STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOllALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 10 I 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/8870 Thema: Asylverfahren bei unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie wird einem unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten in Vorbereitung auf das Asylverfahren altersgerecht der Ablauf und die Umstände erläutert und wer trägt hierfür die Verantwortung? Frage 2: Welche professionellen Ansprachpersonen habenunbegleitete minderjährige Geflüchtete für damit im Zusammenhang stehende juristische Fragen und Problemlagen? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Jedem Minderjährigen, der nicht unter elterlicher Sorge steht, dessen Eltern weder in den die Person noch in den das Vermögen betreffenden Angelegenheiten zur Vertretung des Minderjährigen berechtigt sind oder dessen Familienstand nicht zu ermitteln ist, wird gemäß § 1773 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durch das Familiengericht ein Vormund bestellt. Auf minderjährige unbegleitete Ausländer ist § 1773 BGB anwendbar, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben (Art. 5 des Haager Übereinkommens über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung , Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern [KSÜ] in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 KSÜ). Bei minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen wird das Ruhen der elterlichen Sorge insbesondere dann festgestellt, wenn sich die sorgeberechtigten Eltern noch im Heimatland aufhalten und damit tatsächlich an der Ausübung der elterlichen Sorge für längere Zeit gehindert sind. Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin Durchwahl Telefon +49 351 564-5601 Telefax +49 351 564-5791 Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 45-0141 .51 -17/304 7.esden, I' . April 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 10 01097 Dresden www.sms.sachsen.de STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ Der Vormund hat gemäß § 1793 BGB die Pflicht, den Minderjährigen für den er bestellt wurde, zu vertreten. Dies umfasst auch die Vertretung in Angelegenheiten des Asylrechts . Verfügt ein Vormund nicht über die zur sachgerechten Besorgung einzelner Geschäfte des Mündels erforderliche Sachkunde, ist es seine Sache, diesen Mangel an Eignung in eigener Verantwortung durch Inanspruchnahme fachspezifischer Hilfen auszugleichen (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2013 - XII ZB 530/11 Rdnr. 18; AG Dresden , Beschluss vom 17. August 2016-308 F 2843/16). Bei fehlender juristischer Sachkunde muss sich der Vormund daher um geeignete Rechtsberatung und im gerichtlichen Verfahren um eine anwaltliehe Vertretung für sein Mündel bemühen. Stehen der Inanspruchnahme rechtlichen Beistands die finanziellen Verhältnisse des Mündels entgegen, ist dieser Mangel durch Beratungshilfe und im gerichtlichen Verfahren durch Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe zu beheben. Dem Minderjährigen wird indes von den Familiengerichten insbesondere kein im Asylrecht erfahrener Rechtsanwalt als Ergänzungspfleger beigeordnet (BGH, a.a.O.). Daneben stehen Ausländern Beratungsstellen gemeinnütziger Vereine und von Wohlfahrtsverbänden offen. Die Staatsregierung führt allerdings kein Verzeichnis über Nichtregierungsorganisationen , die in Sachsen kostenfreie Rechtsberatung anbieten. Unbegleitete ausländische Minderjährige haben zudem einen Anspruch auf Erteilung unentgeltlicher rechts- und verfahrenstechnischer Auskünfte über das Asylverfahren. Diese Aufgabe übernehmen Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Zuständigkeit hierfür liegt außerhalb des Aufgaben- und Verantwortungsbereichs der sächsischen Staatsregierung. Frage 3: Welche Kenntnis hat die Staatsregierung über die Zahl und die Qualifikation der beim BAMF tätigen Sonderbeauftragten für unbegleitete minderjährige Geflüchtete ? Gibt es zwischen den Vormündern und diesen Sonderbeauftragten Kontakt und lnformationsaustausche? Zur Zahl und Qualifikation der besonderen Beauftragten nach Artikel 25 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 2013/32/EU liegen der Staatsregierung Kenntnisse aus allgemein zugänglichen Quellen vor. Insoweit wird beispielhaft auf die Antworten der Bundesregierung auf Kleine Anfragen Abgeordneter des Deutschen Bundestages in folgenden Bundesdrucksachen Bezug genommen: BT-Drs. 18/8087, zu Frage 15; BT-Drs. 18/8204, zu Fragen 16 und 31; BT -Drs. 18/8977, zu Frage 19; BT Drs. 18/9009, zu Frage 23; BT -Drs. 18/9895, zu Fragen 14 und 15. Darüber hinaus gibt der 11. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration vom 9. Dezember 2016 im Abschnitt 111 Nr. 3.3.1.3. (S. 502) Ausführungen zum Einsatz der Sonderbeauftragten in den Außenstellen des BAMF. Zu Kontakten und Informationsaustauschen zwischen den Vormündern und den Sonderbeauftragten liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. Seite 2 von 3 Freistaat SACHSEN Frage 4: STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung darüber, ob Dolmetscher*innen, die in den Anhörungen mit unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten zum Einsatz kommen, eine spezielle Ausbildung/Weiterbildung oder spezifische Kompetenzen im Umgang mit dieser Personengruppe vorweisen müssen? Der Staatsregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Mit freundlichen Grüßen ~raK~ Seite 3 von 3 Freistaat SACHSEN 2017-04-07T14:09:51+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes