Auskunft bei dem Bundesbeauftragten für die Stasi -Unterlagen eingeholt. Hierbei wurden jedoch nicht alle Bediensteten erneut überprüft. Bedienstete, die später eingestellt wurden und am 14. Januar 1990 das 18. Lebensjahr bereits vollendet hatten, wurden mindestens einmal durch den Bundesbeauftragten für die Stasi -Unterlagen überprüft. Den Überprüfungen lag die Fragestellung zugrunde, ob die Bediensteten über die persönliche Eignung im Sinne von Artikel 119 SächsVerf, § 4 Abs. 1 und 2 SächsBG verfügen . Frage 4: Inwieweit wurde in diese Überprüfung auch jeweils ein neuer Dienstposten und die Vereinbarkeit mit der ehemaligen Tätigkeit überprüft? Frage 5: Inwieweit ist die Position eines Revierleiters mit der ehemaligen Tätigkeit beim MfS vereinbar und spielt eine solche Abwägung für die Auswahl des Personals überhaupt eine Rolle? Zusammenfassende Antwort der Fragen 4 und 5: /Bediei?stete, die nach der Prüfung durch die Überprüfungskommission und den Bunidesb auftr gten für die Stasi -Unterlagen als geeignet für die Übernahme von Aufgaben des poliz wollzugsdienstes angesehen wurden, können bei Leistung, Eignung und Befähiguj g auch Dienstposten als Revierleiter übernehmen. 'reuridMit freurdlichen Grüßen i j L'1/4 . ‘ M rkus Ulbij kSeite 3 von 3 2017-01-20T09:11:31+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes