SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER FINANZEN Postfach 100 948 J 01076 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden STAATSMlNlSTERlUM DER FlNANZEN Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kirsten Muster, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/8972 Thema: Prozess „Gruppe Freital: Umbaumaßnahmen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Am 07.03.2017 hat in Dresden der Prozess gegen die Gruppe Freital unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen begonnen. Der Freistaat Sachsen hat dafür in einem als Asylunterkunft konzipierten Gebäude neue Verhandlungsräume einrichten lassen." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Was hat die Errichtung der oben genannten Asylunterkunft gekostet, bevor das Gebäude nach Hochsicherheitskriterien umgebaut wurde? (Bitte die absoluten Zahlen benennen) Für die Errichtung der Asylunterkunft wurden 36,44 Mio. EUR genehmigt. Da die Abrechnung der Leistungen noch nicht vollständig erfolgte, können keine Ist-Kosten ausgewiesen werden. Die Abrechnungssumme wird sich im genehmigten Kostenrahmen bewegen. S SACHsEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) UK/46-B 2106/0431/16/2- 2017/15183 Dresden, 112. . April 2017 Zertifikat seit 2013 audit berufundfamilie Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium der Finanzen Carolaplatz 1 01097 Dresden Telefon +49 351 564 4000 Telefax +49 351 564 4009 minister@smf.sachsen.de* www.smf.sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 7, 8 Haltestelle Carolaplatz Für Besucher mit Behinderungen befinden sich Parkplätze im Innenhof. Bitte beim Pförtnerdienst melden. "Kein Zugang für verschlüsselte elektronische Dokumente. Zugang für qualifiziert elektronisch signierte Dokumente nur unter den auf www.smf.sachsen.de/eSignatur.html vermerkten Voraussetzunoen. STAATSM1N1STER1UM DER FlNANZEN ~SACHsEN Frage 2: Wie hoch waren die Umbaukosten? Was würde der Rückbau des Gebäudes kosten? Für den Umbau wurden 4,81 Mio. EUR genehmigt. Da die Abrechnung der Leistungen noch nicht vollständig erfolgte, können keine Ist-Kosten ausgewiesen werden. Die Abrechnungssumme wird sich im genehmigten Kostenrahmen bewegen. Für den Rückbau der justizspezifischen Bauleistungen sind 590.000 EUR veranschlagt. Frage 3: Nach welchen Sicherheitsstandards wurde der Umbau vorgenommen? (Bitte mit ausführlichen Angaben aller Umbaumaßnahmen) Für die Umbaumaßnahmen wurden die folgenden, vom Staatsministerium der Justiz erarbeiteten und für alle Gerichtsgebäude in Sachsen gleichermaßen geltenden Standards zugrunde gelegt: Sicherheitskonzeption für die Gerichte und Staatsanwaltschaften des Freistaates Sachsen, Empfehlungen zur baulich-technischen Sicherung von Gebäuden der Gerichte und Staatsanwaltschaften im Freistaat Sachsen. Ergänzend wurden durch das Landeskriminalamt Sachsen detaillierte objektbezogene baulich-technische Sicherungsempfehlungen erarbeitet, die in den Umbau eingeflossen sind. Einzelne Festlegungen wurden darüber hinaus durch das Oberlandesgericht Dresden selbst getroffen, wobei die Erfahrungen an anderen Gerichtsstandorten in Sachsen, aber auch in anderen Bundesländern, die über Erfahrungen mit Staatsschutzverfahren am Oberlandesgericht verfügen, aufgegriffen worden sind. Für die Besprechungsräume für Verteidiger und Angeklagte im Haftbereich war die gesetzliche Regelung in § 148 Abs. 2 S. 3 StPO maßgebend, die die Ausstattung mit Trennscheiben, durch die die Übergabe von Gegenständen ausgeschlossen wird, fordert . Seite 2 von 9 STAATSMlNlSTERlUM DER FINANZEN ~SACHsEN Ein Teil der in den baulichen Empfehlungen des Staatsministeriums der Justiz und des Landeskriminalamtes enthaltenen Bauvorgaben (z. B. gesicherte Zaunanlage, Kameras , Brand- und Einbruchmeldeanlage) war bereits für das Bauvorhaben der Erstaufnahmeeinrichtung vorgesehen. Die folgenden Baumaßnahmen waren im Rahmen des Umbaus des Sozialgebäudes der Erstaufnahmeeinrichtung zum Gerichtsgebäude zusätzlich erforderlich: Umbau des geplanten Speisesaales zum Sitzungssaal, Ausstattung des Sitzungssaales mit einer Medienanlage zur Sicherung der strafprozessualen Verfahrensgrundsätze in der Hauptverhandlung, Einbau einer Abtrennung im Sitzungssaal zwischen Zuschauerbereich und Parteienbereich sowie eines Sichtschutzes nach außen sowohl aufgrund der Regelung des § 148 Abs. 2 S. 3 StPO als auch aufgrund einer Sicherungsanforderung des Landeskriminalamtes Sachsen, Umbau von Teilen des geplanten Küchenbereiches zu Besprechungs- und Aufenthaltsräumen , Umbau von Flurbereichen zur effizienteren und sicheren Besucherführung, Trennung der Personenströme und zur Einrichtung eines Bereiches für Medienvertreter, Einbau eines Vorführzellenbereiches (mit Verwahrräumen, Besprechungsräumen für Verteidiger, Aufsichtsräumen, Toiletten) in den vorhandenen Kellertrakt, Anbau eines Einlasskontrollbereiches für Besucher und Medienvertreter, Bau eines Einlasskontrollbereiches für Prozessbeteiligte (Verteidiger, Nebenkläger, Nebenklägervertreter, Zeugen, Sachverständige), Nachrüstung ausgewählter Räume im Gebäude und von Teilen des Grundstückszaunes mit einem Sichtschutz, Umfriedung eines Teils des angrenzenden Außengeländes der Erstaufnahmeeinrichtung als separater Zugangs- und Aufenthaltsbereich für Prozessbesucher, Bau einer gesonderten Zufahrt zum Innenbereich mit Parkplatz für die gesicherte Zuführung der Angeklagten, Ergänzung der Video-Überwachungsanlage, Ergänzung der Einbruch- und Überfallmeldeanlage, Ergänzung der Datenverkabelung im Gebäude, Einbau eines Mobilfunkverstärkers, Seite 3 von 9 STAATSMlNlSTERlUM DER FINANZEN Aufstellen von Betonsperren zur Sicherung des Eingangsbereiches. Frage 4: Womit werden in diesem Prozess hohe Sicherheitsanforderungen begründet ? Um welche besonders strengen Sicherheitsvorkehrungen handelt es sich? (Bitte nach allen Maßnahmen, insbesondere während der Verhandlungen aufschlüsseln); stehen diese nach Ansicht der Staatsregierung im Verhältnis zu dem Tatvorwurf? Es handelt sich um ein Verfahren, bei dem den Angeklagten unter anderem die Bildung einer terroristischen Vereinigung nach § 129 a StGB vorgeworfen wird und damit um ein so genanntes Staatsschutzverfahren. Der Tatvorwurf beinhaltet einen Angriff gegen die innere Sicherheit und verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland . Aufgrund der konkreten Tatvorwürfe ist ein großes Interesse aus jedem politischem Spektrum bis hin zu der gewaltbereiten linken und rechten politischen Szene zu beachten. Die tatsächlichen Sicherheitsvorkehrungen während der Verhandlung im Gebäude beruhen auf der Hausordnung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Dresden und der sitzungspolizeilichen Anordnung des Vorsitzenden Richters des Staatsschutzsenates (§ 176 GVG; Letztere zählt zum Kernbereich der unabhängigen richterlichen Tätigkeit), die der Sicherung der ungestörten Hauptverhandlung dienen. Sie entsprechen der Sicherheitskonzeption für die Gerichte und Staatsanwaltschaften des Freistaates Sachsen und weisen auch im Übrigen keine Besonderheiten zu anderen Verfahren auf, für die ein erhöhtes Gefährdungspotenzial besteht. Das erhöhte Gefährdungspotenzial ergibt sich bereits aus dem Tatvorwurf (s. o.). Das Gebäude wird durch Einheiten der Polizei vor den Sitzungstagen mit Hilfe eines Sprengstoffhundes abgesucht. Im Gebäude findet eine Zugangskontrolle nach näherer Maßgabe der sitzungspolizeilichen Anordnung des Vorsitzenden Richters, die im Nachfolgenden auszugsweise zitiert wird, statt. Seite 4 von 9 Freistaat SACHSEN STAATSM1N1STER1UM DER FlNANZEN ~SACHsEN ''Allen Personen ist im Sitzungsgebäude das Mitführen von Waffen und Gegenständen untersagt, die geeignet sind, 1. andere körperlich zu verletzen, 2. zur Störung der Hauptverhandlung verwendet zu werden, 3. die Identifizierung möglicher Störer zu vereiteln oder zu erschweren (u. a. die sog. Vollverschleierung), 4. die Sicherheit und Ordnung im Sitzungssaal einschließ/ich des Zugangsbereichs durch das demonstrative Vorzeigen von Symbolen oder bildlichen bzw. textlichen Darstellungen politischer, weltanschaulicher oder religiöser Bekenntnisse oder durch Aussagen mit Bezügen zum Gegenstand des Verfahrens oder seinen Beteiligten zu beeinträchtigen. Von diesem Verbot ausgenommen ist das Führen der Dienstausrüstung durch die das Gebäude- und Saalschutz stellenden Kräfte. III. 1. Es wird eine Einlasskontrolle angeordnet, der sich Zuhörer (einschließlich der Vertreter der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens), Angeklagte, Zeugen, Dolmetscher, Sachverständige, Verteidiger, Nebenkläger und Nebenklägervertreter sowie Vertreter der Jugendgerichtshilfe, zu unterziehen haben. 2. Oie unter Ziffer 1. Genannten müssen sich bei der Einlasskontrolle mit einem gültigen Bundespersonalausweis oder Reisepass bzw. mit einem Ausweis der Rechtsanwaltskammer ausweisen, ausländische Staatsangehörige mit einem entsprechenden gültigen Ausweispapier. Pressevertreter haben sich zusätzlich durch einen gültigen Presseausweis - und soweit geltend gemacht - Akkreditierung/Platzkarte zu legitimieren. Seite 5 von 9 3. a) STAATSMlNlSTERlUM DER FINANZEN ~S/\CHsEN Nach Vorzeigen der Ausweispapiere sind Zuhörer, Zeugen, Dolmetscher, Sachverständige und Nebenkläger durch Abtasten der Kleider und Durchsicht der Behältnisse - auch unter Zuhilfenahme eines Metalldetektors bzw. einer Metalldetektorschleuse sowie eines Durchleuchtungsgeräts - auf Waffen und Gegenstände zu durchsuchen, die geeignet sind, zur Störung der Hauptverhandlung verwendet zu werden. Beanstandete Gegenstände sind in Verwahrung zu nehmen; sie werden bei Verlassen des Gebäudes wieder ausgehändigt. b) Taschen und andere Behältnisse, Lebensmittel, Funkgeräte, Mobiltelefone (Handys), mobile Computer (Laptops/Tab/ets), Foto- und Filmapparate sowie Geräte, die der Tonund Bildaufnahme und/oder -wiedergabe dienen, sind ebenfalls zu hinterlegen. Ausnahmen zu Mobiltelefonen und mobilen Computern bestehen für akkreditierte Medienvertreter /Journalisten (s. fit. c), hinsichtlich Foto- und Filmapparaten für entsprechend akkreditierte Medienvertreter/Journalisten. Über sonstige Ausnahmen entscheidet der Vorsitzende im Einzelfall . ... 4. Zuhörern, die sich nicht in der vorgeschriebenen Weise ausweisen oder sich weigern, beanstandete Gegenstände in Verwahrung zu geben, ist der Zutritt zu versagen . ... 5. Die Verteidiger, Nebenklägervertreter, Vertreter der Jugendgerichtshilfe, Dolmetscher und Sachverständigen werden, nachdem sie sich ausgewiesen haben, ebenfalls durchsucht. Bei der Durchsuchung ist die Kleidung mit Hilfe eines Metalldetektors bzw. einer Metalldetektorschleuse abzutasten. Darüber hinausgehende Durchsuchungsmaßnahmen sind nur dann vorzunehmen, wenn das Suchgerät anspricht. Die Durchsuchung ist in diesem Fall auf diejenigen Kleidungsteile zu beschränken, von denen die Reaktion ausgegangen ist. Seite 6 von 9 STAATSMlNlSTERlUM DER FlNANZEN S SACHsEN Darüber hinaus sind die mitgeführten Behältnisse mittels eines Durchleuchtungsgeräts zu überprüfen. Hierbei ist die Kenntnisnahme vom Inhalt vorgefundener Schriften und Aktenteile untersagt. Verteidiger, Nebenklägervertreter, Vertreter der Jugendgerichtshilfe, Dolmetscher und Sachverständige dürfen Taschen, Mobiltelefone und Laptops in den Sitzungssaal mitbringen . ... 6. Bei Betreten des Sitzungsgebäudes haben die Zuhörer, mit Ausnahme der durch Presseausweis legitimierten Vertreter an der dortigen Eingangskontrolle einem Justizbediensteten auszuhändigen. Die Ausweise werden zur Identifizierung etwaiger Störer abgelichtet. Personaldaten dürfen nicht gespeichert oder listenmäßig erfasst werden. Die Ablichtungen sind unverzüglich dem Vorsitzenden oder dem von ihr hierfür bestimmten Beisitzer auszuhändigen. Sofern sie zu dem vorgenannten Zweck nicht mehr benötigt werden, werden sie spätestens an dem auf den Sitzungstag folgenden Werktag vernichtet. Eine Verwendung der Ablichtungen zu anderen Zwecken als zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Hauptverhandlung bzw. zur Verfolgung von Störungen ist untersagt. Die Ausweise werden nach Anfertigung der Kopien den Zuhörern zurückgegeben. 7. Zuhörern, die das 6. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist der Zutritt schon bei der Einlasskontrolle zu verwehren. Über Ausnahmen entscheidet der Vorsitzende im Einzelfall . ... " Alle Personen, die sich im Gebäude aufhalten, tragen einen sichtbaren Ausweis, der ihre Berechtigung für die bestimmten Bereiche innerhalb des Gebäudes anzeigt. Die Wegeführung und Zugangsberechtigung innerhalb des Gebäudes wird überwacht. Polizeiführer und Polizeibeamte sind (außerhalb des Sitzungssaals) vor Ort. Seite 7 von 9 Im Einzelnen übernimmt die Polizei folgende Aufgaben: STAATSMINlSTERlUM DER FlNANZEN S SACHsEN Streckenschutz für die an- und abfahrenden Transporte der Angeklagten, Übernahme von im Prozessgebäude durch die Justiz festgestellten Straftätern und Ordnungsstörern im Einzelfall, Bereithalten und Einsetzen von Interventionskräften u. a. auf Anforderung durch die Justiz bei besonderen Ordnungsstörungen im Prozessgebäude, Unterstützung beim Innenschutz im Prozessgebäude, Absuche des Prozessgebäudes nach Sprengmitteln. Der Transport und die Vorführung der Angeklagten erfolgt durch die Sicherheitsgruppe Justizvollzug. Die Polizei stellt einen Streckenschutz für die an- und abfahrenden Transporte der Angeklagten. Für die Außensicherung des Geländes vor dem Gebäude ist grundsätzlich die Polizei zuständig. Zudem wird das Gebäude entsprechend der formulierten Anforderungen des Landeskriminalamtes Sachsen von einem zertifizierten Sicherheitsunternehmen, das auch einen Wachhund führt, bestreift. Soweit die Frage auf eine Bewertung durch die Staatsregierung gerichtet ist, wird von einer Beantwortung abgesehen, da die Staatsregierung zur Abgabe einer Bewertung nicht verpflichtet ist. Frage 5: liegen der Staatsregierung die Erkenntnisse darüber vor, ob in diesem Gebäude nach der Beendigung des Prozesses gegen die Freitaler Gruppe andere Verhandlungen geplant sind? Seite 8 von 9 STAATSMlNlSTERlUM DER FlNANZEN S SACHsEN Bislang sind keine weiteren Verhandlungen in diesem Gebäude geplant. Ob weitere Staatsschutzverfahren am Oberlandesgericht Dresden anhängig werden, hängt davon ab, ob die zuständigen Ermittlungsbehörden den hinreichenden Tatverdacht einer der in § 120 GVG genannten Straftaten bejahen und einen örtlichen Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Dresden sehen. Mit freundlichen Grüßen Seite 9 von 9 2017-04-19T08:00:49+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes