STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/8275 Thema: Rassistische Gewalt gegen minderjährige MigrantInnen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Am 24. Januar 2017 berichtete die Leipziger Volkszeitung: ,Nach Recherchen des MDR-Magazins ‚Fakt' gibt es immer mehr Gewalttaten gegen Flüchtlingskinder. Die ostdeutschen Beratungsstellen für Betroffene rechter Gewalt haben im vergangenen Jahr 242 rassistisch motivierte Angriffe auf Kinder bis 16 Jahre gezählt, rund 70 mehr, als 2015."` Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über rassistisch motivierte Gewalttaten gegen geflüchtete Kinder und Kinder mit Migrationshintergrund im Sinne von Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben? (bitte aufschlüsseln nach Landkreisen /Kreisfreien Städten sowie für die Jahre 2014, 2015 und 2016) Frage 2: Wie viele Strafverfahren im Sinne der Frage 1. sind derzeit in Bearbeitung und befinden sich in welchem Bearbeitungsstand (bitte einzeln und unter Angabe des Tatvorwurfs, Deliktsgruppe sowie nach Abschluss bzw. bevorstehendem Abschluss der Ermittlungen, Anklageerhebung etc. aufführen)? = Freistaat fe SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-1053/17/177 Dresden, 7 1 . Februar 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Freistaat = Im SACHSEN Die nachfolgenden Angaben in der Tabelle basieren auf den beim Landeskriminalamt im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) mit Stand vom 3. Februar 2017 eingegangenen Meldungen der Polizeidienststellen und haben daher vorläufigen Charakter. Sie können sich aufgrund von neuen Ermittlungsergebnissen noch verändern: Jahr Landkreis Delikt Verfahrensstand 2015 Landkreis Leipzig Körperverletzung Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StGB, Täter nicht ermittelt 2016 Vogtlandkreis Körperverletzung Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StGB (Kind, § 19 StGB) Dem Demokratie -Zentrum Sachsen sind darüber hinaus durch der RAA Opferberatung Sachsen e. V., welche im Demokratie -Zentrum die Opferberatung im Sinne des Bundesprogramms „Demokratie leben!" in Sachsen umsetzt, insgesamt 14 Fälle von rassistisch motivierten Gewalttaten im Sinne der Fragestellung aus dem Jahr 2016 bekannt geworden, davon fünf im Landkreis Leipzig, eine im Landkreis Bautzen und acht in der Stadt Dresden. Darüber hinaus sind zu diesen 14 Fällen keine Angaben im Sinne der Fragestellung möglich. Um eine zielgerichtete und effiziente Beratung zu gewährleisten sowie das Beratungsnetzwerk und dessen Angebot weiterzuentwickeln, werden alle Beratungsfälle an die Landeskoordinierungsstelle (LKS) des Demokratie -Zentrums gemeldet und dort zentral gesammelt. In diesem Zusammenhang werden auch personenbezogene Daten gemäß § 3 Sächsisches Datenschutzgesetz (SächsDSG) erfasst, die schützenswert sind. Die LKS erhält diese Daten seitens der Beratungsträger insofern anonymisiert . Im Rahmen des Beratungsmodells des Demokratie -Zentrums Sachsen muss zudem für einen Beratungsauftrag keine polizeiliche Anzeige des Vorfalls vorliegen, was vor allem vor dem Hintergrund des sensiblen Umgangs mit Opfern rechtsmotivierter Gewalt wesentlich ist. Insofern sind die Angaben aus der KPMD-PMK auch nicht mit den Angaben der LKS vergleichbar. Zu den Jahren 2014 und 2015 liegen dem Demokratie -Zentrum Sachsen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Ein Migrationshintergrund ist zudem kein Erfassungsmerkmal. Frage 3: Welche ggf. spezialisierten Angebote zur Nachsorge für von rassistischer Gewalt betroffene geflüchtete Kinder und Kinder mit Migrationshintergrund gibt es in Sachsen? Die sächsische Polizei verweist beim Kontakt mit Opfern von rassistischer Gewalt auf Beratungsmöglichkeiten durch die Opferberatungsstelle der RAA Sachsen e. V. bzw. die Opferhilfe Sachsen e. V. Bei Traunnatisierungen ist eine Beratung durch die Traumaambulanz des Universitätsklinikums „Carl Gustav Carus" in Dresden möglich. Auch erfolgen Hinweise auf Entschädigungsleistungen z. B. nach dem OEG (Opferentschädigungsgesetz ; Merkblatt für Opfer von Gewalttaten) oder die Härteleistungen für Opfer extremistischer Übergriffe durch das Bundesamt für Justiz. Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Opfer von Gewalttaten, die eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben, können nach dem Opferentschädigungsgesetz wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen Versorgung in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes geltend machen. Das Bundesversorgungsgesetz enthält einen ganzen Katalog an Versorgungsleistungen, so zum Beispiel Heil- und Krankenbehandlung sowie Teilhabe -, Pflege- und Rentenleistungen. Das Opferentschädigungsgesetz gilt mit bestimmten Maßgaben auch für Ausländer, die im Inland Opfer einer Gewalttat geworden sind, sowie für Deutsche und Ausländer, die aufgrund einer Gewalttat im Ausland gesundheitliche Schädigungen erlitten haben. Angebote für Opfer von Gewalttaten, die sich ausschließlich an Menschen mit Migrationshintergrund , insbesondere an Kinder mit Migrationshintergrund, wenden, existieren hingegen nicht. Individuelle psychologische Unterstützung und Begleitung können Betroffene u. a. in sogenannten Traumaambulanzen erhalten. Dies sind Einrichtungen, die im Umgang mit seelischen Verletzungen besonders kompetent sind. Betroffene erhalten hier umgehend Beratung und bei Bedarf therapeutische Betreuung. In Sachsen gibt es solche Traumaambulanzen derzeit in Chemnitz, Görlitz und Dresden. Insbesondere die Traumaambulanz in Dresden ist auf die Behandlung von Kindern mit Gewalterfahrungen ausgerichtet. Das vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz geförderte Kompetenzzentrum Traumaambulanzen in Sachsen am Universitätsklinikum Dresden koordiniert die Implementierung ambulanter Behandlungszentren und Qualitätsstandards für die Versorgung von Menschen mit psychischen Traumafolgestörungen. Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz, das Kompetenzzentrum sowie der Kommunale Sozialverband Sachsen stehen in Verhandlungen mit weiteren Einrichtungen, um mittelfristig ein flächendeckendes Netz an Traumaambulanzen für Opfer von Gewalttaten im Freistaat Sachsen zu schaffen. Darüber hinaus gibt es Hilfeangebote durch private Träger wie zum Beispiel den WEISSEN RING e. V. Frage 4: Welche Konsequenzen zieht die Staatsregierung aus dem etwaigen Anstieg der Gewalttaten gegen geflüchtete Kinder und Kinder mit Migrationshintergrund? Der Staatsregierung liegen keine Erkenntnisse vor, die eine Zunahme der Anzahl rassistisch motivierter Gewalttaten gegen geflüchtete Kinder und Kinder mit Migrationshintergrund belegen. Generell kommt dem Schutz sowohl geflüchteter Kinder wie auch anderer schutzbedürftiger Personen vor jeglicher - nicht nur rassistisch motivierter - Gewalt eine hohe Bedeutung zu. Dies kommt in Konzepten für den Schutz von Minderjährigen in Einrichtungen zum Ausdruck. Neben der Unterbringung unbegleiteter Minderjähriger in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe ist insoweit auf das Konzept zu Prävention, Schutz und Hilfe vor Gewalt gegen Frauen sowie andere besonders schutzbedürftige Freistaat SACHSEN Seite 3 von 4 STAATSMIN1STERIUM DES INNERN Freistaatrens. SACHSEN Personen in Erstaufnahmeeinrichtungen des Freistaates Sachsen (Gewaltschutzkonzept ) hinzuweisen, das in Federführung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern erstellt wurde. Im Dezember 2016 wurde das Konzept zur Prävention von, Schutz vor und Hilfe bei Gewalt gegen Frauen und Kinder sowie andere besonders schutzbedürftige Personen in Erstaufnahmeeinrichtungen (Gewaltschutzkonzept) vorgelegt. Durch das Gewaltschutzkonzept werden erste Festlegungen aus dem Sicherheitsrahmenkonzept weiterentwickelt und ausgestaltet. Dazu gehören insbesondere die Festlegung von Standards für das Verhalten nach Gewalt gegen besonders schutzbedürfte Personen sowie Vorgaben zur Präventionsarbeit (z. B. Einrichtung einer Beschwerdestelle, Vermittlung von Unterstützungsangeboten). Im Rahmen des vertrauensbildenden Dialoges zwischen Polizei und Organisationen von Migranten und Flüchtlingen arbeiten Polizeibeamte auch mit Einrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zusammen. Hier wurden auf Nachfrage bzw. vereinzelt bereits Informationsveranstaltungen zum Thema „Aufgaben und Rolle der Polizei " und „Hilfe holen" durchgeführt. Gleichzeitig können die Polizeidienststellen bei Bedarf auf Veröffentlichungen und Materialien der Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) über das Landesportal im lntranet zugreifen , diese bestellen und verteilen. Zu diesen Materialien und weiteren Informationen im Sinne er Fragestellung wird auf die nachfolgenden Links verwiesen: http:///Www.polizei-beratung.de/nnedienanciebot.html http:/iwwWpolizei-beratuno.de/themen-und-tipps.html httosil/wWw.polizei.sachsen.de/de/6940.htm Mit ireuddlichen Grüßen H MaYkus Ulbig Seite 4 von 4 2017-02-27T12:42:50+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes