2015/3468 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Postfach 10 05 10 | 01076 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/820 Thema: Schiffbarmachung der Pleiße in Leipzig Durchwahl Telefon +49 351 564-2000 Telefax +49 351 564-2009 Poststelle© smul.sachsen.de* ihr Zeichen PD 2-2012 Pa/Ho Ihre Nachricht vom 29. Januar 2015 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) Z-0141.50/19/4799 Dresden, 4j.02.io4f Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Bei der Bezeichnung des Vorhabens als „Schiffbarmachung“ handelt es sich um eine veraltete, von den Planern der Gewässerausbaumaßnahme verwendete Bezeichnung. Bereits der Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2009 führte die Bezeichnung „Störstellenbeseitigung in der Pleiße“. Hiermit sollen Missverständnisse vermieden werden - eine Erklärung der Schiffbarkeit gemäß § 17 Abs. 2 Satz 3 Sächsisches Wassergesetz (SächsWG), bei der es sich um ein förmliches Verfahren zur Freigabe eines Gewässers für die öffentliche Schifffahrt handelt, ist nicht Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses. Frage 1: Welche Abschnitte der Pleiße sollen auf Grundlage welcher Planfeststellungsbeschlüsse, mit welchen (Förder-) Mitteln, in welchen zeitlichen Rahmen schiffbar gemacht werden, was sind die Ziele der Schiffbarmachung der Pleiße und wie werden diese in Einklang mit naturschutzrechtlichen Vorschriften und dem Schutz der bestehenden FFH-Schutzgebietsziele und Schutzgebietsziele der Vogelschutzgebiete in Teilen der Pleißeregion gebracht? (Bitte aufschlüsseln nach Planfeststellungsbeschluss, Jahr, Höhe der Fördermittel, Fördermittelgeber, finanziellem Gesamtumfang der Maßnahme.) Seite 1 von 4 Jetzt 0 schalten En erg ieeffizienz in Sachsen Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft Archivstraße 1 01097 Dresden www.smul.sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Für Besucher mit Behinderungen befinden sich gekennzeichnete Parkplätze am Königsufer. Für alle Besucherparkplätze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden. * Kein Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronische Dokumente D2015/3468 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN Bei der in der Anfrage aufgeführten Maßnahme handelt es sich um die § 4-Maßnahme 494.055 mit der Bezeichnung „Schiffbarmachung der Pleiße - Connewitzer Wehr bis Agra-Wehr“ im Rahmen des Verwaltungsabkommens zur Braunkohlesanierung in der Projektträgerschaft der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV). Ziel des Vorhabens ist es, das im Zusammenhang mit den bergbaulichen Wiedernutzbarmachungsarbeiten LMBV um Leipzig wieder entstehende Wasserwegenetz an die umliegenden Gewässer anzubinden (Planfeststellungsbeschluss Seite 25). Beabsichtigt ist, auf dem Flussabschnitt der Pleiße zwischen ConnewitzerWehr und Agra-Wehr (Stat. km 0+000 bis km 5+187) einen Bootsverkehr mit gewässerangepassten Booten (Planfeststellungsbeschluss Seite 26) zu ermöglichen. Die Gewässerausbaumaßnahmen sollen im Bereich zwischen Fluss-km 0+000 bis 5+187 (gerechnet vom ConnewitzerWehr) erfolgen. Im Rahmen der Durchführung des Vorhabens hat der Vorhabenträger Kommunales Forum Südraum Leipzig drei Bauabschnitte (BA) festgesetzt: - 1. BA km 3+450 - 3+628 (178 m unterhalb der Bahnbrücke), - 2. BA km 3+628 - 4+187 (zwischen Bahnbrücke und Brücke Goethesteig), - 3. BA km 4+285 - 5+123 (Brücke Goethesteig bis Unterwasser Agra-Wehr). Nach dem Planfeststellungsbeschluss der Landesdirektion Sachsen (Leipzig) vom 23. Oktober 2009 (Az.: L 42-8960.20/7) werden folgende wesentliche Maßnahmen durchgeführt: - Rückbau von drei Flachstellen und Befestigung der Gewässersohle mittels Steinschüttung auf mineralischem Filter um die Bereiche km 3+500, km 3+640 und km 4+000, - Anpassung der Böschungen unterhalb der Brückenbauwerke Eisenbahnbrücke, Goethesteig, Brücke Weißes Haus und Brücke AGRA-Park, - Anpassung von verschiedenen Niederfahrten an den Ufern sowie von Uferböschungen, - teilweise Neuprofilierung von Sohle und Böschung mit teilweiser Sohleintiefung und Befestigung mittels Steinschüttung auf mineralischem Filter, - Rückbau der Sohlschwelle bei km 4+310, - Herstellung einer Sohlgleite bei km 5+100. Die durchzuführenden Arbeiten haben unter Beachtung der Festlegungen des Planfeststellungsbeschlusses zu erfolgen, der auf der Grundlage des geltenden Rechts, auch des Naturschutzrechts, erlassen worden ist. Die Finanzierung der Maßnahme erfolgt zu 75 Prozent durch den Freistaat Sachsen und zu 25 Prozent durch die Vorhabenträger. Entsprechend der Unterzeichneten Finanzierungs- und Übernahmevereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen dem Zweckverband Kommunales Forum Südraum Leipzig, der LMBV, dem Freistaat Sachsen (Sächsisches Oberbergamt), der Stadt Markkleeberg und der Stadt Leipzig ergeben sich Gesamtkosten von rund 1,7 Millionen Euro, davon Eigenanteil Stadt Markkleeberg rund 230 000 Euro und Stadt Leipzig rund 206 000 Euro. Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACH SEM Baubeginn für den ersten Bauabschnitt war der 8. Dezember 2014. Die jährliche Finanzplanung der Maßnahme stellt sich wie folgt dar: - 2014: 213.931,06 Euro für Beginn Bauabschnitt (BA) 1, - 2015: 775.826,45 Euro für Fertigstellung BA 1, Beginn BA 2 und 3, - 2016: 745.183,95 Euro für Fertigstellung BA 2 und 3. Frage 2: Sind die aktuellen Arbeiten zur Schiffbarmachung der Pleiße durch geltendes Bundes- und EU-Recht wie Natura 2000-Richtlinien und EG-Wasserrahmenrichtlinie gedeckt? Aktuell finden keine Arbeiten in der Pleiße statt. Die in Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses (siehe Frage 1) Ende Dezember 2014 begonnenen Beräu-mungsarbeiten im Flussbett der Pleiße wurden durch die Vorhabenträger zunächst eingestellt, um Hinweisen auf eine potenzielle Betroffenheit besonders und streng geschützter Arten nachzugehen. In diesem Zusammenhang hat der Vorhabenträger nach hiesiger Kenntnis nach dem vorläufigen Stopp der Arbeiten im Gewässerbett intern eine Überprüfung eingeleitet, um die vorgetragene potenzielle Betroffenheit besonders und streng geschützter Arten bereits im 1. Bauabschnitt zu verifizieren und gegebenenfalls ein Konzept zur weiteren Vorgehensweise zu erstellen. Die Landesdirektion Sachsen geht aktuell davon aus, dass es im Ergebnis dieser Untersuchungen zu einem Antrag auf Planänderung kommen kann, eine verbindliche Aussage hierzu ist allerdings noch nicht möglich. Für den Fall eines Planänderungsverfahrens gern. § 76 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) wäre die Einbeziehung der Träger öffentlicher Belange sowie der anerkannten Naturschutzvereinigungen gesetzlich vorgeschrieben. Darüber hinaus wird nochmals auf den vorliegenden Planfeststellungsbeschluss hingewiesen. In diesen wurde eine ergebnisoffene Prüfungs- und Vorgehenssystematik für den Fall des Antreffens besonders und streng geschützter Arten während der Durchführung des Vorhabens aufgenommen, konkret die Nebenbestimmungen 6.3.1.1 bis 6.3.1.7. Damit wird sichergestellt, dass der Artenschutz auch im Rahmen der (weiteren) Durchführung des Vorhabens im gesetzlich gebotenen Umfang berücksichtigt wird. Die aktuell eingeleitete Überprüfung orientiert sich an dieser Systematik. Aktuell ist daher nicht zu erkennen, dass durch das Vorhaben „Störstellenbeseitigung in der Pleiße“ (s. hierzu die Vorbemerkung) gegen geltendes Bundes- und EU-Recht wie die Natura-2000-Richtlinien und die EU-Wasserrahmenrichtlinie verstoßen wird. Frage 3: Welche Position vertritt die Landesdirektion Sachsen als oberste Wasserbehörde zur Notwendigkeit der Schiffbarmachung der Pleiße und zum Natur- und Tierschutz an und im Fluss? Gemäß § 109 Abs. 1 Nr. 2 SächsWG ist die Landesdirektion Sachsen die obere, nicht die oberste Wasserbehörde. Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN Die obere Wasserbehörde sieht derzeit keine Veranlassung, ein Verfahren gemäß § 17 Abs. 2 Satz 3 SächsWG von Amts wegen einzuleiten. Frage 4: Wurden vor Baubeginn Untersuchungen der Tier- und Pflanzenwelt in und an der Pleiße durchgeführt, wenn ja, durch wen, zu welchen Ergebnissen kamen die Untersuchungen; wenn nein, wieso wurde hierauf verzichtet? (Bitte ausführliche Begründung.) Vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses wurden keine artspezifischen Untersuchungen der Tier- und Pflanzenwelt in und an der Pleiße durchgeführt, da zu diesem Zeitpunkt keine spezifischen Hinweise auf das Vorkommen besonders und streng geschützter Arten Vorlagen. Zur Absicherung der gesetzlichen Vorschriften wurde jedoch, wie bereits in der Antwort zu Frage 2 dargestellt, eine ergebnisoffene Prüfungssystematik in die Planfeststellung aufgenommen. Frage 5: Welche Maßnahmen zum Schutz der Libellenart „Grüne Keiljungfer“ (Schutzgebietsziel des FFH-Gebietes „Leipziger Auensystem“ und Art des Anh. IV der FFH-RL) und des Eisvogels (Schutzgebietsziel im SPA-Gebiet „Leipziger Auwald“), die an der Pleiße leben, wurden bisher unternommen und welche weiteren Maßnahmen zum Tierschutz beider Tierarten sind wann geplant? Zum Vorkommen der Grünen Keiljungfer im Bereich des 1. Bauabschnittes liegen zurzeit unterschiedliche Aussagen vor (siehe hierzu auch Hinweise zur Überprüfung unter Frage 2). Auf die Anzeigen des Ökolöwen zum Vorkommen der Grünen Keiljungfer (Schreiben vom 28. Oktober 2014) und zum Eisvogel (Schreiben vom 5. Dezember 2014) im Vorhabengebiet - jeweils an die Landesdirektion Sachsen gerichtet - wurde durch diese in Anlehnung an die im Planfeststellungsbeschluss geregelte Systematik (siehe Frage 2) die untere Naturschutzbehörde einbezogen und um eine fachliche Bewertung des Vortrages des Ökolöwen gebeten. Der Vorhabenträger wurde in diesem Zusammenhang gebeten, Unterlagen vorzulegen, aus denen sich ableiten lässt, ob und in welchem Umfang besonders und streng geschützte Arten durch die Durchführung weitergehender Arbeiten im Gewässerbett beeinträchtigt werden könnten. Eine fachliche Bewertung der erwarteten Unterlagen wird durch die untere Naturschutzbehörde vorzunehmen sein. Mit freundlichen Grüßen Thomas Schmidt Seite 4 von 4