STAATSMINISTERIUM DES INNERN SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/8793 Thema: Bauzustand und Maßnahmen zum Erhalt des Kulturdenkmals Schloss Übigau Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Worin besteht der denkmalpflegerische Wert des Schlosses Übigau und wie stellt sich die aktuelle Situation dieses Kulturdenkmals aus Sicht der Staatsregierung bzw. des Landesamtes für Denkmalpflege (LfD) dar und welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung zur Entwicklung des Bauzustandes des Schlosses Übigau in den letzten 10 Jahren? Der denkmalpflegerische Wert stellt sich auf Grundlage der Darstellung des LfD wie folgt dar: Schloss Übigau, 1724 - 1726 durch Eosander von Göthe (1669 - 1728) für den Reichsgrafen von Flemming erbaut, stellt innerhalb der Dresdner und der sächsischen Architektur des 18. Jahrhunderts eine baukünstlerisch besonders anspruchsvolle Sonderlösung dar. 1726, kurz nach seiner Fertigstellung, erwarb August der Starke das Anwesen. Übigau war von ihm städtebaulich und landschaftsgestalterisch als „Point de vue" der das Ostragehege durchquerenden Übigauer Allee gedacht. Die Anlage folgte der Idee des Kurfürsten, eine durch prachtvolle Bauten geschmückte Wasserstraße (nach dem Vorbild des venezianischen „Canal grande"), beginnend am Schloss Pillnitz, vorbei am Residenzschloss und dem Holländischen (Japanischen) Palais zu errichten und damit den Fluss als Schauplatz herrschaftlichen Machtanspruchs zu nutzen. Der zweigeschossige Putzbau mit abgestumpftem Pyramidendach und neunachsigen Fensterfronten an den breit gelagerten Hauptschauseiten ist im Erdgeschoss und Obergeschoss von Arkaden vollständig umschlossen — eine für den sächsischen Barock einmalige architektonische Gestaltung, die L Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 51-1053/23/3 Dresden, April 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMIN1STERIUM DES INNERN ihre Vorbilder in der Antike bzw. der italienischen Renaissance hat. Die Mittelachse der Fassade zum ehemaligen „Cour d'honneur" werden durch das Wappen August des Starken betont, an der Gartenseite durch das sächsisch -polnische Wappen zwischen den Figuren des Herkules und des Mars. Zur Elbseite hin entstand Ende des 18. Jahrhunderts das dreiachsige Dachhaus mit Dreieckgiebel. Im Inneren ist die originale Grundrissdisposition weitgehend erhalten. Im Erdgeschoss liegt der Gartensaal, darüber im Obergeschoss der Festsaal. Die parallel zur Elbe verlaufende Balustrade (Stützmauer aus Sandsteinquadern, datiert 1751) zierten ehemals zwölf z. T. gnomenhafte Figurengruppen. Ab dem Jahre 1836 war die Anlage im Besitz von Professor Andreas Schubert und seines Dresdner Actien-Maschinen-Bau-Vereins. Er entwarf hier die erste deutsche Dampflokomotive „Saxonia" und das erste oberelbische Dampfschiff „Königin Maria". Die Schlossanlage Übigau ist ein national bedeutendes Zeugnis barocker Baukunst. Daneben besitzt sie hohe überregionale Bedeutung wegen ihrer baugeschichtlichen, künstlerischen, landschaftsgestalterischen, industriegeschichtlichen und städtebaulichen Qualitäten. Die langfristige, über die letzten zehn Jahre andauernde Nichtnutzung des Schlosskomplexes hat denkmalpflegerisch bedenkliche Folgen. Die Reparatur von Schäden an der bereits durch viele provisorisch gesicherte Schadstellen geprägten Dachhaut des Schlosses erfolgte in der Vergangenheit immer wieder (teilweise auf Drängen der Behörden ). Eine dringend notwendige und genehmigte Neudeckung des Daches wird seit Jahren bauherrenseitig vertagt, entsprechend wiederholt bereitgestellte Fördermittel sind nicht abgerufen worden und damit verfallen. Nach wie vor wird auf neue Schäden mit punktuellen Reparaturen reagiert. Eine vollständige Neudeckung der akut gefährdeten Nebengebäude konnte schon vor Jahren (mit Fördermitteln) und im Einvernehmen mit der Bauherrschaft veranlasst werden. Frage 2: Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung wann und mit welchen Ergebnissen unternommen bzw. plant sie wann zu unternehmen, um die Sicherung und Erhalt des Denkmals zu unterstützen und den schleichenden Verfall zu stoppen und welche Fördermittel in welcher Höhe wurden für den Erhalt der Bausubstanz bzw. für Sanierungsarbeiten in den letzten 20 Jahren beantragt, bewilligt und erteilt? Die Pflicht, das Schloss Übigau zu erhalten, obliegt in erster Linie dem Eigentümer; er hat das Denkmal pfleglich zu behandeln, im Rahmen des Zumutbaren denkmalgerecht zu erhalten und vor Gefährdung zu schützen, vgl. § 8 Abs. 1 Sächsisches Denkmalschutzgesetz (SächsDSchG). Der Freistaat Sachsen hat die Eigentümerin bei der Erhaltung von Schloss Übigau durch die Gewährung von Zuschüssen aus dem Landesprogramm Denkmalpflege unterstützt, ausgereicht über die Stadt Dresden als untere Denkmalschutz- und Bewilligungsbehörde, vgl. § 8 Abs. 2 SächsDSchG, siehe Anlage. Frage 3: Welche aktuellen Pläne hat der Eigentümer bezüglich einer zukünftigen Nutzung und welche konkreten Maßnahmen sind in welchem Zeitrahmen zur Sicherung des Gebäudes vorgesehen? Die Denkmalbehörden haben keine Kenntnis über aktuelle Nutzungsvorstellungen der Eigentümerin. Konsens zwischen den Denkmalbehörden und der Eigentümerin besteht Freistaat SACHSEN Seite 2 von 4 STAATSMIN1STERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN darin, eine teilweise öffentliche Nutzung des Schlosses anzustreben und ein Nutzungskonzept zu entwickeln, welches die Einheit von Schloss, Nebengebäuden und Gartenanlage als Sachgesamtheit sichert. Nach Auskunft des von der Eigentümerin beauftragten Verwalters sind in den Monaten April /Mai 2017 Reparaturarbeiten an der Dachhaut geplant. Frage 4: Liegen aktuell die Voraussetzungen vor, für eine Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Sächsisches Denkmalschutzgesetz (SächsDSchG) oder für eine Enteignung des Kulturdenkmals? Den Denkmalschutzbehörden liegen keine Erkenntnisse vor, dass die Sachgesamtheit Schloss Übigau verkauft wurde. Mithin liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 17 SächsDSchG nicht vor. Eine Enteignung gern. §§ 27 ff. SächsDSchG setzt voraus, dass die Erhaltung des Kulturdenkmals auf andere zumutbare Weise nicht gesichert werden kann. Als stärkster Eingriff in die grundrechtlich geschützte Eigentümerposition kommt das Mittel der Enteignung nur als ultima ratio in Betracht. Der oberen Denkmalbehörde liegt kein Antrag auf Durchführung eines Enteignungsverfahrens vor. Ob und inwieweit die rechtlichen Voraussetzungen für die Durchführung vorliegen, kann nur im Rahmen eines solchen Verfahrens nach Ermittlung des gesamten rechtserheblichen Sachverhalts unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte erfolgen. Dem kann im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht vorgegriffen werden, zumal eine quasi gutachterliche Vorab -Rechtsprüfung vom Fragerecht auch nicht erfasst wäre. Frage 5: Welche Anordnungen für Baumaßnahmen zum Erhalt und zur Sicherung des Schlosses nach § 11 Abs. 1 u. 2 SächsDSchG wurden in den letzten 20 Jahren verfügt und was wurde davon wann umgesetzt? In den letzten 20 Jahren wurden fünf Sicherungsverfügungen erlassen, deren Maßnahmen im angeordneten Umfang umgesetzt wurden: 1. die Anordnung von Sicherungsleistungen durch das Bauaufsichtsamt zur Sicherung der elbseitigen Sandsteinmauer vom 10. Juni 2003, 2. die Sicherungsverfügung vom 28. Dezember 2005 mit der Aufforderung, undichte Stellen in der Dachhaut zu schließen, die Wasserableitung zu sichern, den Linoleumbelag und den Steinholzfußboden aus den Räumen des Schlosses zu entfernen sowie das Dach der Nebengebäude zu sichern, 3. die Sicherungsverfügung vom 26. Februar 2007 mit den Einzelmaßnahmen: • Untersuchung der geschädigten Deckenkehlen im nordwestlichen hofseitigen Deckenbereich auf Pilzbefall, was sich nicht bestätigte, • Erneuerung der Dachentwässerung, Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Anlage • Neueindeckung der Wirtschaftsgebäude, einschließlich Reparaturleistungen an der Dachkonstruktion, • Sicherung des südöstlichen Giebels des Nebengebäudes, • Erneuerung der Dachentwässerung der Nebengebäude, 4. die Anordnung von Sicherungsleistungen durch das Bauaufsichtsamt vom 14. Juni 2011 mit der Forderung, die losen Steine der Mauerkronenabdeckung abzunehmen und die Steine im Grundstück zu lagern, 5. die Sicherungsverfügung vom 27. August 2012 mit den Einzelmaßnahmen: • Demontage des straßenseitigen Wappens und Lagerung der Einzelteile, yRestaurierung der hofseitigen Figuren im Traufgesims vor Ort, Freilegen und Entrosten der Halteanker und ihre Behandlung mit Korrosions- 1 sichutz. Mit freuridlichen Grüßen Markus Ulbig\\ Seite 4 von 4 Anlage zu Drs.-Nr. 6/8793 Frage 2 Schloss Übigau — Fördermittel aus dem Landesprogramm Denkmalpflege Beantragt Bewilligt Ausgezahlt Zurückgefordert 1997- 1999 keine Aussage möglich entfällt entfällt entfällt 2000- 2006 keine Anträge entfällt entfällt entfällt 2007 45.761,22 € 45.761,22 € 45.761,22 € 1.114,22 € 2008 271.449,15€ 0,00€ entfällt entfällt 2009 61.161,41 € 61.161,41€ 61.161,41€ 61.161,41€ 2010 61.161,41 € Antrag zurückgenommen entfällt entfällt entfällt 2011 273.147,00€ 0,00€ entfällt entfällt 2012 21.134,40€ 285.000,00 € 21.134,40€ 0,00€ 20.763,12€ entfällt 855,37€ entfällt 2014 70.000,00 €, 70.000,00 € kein Mittelabruf entfällt seit 2015 keine Anträge entfällt entfällt entfällt 2017-04-05T12:13:13+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes