SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 1 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden STAATSMlNlSTERIUM DER JUSTIZ Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Meier, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/8062 Thema: Verfahren nach dem Transsexuellengesetz (TSG) an sächsischen Gerichten Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Verfahren zur Vornamensänderung (§ 1 TSG) und zur Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit (§ 8 TSG) wurden seit 2000 an den sächsischen Amtsgerichten (Familiengericht) beantragt und mit welchem Ergebnis durchgeführt? (Bitte aufschlüsseln nach Gerichten, Jahren und jeweiliger Verfahrensart (Vornamensändern, Feststellung Geschlechtszugehörigkeit oder beides kombiniert)). Frage 2: In wie vielen der unter 1. benannten gerichtlichen Verfahren wurde Verfahrenskostenhilfe mit welchen Ergebnissen beantragt? Seite 1 von 4 ~SACHsEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564-1500 Telefax +49 351 564-1509 staatsminister@ smj .justiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1040E-KLR-182/17 J?resden, / ( ~ • Februar 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium der Justiz Hospitalstraße 7 01097 Dresden Briefpost über Deutsche Post O 1095 Dresden www.justiz.sachsen.de/smj Verkehrsverbindung : Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang Ober Einfahrt Hospitalstraße 7 "Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronische Dokumente nur über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach; nähere Informationen unter wwwegvp de Frage 3: STAATSMlNlSTERJUM DER JUSTIZ ~SACHsEN Welche Verfahrensschritte werden in den Verfahren nach dem TSG durchlaufen und wie lange dauern die Verfahren im Durchschnitt? Frage 4: Wie oft wurden mit jeweils welchen Ergebnissen Rechtsmittel gegen die Entscheidungen der Amtsgerichte eingelegt? zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 4: Eine statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung, somit auch zur durchschnittlichen Dauer der Verfahrensschritte, findet durch die sächsischen Amtsgerichte nicht statt. Da die betreffenden Verfahren in den Datenbanken der Amtsgerichte nicht gesondert gekennzeichnet werden, kann die Frage auch nicht durch eine Datenbankauswertung beantwortet werden. In den Geschäftsübersichten über die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit werden unter der Position 11 01 00 „Standesamtssachen insgesamt" lediglich die Anzahl der Verfahrenseingänge nach dem TSG (Position 11 01 10) ohne weitere Differenzierung statistisch erhoben (Anlage 5 zur VwV Geschäftsstatistik der ordentlichen Gerichte und Staatsanwaltschaften vom 15. Dezember 2016). Demnach sind seit dem Jahr 2000 insgesamt 769 Verfahren bei den sächsischen Amtsgerichten eingegangen. Die Verteilung der Verfahrenseingänge auf die Jahre zwischen 2000 und 2016 stellt sich wie folgt dar: 1 2000 2001 2002 2003 1 2004 2005 2006 2007 1 2008 1 2009 2010 2011 1 2012 1 2013 1 2014 1 2015 1 2016 1 1 19 21 19 15 1 28 23 29 21 1 49 1 44 49 1 05 1 43 1 80 1 81 1 64 1 79 1 Von einer weitergehenden Beantwortung wird aus Gründen der Zumutbarkeit abgesehen. Die vollständige Beantwortung der Frage würde die Durchsicht und händische Auswertung aller 769 Verfahrensakten erfordern. Es wären somit umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Amtsgerichte und für die Rechtsmittelinstanz bei dem Oberlandesgericht Dresden erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Heraussuchen der Akten aus den Archiven bzw. Geschäftsstellen, das Auswerten der Akten im Sinne der Fragestellung Seite 2 von 4 STAATSMlNISTERIUM DER JUSTIZ ~SACHsEN durch einen Bediensteten des mittleren und Schreibdienstes, die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses sowie das Zurücklegen der Akten in Geschäftsstellen bzw. Archive zu berücksichtigen (Verfahrensart, Antrag auf Verfahrenskostenhilfe, Einlegung eines Rechtsmittels sowie die jeweiligen Entscheidungen hierzu). Für die Berechnung der durchschnittlichen Verfahrensdauer käme hinzu, dass die Verfahrenslaufzeit eines jeden einzelnen Verfahrens händisch zu berechnen wäre. Für die entsprechende Auswertung der Akten ist daher von einem Arbeitsaufwand von durchschnittlich mindestens 50 Minuten je Akte auszugehen. Der hierfür anfallende zeitliche Aufwand wird somit insgesamt auf mindestens 80 Arbeitstage für einen Mitarbeiter geschätzt. Die Staatsregierung kommt daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Behörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine vollständige Beantwortung der Fragen auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung des Geschäftsbereichs der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht zu leisten ist. Soweit nach den in den Verfahren nach dem TSG zu durchlaufenden Verfahrensschritten gefragt wird, wird Folgendes mitgeteilt: Die Antwort auf diese Frage ergibt sich aus dem Transsexuellengesetz (TSG) vom 10. September 1980 (BGBI. 1 S. 1654), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 17. Juli 2009 (BGBI. 1 S. 1978) geändert worden ist, sowie aus dem gemäß § 4 Absatz 1 TSG für das gerichtliche Verfahren ergänzend geltenden Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) vom 17. Dezember 2008 (BGBI. 1 S. 2586, 2587), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 11. Oktober 2016 (BGBI. 1 S. 2222) geändert worden ist. Frage 5: Inwieweit werden die sächsischen Richterinnen und Richter hinsichtlich der Verfahren nach dem TSG und der psychosozialen Auswirkungen der Verfahren und erforderlichen Begutachtungen auf die Betroffenen besonders geschult und inwieweit existieren Vorgaben des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz Seite 3 von 4 STAATSMlNlSTERIUM DER JUSTIZ ~SACHsEN hinsichtlich der Durchführung der Verfahren (z. B. Anzahl der psychologischen Begutachtungen und Auswahl der Gutachterinnen und Gutachter)? Es werden Fortbildungen für sächsische Richter, die sich unter anderem den Themen Transsexualismus und TSG widmen, als Teil der regelmäßig vom Sächsischen Staatsministerium der Justiz als landeseigene Fortbildung angebotenen Veranstaltung „Basiswissen der forensischen Psychiatrie" im Zusammenhang mit dem Themenbereich „Störungen der Geschlechteridentität" angeboten. Hinzuweisen ist darauf, dass Richter persönlich und sachlich unabhängig agieren und in ihrer Entscheidungsfindung allein an Recht und Gesetz gebunden sind. Dies ergibt sich aus Artikel 20 Absatz 3 und Artikel 97 Absatz 1 Grundgesetz. Vorgaben des Sächsischen Stt tsministeriums der Justiz hinsichtlich der Durchführung der Verfahren würden den Gr ' dsatz der richterlichen Unabhängigkeit konterkarieren und wären unzulässig . 1 M' fre ndlichen Grüßen 1 in e Seite 4 von 4 2017-02-14T12:24:25+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes