STAATSMIN1STERIUM DES INNERN SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Klaus Bartl, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/8063 Thema: Zusammenarbeit des Freistaates Sachsen mit dem Nationalen Zentrum für Kriminalprävention (NZK) Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Das Nationale Zentrum für Kriminalprävention (NZK), das als wissenschaftlicher Fachdienst für Kriminalprävention systematisch Informationen über die Wirksamkeit von kriminalpräventiven Maßnahmen sammeln, diese Erkenntnisse für Politik und Praxis nutzbar machen soll, hat im Januar 2016 in Bonn seine Arbeit aufgenommen. Es befindet sich derzeit in einer dreijährigen Gründungsphase." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: War bzw. ist der Freistaat Sachsen in irgendeiner Form am Aufbau des NZK beteiligt und wenn ja, wie? Der Freistaat Sachsen wurde zu den Überlegungen bzgl. der Gründung des Nationalen Zentrums für Kriminalprävention (NZK) in Kenntnis gesetzt. Organisatorisch und räumlich ist das NZK an das Deutsche Forum Kriminalprävention (DFK) angegliedert. Das DFK wiederum ist eine gemeinnützige, rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts unter maßgeblicher Beteiligung des Bundes und der Länder zur Förderung der Kriminalprävention. Der Freistaat Sachsen ist im Kuratorium des DFK durch den Staatsminister des Innern vertreten. Der Freistaat Sachsen ist mittelbar im Fachbeirat des NZK über den Arbeitskreis II „Innere Sicherheit" der Innenministerkonferenz sowie die integrierten Vertreter der Landespräventionsgremien beteiligt. In der Steuerungsgruppe des Zentrums ist dies über das Programm Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) gegeben. ‘ . , .'= Freistaat SACHSEN2' Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-1053/17/128 Dresden, ,1,1 . Februar 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN '473I k , M Frage 2: In welcher Weise wird derzeit empirisch fundiertes Wissen über Kriminalitätsphänomene in Sachsen erfasst und für eine gezielte Kriminalpolitik nutzbar gemacht ? Frage 3: Welche in diese Richtung arbeitenden, auch behördeninternen Forschungsstellen (etwa Kriminalistische oder Kriminologische Institute) existieren in Sachsen bzw. in welcher sonstigen organisatorischen Form werden Planungsgrundlagen für die Kontrolle und Prävention von Kriminalität bislang im Freistaat Sachsen erarbeitet? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 2 und 3: Der Landespräventionsrat Sachsen (LPR SN) ist ein landesweit agierendes Gremium unter Beteiligung von fünf Staatsministerien sowie 23 weiteren staatlichen und nichtstaatlicher Partner. Der LPR SN hat u. a. das Ziel der gesamtgesellschaftlichen Bündelung und gegenseitigen Abstimmung landesweiter und regionaler Initiativen zur Verhinderung von Extremismus und Fremdenfeindlichkeit, Gewalt und Kriminalität, zur Verbesserung der Verkehrssicherheitsarbeit, der gesundheitlichen Prävention und Gesundheitsförderung sowie in der sozial -präventiven Arbeit. Dies geschieht bspw. durch Analyse und Bewertung von Ursachen und Entwicklungstendenzen sowie die strategische Konzept- und Projektentwicklung von empirisch fundiertem Wissen der (Kriminal-) Prävention. Das ProPK verfolgt seit mehr als 40 Jahren das Ziel, die Bevölkerung, Multiplikatoren, Medien und andere Präventionsträger über Erscheinungsformen der Kriminalität und Möglichkeiten zu deren Verhinderung aufzuklären. Dies geschieht unter anderem durch kriminalpräventive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und durch die Entwicklung und Herausgabe von Medien, Maßnahmen und Konzepten, welche die örtlichen Polizeidienststellen in ihrer Präventionsarbeit unterstützen. Das umfangreiche Medienangebot des ProPK ist im ProPK-Medienportal zu finden. Weitere Informationen zu zahlreichen Präventionsthemen enthält die Internetseite des ProPK „www.polizei-beratunci.de". Die Publikationen des ProPK können die Polizeibediensteten über den Fachdienst Zentrale Aufgaben/Prävention der zuständigen Polizeidirektion beziehen. In der Zentralstelle für polizeiliche Prävention im Landeskriminalamt Sachsen werden neben den Daten aus der Polizeilichen Kriminalstatistik des Freistaates Sachsen (PKS) allgemein zugängliche wissenschaftliche Quellen, Studien, Ausarbeitungen etc. als Grundlage herangezogen, um (Rahmen -)Konzepte zur Prävention verschiedener Kriminalitätsphänomene (z. B. Sexueller Missbrauch, Gewalt, Gefahren durch digitale Medien, Drogen) zu erstellen und nach jeweils neuesten Erkenntnissen fortzuschreiben . Die Vermittlung der Inhalte an die Zielgruppen erfolgt adressatengerecht mit Methoden , bei denen eine Wirksamkeit und Nachhaltigkeit wissenschaftlich nachgewiesen wurde. Die Recherche erfolgt jeweils anlass- und themenspezifisch im Rahmen der fachlichen Zuständigkeit unter Nutzung öffentlich zugänglicher, wissenschaftlicher Quellen. Auch wissenschaftliche Erkenntnisse und Studien der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) finden Berücksichtigung. Durch Prof. Dr. Anton Sterbling, Professor für Freistaat SACHSEN Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN = Freistaat SACHSEN Soziologie und Pädagogik an der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH), wurden seit 1998 regelmäßig empirische Untersuchungen zu „Gewalt an Schulen" (2000/2001), zur „Sicherheitswacht" (2003) und zur „Subjektiven Sicherheit und Lebensqualität" auf der Grundlage von Bevölkerungsbefragungen durchgeführt. Insgesamt sechsmal erfolgten diese Untersuchungen zur subjektiven Sicherheit unter Befragung von jeweils 2.000 Bürgern in Hoyerswerda (1998, 2002, 2008) und Görlitz (1999, 2004, 2012) und einmal unter Befragung von 4.000 Einwohnern im Landkreis Görlitz (2014). Hinzu kam 2016 eine Befragung sämtlicher Handwerksbetriebe des Landkreises Görlitz zu Sicherheitsfragen und zur Betroffenheit durch Eigentumsdelikte. Der Kriminologische Dienst für den Justizvollzug ist als unselbstständige Stelle bei der Justizvollzugsanstalt Leipzig angesiedelt. Aufgabe des Kriminologischen Dienstes ist die wissenschaftliche Begleitung, Bewertung und Fortentwicklung des Justizvollzugs. Hierzu macht der Kriminologische Dienst Forschungsergebnisse und aktuelles kriminologisches Fachwissen nutzbar und initiiert und betreut Forschungsvorhaben im Justizvollzug . Frage 4: Wie wird bislang in Sachsen gewährleistet, dass Führungskräfte der Polizei, in der Justiz und im Justizvollzug, in der Sozialarbeit, in der Pädagogik etc. auf empirisch gesicherte Erkenntnisse der Kriminalprävention zurückgreifen können? Die Führungskräfte der sächsischen Polizei haben Zugriff auf das Extranet „Extrapol" und die dort von allen Polizeien der Länder und des Bundes zum Thema Kriminalprävention eingestellten Informationen. Darüber hinaus besteht für sie die Möglichkeit, über die Bibliothek der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) wissenschaftliche Literatur zu beziehen. Nicht im eigenen Bestand vorhandene Literatur kann über den Deutschen Leihverkehr der Bibliotheken bestellt werden. Die Untersuchungsergebnisse der Hochschule der Sächsischen Polizei (es wird auf die Antwort auf die Frage 3 verwiesen) wurden in der Schriftenreihe der Hochschule „Rothenburger Beiträge" sowie in wichtigen bundesdeutschen Fachzeitschriften („Die Polizei ", „Kriminalistik" usw.) veröffentlicht. Sie wurden vielfach für praktische Präventionsmaßnahmen der sächsischen Polizei, der Kommunen und des Landkreises Görlitz wie auch der Handwerkskammer aufbereitet und genutzt. Ebenso wurden sie systematisch in die Ausbildung der Polizei im Bachelor- wie auch im Master -Studium einbezogen . Für den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe gehört Kriminalprävention und Forschung nicht zu den Aufgaben, sondern die öffentliche Fürsorge mit dem Ziel, junge Menschen zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu erziehen. Auch die Mitwirkung der Jugendgerichtshilfe in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz dient weder der Repression noch der Prävention. Vielmehr bringt sie erzieherische Gesichtspunkte in die Jugendstrafverfahren ein. Für die Führungskräfte in der Sozialarbeit der Kinder- und Jugendhilfe der Landkreise und Kreisfreien Städte ist auf die kommunale Selbstverwaltung zu verweisen. Die Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten — einschließlich der Führungskräfte — im Freistaat Sachsen erfolgt bedarfsorientiert. Die Vermittlung von Erkenntnissen zur Kriminalprävention stellt dabei angesichts der repressiven Tätigkeit der Gerichte und Seite 3 von 4 STAATSMINISTER1UM DES INNERN 4,a 1 Staatsanwaltschaften keinen Schwerpunkt dar. Fragen der Wirkung kriminalpräventiver Ansätze werden jedoch regelmäßig im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen der sächsischen Justiz wie auch solcher der Deutschen Richterakademie angesprochen, bei denen der sächsischen Justiz stets ein eigenes Teilnehmerkontingent zur Verfügung steht. Beispielhaft sei auf Tagungen der letzten Jahre wie „Jugendstrafrechtliche Entwicklungspsychologie", „Psychiatrie und Psychologie im Strafverfahren" und „Täterarbeit " verwiesen. Darüber hinaus stehen den Bediensteten der sächsischen Justiz über die Bibliotheken des Geschäftsbereichs zahlreiche einschlägige Publikationen zur Kriminalprävention zur Verfügung. Über das elektronische Recherchesystem „BORIS" besteht darüber hinaus Zugriff auf den Bestand der jeweils anderen Bibliotheken. Im Bereich des Justizvollzugs wirkt der Kriminologische Dienst bei vielfältigen Aus- und Fortbildungen mit und richtet auch Fachtagungen aus. Im Auftrag des Staatsministeriums der Justiz erstellt der Kriminologische Dienst Expertisen und berät sowohl Führungskräfte als auch Praktiker im Bereich der Sozialarbeit, Pädagogik und Psychologie in unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen. Frage 5: Welchen Stellenwert misst die Staatsregierung generell einer rationalen Kriminalpolitik bzw. einer auf empirisch fundiertes Wissen gestützten Kriminalprävention allgemein und bezogen auf solche Schwerpunkte wie Prävention extremistischer Gewalt, Prävention terroristischer Gewalt, Behandlung junger Mehrfachund Intensivtäter, Prävention gegenüber Hooliganismus, ambulante Rückfallprä-,ventioryon Sexualstraftätern im Besonderen bei? I / Die Stgatsregierung misst dem einen hohen Stellenwert bei. Mit freündlichen Grüßen ärkus Ul i Freistaat SACHSEN Seite 4 von 4 2017-02-13T13:48:27+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes