STAATSMIN1STERIUM DES INNERN SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/8005 Thema: Fachärztliche und psychotherapeutische/psychologische Gutachten von Geflüchteten Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Der Sächsische Flüchtlingsrat e. V. erhebt in einer am 21. November 2016 veröffentlichen Pressemitteilung (http://www.saechsischerfluechtlingsrat .de/de/2016/11/21/pm-verletzte-grundrechte-und-wo-sieverborgen -sind/) den Vorwurf, das Staatsministerium des Innern habe Kleine Anfragen fehlerhaft beantwortet. Konkret ging es um die Antwort auf die Drs. 6/6571 der Fragestellerin. Dort wurde die Aussage getätigt, dass bei einer Person ein fachärztliches Gutachten vorlag, das jedoch keine Aussagen zur Reisefähigkeit beinhaltete. Der Sächsische Flüchtlingsrat e. V. kann mittels des fachärztlichen Gutachtens nachweisen, dass dem nicht so war und durchaus ein fachärztliches Gutachten bereits ein Tag nach Ausstellung an die verantwortliche Ausländerbehörde Dresden und an die Zentrale Ausländerbehörde von der Anwältin geschickt wurde. In einer Antwort auf die Drs. 6/6864 der Abgeordneten Petra Zais sagt der Innenminister weiterhin aus, es wurde keine Suizidgefahr der betreffenden Person festgestellt. Auch diese Aussage kann der Sächsische Flüchtlingsrat e. V. mittels des vorliegenden fachärztlichen Gutachtens widerlegen." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: In wie vielen Fällen lagen der Zentralen Ausländerbehörde im Jahr 2016 amtsärztliche, weitere fachärztliche und/oder psychologische beziehungsweise psychotherapeutische Gutachten über Krankheitsbilder und Risikoschwangerschaften von abzuschiebenden Geflüchteten vor? (bitte nach den genannten Gutachtenkategorien aufschlüsseln ) f7"'« Freistaat . c.' SACHSEN7 Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 24-1053/14/28 Dresden, 47 . Februar 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMIN1STERIUM DES INNERN 747-9 1 Freistaat SACHSEN Die erfragten Angaben über das Vorliegen von amtsärztlichen, weiteren fachärztlichen und/oder psychologischen beziehungsweise psychotherapeutischen Gutachten über Krankheitsbilder und Risikoschwangerschaften von abzuschiebenden Geflüchteten werden statistisch in der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) nicht erfasst und lassen sich auch nicht über vorhandene EDV-Programme auslesen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarischer Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungstreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. Sächs- VerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Im vorliegenden Fall wäre durch eine vollständige Beantwortung der Frage die Arbeitsund Funktionsfähigkeit der Staatsregierung gefährdet, weil in der ZAB der Gesamtbestand von über 200.000 Akten angefordert, diese nach den erfragten Daten händisch nach ärztlichen Gutachten und Stellungnahmen zu allen erdenklichen Krankheitsbildern ausgewertet und diese anschließend zurückgegeben werden müssten. Hierfür ist pro Akte ein Gesamtaufwand für die ZAB von durchschnittlich zwei Stunden zu veranschlagen . Nach Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der ZAB andererseits wurde von einer umfassenden Beantwortung dieser Frage abgesehen. Frage 2: Wie viele der der Zentralen Ausländerbehörde vorliegenden Gutachten von im Jahr 2016 abgeschobenen Menschen bestätigten die Reisefähigkeit der Patientinnen ? (bitte nach den in Frage 1 genannten Gutachtenkategorien aufschlüsseln ) Die erfragten Angaben über das Vorliegen der Reisefähigkeit von abgeschobenen Personen werden in der ZAB statistisch nicht erfasst und lassen sich auch nicht über vorhandene EDV-Programme auslesen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarischer Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungstreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN,f72 Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. Säch- VerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Im vorliegenden Fall wäre durch eine vollständige Beantwortung der Frage die Funktionsfähigkeit der Staatsregierung gefährdet. Im erfragten Zeitraum erfolgten 1.790 Abschiebungen gemäß § 58 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Für diese Personen müsste jeweils die Akte angefordert, darin nach diesen zusätzlich abgefragten Daten zur Reisefähigkeit gesucht und die Akte wieder weggelegt werden. Hierfür ist pro Person ein Gesamtaufwand für die ZAB von durchschnittlich einer Stunde zu veranschlagen . Hieraus ergibt sich ein Arbeitsaufwand von 1.790 Arbeitsstunden, d. h. von über 223 Arbeitstagen zu je acht Stunden. Nach Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der ZAB andererseits wurde, auch unter Berücksichtigung der Zumutbarkeit von der umfassenden Beantwortung abgesehen. Frage 3: Wie viele der amtsärztlichen, weiteren fachärztlichen und/oder psychologischen beziehungsweise psychotherapeutischen Gutachten über Krankheitsbilder und Risikoschwangerschaften erfüllten die im § 60a Abs. 2 c AufenthG definierten Anforderung an qualifizierte ärztliche Bescheinigungen? (bitte nach den genannten Gutachtenkategorien aufschlüsseln) Die erfragten Angaben über das Vorliegen von amtsärztlichen, weiteren fachärztlichen und/oder psychologischen beziehungsweise psychotherapeutischen Gutachten über Krankheitsbilder und Risikoschwangerschaften von abzuschiebenden Geflüchteten werden in der ZAB statistisch nicht erfasst und sind auch nicht über vorhandene EDV- Programme auszulesen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarischer Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungstreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. Säch- VerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Im vorliegenden Fall wäre durch eine vollständige Beantwortung der Frage, ob diese Gutachten den in § 60a Abs. 2c AufenthG definierten Anforderungen entsprechen, die Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Staatsregierung gefährdet. Für die Beantwortung müssten die in der ZAB geführten über 200.000 Akten händisch ausgewertet werden, die Akte angefordert, darin nach diesen abgefragten Daten gesucht und diese wieder weggelegt werden. Hierfür ist pro Akte ein Gesamtaufwand für die ZAB von durchschnittlich zwei Stunden zu veranschlagen. Nach Abwägung des Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN parlamentarischen Informationsinteresses einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der ZAB andererseits wurde von einer umfassenden Beantwortung dieser Frage abgesehen. Frage 4: Aus welchen Gründen wurden in Fällen, in denen amtsärztliche, weitere fachärztliche und/oder psychologische beziehungsweise psychotherapeutische Gutachten , die eine Reiseunfähigkeit bestätigten, vorlagen, dennoch eine Abschiebung durchgeführt? Die erfragten Angaben zu Fällen, in denen amtsärztliche, weitere fachärztliche und/oder psychologische bzw. psychotherapeutische Gutachten, die eine Reiseunfähigkeit bestätigten und dennoch eine Abschiebung durchgeführt wurde, werden statistisch nicht erfasst und sind auch nicht aus vorhandenen EDV-Programmen herauszulesen . Insoweit wird auf die Antwort auf die Frage 2 hinsichtlich der Begründung des Absehens einer umfassenden Beantwortung der Frage verwiesen. Nach § 60a Abs. 2 c Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Nach § 60 Abs. 2c Satz 2 AufenthG muss ein Ausländer eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Über die Reisetauglichkeit ist von der Ausländerbehörde individuell, aufgrund des Inhaltes der qualifizierten ärztlichen Bescheinigung zu entscheiden. In Zweifelsfällen wird veranlasst, dass die Reisetauglichkeit amtsärztlich beurteilt wird. Wenn dann feststeht, dass keine Reisefähigkeit besteht, erfolgt bis zur Neubeurteilung keine Abschiebung. Frage 5: Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus der inkorrekten Beantwortung der Drs. 6/6571 und welche Implikationen hat diese für das Vertrauensverhältnis von Parlament und Regierung aus Sicht der Landesregierung, insbesondere im Hinblick auf die Intransparenz von Abschiebungen durch ihre Nicht- Ankündigung und Vollziehung in der Nacht? Die Staatsregierung weist den Vorwurf einer fehlerhaften Beantwortung der in der Vorbemer Lng der Fragestellerin aufgeführten Kleinen Anfragen zurück. Die fachärztliche Stellungnahme, auf die sich die Antwort der Staatsregierung auf die Drs.- Nr. 6/6571 bezog, enthielt keine Aussage zur Reisefähigkeit. Mit freunLdlich. en Grüßen Markuls Ulbig\ Seite 4 von 4 2017-02-09T12:23:09+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes