STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Kerstin Köditz, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/7869 Thema: Aktivitäten sogenannter „Bürgerwehren" in Sachsen 2016 Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Fragestellerin verwendet in der Kleinen Anfrage den Begriff „extreme Rechte". Für die Beantwortung wird insoweit auf die Vorbemerkung Nummer I. in der Antwort der Staatsregierung auf die Große Anfrage Drs.-Nr. 5/4956 verwiesen. Frage 1: Welche sogenannten Bürgerwehren sowie Bürgerwehr -ähnliche, sich selbst so bezeichnende und/oder de facto als Vigilanten aktive Vereinigungen , Strukturen oder Bestrebungen sind im Jahr 2016 im Freistaat Sachsen in welcher Weise in Erscheinung getreten? Frage 2: Welche Fälle im Jahr 2016 sind der Staatsregierung bekannt, in denen auf welche Weise die Gründung sogenannter Bürgerwehren sowie Bürgerwehr -ähnlicher, sich selbst so bezeichnender und/oder de facto als Vigilanten aktiver Vereinigungen, Strukturen oder Bestrebungen angekündigt, angedroht oder vorbereitet wurde? Frage 3: Welche konkreten Aktivitäten gingen im Jahr 2016 von Gruppierungen im Sinne der Fragen 1 und 2 aus (bitte aufschlüsseln nach Ort, Zeit, Art der Aktivität, Zahl der Beteiligten, Kurzdarstellung des Sachverhaltes und ggf. veranlassten Maßnahmen)? .171 Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/2935 Dresden, J.Januar 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str, 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMIN1STERIUM DES INNERN 73:77 mi:•.0••• Frage 5: In welchen Fällen bzw. bei welchen Aktivitäten im Sinne der Fragen 1 bis 3 liegen Hinweise auf welche Verbindungen und Bezüge zu welchen Bestrebungen der extremen Rechten vor? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 3 und 5: Der Staatsregierung liegen aus dem Jahr 2016 keine Hinweise auf rechtsextremistische Aktivitäten sogenannter Bürgerwehren vor. Die „Bürgerwehr FTL/360" war nach den Exekutivmaßnahmen der Polizei im Herbst 2015 und Frühjahr 2016 gegen mutmaßliche Mitglieder im Zusammenhang mit asylfeindlichen Straf- und Gewalttaten in Freital nicht mehr aktiv. Von bekannten rechtsextremistischen Strukturen gingen im Jahr 2016 jedoch einzelne, den Aktivitäten einer Bürgerwehr vergleichbare Aktionen aus. Hierzu wird auf die folgende Tabelle verwiesen. Freistaat SACHSEN Datum Ort Veranstalter Teilneh- Aktivität merzahl 17.04.2016 Chemnitz Rechtsextremisten ca. 10 Aktion „Nachtwache im Kiez" 06.10.2016 Bautzen Partei „Der Dritte Weg", mind. 3 Aktion („Nationale Stützpunkt Mittelland Streife") 13.10.2016 Plauen Partei „Der Dritte Weg", mind. 5 Aktion („Nationale Stützpunkt Vogtland Streife") 14.10.2016 Bautzen Partei „Der Dritte Weg", mind. 3 Aktion („Nationale Stützpunkt Mittelland Streife") 18.10.2016 Plauen Partei „Der Dritte Weg", mind. 4 Aktion („Nationale Stützpunkt Vogtland Streife") Ende Novem- Chemnitz Partei „Der Dritte Weg" mind. 8 Aktion („Nationale ber 2016 Stützpunkt Mittelsach- Streife") sen/Erzgebirge Ende Dezem- Chemnitz Partei „Der Dritte Weg" mind. 7 Aktion („Nationale ber 2016 Stützpunkt Mittelsa- Streife") chen/Erzgebirge Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM DES INNERN 17- 1 Cr3.1 Frage 4: Welche allgemeinpolizeilichen sowie staatsschutzrelevanten Erkenntnisse liegen der Staatsregierung zu Fällen im Sinne der Fragen 1 und 2 sowie Aktivitäten im Sinne der Frage 3 vor und inwieweit liegen Erkenntnisse zur Bewaffnung oder der Vorbereitung einer Bewaffnung vor? Zu der mutmaßlich am 13. Oktober 2016 erfolgten „Nationalen Streife" der Partei „Der III. Weg" wurde eine Online -Anzeige wegen des Verdachts des Verstoßes gegen §§ 3 und 29 Sächsisches Versammlungsgesetz erstattet. Das Ermittlungsverfahren wurde am 5. Dezember 2016 an die Staatsanwaltschaft Zwickau abgegeben. Im Weiteren wird von einer Beantwortung seitens der Staatsregierung abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Die sächsische Polizei führt keine Statistiken im Sinne der Fragestellungen. Straftaten, Aktivitäten und sonstige Vorkommnisse werden in den polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystemen nicht gezielt nach Organisationen erfasst. Zur vollständigen Beantwortung der Fragen müssten insofern alle in Frage kommenden Ermittlungsverfahren händisch ausgewertet werden. Die Anzahl beläuft sich auf mehrere tausend Verfahren. Der insgesamt erforderliche Aufwand kann nicht abgeschätzt werden. Es wäre jedoch notwendig , mehrere Sachbearbeiter über einen mehrere Wochen währenden Zeitraum mit den Recherchen und Auswertungen zu beauftragen. Dieses Personal stünde dann für Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung . Die Staatsregierung kam dabei bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem pärlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit /der Staatsregierung andererseits zu dem Ergebnis, das eine solche aufwendige Recherche/unverhältnismäßig und ohne Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten ist. Mit freundlichen Grüßen M kus Ulbig Freistaat SACHSEN Seite 3 von 3 2017-01-30T14:13:39+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes