SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 1 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE, Drs.-Nr.: 6/8913 STAATSMlNlSTERlUM DER JUSTIZ Thema: Aussagen eines Dresdner Verwaltungsrichters zu Pro Asyl Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „In einer Pressemitteilung setzt sich Pro Asyl mit den Äußerungen des Richters Leonard der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Dresden auseinander. Darin heißt es „Während andernorts PRO ASYL-Veröffentlichungen häufig in den Quellenlisten zu finden sind, die Verwaltungsgerichte nutzen und in ihren Entscheidungen zitieren, meint ein Richter der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Dresden in einem Urteil vom 6.12.2016: ,Die Verlautbarungen von PRO ASYL sind ohne Wert. Es handelt sich um eine Organisation, die aus finanziellen Gründen ein massives Eigeninteresse daran besitzt, dass in das Bundesgebiet möglichst viele Asylbewerber gelangen und verbleiben. Sie verkennt, dass es zuvörderst Sache des einzelnen Asylbewerbers ist, sich um seine Angelegenheiten zu kümmern. Der Staat hat nur eine Auffangfunktion, wenn es dem Einzelnen trotz großer Anstrengung nicht gelingt, sich das Existenzminimum zu beschaffen." Seite 1 von 3 Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564-1500 Telefax +49 351 564-1509 staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1040E-KLR-855/17 Dresden, ""1,tf· April 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium der Justiz Hospitalstraße 7 01097 Dresden Briefpost über Deutsche Post 01095 Dresden www justiz.sachsen.de/smj Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3,6, 7,8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 'Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronische Dokumente nur über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfech; nähere Informationen unter wwwegvp de STAATSMlNlSTERlUM DER JUSTIZ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie bewertet die Staatsregierung, das o.g. Richter die lnfonnationen von PRO ASYL von vornherein als Quelle wichtiger Informationen aus dem rechtlichen Diskurs ausschließt? Von einer Beantwortung wird abgesehen. Die Frage ist auf eine Bewertung gerichtet. Es erfolgt daher bereits aus diesem Grund keine Beantwortung. Zur Abgabe einer Bewertung ist die Staatsregierung nicht verpflichtet (Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, Urteil vom 22. April 2004, Vf. 44-1-03). Darüber hinaus bezieht sich die Frage auf die offenbar wortwörtlich wiedergegebene Passage eines verwaltungsgerichtlichen Urteils. Im Hinblick auf die in Art. 97 Abs. 1 Grundgesetz und Art. 77 Abs. 2 Sächsische Verfassung gewährleistete richterliche Unabhängigkeit kommt eine inhaltliche Bewertung der Begründung einer richterlichen Entscheidung durch die Staatsregierung nicht in Betracht. Frage 2: Inwieweit sieht die Staatsregierung durch die o.g. Kommentierung des Richters die beamtenrechtlichen Grundsätze der Neutralitätspflicht und der unparteiischen Amtsführung verletzt? Nach § 39 Deutsches Richtergesetz sind Richter verpflichtet, sich innerhalb und außerhalb ihres Amtes, auch bei politischer Betätigung, so zu verhalten, dass das Vertrauen in ihre Unabhängigkeit nicht gefährdet wird. Auf die Einhaltung der Dienstpflichten erstreckt sich die über Richter auszuübende Dienstaufsicht, die hier in § 38 Verwaltungsgerichtsordnung und § 23 Abs. 1 Sächsisches Justizgesetz näher ausgestaltet ist. Ein Handeln im Kernbereich der richterlichen Unabhängigkeit Seite 2 von 3 STAATSMlNlSTERlUM DER JUSTIZ ist jedoch der dienstaufsichtlichen Überprüfung entzogen (Bundesgerichtshof, Dienstgericht des Bundes, Urteil vom 14. Oktober 2013 - RiZ (R) 2/12, Rn. 16, zitiert nach juris). Zu diesem besonders geschützten Bereich gehört die Begründung einer getroffenen Entscheidung durch den Richter, sofern jedenfalls ein Bezug zu deren Inhalt besteht (Schmidt-Räntsch, Deutsches Richtergesetz, 6. Auflage 2009, § 26 Rn. 28 und 30 f.). Für die Prüfung einer Verletzung von Dienstpflichten besteht daher kein Raum. Frage 3: Inwieweit stehen die Aussagen des Richters im Einklang mit der EU- Aufnahmerichtlinie, nach der im Artikel 5 Satz 2 „Die Mitgliedstaaten dafür Sorge [zu tragen haben], dass die Antragsteller Informationen darüber erhalten, welche Organisationen oder Personengruppen einschlägige Rechtsberatung leisten und welche Organisationen ihnen im Zusammenhang mit den im Rahmen der Aufnahme gewährten Vorteilen, einschließlich medizinischer Versorgung, behilflich sein oder sie informieren können"? Von einer Beantwortung wird abgesehen. Die Frage zielt auch hier auf eine Bewertung ab, die sich überdies auf die Begründung einer richterlichen Entscheidung beziehen soll . Auf die Ausführungen zur Frage 1 wird daher vollständig Bezug genommen. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Seite 3 von 3 2017-04-13T13:07:17+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes