SACHSISCHES STMTSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 | 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bern hard-von-Lindena u-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage d"g Abgeordneten Valentin Lippmann, Fraktion BUNDNIS 90/Die cRUNEN Drs.-Nr.: 6/7930 Thema: Funkzellenabfragen in Sachsen 2016 Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage l: Welche sächsischen Strafverfolgungsbehörden haben seit dem 1.1.2016 eine Erhebung von Verkehrsdaten nach g f 00g StPO an welchen Tagen für welche Funkzellen zur Verfolgung welcher Straftaten in wie vielen Fällen angeregt, beantragt und nach Anordnung welches Gerichts du rch geführt? Frage 3: Wie viele Verkehrsdaten wurden nach Zilte¡ I und 2 jeweils erhoben? Frage 4: Wie viele Rufnummerninhaber waren jeweils betroffen? Frage 5: Welche Bestandsdaten wurden nach S f f 2 TKG jeweils erhoben? STAATSMINìSTERIUM DER JUSTìZ Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 (0)351 564-1500 Telefax +49 (0)351 564-1509 staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de' Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1 040E-KLR-348/1 6 Dresden, '/Ç. Januar 2017 Hausanschrlft: Sächslsches Staatsmi nlsterlum der Justlz Hospitalstraße 7 01 097 Dresden Briefpost über Deutsche Post 01 095 Dresden www justiz sachsen,de/smj Verkehrsverbi ndung: Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3,6,7,8,11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 'Zugang fûr €lektronisch signi€rto sow¡ê fùr verschlùsselte elektronische Dokum €nle nur irber das El€ktronischê Gêrichts- und VeMaltungspostfach; nåhere lnformationen unlsr w €gvp deSeite I von 6 STAATSMINISTERìUM DER JUSTìZ Freistaat SACHSEN FÙt-F&FlLi!¡!-t{qFt =rY Zusammenfassende Antwort auf die Frage 1 und die Fragen 3 bis 5, soweit sie sich auf die Frage 1 beziehen: Gemäß der Regelungen in $ 1009 Abs.4 Strafprozessordnung (SIPO) a.F., g 100b Absatz 5 StPO, die gemäß $ 12 Abs.2 Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung (EGSIPO) bis zum 31. Dezember 2Q17 weiter gelten, wird zu sämtlichen, in den einzelnen Bundesländern durchgeführten Maßnahmen gemäß g 1009 Abs. I StPO - Verkehrsdatenabfragen bezogen auf eine bestimmte Rufnummer und Funkzellenabfragen - beim Bundesamt für Justiz jährlich eine Statistik erhoben, in der allerdings die Anzahl und der Umfang nichtindividualisierter Funkzellenabfragen und die Anzahl der für diese Maßnahme von den Staatsanwaltschaften bei den Gerichten gestellten Anträge auf Anordnung dieser Maßnahme nicht gesondert ausgewiesen werden. Durch das am 18. Dezember 2Q15 in Kraft getretene Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten wurde in $ 101b StPO die statistische Erfassung der Erhebung von Verkehrsdaten neu und umfangreicher geregelt. Gemäß $ 12 Abs.2 EGSTPO istdie statistische Übersicht nach $ 101b StPO allerdings erstmalig für das Berichtsjahr 2018 zu erstellen. lm Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 10. Januar 2017 wurden in 381 von den sächsischen Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden bearbeiteten Ermittlungsverfahren insgesamt 448 Beschlüsse für (nichtindividualisierte) Funkzellenabfragen realisiert . Eine Aufschlüsselung der Ermittlungsverfahren nach der die Maßnahme beantragenden Behörde kann der Anlage entnommen werden. ln diesem Zusammenhang wurden im Jahr 2016 Verkehrsdaten aus ca. 11.500 konkret benannten Funkzellen und von ca. 280 Tatorten, bei denen die betroffenen Funkzellen durch alle drei Netzbetreiber ausgewählt wurden, erhoben. lm Ergebnis wurden durch die Netzbetreiber ca. 11.500 Verkehrsdatendateien mit den im Erhebungszeitraum durchgeführten Telekommunikationsvorgängen zu den konkret benannten Funkzellen sowie ca. 840 Verkehrsdatendateien zu den im Erhebungszeitraum durchgeführten Telekom m u n i kationsvorgängen für jewei ls meh rere Fun kzellen ü berm ittelt. Seite 2 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ilKË-Jñti{w :v Von einer weitergehenden Beantwortung der Fragen wird abgesehen. Der Staatsregierung selbst liegen die erfragten lnformationen über die oben stehende Antwort hinaus nicht vor. Eine die angefragten Daten umfassende Statistik zu durchgeführten nichtindividualisierten Funkzellenabfragen wird in Sachsen nicht gefüh¡1. Zur vollständigen Erhebung aller angefragten Parameter müssten von den sächsischen Staatsanwaltschaften die einzelnen, unter Umständen sehr umfangreichen, häufig mehrere Bände umfassenden, nicht elektronisch geführten Verfahrensakten der oben genannten 381 Ermittlungsverfahren gesichtet, die dort enthaltenen, jedoch aktentechnisch nicht besonders ausgewiesenen bzw. gekennzeichneten Gerichtsbeschlüsse, durch die jeweils die Funkzellenabfragen gerichtlich angeordnet wurden, herausgesucht und diese im Anschluss inhaltlich ausgewertet werden, um anhand der jeweils im Beschlusstenor und in den Beschlussgründen enthaltenen Angaben die angefragten Parameter beanl worten zu können. Diese Aktenauswertung müsste durch einen Staatsanwalt durchgeführt werden, um eine der Beantwortung fachlich und inhaltlich genügende Aktenauswertung sicherstellen zu können. Um die Anzahl der in jedem Verfahren erhobenen Bestandsdaten zu ermitteln, müssten außerdem die gesamten Verfahrensakten vollumfänglich Blatt für Blatt gesichtet werden , da diese nicht zusammen mit den Verkehrsdaten vom Netzbetreiber übermittelt, sondern nur bei Bedarf von der ermittlungsführenden Stelle abgefragt werden. Zudem wäre ein Abgleich der Verfahrensdaten mit den lnhalten der zugehörigen Antwortdateien erforderlich, wofür jede einzelne der ca. 12.34O Verkehrsdatendateien entsprechend der Fragestellu n gen ausgewertet werden m üsste. lm Hinblick auf die erfragten angeregten und beantragten Fälle einer Erhebung von Verkehrsdaten nach $ 1009 StPO wäre zur vollständigen Beantwortung der Frage die Durchsicht und händische Auswertung aller Verfahren erforderlich, die eine Straftat von erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in $ 100a Abs.2 StPO bezeichnete Straftat Seite 3 von 6 STAATSMINISTERìU]\4 DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN cil-\THËt*'#:)v (Katalogtat), zum Gegenstand haben. Bereits die Durchsicht und händische Auswertung aller Verfahren, denen eine Katalogtat zugrunde liegt, kann von den Staatsanwaltschaften nicht geleistet werden. So sind für den Berichtszeitraum in den Datenbanken der sächsischen Staatsanwaltschaften allein mit den Tatvorwürfen des Raubes und der räuberischen Erpressung nach SS 249 bis 255 StGB ($ 100a Abs. 2 Zitf. 1k SIPO) 1.945 Ermittlungsverfahren erfasst. Die beispielhafte Auswahl nur einer Katalogtat zeigt, dass die Durchsicht und händische Auswertung aller relevanten Verfahrensakten unzumutbar ist. lm Ergebnis wären zur vollständigen Beantwortung der Fragen umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften und Gerichte erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschaftlichen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, z. B. von Verteidigern, Gerichten, Sachverständigen und Polizei, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts erscheint der zur vollständigen Beantwortung der Fragen erforderliche Aufwand nicht mehr verhältnismäßig und zumutbar. Bei der Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung und der ihr nachgeordneten Ermittlungsbehörden andererseits wurde auch berücksichtigt, dass das parlamentarische lnformationsinteresse vorliegend nicht vollständig zurücktreten musste. Vielmehr wurde durch die Übermittlung dqr mit noch vertretbarem Auñruand recherchierbaren Daten dem verfassungsrechtlich hohen Rang des lnformationsrechts weitestmöglich Rechnung getragen. Eine weitergehende Beantwortung würde in erheblichem Umfang eine größere Anzahl von Staatsanwälten in allen sächsischen Staatsanwaltschaften und der Generalstaatsanwaltschaft Dresden sowie Polizeibeamte beim Landeskriminalamt Sachsen, die für laufende Ermittlungen nicht mehr zur Verfügung stünden, binden. Die Staatsregierung kam bei ihrer Abwägung daher zu dem Ergebnis, dass eine weitergehende Beantwortung der Fragen unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Strafrechtspflege und Funktionsfähigkeit der Polizei nicht zu leisten ist. Seite 4 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN [cr-\tbl *trlL.Jgrd\=ìg Fnge 2= lnwieweit wurde im Zusammenhang mit den Ermittlungen e) gegen die sog. Terrorgruppe Freital, b) wegen der Ausschreitungen in BauEen im September 2016 und c) wegen des Brandanschlages auf eine Moschee in Dresden eine Funkzellenabfrage vorgenommen? Frage 3: Wie viele Verkehrsdaten wurden nach Zille¡ 1 und 2 jeweils erhoben? Frage 4: Wie viele Rufnummerninhaber waren jeweils betroffen? Frage 5: Welche Bestandsdaten wurden nach S 1f 2 TKG jeweils erhoben? Zusammenfassende Antwort auf die Frage 2 und die Fragen 3 bis 5, soweit sich diese auf die Frage 2 beziehen: lm Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die ,,Gruppe Freital" wurden vor der Übernahme der Ermittlungsverfahren durch den Generalbundesanwalt durch die Staatsanwaltschaft Dresden bzw. die Generalstaatsanwaltschaft Dresden, INES-PMK, Maßnahmen nach $ 1009 SIPO durchgeführt. Dabei wurden 42.441 Verkehrsdaten erhoben, wobei 9.822 Rufnummern betroffen waren. Bei den Bestandsdaten, die zu Rufnummern/Anschlusskennungen nach S 112 TKG erhoben wurden, handelt es sich um Name, Vorname und Anschrift. lm Zusammenhang mit den Ausschreitungen in Bautzen im September 2016 wurden keine Fu n kzel lenzel lenabfragen d u rchgefü hrt. lm Zusammenhang mit dem Sprengstoffanschlag auf eine Moschee in Dresden wurden Maßnahmen nach $ 1009 StPO durchgeführt. Hierbei wurden 75.219 Verkehrsdaten erhoben, wobei 19.581 Rufnummern betroffen waren. Hierbei ist allerdings darauf hinzuweisen , dass darin auch die Daten einer Funkzellenabfrage im Zusammenhang mit Seite 5 von 6 STAATSMINìSTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ñE-Lttf-ÈYtllrgriJ\(-Y dem Anschlag auf das ICC Dresden enthalten sind, der Gegenstand des gleichen Ermittlungsverfahrens ist. Bei den Bestandsdaten, die zu Rufnummern/Anschlusskennungen nach $ 112TKG erhoben wurden, handelt es sich um Name, Vorname und Anschrift. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Anlage Tabellarische Aufstellung Seite 6 von 6 Anlage Stand: 10. Januar 2017 Statistisch erfasst werden alle Maßnahmen nach §100g StPO, deren Umsetzung frühestens und spätestens im angegebenen Zeitraum begonnen und bei denen der Status ''beauftragt'' erreicht wurde. Berichtszeitraum zuständige Staatsanwaltschaft Anzahl Ermittlungsverfahren* Anzahl Beschlüsse 01.01.2016 bis 31.12.2016 Staatsanwaltschaft Dresden 70 83 Staatsanwaltschaft Leipzig 117 153 Staatsanwaltschaft Zwickau 87 95 Staatsanwaltschaft Görlitz 32 34 Staatsanwaltschaft Chemnitz 64 71 Generalstaatsanwaltschaft Dresden 1 2 Summe 371 438 01.01.2017 bis 10.01.2017 Staatsanwaltschaft Dresden 2 2 Staatsanwaltschaft Leipzig 6 6 Staatsanwaltschaft Zwickau 1 1 Staatsanwaltschaft Chemnitz 1 1 Summe 10 10 Gesamt 381 448 *Ermittlungsverfahren, bei denen in mehreren Berichtsjahren Beschlüsse für Funkzellenabfragen erlassen wurden, sind in dieser Übersicht ggf. mehrfach erfasst. KA6-7930 KA6-7930_Anl 2017-01-30T09:44:04+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes