STAATSMINISTER1UM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/8835 Thema: Äußerungen der Polizei Leipzig zu Vorfällen im soziokulturellen Zentrum Conne Island am 5. März 2017 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Die Polizeidirektion Leipzig veröffentlichte am 5. März 2017 eine Medieninformation zu Vorfällen im soziokulturellen Zentrum Conne Island in der Nacht vom 4. zum 5. März 2017. Darin heißt es unter der Überschrift „Merkwürdiges Connewitzer Inselleben " nach der Darstellung des Sachverhalts aus Sicht der Polizei: „Es bleibt einmal mehr ein sehr fader Nachgeschmack, allerdings auch eine gewisse Belustigung über die unübersichtlichen Zustände innerhalb sogenannter rechtsfreier Räume. Darin kann es im Jahr 2017 also schon mal vorkommen, dass das klassische Feindbild (Staat/Polizei) des uniformen Linksalternativen dabei behindert wird, wie es sich für einen (zu Unrecht verfolgten?) Ausländer einsetzt, der zudem — zumindest nach Zeugenaussagen — von augenscheinlichen Angehörigen der linken Szene angegriffen wurde. Rassismus ist jetzt vielleicht schon weit jenseits der gesellschaftlichen Mitte anzutreffen." Das Conne Island stellt in einer Pressemitteilung vom 7. März 2017 klar, dass es ein Hausverbot aufgrund eines sexualisierten Übergriffs — nicht aus rassistischen Gründen - gab und der Täter daraufhin aggressiv und gewalttätig reagierte. Kritisiert wird zudem, dass die Polizei mit dem Täter zurück auf das Gelände kam und Zugang zum Veranstaltungssaal begehrte, damit der mutmaßliche Täter Zugang zu seiner Jacke erhalte. Allerdings war entsprechend der Aussagen der Conne- Island-Mitarbeiterinnen keine Jacke in der Garderobe aufzufinden." 7 11Freistaat . clm SACHSEN •;..7 Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) PB-1053/24/38 Dresden, . April 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMIN1STERIUM DES INNERN dre Freistaat SACHSEN Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die von der Fragestellerin in ihrer Vorbemerkung zitierten Veröffentlichungen lauten im Volltext wie folgt: „Nach bisherigem Kenntnisstand griff ein Libyer (31) in einer Connewitzer Lokalität einer jungen Frau an das Gesäß. Diese zeigte sich entsprechend empört und machte andere Gäste auf die Situation aufmerksam. In der Folge kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen dem 31 -Jährigen und den übrigen Anwesenden. Letztlich wurde dem Mann ein Hausverbot ausgesprochen und er wurde sogleich nach draußen verwiesen. Doch da er sich offenbar ungerecht behandelt fühlte und angeblich auch keine Gelegenheit erhielt, seine Jacke mitzunehmen, reagierte er aggressiv. Vor dem Objekt angelangt, ergriff er Steine sowie eine Bierflasche und warf diese in Richtung der Personen, welche ihn nach draußen begleitet hatten. Allerdings existieren auch Zeugen, die angaben, der Libyer sei — bevor er Gegenstände warf — von vier oder fünf Männern verfolgt worden, die ihm ein Bein stellten und zu Fall brachten. Letztlich wurde durch einen dieser Zeugen auch die Polizei verständigt, wobei die Kollegen nebenher auch den Verbleib der Jacke zu klären hatten. Da die vorherige Musikveranstaltung mittlerweile beendet war und sich nur noch wenige Besucher vor bzw. im Objekt aufhielten, war eine Nachschau gerechtfertigt. Derartige Maßnahmen sollten eigentlich problemlos möglich sein, doch die Beamten mussten nicht nur eine Diskussion führen, in welcher personellen Anzahl sie die Räume betreten dürfen, sondern erhielten noch im Vorraum eine zwar indirekte, doch vielsagende Begrüßung. Begleitende Objektverantwortliche wurden dort sogleich mit den Worten attackiert: „Was macht Ihr für eine Scheiße, dass die Bullen hierher kommen?" Da an der Garderobe keine Jacke aufzufinden war, sollte — wie zuvor besprochen — auch ein Blick in den Saal geworfen werden . Allerdings trat nunmehr eine etwa 30 -jährige Frau auf die Objektverantwortlichen zu und äußerte in einem entschiedenen Ton: „Für die Bullen ist der Saal tabu!" Da der Libyer keinen Chip oder Zettel vorweisen konnte, der ihm bei einer Jackenabgabe obligatorisch überreicht worden wäre und eine Abgabe mithin zweifelhaft erschien, entschieden sich die Beamten, der ihnen entgegenschlagenden Aggression und maßlosen Selbstgerechtigkeit nicht auch noch vermeintlich berechtigten Zunder zu bieten. Es bleibt einmal mehr ein sehr fader Nachgeschmack, allerdings auch eine gewisse Belustigung über die unübersichtlichen Zustände innerhalb sogenannter rechtsfreier Räume. Darin kann es im Jahr 2017 also schon mal vorkommen, dass das klassische Feindbild (Staat/Polizei) des uniformen Linksalternativen dabei behindert wird, wie es sich für einen (zu Unrecht verfolgten?) Ausländer einsetzt, der zudem — zumindest nach Zeugenaussagen — von augenscheinlichen Angehörigen der linken Szene angegriffen wurde . Rassismus ist jetzt vielleicht schon weit jenseits der gesellschaftlichen Mitte anzutreffen ." Im Übrigen wird die Geschädigte, welche der 31 -Jährige begrapscht haben soll, gebeten , sich bei der Polizei zu melden. Sie war am Sonntagvormittag nicht mehr vor Ort, jedoch kann der Grundsachverhalt ohne ihre Angaben nur schwerlich aufgehellt werden . (Loe/Vo) (Polizeidirektion Leipzig vom 5. März 2017) Seite 2 von 5 STAATSMIN1STERIUM DES INNERN ...47"g' Freistaat =27 SACHSEN „Polizei Leipzig verharmlost sexualisierten Übergriff und wirft dem Conne Island zu Unrecht Rassismus vor • Täter eines sexualisierten und gewalttätigen Übergriffs erhält Hausverbot im Conne Island • Polizei macht sich mit politischer Bewertung unglaubwürdig Am Samstag, den 04. März 2017, fand im Conne Island die Tanzveranstaltung Edit X Electric Island statt. In den frühen Morgenstunden kam es zu einem sexualisierten Übergriff eines Gastes, den die betroffene Frau der Security meldete. Diese machte den Täter ausfindig, erteilte ihm Hausverbot und verwies ihn des Geländes. Der Täter reagierte daraufhin aggressiv und warf mit Flaschen und Steinen um sich, verließ jedoch schlussendlich die Örtlichkeit. Als die Veranstaltung beendet war und die Abendverantwortlichen den Saal des Conne Islands bereits abgeschlossen hatten, tauchten rund zehn Polizeibeamt innen mit dem Täter auf dem Conne Island -Hof auf. Ihr Anliegen : Der Täter habe angeblich, trotz dessen er keine Garderobenmarke bei sich trug, noch seine Jacke im Veranstaltungssaal hängen. Diese solle nun herausgegeben werden . Die anwesenden Conne Island -Mitarbeiter innen erklärten den Beamt innen, dass der Täter aufgrund eines Übergriffs Hausverbot erhalten habe und sich deswegen nicht mehr auf dem Gelände aufhalten dürfe. Zudem würden sich keine Jacken mehr in der Garderobe befinden. Doch all das interessierte die Polizei offenbar nicht. Sie redete weiter auf die Anwesenden ein, bis sie schließlich einen Blick in die Garderobe werfen durfte, um sich der Tatsachen zu vergewissern. Soweit die Fakten. Der Polizeibericht vom 05. März 201 7 bewertet diese Fakten jedoch anders. Sexualisierte Gewalt wird bagatellisiert. „Eine Frau wurde Opfer eines Übergriffs. Sie hat den Mut den Vorfall zu melden. Die Conne Island-Security reagiert darauf, macht vom Hausrecht Gebrauch, um somit nicht nur die Betroffene sondern auch weitere Personen zu schützen. Und die Polizei hat nichts Besseres zu tun als den Täter zurück ins Conne Island zu geleiten. Dieses Vorgehen, insbesondere aber die Berichterstattung der Polizei, kritisieren wir stark", so Geschäftsführerin Tanja Rußack zu den Vorfällen. Im Polizeibericht wird behauptet, der Rauswurf wäre rassistisch motiviert. Der Täter erhielt jedoch ein Hausverbot, weil er eine Frau sexuell belästigte und gewalttätig wurde — natürlich nicht aufgrund seiner Hautfarbe. „Die Polizei scheint einen Gefallen daran zu finden, einem linken Projekt wie dem Conne Island einen Rassismusvorwurf zu machen, um es zu diffamieren." Das Ausmaß der Bewertung und die Polemik des betreffenden Berichts übersteigen eindeutig die Kompetenzen der Polizei. Sie verwendet den Rassismusbegriff für ein Geschehnis, das nicht rassistisch geprägt war. „Das ist höchst problematisch. Denn gegenüber den tatsächlichen rassistischen Zuständen in Sachsen ist die Polizei oft blind — teilweise kehr sie diese sogar unter den Teppich. Die Verbindungen zur Gruppe Freital sind dafür nur ein aktuelles Beispiel", so Rußack. Die Polizei schlachtet den Vorfall auf populistische Weise aus und Pressevertreter _innen übernehmen den Bericht unkritisch — ohne das Conne Island zu den Vorfällen zu befragen und damit ihrer journalistischen Pflicht nachzukommen. Seite 3 von 5 STAATSMIN1STERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Dass die betroffene Frau in einem nachgeschobenen Satz dann doch noch aufgefordert wird, sich bei der Polizei zu melden, erscheint wie blanker Hohn. Da wundert es nicht, dass sexualisierte Übergriffe angesichts eines solch herabwürdigenden Umgangs nicht angezeigt werden." (Soziokulturelles Zentrum Conne Island, Projekt Verein e.V., vom 7. März 2017) Die folgenden Antworten geben jeweils den Stand zum Zeitpunkt der Fragestellung, 9. März 2017, wieder. Frage 1: Wie stellt sich der Vorfall in der Nacht vom 4. zum 5. März 2017 auf dem Gelände des Conne Island aus Sicht der Staatsregierung dar? Auf die in der Vorbemerkung wiedergegebene Medieninformation der Polizeidirektion Leipzig wird verwiesen. Der Staatsregierung sind keine weiteren Tatsachen bekannt geworden, die zu einer nachträglichen Änderung oder Ergänzung des dargestellten Sachverhalts Anlass geben. Frage 2: Gegen wie viele Personen wird in diesem Zusammenhang aus welchen wesentlichen Gründen Strafverfahren oder Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet? (bitte nach Tatvorwurf, Tatort, Deliktsgruppe aufschlüsseln) Gegen insgesamt drei Personen wurden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Gegen eine Person wird wegen des Verdachts der Beleidigung (§ 185 StGB) auf sexueller Grundlage sowie wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung (§ 224 StGB) ermittelt. Gegen zwei Personen wird wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 224 StGB) ermittelt. Wesentlicher Grund für alle eingeleiteten Ermittlungen ist der sich aus Zeugenaussagen ergebende Anfangsverdacht. Tatort ist jeweils 04277 Leipzig, Koburger Str. 3. Ordnungswidrigkeitsverfahren wurden nicht eingeleitet. Frage 3: Ist es aus Sicht der Staatsregierung vertretbar, dass die Polizei Leipzig in ihrer Öffentlichkeitsarbeit mit Unterstellungen/ Falschinformationen („ein (zu Unrecht verfolgter?) Ausländer", rassistisches Vorgehen durch Angehörige der linken Szene,...) hantiert? Die Frage suggeriert, dass die Polizei Leipzig in ihrer Öffentlichkeitsarbeit mit Unterstellungen /Falschinformationen hantiere. Damit hantiert die Fragestellerin selbst mit einer Unterstellung. Die Frage, ob etwas aus Sicht der Staatsregierung vertretbar sei, ist ausschließlich auf eine Bewertung gerichtet. Zu einer Bewertung ist die Staatsregierung nicht verpflichtet. Von einer Beantwortung der Frage wird daher abgesehen. Seite 4 von 5 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Frage 4: Inwieweit ist es vertretbar, dass die Polizei einem unter anderem von der Stadt Leipzig geförderten soziokulturellen Zentrum unterstellt ein „rechtsfreier Raum" zu sein und wie wird dieser infame Unterstellung seitens der Leipziger Polizei begründet? Die in der Vorbemerkung wiedergegebene Medieninformation der Polizeidirektion Leipzig verwendet die Formulierung „sogenannte rechtsfreie Räume". Die von der Fragestellerin vorgenommene Wertung, es handele sich dabei um eine „infame Unterstellung ", weist die Staatsregierung ausdrücklich zurück. Soweit der Ausdruck „sogenannte rechtsfreie Räume" auch das „Conne Island" umfasst , bezieht er sich darauf, dass zahlreiche Verantwortliche und Besucher des „Conne Island" die gesetzliche Kompetenzverteilung zur Durchsetzung des in Deutschland geltenden Rechts, insbesondere die Kompetenzen des Polizeivollzugsdienstes, nicht oder nur widerwillig akzeptieren. Diese Tatsache trat beim geschilderten Sachverhalt zum wiederholten Mal deutlich zutage. Ob und wie die Stadt Leipzig diese Einstellung künftig bei ihrer staatlichen Mitfinanzierung des Zentrums berücksichtigt, obliegt der Stadt Leipzig. Im Übrigen richtet sich die Frage auf eine Bewertung. Zu einer Bewertung ist die Staatsregierung nicht verpflichtet. Von der weiteren Beantwortung der Frage wird daher abgesehen. Frage 5: Welche Maßnahmen unternimmt die Staatsregierung um die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Leipzig wieder auf eine sachliche Grundlage zu stellen? i laDie Fr ge enthält eine Wertung der Fragestellerin, welche die Staatsregierung nicht teilt. ine eantwortung der Frage, ohne sich diese Wertung zu eigen zu machen, ist nicht nögich. Von einer Beantwortung der Frage wird daher abgesehen. Mit frieuridlichen Grüßen MaUrku's Ulbik Freistaat SACH SEN Seite 5 von 5 2017-04-03T14:14:09+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes