STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOllALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 1 o 1 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01 067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Sebastian Wippel Drs.-Nr.: 6/8067 Thema: Anzahl falscher Altersangaben bei Flüchtlingen Nachfrage zu 6/7118 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "ln ihrer Antwort auf die o. g. Kleine Anfrage schreibt die Staatsregierung, die Feststellung des Alters unbegleitet einreisender Ausländer, wenn Anhaltspunkte für Minderjährigkeit vorlägen, obliege den Landkreisen und Kreisfreien Städten als den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe als Pflichtaufgabe in kommunaler Selbstverwaltung. Die Landkreise und Kreisfreien Städte unterliegen dabei keiner Fachaufsicht durch die Staatsregierung. Der Vollzug der Aufgaben liegt damit außerhalb des Zuständigkeits- und Verantwortungsbereichs der Staatsregierung ." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Was versteht die Staatsregierung unter kommunaler Selbstverwaltung und was unter einer Pflichtaufgabe in kommunaler Selbstverwaltung ? Nach Artikel 28 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland muss den Gemeinden das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Nach Artikel 82 Absatz 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen sind Träger der Selbstverwaltung die Gemeinden, die Landkreise und andere Gemeindeverbände . Ihnen ist das Recht gewährleistet, ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze unter eigener Verantwortung zu regeln. Nach Artikel 84 Absatz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen sind die Gemein- Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin Durchwahl Telefon +49 351 564-5601 Telefax +49 351 564-5791 Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 45-0141.51-17/81 Dresden, *'· Februar 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 10 01097 Dresden www.sms.sachsen.de STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ S SACHsEN den in ihrem Gebiet die Träger der öffentlichen Aufgaben, soweit nicht bestimmte Aufgaben im öffentlichen Interesse durch Gesetz anderen Stellen übertragen sind. Die Gemeindeverbände haben innerhalb ihrer Zuständigkeit die gleiche Stellung. § 2 Absatz 2 Satz 1 der Sächsischen Gemeindeordnung (SächsGemO) und § 2 Absatz 2 Satz 1 der Sächsischen Landkreisordnung (SächsLKrO) definieren als Pflichtaufgaben öffentliche Aufgaben, zu deren Erfüllung die Gemeinden bzw. Landkreise durch Gesetz verpflichtet werden. Bei Pflichtaufgaben in kommunaler Selbstverwaltung handelt es sich mithin um Aufgaben , zu deren Wahrnehmung die Träger gesetzlich verpflichtet sind, wobei sie in eigener Verantwortung darüber entscheiden, wie die Aufgaben erfüllt werden. Frage 2: Übt die Staatsregierung hinsichtlich der Wahrnehmung der Aufgaben als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Rechtsaufsicht über die Landkreise und Kreisfreien Städte aus und wenn ja, durch welche Behörde? Die Rechtsaufsicht über die Landkreise und Kreisfreien Städte wird durch die Landesdirektion ausgeübt, das Sächsische Staatsministerium des lnnern ist oberste Rechtsaufsichtsbehörde , § 112 Abs. 1 SächsGemO, § 65 Abs. 1 SächsLKrO. Frage 3: Falls Frage 2. mit "Ja" beantwortet wird: Ist die Antwort aus der Kleinen Anfrage 6/7118, der Vollzug liege außerhalb des Zuständigkeits- und Verantwortungsbereichs der Staatsregierung, dann nicht unzutreffend oder zumindest unpräzise? Nein. Träger der von den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe wahrzunehmenden Aufgaben sind die Landkreise und Kreisfreien Städte. Der Vollzug dieser Aufgaben obliegt ihnen ausschließlich in ihrer Zuständigkeit und in eigener Verantwortung. Sie unterliegen dabei keinen Weisungen und keiner Fachaufsicht durch den Freistaat Sachsen. Die Rechtsaufsicht durch den Freistaat beschränkt sich ausschließlich auf die Überwachung der Gesetzmäßigkeit des Handeins der örtlichen Träger. Frage 4: Hat die Staatsregierung Kenntnis von den Gründen, weshalb im Jahr 2015 bei einer nahezu sechsfachen Anzahl minderjähriger Asylsuchender im Vergleich zum Jahr 2016 gleichwohl nur in halb so viel Fällen Zweifel an der Altersangabe bestanden und wenn ja, welche Gründe sind dies? Frage 5: Fall die Frage 4. mit "Nein" beantwortet wird: Ist seitens der Staatsregierung versucht worden, von den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe die Gründe für diese Diskrepanz zu erfahren, und wenn nein, warum nicht? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 4 und 5: Seite 2 von 3 STAATSMlNlSTF.RlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ Bei der in der Antwort auf Frage 1 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/7118 genannten mehrfachen Zahl minderjähriger Asylsuchender im Jahr 2015 (18.625) gegenüber dem Jahr 2016 (3.909) handelt es sich ausschließlich um die in diesen Jahren in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Freistaates Sachsen erfassten Zugänge. Diese Angabe darf nicht mit der Gesamtzahl ausländischer Minderjähriger gleichgesetzt werden, die sich in diesen Jahren im Freistaat Sachsen aufgehalten haben und deren Altersangabe Anlass zu Zweifeln hätte geben können. Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit einer Altersangabe können nur die konkreten Umstände im jeweiligen Einzelfall geben. Der Staatsregierung liegen keine gesicherten Erkenntnisse darüber vor, warum 2015 und 2016 in unterschiedlicher Häufigkeit Zweifel an den Altersangaben aufkamen. Da die enorme Zunahme der Zahl aufzunehmender Flüchtlinge und unbegleiteter ausländischer Minderjähriger im Freistaat Sachsen erst im Laufe des Jahres 2015 zu verzeichnen war und Altersangaben erst nach der Ankunft im Inland auf Zweifel stoßen und einer Prüfung unterzogen werden können, liegt es jedoch nahe, dass die höhere Zahl zweifelhafter Fälle im Jahr 2016 der gestiegenen Zahl sich im Freistaat Sachsen aufhaltender Flüchtlinge und unbegleiteter ausländischer Minderjähriger wie auch dem zeitlichen Abstand zwischen der Ankunft im Freistaat und der späteren Prüfung der Altersangabe bei auftretenden Zweifeln geschuldet ist. Auf Grund dieser naheliegenden Erklärung wurde auch keine Veranlassung gesehen, bei den Landkreisen und Kreisfreien Städten nachzufragen, warum die unteren Ausländerbehörden für das Jahr 2015 eine geringere Zahl angezweifelter Altersangaben mitgeteilt haben als für das Jahr 2016. Seite 3 von 3 Freistaat SACHSEN 2017-02-13T12:49:22+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes