STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/8974 Thema: Leistungsberechtigte nach § 2 Absatz 1 Asylbewerberleistungsgesetz Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Nach 15 Monaten haben Geflüchtete im Asylverfahren laut § 2 Absatz 1 Asylbewerberleistungsgesetz Anrecht auf Leistungen nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch. Dies betrifft auch einen erleichterten Zugang zu einer besseren Gesundheitsversorgung." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie erfolgt die Umstellung von Behandlungsscheinen auf Gesundheitskarten für Leistungsberechtigte nach § 2 Absatz 1 Asylbewerberleistungsgesetz in der Praxis und gibt es dafür in allen Landkreisen und Kreisfreien Städten ein einheitliches Verfahren? Sind beide Tatbestandsmerkmale des § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erfüllt, hat der Leistungsberechtigte Anspruch auf privilegierte Leistungen nach § 2 AsylbLG und damit auf eine Übernahme der Krankenbehandlung nach § 264 SGB V bei einer frei wählbaren Krankenkasse. Dafür füllt er eine Wahlerklärung zur Krankenkasse aus, reicht diese mit einem Passbild bei der Unterbringungsbehörde ein und wird durch diese nach § 264 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bei der gewählten Krankenkasse angemeldet. Der Leistungsempfänger erhält anschließend von der Krankenkasse eine Krankenversicherungskarte. Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 24b-1053/22/29 Dresden, . April 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SADA SEN Frage 2: Wie viele Geflüchtete erhalten nach 15 Monaten entsprechend § 2 Absatz 2 Asylbewerberleistungsgesetz weiterhin eingeschränkte Leistungen (bitte je Landkreis und Kreisfreier Stadt, Umfang der Leistung unter Angabe von Gründen aufschlüsseln ) und können Einschränkungen nach § 2 Absatz 2 AsylBIG auch auf Gesundheitsleistungen bezogen werden? Zunächst ist anzumerken, dass der in der Fragestellung verwendete Begriff der „eingeschränkten " Leistungen vorliegend zur Beschreibung der Rechtslage nicht geeignet ist. Im Rahmen des § 2 Abs. 2 AsylbLG werden durch die Unterbringungsbehörde keine Leistungen eingeschränkt, sondern lediglich die Form der Leistung (in aller Regel Geldoder Sachleistung) bestimmt. Der Leistungsumfang als solcher wird durch den § 2 Abs. 2 AsylbLG nicht berührt. Nach § 2 Abs. 1 AsylbLG erhalten Leistungsberechtigte bei Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft Leistungen nach § 2 Abs. 2 AsylbLG in Form einer anteiligen Geld- und Sachleistung, wenn bestimmte in den zu gewährenden Leistungen enthaltene Bedarfe bereits durch die Stellung der Unterkunft, teilweise auch durch Verpflegung, als Sachleistung abgegolten sind. Die wertmäßige Bezifferung dieser Sachleistungen, also der Abzugsbetrag vom vollen Barleistungssatz, ist dabei vom Umfang der in der jeweiligen Gemeinschaftsunterkunft erbrachten Sachleistung abhängig. In Betracht kommen hier Abteilung 4 „Wohnen, Energie, Wohnungsinstandhaltung" und Abteilung 5 „Einrichtungsgegenstände für den Haushalt", bei Verpflegung teilweise auch Abteilung 1 „Nahrungsmittel" der Bedarfeeinteilung in § 5 Regelbedarfs -Ermittlungsgesetz (RBEG). Zur Abteilung 4 zählen nicht die eigentlichen Kosten der Unterkunft (KdU) einschließlich Heizung, die bei Stellung der Unterkunft nicht zusätzlich ausgereicht werden . Für die Abteilungen 4 und 5 können die Abzüge und die verbleibenden Beträge im Jahr 2017 folgender Tabelle entnommen werden: Leistungsstufen Anspruch gern. SGB XII Abteilung 4 Abteilung 5 nach Abzug 1 — volljährig, alleinlebend oder -erziehend 409,00 € 35,01 € 24,34 € 349,65 € 2 — erwachsene Partner im gemeinsamen Haushalt 368,00€ 31,51€ 21,91€ 314,58€ 3 — weitere Erwachsene ohne eigenem Haushalt 327,00€ 28,01 € 19,47€ 279,52€ 4 — Kinder: 14 — 17 311,00€ 23,05€ 12,73€ 275,22€ 5 — Kinder: 6-13 291,00€ 15,18€ 9,24€ 266,58€ 6 — Kinder: bis 5 237,00€ 8,48€ 12,73€ 215,79€ Von diesen Modifikationen sind alle Empfänger von Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG betroffen, die in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SAC1-I SEN Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt ist. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann. Zur vollständigen Beantwortung wäre hier zur exakten Bezifferung der insoweit Betroffenen eine Einzelsichtung der Akten aller in Gemeinschaftsunterkünften Untergebrachten erforderlich. Dies betrifft zum Stichtag 28. Februar 2017 11.370 Personen. Bei einem Zeitbedarf für die Bearbeitung einer Einzelakte von fünf Minuten ergäbe sich ein Gesamtaufwand von etwa 24 Arbeitswochen. Im vorliegenden Fall wäre daher die Arbeits - und Funktionsfähigkeit der beteiligten Stellen gefährdet. Nach Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung andererseits wurde, auch unter Berücksichtigung der Zumutbarkeit, von der umfassenden Beantwortung für den gesamten Freistaat abgesehen . Eine Modifizierung von Gesundheitsleistungen nach § 2 Abs. 2 AsylbLG kann nicht aus der Unterbringungsform in Gemeinschaftsunterkünften hergeleitet werden und widerspräche dem § 264 SGB V. Frage 3: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über den Abschluss von Verträgen über die Einführung von Versichertenkarten für Leistungsberechtigte nach den §§ 1 und la des Asylbewerberleistungsgesetzes auf kommunaler Ebene? Rechtsgrundlage für die Übernahme der Krankenbehandlung für Empfänger von Gesundheitsleistungen nach §§ 4 und 6 AsylbLG ist § 264 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Danach ist Voraussetzung für eine entsprechende Abschlussverpflichtung einer Krankenkasse eine Aufforderung durch die Landesregierung oder die von ihr beauftragte oberste Landesbepörde . Eine solche Aufforderung ist bisher nicht erfolgt und für die nähere Zukunft puch nicht beabsichtigt. Es beabsichtigt zudem nach Kenntnisstand der Staatsregierung derzeit kein kommunaler Träger einer Unterbringungsbehörde einen entsprechenpen Vertragsschluss. Mit freundlichen Grüßen Märkus Ulbig Seite 3 von 3 2017-04-20T12:51:32+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes