STAATSMINISTERIUI\4 FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUIVI FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Postfach 1005 10 | 01076Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther, Fraktion BUNDNIS 90/DlE GRUNEN Drs.-Nr.: 618231 Thema: Geplanter Abschuss des Wolfes Pumpak im Landkreis Görlitz Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,lm aktuellen Managementplan (2009 überarbeitet 20141S. 34 in Punkt 5.4 Umgang mit auffälligen Wölfen heißt es: "Die Entfernung von Wölfen ist immer das letzte Mittel der Wahl und nur vorzunehmen, wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft sind oder aber Gefahr für Menschen besteht. Esgilt der Grundsatz: Die Sicherheit des Menschen steht immer an erster Stelle! Auch für den Fall, dass ein zunächst im Verhalten als unauffällig eingestufter Wolf im Verlauf der Zeit Verhaltensweisen entwickelt, die besondere Aufmerksamkeit erfordern oder als kritisch oder gefährlich zu bewerten sind, und dieses Verhalten sich nicht durch Ursachenbeseitigung, Schutz- oder Vergrämungsmaßnahmen in positiver Art und Weise verändert, besteht die Entfernungsoption." Beim Umgang mit Wölfen mit nicht erwünschtem Verhalten ist es damit auch im Freistaat Sachsen gemäß des rechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Maßnahmen müssen geeignet, notwendig und nicht unverhältnismäßig im engeren Sinn sein) fachlicher Standard , dass vor dem Töten sicher sein muss, dass Vergrämen nicht erfolgreich ist. Das ist breiter Konsens in und außerhalb Sachsens und wurde im Wolfsmanagementplan entsprechend vorgegeben. Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist weiter abzuleiten, dass es eine Relevanz haben muss, ob tatsächlich konkret aggressives Verhalten zu erwarten ist und damit eine konkrete Gefahr vom Tier ausgeht." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 35'1 564-2000 Telefax +49 351 564-2009 poststelle@ sm u l.sachsen.de* lhr Zeichen lhre Nachricht vom 27. Januar 2017 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) z-1050t1t790 Dresden, ¿4'¿ /Ì s¡mu[+ o c{s to c\¡ ol. kluñÈritr.tu &t gó¡khnbbñhrffuß&uñtuidbiffffift Hausanschrift: Sächsisches Staatsminister¡um ftir Umwelt und Landwirtschaft Archivstraße 1 01 097 Dresden www.smul.sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3,6,7,8,13 Für Besucher mit Behinderungen befinden s¡ch gekennzeichnete Parkplätze am Königsufer. Für alle Besucherparkplätze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden. " Kein Zugang filr elektronisch signierte sowie fär verschlüsselte elektronische DokumenteSeite 1 von 4 STAATSI/INISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Vorbemerkung: Die in den vorangestellten Ausführungen zur Kleinen Anfrage gemachte Aussage, dass ,,vor dem Töten sicher sein muss, dass Vergrämen nicht erfolgreich ist", entspricht weder der gesetzlichen Regelung noch macht der Managementplan eine entsprechende Vorgabe. Zur Erläuterung wird auf die Antwort zu Frage 1 venruiesen. Frage l: Worauf stützt sich die Einschätzung der "konkreten Gefährlichkeit" dieses Wolfes, die ein Abschießen nötig macht, im Detail mit welcher Begründung, insbesondere welche fachlichen Aussagen wurden dazu durch welche lnstitutionen aufgrund welcher Feststellungen getroffen? (Bitte einzeln auflisten.) Für den Wolf Pumpak wurde durch das LUPUS lnstitut für Wolfsmonitoring und -forschung in Deutschland (LUPUS lnstitut) eine Falldatei angelegt, in der alle Sichtungen mit dem jeweiligen Verhalten des Wolfes aufgelistet sind. Diese Datei weist 58 Sichtungen, die dem Wolf Pumpak zugeordnet werden können für den Zeitraum 12. November 2016 bis 10. Januar 2Q17 aut, davon 30 auf Grundstücken in Ortslagen. Das zuständige Landratsamt Görlitz (LRA) hat das LUPUS lnstitut mit einer Situationsbewertung beauftragt, welche das LUPUS lnstitut am 28. November 2016 dem LRA Görlitz übergab. Aufgrund der Häufigkeit und Muster der Sichtungen in menschlicher Nähe, speziell auf Gehöften, hat das LRA Görlitz eingeschätzt, dass durch das atypische, distanzlose Verhalten des Wolfes ein überraschendes Aufeinandertreffen von Mensch und Wolf in einem Hofraum sehr wahrscheinlich wird, in dem sich der Wolf dann zu aggressiven und gefährlichen Reaktionen gedrängt fühlen muss. Zumindest war eine Verkettung von Umständen, die zu einer Gefahr für die menschliche Gesundheit fûhren könnte, angesichts der Häufung von Kontakten zwischen Mensch und wildem Tier im konkreten Fall nicht mit der gebotenen Sicherheit auszuschließen. Aus Anlass des schnell eskalierenden Sicherheitsrisikos sah es das LRA Görlitz als für die Sicherheit der Bevölkerung zuständige Behörde nicht für zumutbar an, dass zunächst noch Fang- und Vergrämungsmaßnahmen durchgeführt werden. Diese Einschätzung wird auch nicht durch die gutachterliche Stellungnahme des LUPUS lnstituts widerlegt, da dieses ernst zu nehmende Zweifel an einem schnell und nachhaltigen Erfolg der Maßnahmen geäußert hat. Entgegen der in den vorangestellten Ausführungen zur Kleinen Anfrage gemachten Behauptung fordert weder das Bundesnaturschutzgesetz noch der Managementplan eine Sicherheit, dass eine Vergrämungsmaßnahme nicht erfolgreich sein wird. Das Gesetz fordert nicht das Fehlen einer Alternative, sondern das Fehlen einer zumutbaren Alternative. Die Frage der Zumutbarkeit entscheidet sich aber an der Beurteilung, welches Risiko noch zu tragen ist, wenn durchaus unsicher ist, ob Alternativmaßnahmen greifen. Deshalb schreibt auch der Managementplan nicht in jedem Fall ausnahmslos eine vergebliche Vergrämungsmaßnahme vor, sondern gibt für den Regelfall Empfehlungen. Mit Schreiben vom 13. Januar 2017 bat der Landkreis Görlitz um Einvernehmenserteilung zum Abschuss eines Wolfes. Das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) konnte die Gefährdungsanalyse und die daraus resultierende Beurteilung des Fehlens einer zumutbaren Alternative nachvollziehen und erteilte das Einvernehmen am 17 . Januar 2017, Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUI\4 FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Frage 2: Welche Abfolge der Maßnahmen, die im Managementplan aufgeführt sind, wurden wann durch wen durchgeführt? (laut Managementplan Pkt. 8.5.3 lnformations- und Handlungskette zum Umgang mit einem auffälligen Wolf) Wie unter Frage 1 dargestellt, wurde durch das LUPUS lnstitut eine Falldatei für den speziellen Wolf erstellt, in die alle Sichtungen/Hinweise aufgenommen wurden. Die lnformationen aus der Falldatei standen und stehen dem LRA Görlitz zur Verfügung. Am 28. Novemþer 2016 hat das LUPUS lnstitut für das LRA Görlitz eine Situationsbewertung durchgeführt, woraufhin das LRA Görlitz am 2. Dezember 2016 eine Beratung mit dem LUPUS lnstitut, dem Veterinäramt, der Unteren Jagdbehörde und dem Kreisforstamt zum weiteren Vorgehen durchgeführt hatte. ln der Folge hat sich der Landkreis Görlitz die Ergebnisse dieser Besprechung nicht im vollen Umfang zu eigen gemacht. Aufgrund der auch im Besprechungsprotokoll noch einmal dokumentierten Zweifel am Erfolg einer Vergrämung kam die Behörde zu einer abweichenden Entscheidung. Am 8. Dezember 2016 fand in Teicha, das ist der Ortsteil der Gemeinde Rietschen, in dem der Wolf am häufigsten gesehen wurde, eine öffentliche lnformationsveranstaltung des Kontaktbüros Wolfsregion Lausitz statt. Bei dieser Veranstaltung wurde nicht nur das Verhalten des Wolfes und seine Ursachen erklärt, sondern auch dazu aufgerufen, Speiseabfälle nicht auf den Komposthaufen zu entsorgen, um zusätzliche Anreize für den Wolf zu vermeiden. Eine entsprechende Postwurfsendung ging auch an alle Haushalte des Ortes. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 hat das LRA Görlitz um Einvernehmenserteilung zum Abschuss ersucht, woraufhin das SMUL mit Schreiben vom 10. Januar 2017 um eine Konkretisierung der Gefahreneinschätzung bat, die das Landratsamt mit Schreiben vom 13. Januar 2017 erbrachte, sodass das SMUL am 17. Januar 2017 das Einvernehmen erklären konnte. Daraufhin erteilte das LRA Görlitz am 18. Januar 2017 die bis zum 19. Februar 2Q17 befristete Ausnahmegenehmigung zum Abschuss des Wolfes. Die lnformations- und Handlungsketten entsprechend Managementplan für den Wolf im Freistaat Sachsen sind damit eingehalten worden. Frage 3: Welche weiteren Maßnahmen können eingesetzt werden, um solchen Wölfen wieder zu distanziertem Verhalten zu verhelfen; insbesondere welche möglichen Vergrämungsmaßnahmen (optisch, akustisch, haptisch) gemäß Managementplan Pkt. 5.4 wurden hier konkret geprüft und warum verworfen bzw. bereits erfolglos durchgeführt? lm konkreten Fall hatte das LUPUS lnstitut Folgendes vorgeschlagen: - lntensives Monitoring, - lnformation der Bevölkerung, - Entfernen von Auslösereizen, - Vorbereitung Fang, - Fangen/Besendern und Vergrämung. Wie dargestellt, wurden die Punkte eins bis drei umgesetzt. Warum die Punkte vier und fünf nicht umgesetzt wurden, ist der Antwort zu Frage 1 zu entnehmen. Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSENU Frage 4: Wie und durch wen soll der geplante Abschuss erfolgen und welche Maßnahmen wurden bereits eingeleitet und welche sind noch geplant? Der Abschuss sollte durch berechtigte Personen aus der Jägerschaft erfolgen, die eine entsprechende Genehmigung des LRA Görlitz dazu erhalten haben. Nach lnformation des LRA Görlitz vom 17. Januar 2017 strebt dieses dezeit keine Verlängerung der Ausnahmegenehmigung nach $ 22 Abs.2 SächsJagdG i.V.m. g 45 Abs. 7 BNatSchG an. Mit freundlichen Grüßen ln Vertretung 3, Barbara Seite 4 von 4 2017-02-22T15:18:50+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes