STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 1 o 1 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kirsten Muster, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/8420 Thema: Folgen des Crystal Meth-Konsums Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Todesfälle infolge des Crystal Meth-Konsums gab es jährlich in Sachsen seit 2006? (Bitte die Antwort nach Jahren, Anzahl und Geschlecht aufschlüsseln) Es wird darauf hingewiesen, dass Crystal Meth in der Internationen Statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (I CD) 10. Revision ( German Modification) nicht gesondert angegeben wird, sondern allgemein als "Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien, einschließlich Koffein" (FlS.-} erfasst wird. Eine Übersicht der Todesfälle kann der Anlage 1 entnommen werden. Eine Differenzierung nach Geschlecht erfolgte aus Datenschutzgründen nicht. Frage 2: Wie hoch ist in Sachsen die Anzahl der Todesfälle bei Neugeborenen aufgrund von Crystal Meth-Konsum der Mutter während der Schwangerschaft ? (Bitte die Antwort nach Jahren seit 2006 aufschlüsseln) Die Todesursachenstatistik weist keine der erfragten Todesfälle aus. Frage 3: Wie hoch ist in Sachsen die Anzahl der Todesfälle bei Neugeborenen und Kleinkindern aufgrund Chrystal Meth-Konsums? (Bitte die Antwort nach Jahren seit 2006 und dem Alter der Kinder zum Todeszeitpunkt aufschlüsseln) Die Todesursachenstatistik weist keine der erfragten Todesfälle aus. Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin Durchwahl Telefon +49 351 564-5601 Telefax +49 351 564-5791 Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 53-0141.51-17/171 0,93sden, ~März 2017 Hausanschrlft: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 1 o 01097 Dresden www.sms.sachsen.de Frage 4: STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse darüber vor, welche (irreversible) gesundheitlichen Schäden bei Neugeborenen aufgrund Chrystal Meth-Konsums der Mutter während der Schwangerschaft bereits nach der Geburt feststellbar sind? Wenn ja, wie oft wurden solche Schäden bei Kindern in Sachsen festgestellt? (Bitte die Antwort nach Jahren seit 2006 aufschlüsseln) Frage 5: Sind der Staatsregierung Statistiken oder wissenschaftliche Erkenntnisse etc. über Spätschäden bei Kindern, die von Crystal Meth-süchtigen Frauen zur Welt gebracht wurden, bekannt? Wenn ja, um welche Schäden handelt es sich dabei in der Regel? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 4 und 5: Zur Beantwortung der Frage wird auf den Abschnitt "Medizinische Aspekte: Konsum von Stimulanzien "Crystal Meth" und Auswirkungen auf Neugeborene" des Beitrages der Stadt Dresden im Rahmen des "Deutsch-Tschechischen Symposiums zur Prävention und Methamphetaminabhängigkeit", welches von der Bundesdrogenbeauftragten im Dezember 2016 veranstaltet wurde, verwiesen. Der Beitrag ist in der Anlage 2 beigefügt . Mit freundlichen Grüßen 0. 6 Barbara Klepsc Anlagen Seite 2 von 2 Freistaat SACHSEN Gestorbene im Freistaat Sachsen nach ausgewählten Todesursachen Anlage 1 zu Drs: 6/8420 Jahr ICD10-Code Diagnosetext Anzahl 2006 T436 Vergiftung: Psychestimulanzien mit Missbrauchspotential - F152 Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien mit Abhängigkeits~yndrom - 2007 T436 Vergiftung: Psychestimulanzien mit Missbrauchspotential 1 F152 Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien mit Abhängigkeitssyndrom - 2008 T436 Vergiftung: Psychestimulanzien mit Missbrauchspotential - F152 Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien mit Abhängigkeitssyndrom - 2009 T436 Vergiftung: Psychestimulanzien mit Missbrauchspotential 1 F152 Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien mit Abhängigkeitssyndrom - 2010 T436 Vergiftung: Psychestimulanzien mit Missbrauchspotential 3 F152 Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien mit Abhängigkeitssyndrom - 2011 T436 Vergiftung: Psychestimulanzien mit Missbrauchspotential 3 F152 Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien mit Abhängigkeitssyndrom - 2012 T436 Vergiftung: Psychestimulanzien mit Missbrauchspotential 1 F152 Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien mit Abhängigkeitssyndrom - 2013 T436 Vergiftung: Psychestimulanzien mit Missbrauchspotential 3 F152 Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien mit Abhängigkeitssyndrom - 2014 T436 Vergiftung: Psychestimulanzien mit Missbrauchspotential 5 F152 Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien mit Abhängigkeitssyndrom - 2015 T436 Vergiftung: Psychestimulanzien mit Missbrauchspotential 1 F152 Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien mit Abhängigkeitssyndrom - lauelle: Statistisches Landesamt Sachsen Anlage 2 zu Drs: 6/8420 Zuarbeit zum Fachbuch Deutsch-Tschechisches Symposium zur Prävention und Behandlung einer Methamphetaminabhängigkeit ('Crystal Meth') Dr. Kristin Ferse/Suchtbeauftragte der Landeshauptstadt Dresden Crystal Meth in Dresden Strukturelle Aspekte Die Aufgabe der Suchtbeauftragten am Gesundheitsamt der Stadt Dresden ist es, auf Veränderungen in den Konsummustern mit Angebotsstrukturen in der Suchtprävention und Suchthilfe zu reagieren, über den Suchtmittelkonsum der Dresdner /innen und die Schnittstellen zu Polizei, Jobcenter, Jugendhilfe usw. zu berichten sowie die Akteure in der Stadt zu koordinieren und zu vernetzen. Aus dieser Perspektive soll der Umgang mit Crystal Methin Dresden dargestellt werden. Im Rahmen der regelmäßigen Treffen der Leiter/innen der sechs Dresdner Suchtberatungs- und Behandlungsstellen wurde seit 2010 die verstärkte Beratungsnachfrage von Konsumierenden von Crystal Meth wahr genommen. in Folge dessen wurde Crystal Meth in ganz Sachsen statistisch separat erfasst und ausgewertet. Die Dresdner Suchtberatungsstellen reagierten sofort auf die Konsumierenden, die sich in ihrem Beratungs- und Behandlungsbedarf deutlich von anderen Klienten/innen unterscheiden. So wurden Akutsprechstunden eingerichtet, Betroffene per Handy an Termine erinnert, eine zügige Vermittlungen in Entgiftung organisiert, die Abfrage zu Kindeswohlgefährdungen verstärkt, Fachaustausch organisiert und das Thema in die Schulungen von Multiplikatoren (z. B. Jobcenter) aufgenommen. 700 .. 600 -= u -e 500 .8 400 E .. 300 l ~ 2 200 a.. :.: 100 .. N c:: 0 c: 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 • Oprorde 128 144 161 184 193 178 146 133 125 116 • Cannabrnorde 283 269 300 306 292 252 246 272 308 320 •Kokarn 17 18 19 14 19 12 15 18 11 8 • Strmulanl1en 181 188 226 234 323 3 44 34 35 35 • Cryslal 372 465 589 632 663 • Polytoxrkomanie 45 77 56 52 48 Abb. 1: Entwicklung Hauptproblemsubstanz illegaler Drogen bei den betroffenen Klienten (ohne Angehörige) in Dresdner Suchtberatungs- und Behandlungsstellen (SBB) von 2006 bis 2015 I Quelle: Gesundheitsamt Dresden Im Rahmen aller suchtspezifischen Arbeitskreise in Dresden (Suchtprävention, Illegale Drogen, PSAG - Unterarbeitsgruppe Sucht} wurde intensiv darüber diskutiert, inwiefern auf diese Entwicklung losgelöst vom Gesamtkonsumverhalten der Dresdner /innen ausschließlich substanzspezifisch reagiert werden soll. Dieser Diskussionsprozess wurde durch eine intensive Berichterstattung der Dresdner Medien zu Crystal Meth erschwert. Denn in der Folge wurde in der öffentlichen Wahrnehmung ausschließlich Crystal Meth als Problem gesehen, nicht aber der massive legale Substanzkonsum, wie z. B. von Alkohol. So wurde im Jahr 2014 durch eine Stadtratsfraktion der Antrag gestellt, eine Strategie zur "Drogenprävention bei der Droge Crystal" zu erarbeiten und dem Stadtrat vorzulegen. Auf der Grundlage des erstmals in Dresden herausgegebenen Suchtberichtes konnte dargestellt werden, dass die Hauptproblemsubstanz der Dresdner/innen weiter Alkohol ist, eine Substanz die medial nicht ausreichend kritisch begleitet wurde und wird. f 19 .,(FUlQt(;""' $:~JiiUC'hlrdkOft\Uit~~~ psychotropfiiSutuUra:ffl I l FIB durchrtochbgelomo~rM~ ;,1 F17 i!'n durch Einn•lmlftVtJnilbhjugfgkvlt~tt:~•~nd~1 Al'<:il<'inli\\ll'fll 04t~ ()r"~n jhJn:·h ,Ji~Mult~tf {PöHi • • • lfl,'\l\I I"IIII,OUWI' ,,....,,, U• ~ 't "'l.a\\t Pllli'U bd thm"bm \!OJl ;tbh~u~~dh.ct a-ut(~ ttl \'.1 1 Arm~mJH~n Mkr th(tt"ndurth dh• f',1ut\H iP%.1) Abb. 3: Krankenhausbehandlungen (Haupt- und Nebendiagnose) aufgrund von drogenbedingten Gesundheitsproblemen bei Mutter bzw. Schädigungen des Feten/Neugeborenen (ICD-10-GM: 035.5; P04.4; P96.1)- Dresden im Vergleich zu Sachsen )Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen, 2016; Statistisches Landesamt Sachsen 2016a ..., - 4 - Im Rahmen des im Dezember 2016 durch das Dresdner Gesundheitsamt heraus gegebenen Stadtgesundheitsprofils und mit Unterstützung des Fachbereiches Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden wird ausführlich auf diese Probleme eingegangen. Auszüge aus dem Stadtgesundheitsprofil der Stadt Dresden 2016, S. 88 ff;: Die Daten der Sächsischen Neonatalerhebung zeigen, dass der Konsum von Opioiden während der Schwangerschaft auf niedrigem Niveau geblieben und insgesamt leicht rückläufig ist. Parallel zum wachsenden Konsum von Stimulanzien in Sachsen mit jährlichen Steigerungsraten zwischen 22 und 47 Prozent (SMS, 2013) ist auch ein stetiger Anstieg von Früh- und Neugeborenen zu verzeichnen, welche intrauterin der Droge Crystal Methausgesetzt waren. Waren es im Jahr 2007 "nur" 20 Fälle sachsenweit, so waren 2014 bereits 153 Neugeborene betroffen. 160 :140 +---------------------------- i 120 ~ =ä :100 +-------------- i ~ 80 +---- ----- ---------- ----------~~---~ =i .i 60 -f--- 40 +---------------------1 20 2007 2008 2009 2010 20~1 2012 2013 Abb, 4: Stationäre Behandlungsfälle von Neugeborenen nach mütterlichem Konsum von illegalen Drogen in der Schwangerschaft (Neonatales Abstinenzsyndrom- NAS) in Sachsen 2007- 2014 I Quelle: Sächsische Landesärztekammer Dresden, 2015 S3 201<1 Während umfangreiche Daten zum aktiven Konsumverhalten Jugendlicher und Erwachsener vorliegen und eine nahezu exponentielle Zunahme des Crystai-Konsums belegen (SMS, 2013), ist die Datenlage für die Gruppe der ungeborenen Kinder derzeit noch äußerst spärlich. Ferner ist eine hohe Dunkelziffer zu befürchten. Erste Erfahrungen des Universitätsklinikums Dresden zu den Auswirkungen eines Crystai-Konsums während der Schwangerschaft von 97 betroffenen Frauen im Zeitraum 2007 bis Juni 2014 lassen erhebliche Gefahren und Risiken für das Neugeborene , die Mütter und die Familien erkennen, die durch Erhebungen am Universitätsklinikum Dresden belegt werden. Die Mehrzahl der Schwangeren war zum Zeitpunkt der Entbindung zwischen 20 und 30 Jahren alt. Auffällig ist, dass die Hälfte der Frauen erst spät- nach der 20. Schwangerschaftswoche- und dann auch nur unregelmäßig bzw. gar nicht die Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft in Anspruch genommen haben. Nur bei jeder fünften Frau war bei Aufnahme der Schwangeren zur Entbindung im Kreißsaal ein Drogenkonsum vorher bekannt. Insbesondere durch eine exakte Anamneseerhebung und gezielte Nachfrage auch zum Konsum illegaler Drogen wurde die Mehrzahl der Crystai-Konsumentinnen identifiziert. Für die Neugeborenen wurden folgende Auffälligkeiten nach Crystai-Konsum während der Schwangerschaft beobachtet. Ein definiertes Abstinenzsyndrom, vergleichbar mit dem des Opiat-Entzuges, scheint bei Neugeborenen nach intrauteriner Methamphetamin-Exposition nicht vorzuherrschen. Die Kinder sind eher ruhig und somit oft klinisch unauffällig. Die beobachteten Symptome bei den Neugeborenen, sind äußerst heterogen und unspezifisch im Vergleich zum Opiat-Entzug. -5- symptome dtrl7 Neugebor-n nach Mt!Mmphltlmin-KO!IIum der MUU.r w•ttr•nd dir Schwangerschill QueUe; UniVers~~tsklnilwm Dresden, 2014 lr.;mpfe 111 (• Abb. 5: Symptome der 97 Neugeborenen nach Methamphetamin-Konsum der Mutter während der Schwangerschaftvon 2007 bis 2014, die im Universitätsklinikum Dresden behandelt worden sind. I Quelle: Universitätsklinikum- Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin Dresden, 2015 Eine Erklärungsmöglichkeit der äußerst variablen, heterogenen und unspezifischen Symptome beim Neugeborenen könnten sowohl der unterschiedliche Zeitpunkt als auch die Dauer und damit die Menge des konsumierten Crystals während der Schwangerschaft und unmittelbar vor der Geburt darstellen. Ob es ein spezifisches Abstinenzsyndrom ist und welche Symptome charakteristisch für den Konsum von Crystal sind, kann erst eine weitere und systematische multizentrische Datenerfassung und Verlaufsbeobachtung klären. Ferner gilt es zu prüfen, welche Rolle der häufig beobachtete Beikonsum anderer Substanzen, wie Nikotin, Alkohol, Medikamente bzw. anderer illegale Drogen spielt. Von 97 Crystal konsumierenden Müttern wurde bei 92 Müttern Beikonsum festgestellt. Das heißt, nur fünf Frauen konsumierten ausschließlich Crystal. Weitere zusätzlich zu Crystal konsumierte Substanzen bildet die nachfolgende Grafik ab, die auch Mehrfachnennungen beinhaltet. Beikonsum Nikotin Cannabis Alkohol Opiate Medikamente ---------- Beikonsum von 97 Müttern mit Methamphetamin-Konsum während der Schwangerschaft Quelle: Universitätsklinikum Dresden, 2014 I I I I I I I I - - 0 10 20 30 40 so 60 70 80 90 Anzahl I 100 ...,..,........,.....".....".----:-::-,..,.---, -- --- " Abb. 6: Beikonsum von 97 Müttern mit Methamphetamin-Konsum während der Schwangerschaft von 2007 bis 2014, die im Universitätsklinikum Dresden behandelt worden sind I Quelle: Universitätsklinikum- Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin Dresden, 2015 Ungeachtet der uncharakteristischen Symptome erlaubt die Analyse weiterer klinischer Befunde der Neugeborenen erste Aussagen zu möglichen Auswirkungen einer intrauterinen Crystai-Exposition auf den Feten und das Neugeborene: 1 Die Frühgeborenenrate scheint im Vergleich zur Frühgeborenenrate des Landes Sachsen deutlich erhöht (vierfach). {Sächsische Landesärztekammer Dresden, 2015; Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung & BMG &BÄK, 2016). 2 Der Anteil untergewichtiger Neugeborener ist bezogen auf die Rate untergewichtiger Früh- und Neugeborener des Landes Sachsen erhöht (dreifach). (Sächsische Landesärztekammer Dresden, 2015; Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung & BMG &BÄK, 2016 3 Der Anteil Neugeborener mit Mikrozephalie bei Geburt ist im Vergleich zum Anteil von Kindern mit einem Kopfumfang unter der 10. Perzentile des Landes Sachsen erhöht {dreifach im Vergleich zur allen Neugeborenen eines Jahrgangs des Bundeslandes Sachsen). {Sächsische Landesärztekammer Dresden, 2015; Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung & BMG &BÄK, 2016) 4 Bei Sonographischen Untersuchungen waren häufig pathologische Befunde und Fehlbildungen an lebenswichtigen Organen wie Herz, Nieren und vor allem am ZNS zu beobachten. Diese lassen ein höheres Risiko für Fehlbildungen vermuten. Um statistisch gesicherte Aussagen treffen zu können, ist die Anzahl der Kinder noch zu gering und es müssen weitere Kinder noch untersucht werden. {Sächsische Landesärztekammer Dresden, 2015; Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung & BMG &BÄK,2016). - 6- Konsum von Stimulanzien "Crystal Meth" und Langzeitauswirkungen Über die Langzeitfolgen bei Kindern mit mütterlichem Crystai-Konsum ist in Deutschland noch wenig bekannt. Von besonderer Bedeutung für die Entwicklung der Kinder und später Jugendlichen wird von Experten auf die besondere Struktur der abhängigen Familie hingewiesen. Eitern, die Crystal konsumieren sind häufiger mit sich selbst beschäftigt, sind weniger frustrationstolerant , schneller erschöpft. Streit und häusliche Gewalt sind in diesen Familien häufiger. Diese Eitern sind oftmals nicht in der Lage, die spezifischen, individuellen Bedürfnisse ihrer Kinder zu erkennen und gezielt auf diese zu reagieren. Fehlinterpretationen kindlicher Signale verbunden mit dem schwankenden emotionalen Niveau der Eitern führen zu Vernachlässigung , mangelnder Zuwendung und Sorge. Fremdunterbringung, ständige Beziehungsabbrüche bedeuten für die betroffenen Kinder eine fehlende Basis im Leben und Bindungsarmut mit allen Folgen. Aus den USA existieren einige wissenschaftliche Daten, die erklären, dass Kinder deren Mütter in der Schwangerschaft Crystal konsumiert hatten, aufgrund struktureller Hirnveränderungen eine verminderte kognitive Leistungsfähigkeit (Sowell et al., 2010, Chang 2004) und Störungen der exekutiven Funktion, der räumlichen Orientierung (Piper et al., 2011) aufweisen. ln der IDEAL-Studie zeigten Methamphethamin (MA) -exponierte Neugeborene eine Zunahme an Wachheit und Abnahme von Lethargie mit einem Alter von vier Wochen (Kiblawi et al., 2014). Kinder die in der Schwangerschaft MA-exponiert waren, wiesen im Zeitraum von drei bis fünf Jahren eine Zunahme an Aufmerksamkeit-Defizit-und-Hyperaktivitäts-Symptomen (ADHS) auf, während diese Symptome in einer gesunden Kontrollgruppe abnahmen (LaGasse et al., 2012). Verhaltensprobleme mit fünf Jahren waren häufiger bei MA-exponierten Kindern, wenngleich in besseren sozialen Verhältnissen (Fremdunterbringung ) diese weniger ausgeprägt waren als bei Unterbringung der Kinder bei ihren Eitern (Twomey et al., 2013). Die ADHS-Häufigkeit bei diesen Kindern ist um den Faktor drei erhöht (Kiblawi et al., 2013). Besonders bedenklich stimmt die Tatsache, dass Kinder mit hoher MA-Exposition in der Schwangerschaft in einer Untersuchung eine erhöhte Cortisolausschüttung auf Stress aufwiesen, ähnlich zu der abnormen Stressreaktion von Eitern, die ein hohes Misshandlungspotential aufweisen (Kirlic et al., 2012). Die Autoren dieser Studie befürchten, dass in der Schwangerschaft MA-exponierte Kinder daher ein besonders hohes Risiko für Kindesmisshandlung aufweisen (Zusammentreffen von Eitern und Kindern mit gestörter Stressreaktion). Diese Erkenntnisse führten dazu, dass für die Risikogruppe konsumierender Schwangerer, Mütter, Väter, Eitern durch die Suchtberatungsstellen und den Allgemeinen Sozialen Dienstes des Jugendamtes fachliche Positionen erstellt wurden und die bereits beschriebenen Ablauforganisationen zwischen den Helfersystemen und innerhalb dieser entstanden. Präventive Aspekte Mit dem Strategiepapier zur Suchtprävention hat sich die Stadt Dresden zu einer öffentlichen Debatte der Suchtproblematik bekannt. Dresden ist darum bemüht, Sucht zu enttabuisieren, sie als Krankheit zu kommunizieren und dem Thema die Scham zu nehmen. So gestaltete die Suchtbeauftragte am Gesundheitsamt gemeinsam mit dem Deutschen Hygienemuseum Dresden und der Sächsischen Landesärztekammer eine vierteilige Veranstaltungsreihe zu Sucht und Rausch "High Sein", die jeweils von bis zu 500 überwiegend jungen Dresdnern/innen besucht wurde. Diese gemeinsame Kooperation wird mit unterschiedlichen Formaten fortgesetzt. Jährlich führt die Suchtbeauftragte zusammen mit Kooperationspartnern in der Dresdner Centrum Galerie suchtpräventive und interaktive Tage unter dem Slogan: "Legst Du Dich mit Crystal an?" durch. Auch in diese öffentlichkeitswirksame Kampagne werden alle Substanzen und stoffungebundene Süchte eingebunden. Besonders wichtig ist es, die Schulen in ihrem suchtpräventiven Auftrag zu unterstützen. So wurden vier Module (Lehrerfortbildung , Elternabend, das Präventionsprojekt "Verrückt. Na Und!", und das Theaterstück "Absaufen" der "Wortgestiker") entwickelt, um Suchtprävention strukturell in Schulen zu verankern. Für die Zielgruppe der Party-Konsumierenden wurde das Angebot "Safer Nightlife" entwickelt. Mitarbeitende der Diakonie Dresden sind regelmäßig im Dresdner Nachtleben unterwegs und bieten neben Aufklärung die Möglichkeit zum Gespräch, um beispielsweise Konsummotive zu hinterfragen. Zusätzlich wird zum körperlichen Wohlbefinden der Partygäste, bspw. durch die Ausgabe von Wasser und Obst, beigetragen. Grundsätzlich ist die Suchtbeauftragte in der Umsetzung des Strategiepapieres darum bemüht, Herangehensweisen zielgruppenspezifisch und strukturiert zu entwickeln. Eine besondere Aufmerksamkeit gilt der Erreichung von Multiplikatoren/innen und der Einbeziehung vieler Partner/innen. Insbesondere für die Auseinandersetzung mit Crystal Meth ist auch die Thematisierung von riskantem Alkoholkonsum wichtig. Erhöhte Aufmerksamkeit gilt daher auch der Reduzierung des Alkoholkonsums in öffentlichen Verkehrsmitteln durch verhältnispräventive Maßnahmen. Ein weiterer zukünftiger Schwerpunkt stellt die Zielgruppe der Asylsuchenden dar, die hier neben vielen anderen kulturellen Unterschieden sowohl auf andere Substanzen (z. B. Crystal Meth) als auch Alkoholkonsum im öffentlichen Raum stoßen. - 7 - Quellen: Chang, L., Smith, L., LoPresti, C., Yonekura, M., Kuo, J., Walot, I. and Ernst, T. (2004) 'Smaller subcortical volumes and cognitive deficits in children with prenatal methamphetamine exposure', Psychiatry research., 132(2), pp. 95-106. Kiblawi, Z., Smith, L., LaGasse, L., Derauf, C., Newman, E., 5hah, R., Arria, A., Huestis, M., DellaGrotta, S., Dansereau, L., Neal, C. and Lester, B. (2013) 'The effect of prenatal methamphetamine exposure on attention as assessed by continuous performance tests: Results from the infant development, environment, and Iifestyie study', Journal of developmental and behavioral pediatrics: JDBP., 34(1), pp. 31-7. Kiblawi, Z., Smith, L., Diaz, S., LaGasse, L., Derauf, C., Newman, E., Shah, R., Arria, A., Huestis, M., Haning, W., Strauss, A., DellaGrotta, S., Dansereau, L., Neal, C. and Lester, B. (2014) 'Prenatal methamphetamine exposure and neonatal and infant neurobehavioral outcome: Results from the IDEAL study', Substance abuse., 35(1), pp. 68-73. Kirlic, N., Newman, E., Lagasse, L., Derauf, C., Shah, R., Smith, L., Arria, A., Huestis, M., Haning, W., Strauss, A., Dellagrotta, S., Dansereau, L., Abar, B., Neal, C. and Lester, B. (2013) 'Cortisol reactivity in two-year-old children prenatally exposed to methamphetamine', Journal of studies on alcohol and drugs., 74(3), pp. 447-51. LaGasse, L., Derauf, C., Smith, L., Newman, E., Shah, R., Neal, C., Arria, A., Huestis, M., DellaGrotta, S., Lin, H., Dansereau, L. and Lester, B. (2012) 'Prenatal methamphetamine exposure and childhood behavior problems at 3 and 5 years of age', Pediatrics., 129(4), pp. 681-8. Landeshauptstadt Dresden (2015a): Suchtprävention in Dresden. Strategiepapier Landeshauptstadt Dresden (2015b):Teilplan "Hilfe zur Erziehung, Eingliederungshilfe, angrenzende Aufgaben". Fortschreibung 2015 bis 2016 Piper, B., Acevedo, S., Kolchugina, G., Butler, R., Corbett, S., Honeycutt, E., Craytor, M. and Raber, J. (2011) 'Abnormalities in parentally rated executive function in methamphetamine/polysubstance exposed children', Pharmacology, biochemistry, and behavior., 98(3), pp. 432-9. Reichert J.(2013): Psychologisch-sozialmedizinische Versorgung im stationären Bereich - Dresdner Modell. ln: Reichert J, Rüdiger M, eds. Psychologie in der Neonatologie. Göttingen Sowell, E., Leow, A., Bookheimer, S., Smith, L., O'Connor, M., Kan, E., Rosso, C., Houston, S., Dinov, I. and Thompson, P. (2010) 'Differentiating prenatal exposure to methamphetamine and alcohol versus alcohol and not methamphetamine using tensorbased brain morphometry and discriminant analysis', The Journal of neuroscience : the official journal of the Society for Neuroscience., 30(11), pp. 3876-85. Twomey, J., LaGasse, L., Derauf, C., Newman, E., Shah, R., Smith, L., Arria, A., Huestis, M., DellaGrotta, S., Roberts, M., Dansereau, L., Neal, C. and Lester, B. (2013) 'Prenatal methamphetamine exposure, home environment, and primary caregiver risk factors predict child behavioral problems at 5 years', The American journal of orthopsychiatry., 83(1), pp. 64-72 2017-03-07T16:07:07+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes